Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 LW 916/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 4786/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Anrechnung von Verletztengeld sowohl auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem ALG ist zulässig, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.8.2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anrechnung von Verletztengeld auf Rente(n) wegen voller Erwerbsminderung,
Der am 1948 geborene Kläger betrieb eine Landwirtschaft und war deshalb nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) versicherungspflichtig. Er leidet an einer Farmerlunge, die von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Berufskrankheit anerkannt ist (BK Nr. 4201 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ) und mit einer Verletztenrente entschädigt wird. Sein landwirtschaftliches Unternehmen ist seit Mai 2001 an seinen Sohn verpachtet. Von 1977 bis April 2002 war er als Lagerist bei der Firma W. Raiffeisen AG nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in Teilzeit versicherungspflichtig beschäftigt. Dort war er - stärker als in der eigenen Landwirtschaft, wo er Atemschutz trug und manche Arbeiten seinem Sohn überließ - einer hohen Staubbelastung ausgesetzt.
Ab dem 9.1.2001 war der Kläger vor allem im Hinblick auf die Tätigkeit bei der Firma W. Raiffeisen AG (Attest Dr. med. R. vom 30.04.2001) arbeitsunfähig und bezog vom 8.2.2001 bis 8.7.2002 von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich brutto 50,40 DM (= 25,77 EUR; Nettobetrag nach Abzug der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung 43,95 DM = 22,47 EUR; Bescheid vom 1.3.2001; dynamisiert ab 1.1.2002 auf brutto 26,16 EUR). Der Berechnung legte die das Verletztengeld auszahlende Allgemeine Ortskrankenkasse A.-O.(AOK) das zuletzt abgerechnete monatliche Nettoentgelt des Monats Dezember 2000 aus dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma W. Raiffeisen AG in Höhe von 1512,08 DM zu Grunde. Das Bruttoentgelt für Dezember 2000 hatte 1902,00 DM betragen, Einmalzahlungen in diesem Jahr hatte der Kläger in Höhe von 2539,00 DM erhalten.
Seit dem 1.5.2001 bezieht der Kläger von der beigeladenen D. R. Baden-Württemberg (Beigeladene) Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI (Bescheid vom 20.3.2002, Bruttobetrag anfangs 951,07 DM, nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 878,80 DM; zur weiteren Feststellung wird auf Bl. 35 der Verwaltungsakten Bezug genommen). Die Beigeladene nahm mit Bescheid vom 17.5.2002 und unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 20.3.2002 eine Anrechnung des Verletztengeldes als Hinzuverdienst für die Zeit ab 1.5.2001 der Gestalt vor, dass die persönlichen Entgeltpunkte nur zur Hälfte berücksichtigt wurden, was zu einer Zahlung der Rente in Höhe der Hälfte führte (Zahlbetrag ab 1.5.2001 brutto 475,54 DM, netto 439,40 DM). Zur Feststellung im Einzelnen wird auf den Rentenbescheid vom 17.5.2002 Bezug genommen. Mit Bescheid vom 29.7.2002 stellte sie ausgehend vom Wegfall des Verletztengeldes und unter Abänderung des Bescheides vom 17.5.2002 den Zahlbetrag der Rente (brutto) ab dem 1.7.2002 auf 506,27 EUR fest (netto 466,03 EUR). Die gegen die Anrechnung erhobene Klage hat das Sozialgericht Konstanz mit Urteil vom 22.2.2007 abgewiesen (S 4 R 2987/04). Das Berufungsverfahren ist beim Landessozialgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen L 11 R 1734/07 anhängig.
Von der Beklagten erhält der Kläger seit dem 1.6.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem ALG. Mit dem Rentenbescheid vom 16.8.2002 und Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 berücksichtigte auch die Beklagte für die Zeit vom 1.6.2001 bis 30.6.2002 das gezahlte Verletztengeld als Hinzuverdienst. Sie ging dabei von einem monatlichen Regelentgelt (Bruttoentgelt des Monats Dezember 2000 zuzüglich anteilige Einmalzahlungen im Jahr 2000) in Höhe von 2113,58 DM (= 1080,66 EUR) aus und zahlte die Rente nur in Höhe von drei Viertel (Zahlbetrag anfangs brutto 545,10 DM, netto 503,68 DM). Zur Feststellung im Einzelnen - auch hinsichtlich der errechneten Hinzuverdienstgrenzen - wird auf den Bescheid vom 16.8.2002 verwiesen.
Das hiergegen am 9.5.2003 angerufene Sozialgericht Konstanz hat die Klage mit Urteil vom 21.8.2003 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 4.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.11.2003 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass das Verletztengeld schon deshalb nicht angerechnet werden dürfe, weil es auf eigenen Beiträgen als Landwirt beruhe. Jedenfalls sei eine Anrechnung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die von der Beklagten bezogene Rente unzulässig.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgericht Konstanz vom 21.8.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.8.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.4.2003 zu verurteilen, die Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Anrechnung von Verletztengeld auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die geltenden Anrechnungsvorschriften.
