L 7 AL 4092/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 2024/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 4092/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. September 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie über die Rückforderung überzahlter Leistungen in Höhe von 6.352,04 EUR für den Zeitraum 18. Juni 2000 bis 16. Juni 2001.

Die 1952 in Kroatien geborene Klägerin lebt seit 1972 in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin meldete sich erstmals am 13. Dezember 1999 arbeitslos und erhielt antragsgemäß Arbeitslosengeld (Alg). Am 28. April 2000 beantragte sie die Gewährung von Alhi im Hinblick auf die Erschöpfung des Alg-Anspruches ab 18. Juni 2000. In dem Antrag verneinte sie die Fragen nach der Erteilung von Freistellungsaufträgen für Kapitalerträge sowie nach Bankguthaben, Sparbriefen oder sonstigem Vermögen (Ziffer 9.2.1 und 9.2.2. des Antragsformular). Mit Bescheid vom 15. Juni 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alhi ab dem 18. Juni 2000. Am 5. Januar 2001 bewilligte die Beklagte weiterhin Alhi ab dem 1. Januar 2001.

Am 25. April 2000 erstellte das Zentralamt der Beklagten die Mitteilung einer Überschneidung des Leistungsbezuges mit einer Beschäftigungszeit (kurzfristige geringfügige Beschäftigung). Eine weitere Überscheidungsmitteilung erfolgte am 25. September 2000, erneut über eine geringfügige Beschäftigung. Die Klägerin hatte die Beschäftigungen jeweils nicht angezeigt.

Nach dem Ergebnis eines Datenabgleichs zwischen dem Bundesamt für Finanzen und der Beklagten, aus dem sich ergab, dass die Klägerin einen Freistellungsauftrag über 883,00 DM Kapitalertrag erteilt hatte, schrieb die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Mai 2001 an mit der Bitte um Stellungnahme. Die Klägerin legte eine Bescheinigung der Kreissparkasse (KSK) T. vor, mit der bestätigt wurde: "Stand 25.05.2001 Frau S. B. unterhält nur ein Girokonto in unserem Haus". Die Klägerin legte einen Freistellungsauftrag (Änderung) für Kapitalerträge vor, in welchem sie unter dem Datum 25. Mai 2001 erklärt hatte, sie beantrage die Freistellung bis zu einem Betrag von 0,00 DM. Mit weiterem Schreiben vom 10. Juni 2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass über ihren laufenden Antrag auf Alhi nicht entschieden werden könne, da der Stand des Vermögens zu Beginn der Alhi noch nicht nachgewiesen sei. Die Klägerin legte daraufhin eine Kopie des Sparbuches vor, woraus sich eine Einzahlung am 23. November 1999 in Höhe von 30.000,00 DM ergibt sowie eine Auflösung des Sparbuches am 23. Mai 2001 mit Abhebung des Gesamtbetrages zuzüglich Zinsen, insgesamt 31.477,41 DM. Die Klägerin gab im Rahmen einer persönlichen Vorsprache hierzu an, sie habe einen Betrag in Höhe von 30.800,00 DM im August 2001 ihrer Mutter zurückgegeben. Das Geld habe von Anfang an ihrer Mutter gehört. Mit Schreiben vom 15. August 2002 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 18. Juni 2000 bis 16. Juni 2001 an. Die Klägerin legte hierauf eine maschinengeschriebene, mit dem Stempel einer kroatischen Bank versehene Bestätigung ohne Briefkopf vor, worin in kroatischer Sprache bestätigt wird, dass die Mutter der Klägerin den Betrag von 30.000,00 DM von ihrem Sparkonto in Anwesenheit der Tochter S. B. "erhoben" habe. Die Bestätigung werde auf Verlangen der Mutter ausgestellt und werde als Beweis der Tochter S. B. dienen, um zu beweisen, dass die Geldmittel das Eigentum der Mutter seien. Mit Bescheid vom 16. Juni 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 18. Juni 2000 bis 16. Juni 2001 auf und forderte von der Klägerin 5.060,03 EUR für überzahlte Alhi-Leistungen zuzüglich anteiliger Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.292,01 EUR zurück.

Die Klägerin erhob Widerspruch und erklärte, sie verstehe das alles nicht. Sie habe die Herkunft des Geldes nachgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die am 16. Juli 2003 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Die Klägerin trägt vor, die Einzahlung des Betrags in einer Summe spreche dagegen, dass sie den Betrag selbst angespart habe und bestätige, dass es sich um Geld der Mutter handele. Es sei nicht ersichtlich, wie die Klägerin als Putzfrau eine solche Summe habe ansparen können. Die Klägerin habe das Geld für ihre Mutter in Deutschland angelegt, weil die Anlage des Geldes in Kroatien angesichts der politischen und wirtschaftlichen Umstände zu unsicher gewesen sei. Nach Auflösung des Sparkontos bei der KSK T. habe die Klägerin das Geld an ihre Mutter zurückerstattet. Diese habe das Geld zum eigenen Lebensunterhalt sowie nach dem Tode des Vaters für Begräbnis- und Grabkosten dringend benötigt. Die Mutter der Klägerin beziehe keine Rente und lebe von einer kleinen Landwirtschaft durch den Verkauf von Eiern, Mehl, Milch und Hühnern. Das SG hat die kroatische Bank wegen weiterer Auskünfte angeschrieben, jedoch keine Antwort erhalten. Zusätzlich hat es bei der KSK T. Auskünfte zu dem Sparkonto eingeholt, wonach es sich nicht um ein Treuhandkonto gehandelt habe.

Mit Urteil vom 27. September 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe frei über das Sparguthaben verfügen können, es sei nicht nach außen dokumentiert worden, dass es sich bei dem Sparguthaben um treuhänderisch verwaltetes fremdes Vermögen gehandelt habe. Unter Hinweis auf Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte wird ausgeführt, dass sich im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch Sozialleistungsträger an dem Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft festhalten lassen müsse, wer als verdeckter Treuhänder einen solchen erzeuge.

Am 15. Oktober 2004 hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das zunächst unter dem Aktenzeichen L 5 AL 4668/04 geführte Verfahren ist mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 im Hinblick auf die erwartete Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur verdeckten Treuhand zum Ruhen gebracht worden. Am 15. August 2006 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Zur Begründung der Berufung wird geltend gemacht, dass noch nicht alle erforderlichen Feststellungen getroffen seien. Es solle auf einer vollständigen Antwort der kroatischen Bank bestanden werden. Ein Fall der Beweislastumkehr liege nicht vor. Die vom BSG hierfür als Voraussetzung benannte Beweisnähe liege nicht vor. Die Klägerin habe die notwendigen Unterlagen, soweit möglich, eingereicht. Ein Sparbuch oder sonstige schriftliche Unterlagen über das Konto in Kroatien gebe es nicht. Die Mutter der Klägerin könne eine Erklärung über die Entbindung vom Bankgeheimnis nicht vorlegen, da sie nach wiederholten Magenkrebsoperationen nicht ansprechbar sei. Bei der Treuhandvereinbarung habe es sich um eine mündliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Mutter gehandelt. Das Geld habe damals wegen der Kriegszustände und der damit verbundenen Unsicherheit in ein sicheres Land gebracht werden sollen. Die Klägerin habe das Geld dann in bar zurück nach Kroatien transferiert. Bei der Fahrt sei nur der damals 9-jährige Sohn der Klägerin dabei gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. September 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2003 aufzuheben, hilfsweise, weiteren Beweis zu erheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Vermögensverhältnisse der Klägerin seien nach wie vor nicht nachgewiesen. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten dürften nicht bestehen. Aus Sicht der Beklagten sei eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt, da in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien. Des weiteren habe das BSG darauf hingewiesen, dass Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen nur anzuerkennen sein, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten üblichen entsprechen. Dies sei offenkundig nicht der Fall.