Die Beigeladene beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Anrechnung für rechtmäßig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausschließlich der Bescheid der Beklagten vom 16.8.2002 und der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003, soweit dort geregelt ist, dass für die Zeit vom 1.6.2001 bis 30.6.2002 die zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung nur in Höhe von drei Viertel und damit in Höhe des ausgewiesenen geminderten Betrages zu zahlen ist. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beigeladenen, sodass der Senat über die Rechtmäßigkeit der von der Beigeladenen vorgenommenen Anrechnung nicht zu befinden hat.
Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist der Bescheid der Beklagten vom 16.8.2002, mit dem dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung bestandskräftig zuerkannt wurde. Der Bruttobetrag der Rente ohne Anrechnung betrug im streitigen Zeitraum vom 1.6. bis 30.6.2001 monatlich 726,80 DM, vom 1.7. bis 31.12. 2001 monatlich 740,65 DM und vom 1.1. bis 30.6.2002 monatlich 378,74 EUR. Diese Beträge ergeben sich (für das Halbjahr 2002 mit einer geringfügigen Rundungsabweichung von 1 Ct) aus den ausgewiesenen Bruttozahlbeträgen durch Umkehrung der Bruchteilsminderung und sind von der Beklagten ausdrücklich bestätigt worden. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht. Tatsächlich gewährt wurde dem Kläger ein Bruttobetrag in Höhe von monatlich 545,10 DM in der Zeit vom 1.6. bis 30.6.2001, monatlich 555,49 DM in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2001 und in Höhe von monatlich 284,05 EUR in der Zeit vom 1.1. bis 30.6.2002.
Indessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung der Differenzbeträge. Denn insoweit nahm die Beklagte zu Recht eine Anrechnung des im streitigen Zeitraum bezogenen Verletztengeldes vor.
§ 27a Abs. 1 ALG in den vom 1.1.2001 bis 31.12.2002 geltenden Fassungen ordnet beim Zusammentreffen von Rente wegen Erwerbsminderung mit Einkommen im Sinne von § 96a SGB VI unter hier nicht streitigen Maßgaben die entsprechende Anwendung des § 96a SGB VI an. Nach dieser Vorschrift wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird (Abs. 1 Satz 1). Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder vergleichbares Einkommen im Monat die jeweils maßgebenden Beträge nicht übersteigt (Satz 2). Dem Bezug von Arbeitsentgelt steht dabei nach § 96a Abs. 3 Satz 2 SGB VI das für denselben Zeitraum geleistete Verletztengeld gleich, wobei nach Satz 3 der Vorschrift das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Kläger bezog im streitigen Zeitraum Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Dementsprechend ist das dem Verletztengeld zu Grunde liegende Arbeitsentgelt oder Arbeiteinkommen bei der Feststellung des Hinzuverdienstes zu berücksichtigen.
Für die Berechnung des Verletztengeldes verweist § 47 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auf die für die Berechnung des Krankengeldes geltende Regelung des § 47 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Grundsätzlich gilt nach § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V bei nach Monaten bemessenem Arbeitsentgelt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt. Nach Abs. 1 Satz 1 der Regelung beträgt das Krankengeld 70 v.H. dieses Regelentgeltes und darf 90 v.H. des Nettoarbeitsentgelt nicht überschreiten. § 47 enthält hierzu die Maßgabe, dass das Verletztengeld 80 v.H. des Regelentgelt beträgt und dass das Verletztengeld das bei Anwendung des § 47 Abs. 1 und 2 SGB V berechnete Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigt.
Fest steht, dass das bestandskräftig bewilligte und ausgezahlte Verletztengeld aus dem zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Monatslohn und damit aus dem Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung bei der Firma W. Raiffeisen AG berechnet wurde. Ob dies zutreffend war oder ob - weil der Grund der Arbeitsunfähigkeit etwa auf die Tätigkeit als Landwirt, ggf. in Form einer Berufskrankheit zurückzuführen war - die Berechnung nach der für Unternehmer geltenden Regelung des § 47 Abs. 5 SGB VII hätte erfolgen müssen, ist ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, wie das konkret gezahlte Verletztengeld berechnet wurde. Nur hieran knüpft § 96a Abs. 3 SGB VI an. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Erörterung, wie auf dieser Grundlage (Arbeitsentgelt) die Berechnung des Verletztengeldes bzw. die Ermittlung des maßgebenden Arbeitsentgelts zu erfolgen hatte. Auch insoweit stellt der Senat auf die tatsächlich (hier von der AOK entsprechend der Nettolohnbegrenzung wohl richtigerweise) vorgenommene Berechnung ab. Doch kommt es auch hierauf nicht entscheidend an. Denn angesichts der nach § 27a Abs. 2 Nr. 2 ALG in den vom 1.1.2001 bis 31.12.2002 geltenden Fassungen maßgebenden (untersten) Hinzuverdienstgrenzen für die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe (630,00 DM bis zum 31.12.2001 bzw. 325,00 EUR für den übrigen streitigen Zeitraum) einerseits und der in Betracht kommenden Berechnungsmöglichkeiten des Entgelts andererseits (reines Nettoentgelt, so nach Auffassung des Senats zutreffend die AOK: 1512,08 DM, Bruttoentgelt ohne Einmalzahlungen: 1902,00 DM, Bruttoentgelt mit Einmalzahlungen, so die Beklagte: 2113,58 DM = 1080,66 EUR, siehe hierzu aber § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V und generell BSG, Urteil vom 20.11.2003, B 13 RJ 43/02 R in SozR 4-2600 § 96a Nr. 3) wäre bei jeder Berechnungsmethode (nur) die unterste Hinzuverdienstgrenze überschritten, also die Rente in jedem Fall nur in Höhe von drei Vierteln zu zahlen gewesen.