Das LSG hat die Sl. Ba. AG in Kroatien schriftlich um Auskunft gebeten, ob die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung tatsächlich von dieser Bank stamme, sowie u.a., warum eine Abhebung in DM bescheinigt worden sei und um Vorlage von Kontoauszügen gebeten. Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 hat die Sl. Ba. mitgeteilt, dass angesichts der Organisation und Gestaltungsform der Bank sowie der Befugnisse der Zweigstellen die Chefs der Zweigstellen nicht berechtigt seien, irgendwelche Bestätigungen auszustellen. Die angeforderten Angaben seien nach den Vorschriften über das Bankgeheimnis geschützt und könnten nicht mitgeteilt werden, ausgenommen in gesetzlich vorgeschriebenen Fällen. Weiter hat das LSG den ehemaligen Bankangestellten der KSK T. Herrn E. schriftlich als Zeugen zu den Umständen der Einzahlung von DM 30.000,00 auf das Sparkonto der Klägerin befragt. Der Zeuge E. hat geäußert, er könne sich noch an die Klägerin erinnern, nicht mehr jedoch an die Einzahlung über DM 30.000,00 und Herkunft des Geldes.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakten L 5 AL 4668/04 und L 7 AL 4092/06 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als EUR 500,00 beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Verfahrensrechtliche Grundlage der kassatorischen Entscheidung der Beklagten ist hier mit Blick auf den von Anfang an rechtswidrigen Bescheid vom 15. Juni 2000 die Bestimmung des § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), während bezüglich des auf der Grundlage der Leistungsentgeltverordnung 2001 ergangenen Bescheids vom 5. Januar 2001 auf die Vorschrift des § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III zurückzugreifen ist (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1300 § 45 Nr. 42 S. 138). § 45 SGB X ist - in Abgrenzung zu § 48 SGB X - dann anzuwenden, wenn der ursprüngliche Bewilligungsbescheid bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe rechtswidrig war (vgl. BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 - 7 RAr 84/94 - (juris)). Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiellrechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsakts (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Da § 330 Abs. 2 und 3 Satz 1 SGB III die Rücknahme (Aufhebung) unter den Voraussetzungen der §§ 45 Abs. 2 Satz 3, 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zwingend vorschreiben (vgl. z.B. BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 13; SozR a.a.O. § 152 Nr. 8), ist es unschädlich, dass sich die angefochtenen Bescheide allein auf § 45 SGB X bezogen haben (vgl. hierzu auch BSGE 87, 4 ff. = SozR 3-4100 § 152 Nr. 9). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Abs. 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Ein gleichgelagerter Aufhebungstatbestand findet sich in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheides (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127; Wiesner in von Wulffen u.a., SGB X, 5. Auflage, § 45 Rdnr. 23)

Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Kassation der Bescheide vom 15. Juni 2000 und 5. Januar 2001 für die Zeit vom 18. Juni 2000 bis 16. Juni 2001 liegen vor.

Nach § 190 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III (i.d.F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2624 - a.F.)) haben Anspruch auf Alhi nur Arbeitnehmer, die u.a. bedürftig sind. Nach § 193 Abs. 2 SGB III a.F. ist ein Arbeitsloser nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Alhi mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse nicht gerechtfertigt ist, hat das SGB III der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen (§ 206 Nr. 1 SGB III a.F.). Da eine neue Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-V) für den hier maßgeblichen Leistungszeitraum nicht erlassen war, sind gemäß Art. 81 Arbeitsförderungs-Reformgesetz (BGBl. I 1997 S. 594) noch die Regelungen der Alhi-V vom 7. August 1974 (BGBl I S. 1929; zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz vom 24. Juni 1996, BGBl. I S. 878) weiterhin in Kraft. Nach § 6 Abs. 1 Alhi-V ist Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens 8.000,00 DM übersteigt. Nach § 6 Abs. 2 Alhi-V ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Vermögen ist nicht verwertbar, soweit der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Alhi-V).

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe das Sparguthaben i.H.v. 30.000,00 DM nur treuhänderisch für ihre Mutter verwaltet. Zwar ergibt sich dies nicht allein daraus, dass das Sparbuch auf den Namen der Klägerin geführt wurde, ohne dass ein Treuhandverhältnis nach außen offen gelegt war. Denn der Dokumentation der Partner des Darlehensvertrages im Sparbuch kommt lediglich eine Legitimationswirkung bzw. eine Beweiswirkung für die materielle Berechtigung zu, sie wirkt sich jedoch nicht auf die materielle Berechtigung als solche aus und schließt auch nicht aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Spareinlage ohne Änderung der Eintragung im Sparbuch abgetreten wird (BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - Breith 2007, 259 m.w.N.). Es gibt auch keinen Grundsatz des Inhalts, dass sich die Klägerin jedenfalls am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft im Rahmen des bestehenden Sozialrechtsverhältnisses festhalten lassen müsse (BSG, Urteil vom 24. Mai 2006, a.a.O.).

Der Senat ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass das auf den Namen der Klägerin angelegte Sparguthaben ihr auch tatsächlich zusteht. Für die treuhänderische Verwaltung des Sparguthabens als Vermögen der Mutter könnte allein sprechen, dass das Vermögen während des gesamten Anlagezeitraums bei der KSK T. vom 23. November 1999 bis 23. Mai 2001 nicht angetastet wurde. Ein solcher Schluss wäre indessen keineswegs zwingend, denn der Lebensunterhalt der Klägerin war durch den Bezug von Alhi bereits gesichert. Der Vortrag der Klägerin, dass das Geld aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in Kroatien im Jahr 1999 in ein sicheres Land gebracht werden sollte, erscheint dem Senat nicht plausibel. Der Kroatien-Krieg endete mit dem Vertrag von Dayton vom 14. Dezember 1995. Die wirtschaftliche Lage Kroatiens erholte sich in den Jahren 1996 und 1997 deutlich (http://de.wikipedia.org). Am 15. Januar 1998 endete das Mandat der UN-Übergangsverwaltung für Ostslawonien, Baranja und Syrmien (UNTAES), und die kroatischen Behörden übernahmen wieder die volle Kontrolle über die Region. Zwar gab es auch im Jahr 1999 noch Sprengstoff- und Brandanschläge zur Zerstörung von Häusern, insbesondere um kroatische Serben einzuschüchtern und an der Rückkehr an ihre alten Wohnorte zu hindern (vgl. amnesty international, Jahresbericht 1999 Kroatien), angesichts der deutlich verbesserten Sicherheitslage zu den Vorjahren ist jedoch nicht ersichtlich, wieso die Klägerin es gerade 1999 für erforderlich gehalten haben sollte, Geld ihrer Mutter außer Landes zu bringen. Auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin konnte hierzu in der mündlichen Verhandlung keine Angaben machen.

Es existiert auch keinerlei Beweis dafür, dass die von der Klägerin auf das Sparbuch eingezahlten 30.000,00 DM tatsächlich aus dem Vermögen ihrer Mutter stammen. Insbesondere wird dies nicht durch die vorgelegte Bestätigung der kroatischen Bank vom 27. August 2002 belegt. Diese schreibmaschinengeschriebene Bestätigung ohne offiziellen Briefkopf, die lediglich einen Stempel der Bank enthält, stellt schon nach ihrem äußeren Erscheinungsbild keine offizielle Erklärung der Bank dar. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Antwort der kroatischen Bank vom 12. Mai 2005 auf Anfrage des LSG, in der neben dem Verweis auf das Bankgeheimnis ausdrücklich ausgeführt wird, dass die Chefs der Zweigstellen nicht berechtigt seien, irgendwelche Bestätigungen auszustellen. Darüber hinaus erscheint auch inhaltlich zweifelhaft, dass sich ein Bankangestellter nach zwei Jahren noch daran erinnern kann, in wessen Begleitung jemand Geld abgehoben hat. Angesichts dessen kann dahin gestellt bleiben, ob es sich um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder gar eine Fälschung handelt. Es ist auch nicht ersichtlich, wie es der Mutter der Klägerin, die nach dem eigenen Vortrag der Klägerin von einer kleinen Landwirtschaft lebt, in den Kriegsjahren bzw. kurz danach gelungen sein soll, ein Vermögen von 30.000 DM zu erwirtschaften. Auch hierzu konnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung keine Angaben machen.