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, dass das Verletztengeld auf eigenen Beiträgen beruhe und deshalb nicht angerechnet werden dürfte. Zwar sieht § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für den Fall des Zusammentreffens von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung eine Ausnahme insoweit vor, als keine Anrechnung erfolgt, wenn die Rente aus der Unfallversicherung ausschließlich nach dem Arbeitseinkommen des Unternehmers oder seines Ehegatten oder Lebenspartners oder nach einem festen Betrag berechnet wird. Der Kläger macht insoweit geltend, die Bevorzugung des Bezuges von Verletztenrente gegenüber dem Bezug von Verletztengeld sei nicht gerechtfertigt. Indessen findet diese Vorschrift - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - im Bereich der Alterssicherung der Landwirte schon deshalb keine Anwendung, weil es - anders als für § 96a SGB VI - keine entsprechende Bezugnahme im ALG gibt. Damit ist der Argumentation des Klägers der Boden entzogen.
Auch tatbestandsmäßig lägen die Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht vor. Das im streitigen Zeitraum bezogene Verletztengeld wurde nicht nach Arbeitseinkommen des Klägers, sondern nach dem von ihm im Dezember 2000 bezogenen Arbeitsentgelt aus seiner abhängigen Beschäftigung berechnet. Auch hier ist allein diese faktische Berechnung des Verletztengeldes maßgebend. Im Übrigen wäre diese Berechnung auch nicht zu beanstanden, weil der Kläger vor allem im Hinblick auf die Tätigkeit bei der Firma W. Raiffeisen AG arbeitsunfähig war (Attest Dr. med. R. vom 30.4.2001, Bl. 19 Verwaltungsakten). Es bedarf daher keiner Darlegungen zur Frage einer Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlungen von durch eigene Beiträge erworbener Anwartschaften aus der gesetzlichen Unfallversicherung je nachdem, ob Verletztengeld mit Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Verletztenrente mit einer Rente, gleich welcher Art, aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft.
Auch die Bedenken des Klägers gegen eine "Doppelanrechnung" teilt der Senat nicht.
Der Senat hat nicht darüber zu befinden, ob die von der Beigeladenen durchgeführte Anrechnung des Verletztengeldes unter teilweiser Rücknahme eines zuvor ohne Anrechnung ergangenen Rentenbescheides rechtmäßig ist. Jedenfalls sieht § 96a SGB VI eine solche Anrechnung von Verletztengeld auch und gerade auf die dem Kläger von der Beigeladenen zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Eine Regelung, die eine solche "Doppelanrechnung" verhindern würde, enthält - hierauf hat die Beklagte hingewiesen - weder das ALG noch das SGB VI.
Eine entsprechende Anwendung anderer Vorschriften zur Verhinderung von Doppelanrechnungen (§ 97 Abs. 3 SGB VI i.V.m. § 28 ALG bei Renten wegen Todes oder § 29 ALG, der in Satz 1 eine Reihenfolge bei der Anwendung von Vorschriften über die Einkommensanrechnung bei Renten wegen Todes und in Satz 3 entsprechend § 98 Satz 2 SGB VI das Verbot einer Anrechnung von identischem Einkommen auf dieselbe Rente auf Grund verschiedener Anrechnungsvorschriften enthält) ist mangels einer feststellbaren Regelungslücke nicht möglich. Dem Gesetzgeber war bei Einführung der Regeln über die Einkommensanrechnung, insbesondere des § 27a ALG mit Wirkung ab dem 1.1.2001, die Existenz von Nebenerwerbslandwirten bekannt. Auf Grund ihrer Eigenschaft als Landwirt (§ 1 ALG) unterfallen sie einerseits dem ALG, auf Grund ihrer häufig hauptberuflich aber teilweise auch in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) werden für sie andererseits Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt. Für diesen Personenkreis ist es deshalb der (gesetzliche, wenn auch durch die Möglichkeit der Befreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ALG vermeidbare) Normalfall, dass Anwartschaften auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowohl nach dem ALG wie nach dem SGB VI erworben werden. Wenn dann der Gesetzgeber in Kenntnis solch möglicher doppelter Rentenanwartschaften keine Regelungen über das Verhältnis dieser Rentenanwartschaften geschaffen hat, zwingt dies zu dem Schluss, dass diese Anwartschaften nach den beiden Sicherungssystemen - Alterssicherung der Landwirte und gesetzliche Rentenversicherung - völlig getrennt zu sehen sind und keine systemübergreifenden Konkurrenzregelungen - auch hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen - gelten sollen. Vorschriften über das Verbot einer Doppelanrechnung bzw. über Konkurrenzen verschiedener Ansprüche innerhalb des jeweiligen Sicherungssystems dürfen somit nicht systemübergreifend auf die gleichartigen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit der getrennten Systeme angewandt werden. Gleiches gilt, soweit § 29 Satz 1 Nr. 3 und 4 ALG eine tatsächlich systemübergreifende Regelung für Renten wegen Todes enthält. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber an derartige systemübergreifende Regelungen gedacht hat. Eben weil er Entsprechendes für die bekannten Doppelanwartschaften der Nebenerwerbslandwirte auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vorgesehen hat, ist eine unbeabsichtigte gesetzliche Lücke zu verneinen. Es bedarf daher keiner Überlegungen dazu, ob die unterschiedliche Zielrichtung der Renten (Unterhaltssicherung einerseits bei den Renten wegen Todes und Lohnersatzfunktion andererseits bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) eine Übertragung der Regelung zuließe.