Auf mehrfache Nachfrage hat die Klägerin keinerlei schriftliche Unterlagen für das nach ihrem Vortrag zunächst in Kroatien angelegte Vermögen der Mutter vorgelegt. Diesbezüglich behauptet die Klägerin, es existiere kein Sparbuch und überhaupt keinerlei schriftliche Unterlagen über das Konto der Mutter. Auch hat die Klägerin bis heute keine Erklärung ihrer Mutter zur Entbindung vom Bankgeheimnis vorgelegt. Hierzu hätte spätestens nach Eingang der Auskunft der Sl. Ba. vom 12. Mai 2005 beim LSG Veranlassung bestanden, da zu diesem Zeitpunkt sowohl der Klägerin wie auch ihrem Prozessbevollmächtigten hätte klar sein müssen, dass sich mit der vorgelegten Bescheinigung von 2002 ein Nachweis der Herkunft des Geldes kaum führen lassen dürfte. Darüber hinaus wurde die Vorlage einer derartigen Erklärung durch den Senat mit Schreiben vom 22. und 28. November 2006 ausdrücklich angefordert. Die Klägerin trifft insoweit eine Mitwirkungslast. Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass die Mutter der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen seit Monaten nicht in der Lage gewesen sein soll, eine Erklärung zur Entbindung vom Bankgeheimnis zu unterschreiben, ohne dass eine dritte Person entsprechende Vollmachten hätte, um die Belange einer nicht ansprechbaren Person zu regeln. Ohne eine derartige Erklärung besteht für den Senat kein Anlass, nochmals den Versuch der Erhebung von Auskünften bei der Sl. Ba. zu unternehmen. Auch für das sozialgerichtliche Verfahren gilt, dass sich die Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht verringern, wenn Beteiligte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juni 2004 - B 11 AL 75/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr. 1; Urteil des Senats vom 1. Februar 2007 - L 7 SO 4267/05 - (juris); Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 103 Rdnr. 16 m.w.N.). Auf die Frage, ob der Beweisantrag hinreichend konkret ein bestimmtes Beweisthema mit substantiierten Anträgen bezeichnet (vgl. hierzu BSG SozR 1500 § 160 Nrn. 45 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr. 9; BSG, SozSich 2003, 400 und BVerwG NVwZ 1988, 725), kommt es daher nicht mehr an.

Auch zu dem geltend gemachten Treuhandvertrag existieren keinerlei Nachweise, da dieser nach Aussage der Klägerin im Hinblick auf die gute Beziehung zwischen Mutter und Tochter nur mündlich getroffen worden sei. Ebenso existieren für den Verbleib des Geldes, nachdem die Klägerin das Sparguthaben im Mai 2001 aufgelöst hat, keinerlei Belege, da die Klägerin geltend macht, dieses Geld in bar nach Kroatien zu ihrer Mutter gebracht zu haben, wo es nicht wieder angelegt worden sei. Damit gibt es weder Nachweise über die Herkunft des Vermögens noch über eine Vermögensinhaberschaft abweichend von der Kontoinhaberschaft. Der Senat ist daher nach den gesamten Umständen davon überzeugt, dass die Klägerin im hier streitigen Zeitraum über ein Vermögen von 30.000,00 DM verfügte.

Damit stellt sich die Frage der Beweislast, die für Frage der Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheids auf der Grundlage des § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III grundsätzlich die Beklagte trifft (vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr. 1, S. 11), nicht mehr. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Senat, hätte er die Vermögensinhaberschaft der Klägerin als nicht erwiesen angesehen, von einer Umkehr der objektiven Beweislast ausgegangen wäre. Nach der Rechtsprechung ist eine Ausnahme von der grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt, wenn in der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen liegende Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Mai 2006, a.a.O. und Urteil vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 R - (juris)). Da sämtliche insoweit maßgeblichen Umstände in der persönlichen Sphäre der Klägerin wurzeln und auch nur mit ihrer Hilfe aufgeklärt werden können, liegt eine derartige Beweisnähe hier vor.

Mangels Bedürftigkeit hatte die Klägerin folglich von Anfang an keinen Anspruch auf Alhi. Das Sparguthaben in Höhe von 30.000,00 DM überschreitet den Freibetrag von 8.000,00 DM um 22.000,00 DM. Dieser Betrag steht als verwertbares Vermögen der Bedürftigkeit für einen Zeitraum von 52 vollen Wochen entgegen. Nach § 9 Alhi-V besteht keine Bedürftigkeit für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet. Bei der Klägerin war ein Bemessungsentgelt von 420,22 DM zugrunde zu legen, woraus sich der Zeitraum von 52 Wochen ergibt (22.000 / 420,22 = 52,35; Werte hinter dem Komma bleiben unberücksichtigt, vgl. Kärcher in Niesel, SGB III, 1. Aufl. § 206 Rdnr. 26).

Die Bewilligungsbescheide vom 15. Juni 2000 und 05. Januar 2001 stehen nach alledem mit der materiellen Rechtslage nicht in Einklang. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie bei der Antragstellung vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - bezüglich des Folgebescheids vom 5. Januar 2001 § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Denn sie hat im Antrag vom 28. April 2000 auf die Frage nach Freistellungsaufträgen und vorhandenem Vermögen bei Banken jeweils "Nein" angekreuzt. Dabei war die Klägerin zumindest grob fahrlässig. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil auf S. 10 Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen auszuführen, dass - soweit in dem vorgelegten Schreiben der Klägerin vom 28. September 2004 an ihren Bevollmächtigten ausgeführt wird, sie habe das Sparbuch bei einem Besuch beim Arbeitsamt vorgelegt und es seien Kopien gefertigt worden - dies nicht nachvollziehbar ist. In den Akten erscheint eine Kopie des Sparbuchs mit den entsprechenden Buchungen erstmals im Juni 2003 nach Vorlage durch die Klägerin. Es ist auch nicht erklärbar, wieso die Beklagte mehrfach die Vorlage dieser Unterlagen anfordern sollte, wenn sie bereits Zugriff hierauf gehabt hätte. Ebenso erscheint nicht plausibel, dass die Klägerin nicht ein einziges Mal hierauf hingewiesen hätte, wenn sie der Auffassung gewesen sein sollte, die maßgeblichen Unterlagen lägen der Beklagten bereits vor. Dieser Vortrag erscheint daher nicht glaubwürdig. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit hinsichtlich der unzutreffenden Angaben setzt sich im Bescheid vom 5. Januar 2001 über § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X fort (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 42 S. 138).

Die in § 45 Abs. 3 und 4 sowie § 48 Abs. 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Die Klägerin ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im Zeitraum vom 18. Juni 2000 bis 16. Juni 2001 überzahlte Alhi zu erstatten. Den Rückforderungsbetrag hat die Beklagte mit 5.060,03 EUR zutreffend berechnet. Diesen Betrag hat die Klägerin zu erstatten. Über die Modalitäten der Rückzahlung war vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 3 S. 84).

Die Pflicht zur Rückzahlung der von der Beklagten gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (1.205,99 EUR und 86,02 EUR) ergibt sich aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Auch insoweit sind Berechungsfehler der Beklagten nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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