Aus dieser Trennung der Sicherungssysteme ist auch die innere Rechtfertigung und verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit für die vom Kläger gerügte "Doppelanrechnung" abzuleiten.
Grundlage der Anwartschaften in den beiden Sicherungssystemen sind - wie dargelegt - die unabhängig voneinander eintretende Versicherungspflicht und die unabhängig voneinander entrichteten und nach völlig unterschiedlichen Grundsätzen erhobenen Beiträge (Höhe des Verdienstes im SGB VI, Einheitsbeitrag bei erheblichen Zuschüssen im ALG). Ziel des § 96a SGB VI ist es, eine Übersicherung, die sich aus der Summierung der Rentenleistung (wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) und eigenem Arbeitseinkommen oder Arbeitsentgelt sowie an dessen Stelle getretenem Ersatzeinkommen in Form von Sozialleistungen ergibt, zu begrenzen (BSG, Urteil vom 6.3.2003, B 4 RA 8/02 R in SozR 4-2600 § 313 Nr. 2), also zu verhindern, dass der Versicherte durch die Rente und den Hinzuverdienst ein höheres Gesamteinkommen erzielt, als vor dem Eintritt des Versicherungsfalles versichert war (BSG, a.a.O. und Urteil vom 17.12.2002, B 4 RA 23/02 R in SozR 3-2600 § 96a Nr. 1). Dieser Einwand der Übersicherung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG, a.a.O.). Dies zieht wohl auch der Kläger für das einzelne Sicherungssystem nicht in Zweifel.
Dieser Übersicherungseinwand gilt sowohl im Sicherungssystem des SGB VI, als auch - über die Verweisung in § 27a Abs. 1 ALG - im Sichersystem des ALG. Gehört dann ein Versicherter - wie hier der Kläger - beiden Sicherungssystemen an, greift dieser Übersicherungseinwand auch in beiden Sicherungssystemen. Nur so wird - wie erwähnt verfassungsrechtlich zulässig - für jedes dieser Sicherungssysteme in der Tendenz erreicht, dass kein höheres Gesamteinkommen erzielt werden kann, als zuvor im Hinblick auf die Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit versichert war. In diesem Zusammenhang spielt es keine wesentliche Rolle, dass das ALG als Teilsicherungssystem angelegt ist (vgl. BT-Drs. 13/8011 Seite 217). Denn dieser Aspekt bezieht sich auf ergänzende geldwerte Vorteile, die auf der Landwirtschaft selbst beruhen (Miet- und Pachteinnahmen), nicht aber auf die Verwertung der Arbeitskraft.
Der Kläger erhielt im streitigen Zeitraum von 13 Monaten (neben der ohnehin nicht angerechneten Verletztenrente) Verletztengeld praktisch in Höhe seines vollen Nettoarbeitsentgelts aus der Teilzeitbeschäftigung, nämlich in Höhe von insgesamt rund 10.276 EUR. Zusätzlich bezog er Rentenleistungen nach SGB VI in Höhe von gerundet 3.161 EUR und nach ALG in Höhe von gerundet 3.687 EUR. Insgesamt erhielt er - neben der Verletztenrente - Sozialleistungen in Höhe von 17.124 EUR. Durch die Anrechnung des Verletztengeldes "entgingen" ihm Rentenleistungen in einer Gesamthöhe von rund 4.390 EUR (1.229 EUR seitens des ALG und 3.161 EUR nach SGB VI). Dies zeigt eine durchaus maßvolle Reduzierung der Übersicherung für das versicherte Risiko einer Erwerbsminderung, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger - wie in der Landwirtschaft üblich und bei den Rentenleistungen des ALG eingeflossen - auch nach Angabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mietfrei wohnt und im Zusammenhang mit dieser Abgabe weitere Barleistungen erzielt (insbesondere für die Nutzungsüberlassung des Betriebes und die Überlassung der Milchquote).
Eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung des Rentenantrages im Hinblick auf eine "Feststellung des Wertes des (Voll-)Rechts auf Rente", wie sie das BSG im Urteil vom 17.12.2002, a.a.O. ausgesprochen hat, scheidet vorliegend aus, weil der Kläger, anders als jener in dem vom BSG entschiedenen Fall, nicht den eigentlichen "Wert des Rechts auf Rente" in Streit stellt, sondern ausgehend von dem ohne Anrechnung unstreitig höheren Rentenanspruch dessen Auszahlung geltend macht. Ohnehin war für den Kläger aus dem bescheidmäßig ausgewiesenen Zahlbetrag einer Rente in Höhe von drei Viertel ohne weiteres durch Multiplikation mit 4 und Division durch 3, also durch Umkehrung der Bruchteilsminderung der eigentliche Zahlbetrag ohne Anrechnung ermittelbar.
Damit ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anrechnung von Verletztengeld auf Rente(n) wegen voller Erwerbsminderung,
Der am 1948 geborene Kläger betrieb eine Landwirtschaft und war deshalb nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) versicherungspflichtig. Er leidet an einer Farmerlunge, die von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Berufskrankheit anerkannt ist (BK Nr. 4201 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ) und mit einer Verletztenrente entschädigt wird. Sein landwirtschaftliches Unternehmen ist seit Mai 2001 an seinen Sohn verpachtet. Von 1977 bis April 2002 war er als Lagerist bei der Firma W. Raiffeisen AG nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in Teilzeit versicherungspflichtig beschäftigt. Dort war er - stärker als in der eigenen Landwirtschaft, wo er Atemschutz trug und manche Arbeiten seinem Sohn überließ - einer hohen Staubbelastung ausgesetzt.
Ab dem 9.1.2001 war der Kläger vor allem im Hinblick auf die Tätigkeit bei der Firma W. Raiffeisen AG (Attest Dr. med. R. vom 30.04.2001) arbeitsunfähig und bezog vom 8.2.2001 bis 8.7.2002 von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich brutto 50,40 DM (= 25,77 EUR; Nettobetrag nach Abzug der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung 43,95 DM = 22,47 EUR; Bescheid vom 1.3.2001; dynamisiert ab 1.1.2002 auf brutto 26,16 EUR). Der Berechnung legte die das Verletztengeld auszahlende Allgemeine Ortskrankenkasse A.-O.(AOK) das zuletzt abgerechnete monatliche Nettoentgelt des Monats Dezember 2000 aus dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma W. Raiffeisen AG in Höhe von 1512,08 DM zu Grunde. Das Bruttoentgelt für Dezember 2000 hatte 1902,00 DM betragen, Einmalzahlungen in diesem Jahr hatte der Kläger in Höhe von 2539,00 DM erhalten.
Seit dem 1.5.2001 bezieht der Kläger von der beigeladenen D. R. Baden-Württemberg (Beigeladene) Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI (Bescheid vom 20.3.2002, Bruttobetrag anfangs 951,07 DM, nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 878,80 DM; zur weiteren Feststellung wird auf Bl. 35 der Verwaltungsakten Bezug genommen). Die Beigeladene nahm mit Bescheid vom 17.5.2002 und unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 20.3.2002 eine Anrechnung des Verletztengeldes als Hinzuverdienst für die Zeit ab 1.5.2001 der Gestalt vor, dass die persönlichen Entgeltpunkte nur zur Hälfte berücksichtigt wurden, was zu einer Zahlung der Rente in Höhe der Hälfte führte (Zahlbetrag ab 1.5.2001 brutto 475,54 DM, netto 439,40 DM). Zur Feststellung im Einzelnen wird auf den Rentenbescheid vom 17.5.2002 Bezug genommen. Mit Bescheid vom 29.7.2002 stellte sie ausgehend vom Wegfall des Verletztengeldes und unter Abänderung des Bescheides vom 17.5.2002 den Zahlbetrag der Rente (brutto) ab dem 1.7.2002 auf 506,27 EUR fest (netto 466,03 EUR). Die gegen die Anrechnung erhobene Klage hat das Sozialgericht Konstanz mit Urteil vom 22.2.2007 abgewiesen (S 4 R 2987/04). Das Berufungsverfahren ist beim Landessozialgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen L 11 R 1734/07 anhängig.
Von der Beklagten erhält der Kläger seit dem 1.6.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem ALG. Mit dem Rentenbescheid vom 16.8.2002 und Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003 berücksichtigte auch die Beklagte für die Zeit vom 1.6.2001 bis 30.6.2002 das gezahlte Verletztengeld als Hinzuverdienst. Sie ging dabei von einem monatlichen Regelentgelt (Bruttoentgelt des Monats Dezember 2000 zuzüglich anteilige Einmalzahlungen im Jahr 2000) in Höhe von 2113,58 DM (= 1080,66 EUR) aus und zahlte die Rente nur in Höhe von drei Viertel (Zahlbetrag anfangs brutto 545,10 DM, netto 503,68 DM). Zur Feststellung im Einzelnen - auch hinsichtlich der errechneten Hinzuverdienstgrenzen - wird auf den Bescheid vom 16.8.2002 verwiesen.
Das hiergegen am 9.5.2003 angerufene Sozialgericht Konstanz hat die Klage mit Urteil vom 21.8.2003 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 4.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.11.2003 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass das Verletztengeld schon deshalb nicht angerechnet werden dürfe, weil es auf eigenen Beiträgen als Landwirt beruhe. Jedenfalls sei eine Anrechnung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die von der Beklagten bezogene Rente unzulässig.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgericht Konstanz vom 21.8.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.8.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.4.2003 zu verurteilen, die Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Anrechnung von Verletztengeld auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die geltenden Anrechnungsvorschriften.
Die Beigeladene beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Anrechnung für rechtmäßig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausschließlich der Bescheid der Beklagten vom 16.8.2002 und der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2003, soweit dort geregelt ist, dass für die Zeit vom 1.6.2001 bis 30.6.2002 die zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung nur in Höhe von drei Viertel und damit in Höhe des ausgewiesenen geminderten Betrages zu zahlen ist. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beigeladenen, sodass der Senat über die Rechtmäßigkeit der von der Beigeladenen vorgenommenen Anrechnung nicht zu befinden hat.
Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist der Bescheid der Beklagten vom 16.8.2002, mit dem dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung bestandskräftig zuerkannt wurde. Der Bruttobetrag der Rente ohne Anrechnung betrug im streitigen Zeitraum vom 1.6. bis 30.6.2001 monatlich 726,80 DM, vom 1.7. bis 31.12. 2001 monatlich 740,65 DM und vom 1.1. bis 30.6.2002 monatlich 378,74 EUR. Diese Beträge ergeben sich (für das Halbjahr 2002 mit einer geringfügigen Rundungsabweichung von 1 Ct) aus den ausgewiesenen Bruttozahlbeträgen durch Umkehrung der Bruchteilsminderung und sind von der Beklagten ausdrücklich bestätigt worden. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht. Tatsächlich gewährt wurde dem Kläger ein Bruttobetrag in Höhe von monatlich 545,10 DM in der Zeit vom 1.6. bis 30.6.2001, monatlich 555,49 DM in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2001 und in Höhe von monatlich 284,05 EUR in der Zeit vom 1.1. bis 30.6.2002.
Indessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung der Differenzbeträge. Denn insoweit nahm die Beklagte zu Recht eine Anrechnung des im streitigen Zeitraum bezogenen Verletztengeldes vor.
§ 27a Abs. 1 ALG in den vom 1.1.2001 bis 31.12.2002 geltenden Fassungen ordnet beim Zusammentreffen von Rente wegen Erwerbsminderung mit Einkommen im Sinne von § 96a SGB VI unter hier nicht streitigen Maßgaben die entsprechende Anwendung des § 96a SGB VI an. Nach dieser Vorschrift wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird (Abs. 1 Satz 1). Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder vergleichbares Einkommen im Monat die jeweils maßgebenden Beträge nicht übersteigt (Satz 2). Dem Bezug von Arbeitsentgelt steht dabei nach § 96a Abs. 3 Satz 2 SGB VI das für denselben Zeitraum geleistete Verletztengeld gleich, wobei nach Satz 3 der Vorschrift das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Kläger bezog im streitigen Zeitraum Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Dementsprechend ist das dem Verletztengeld zu Grunde liegende Arbeitsentgelt oder Arbeiteinkommen bei der Feststellung des Hinzuverdienstes zu berücksichtigen.
Für die Berechnung des Verletztengeldes verweist § 47 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auf die für die Berechnung des Krankengeldes geltende Regelung des § 47 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Grundsätzlich gilt nach § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V bei nach Monaten bemessenem Arbeitsentgelt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt. Nach Abs. 1 Satz 1 der Regelung beträgt das Krankengeld 70 v.H. dieses Regelentgeltes und darf 90 v.H. des Nettoarbeitsentgelt nicht überschreiten. § 47 enthält hierzu die Maßgabe, dass das Verletztengeld 80 v.H. des Regelentgelt beträgt und dass das Verletztengeld das bei Anwendung des § 47 Abs. 1 und 2 SGB V berechnete Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigt.
Fest steht, dass das bestandskräftig bewilligte und ausgezahlte Verletztengeld aus dem zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Monatslohn und damit aus dem Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung bei der Firma W. Raiffeisen AG berechnet wurde. Ob dies zutreffend war oder ob - weil der Grund der Arbeitsunfähigkeit etwa auf die Tätigkeit als Landwirt, ggf. in Form einer Berufskrankheit zurückzuführen war - die Berechnung nach der für Unternehmer geltenden Regelung des § 47 Abs. 5 SGB VII hätte erfolgen müssen, ist ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, wie das konkret gezahlte Verletztengeld berechnet wurde. Nur hieran knüpft § 96a Abs. 3 SGB VI an. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Erörterung, wie auf dieser Grundlage (Arbeitsentgelt) die Berechnung des Verletztengeldes bzw. die Ermittlung des maßgebenden Arbeitsentgelts zu erfolgen hatte. Auch insoweit stellt der Senat auf die tatsächlich (hier von der AOK entsprechend der Nettolohnbegrenzung wohl richtigerweise) vorgenommene Berechnung ab. Doch kommt es auch hierauf nicht entscheidend an. Denn angesichts der nach § 27a Abs. 2 Nr. 2 ALG in den vom 1.1.2001 bis 31.12.2002 geltenden Fassungen maßgebenden (untersten) Hinzuverdienstgrenzen für die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe (630,00 DM bis zum 31.12.2001 bzw. 325,00 EUR für den übrigen streitigen Zeitraum) einerseits und der in Betracht kommenden Berechnungsmöglichkeiten des Entgelts andererseits (reines Nettoentgelt, so nach Auffassung des Senats zutreffend die AOK: 1512,08 DM, Bruttoentgelt ohne Einmalzahlungen: 1902,00 DM, Bruttoentgelt mit Einmalzahlungen, so die Beklagte: 2113,58 DM = 1080,66 EUR, siehe hierzu aber § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V und generell BSG, Urteil vom 20.11.2003, B 13 RJ 43/02 R in SozR 4-2600 § 96a Nr. 3) wäre bei jeder Berechnungsmethode (nur) die unterste Hinzuverdienstgrenze überschritten, also die Rente in jedem Fall nur in Höhe von drei Vierteln zu zahlen gewesen.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, dass das Verletztengeld auf eigenen Beiträgen beruhe und deshalb nicht angerechnet werden dürfte. Zwar sieht § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für den Fall des Zusammentreffens von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung eine Ausnahme insoweit vor, als keine Anrechnung erfolgt, wenn die Rente aus der Unfallversicherung ausschließlich nach dem Arbeitseinkommen des Unternehmers oder seines Ehegatten oder Lebenspartners oder nach einem festen Betrag berechnet wird. Der Kläger macht insoweit geltend, die Bevorzugung des Bezuges von Verletztenrente gegenüber dem Bezug von Verletztengeld sei nicht gerechtfertigt. Indessen findet diese Vorschrift - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - im Bereich der Alterssicherung der Landwirte schon deshalb keine Anwendung, weil es - anders als für § 96a SGB VI - keine entsprechende Bezugnahme im ALG gibt. Damit ist der Argumentation des Klägers der Boden entzogen.
Auch tatbestandsmäßig lägen die Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht vor. Das im streitigen Zeitraum bezogene Verletztengeld wurde nicht nach Arbeitseinkommen des Klägers, sondern nach dem von ihm im Dezember 2000 bezogenen Arbeitsentgelt aus seiner abhängigen Beschäftigung berechnet. Auch hier ist allein diese faktische Berechnung des Verletztengeldes maßgebend. Im Übrigen wäre diese Berechnung auch nicht zu beanstanden, weil der Kläger vor allem im Hinblick auf die Tätigkeit bei der Firma W. Raiffeisen AG arbeitsunfähig war (Attest Dr. med. R. vom 30.4.2001, Bl. 19 Verwaltungsakten). Es bedarf daher keiner Darlegungen zur Frage einer Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlungen von durch eigene Beiträge erworbener Anwartschaften aus der gesetzlichen Unfallversicherung je nachdem, ob Verletztengeld mit Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Verletztenrente mit einer Rente, gleich welcher Art, aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft.
Auch die Bedenken des Klägers gegen eine "Doppelanrechnung" teilt der Senat nicht.
Der Senat hat nicht darüber zu befinden, ob die von der Beigeladenen durchgeführte Anrechnung des Verletztengeldes unter teilweiser Rücknahme eines zuvor ohne Anrechnung ergangenen Rentenbescheides rechtmäßig ist. Jedenfalls sieht § 96a SGB VI eine solche Anrechnung von Verletztengeld auch und gerade auf die dem Kläger von der Beigeladenen zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Eine Regelung, die eine solche "Doppelanrechnung" verhindern würde, enthält - hierauf hat die Beklagte hingewiesen - weder das ALG noch das SGB VI.
Eine entsprechende Anwendung anderer Vorschriften zur Verhinderung von Doppelanrechnungen (§ 97 Abs. 3 SGB VI i.V.m. § 28 ALG bei Renten wegen Todes oder § 29 ALG, der in Satz 1 eine Reihenfolge bei der Anwendung von Vorschriften über die Einkommensanrechnung bei Renten wegen Todes und in Satz 3 entsprechend § 98 Satz 2 SGB VI das Verbot einer Anrechnung von identischem Einkommen auf dieselbe Rente auf Grund verschiedener Anrechnungsvorschriften enthält) ist mangels einer feststellbaren Regelungslücke nicht möglich. Dem Gesetzgeber war bei Einführung der Regeln über die Einkommensanrechnung, insbesondere des § 27a ALG mit Wirkung ab dem 1.1.2001, die Existenz von Nebenerwerbslandwirten bekannt. Auf Grund ihrer Eigenschaft als Landwirt (§ 1 ALG) unterfallen sie einerseits dem ALG, auf Grund ihrer häufig hauptberuflich aber teilweise auch in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) werden für sie andererseits Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt. Für diesen Personenkreis ist es deshalb der (gesetzliche, wenn auch durch die Möglichkeit der Befreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ALG vermeidbare) Normalfall, dass Anwartschaften auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowohl nach dem ALG wie nach dem SGB VI erworben werden. Wenn dann der Gesetzgeber in Kenntnis solch möglicher doppelter Rentenanwartschaften keine Regelungen über das Verhältnis dieser Rentenanwartschaften geschaffen hat, zwingt dies zu dem Schluss, dass diese Anwartschaften nach den beiden Sicherungssystemen - Alterssicherung der Landwirte und gesetzliche Rentenversicherung - völlig getrennt zu sehen sind und keine systemübergreifenden Konkurrenzregelungen - auch hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen - gelten sollen. Vorschriften über das Verbot einer Doppelanrechnung bzw. über Konkurrenzen verschiedener Ansprüche innerhalb des jeweiligen Sicherungssystems dürfen somit nicht systemübergreifend auf die gleichartigen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit der getrennten Systeme angewandt werden. Gleiches gilt, soweit § 29 Satz 1 Nr. 3 und 4 ALG eine tatsächlich systemübergreifende Regelung für Renten wegen Todes enthält. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber an derartige systemübergreifende Regelungen gedacht hat. Eben weil er Entsprechendes für die bekannten Doppelanwartschaften der Nebenerwerbslandwirte auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vorgesehen hat, ist eine unbeabsichtigte gesetzliche Lücke zu verneinen. Es bedarf daher keiner Überlegungen dazu, ob die unterschiedliche Zielrichtung der Renten (Unterhaltssicherung einerseits bei den Renten wegen Todes und Lohnersatzfunktion andererseits bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) eine Übertragung der Regelung zuließe.
Aus dieser Trennung der Sicherungssysteme ist auch die innere Rechtfertigung und verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit für die vom Kläger gerügte "Doppelanrechnung" abzuleiten.
Grundlage der Anwartschaften in den beiden Sicherungssystemen sind - wie dargelegt - die unabhängig voneinander eintretende Versicherungspflicht und die unabhängig voneinander entrichteten und nach völlig unterschiedlichen Grundsätzen erhobenen Beiträge (Höhe des Verdienstes im SGB VI, Einheitsbeitrag bei erheblichen Zuschüssen im ALG). Ziel des § 96a SGB VI ist es, eine Übersicherung, die sich aus der Summierung der Rentenleistung (wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) und eigenem Arbeitseinkommen oder Arbeitsentgelt sowie an dessen Stelle getretenem Ersatzeinkommen in Form von Sozialleistungen ergibt, zu begrenzen (BSG, Urteil vom 6.3.2003, B 4 RA 8/02 R in SozR 4-2600 § 313 Nr. 2), also zu verhindern, dass der Versicherte durch die Rente und den Hinzuverdienst ein höheres Gesamteinkommen erzielt, als vor dem Eintritt des Versicherungsfalles versichert war (BSG, a.a.O. und Urteil vom 17.12.2002, B 4 RA 23/02 R in SozR 3-2600 § 96a Nr. 1). Dieser Einwand der Übersicherung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG, a.a.O.). Dies zieht wohl auch der Kläger für das einzelne Sicherungssystem nicht in Zweifel.
Dieser Übersicherungseinwand gilt sowohl im Sicherungssystem des SGB VI, als auch - über die Verweisung in § 27a Abs. 1 ALG - im Sichersystem des ALG. Gehört dann ein Versicherter - wie hier der Kläger - beiden Sicherungssystemen an, greift dieser Übersicherungseinwand auch in beiden Sicherungssystemen. Nur so wird - wie erwähnt verfassungsrechtlich zulässig - für jedes dieser Sicherungssysteme in der Tendenz erreicht, dass kein höheres Gesamteinkommen erzielt werden kann, als zuvor im Hinblick auf die Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit versichert war. In diesem Zusammenhang spielt es keine wesentliche Rolle, dass das ALG als Teilsicherungssystem angelegt ist (vgl. BT-Drs. 13/8011 Seite 217). Denn dieser Aspekt bezieht sich auf ergänzende geldwerte Vorteile, die auf der Landwirtschaft selbst beruhen (Miet- und Pachteinnahmen), nicht aber auf die Verwertung der Arbeitskraft.
Der Kläger erhielt im streitigen Zeitraum von 13 Monaten (neben der ohnehin nicht angerechneten Verletztenrente) Verletztengeld praktisch in Höhe seines vollen Nettoarbeitsentgelts aus der Teilzeitbeschäftigung, nämlich in Höhe von insgesamt rund 10.276 EUR. Zusätzlich bezog er Rentenleistungen nach SGB VI in Höhe von gerundet 3.161 EUR und nach ALG in Höhe von gerundet 3.687 EUR. Insgesamt erhielt er - neben der Verletztenrente - Sozialleistungen in Höhe von 17.124 EUR. Durch die Anrechnung des Verletztengeldes "entgingen" ihm Rentenleistungen in einer Gesamthöhe von rund 4.390 EUR (1.229 EUR seitens des ALG und 3.161 EUR nach SGB VI). Dies zeigt eine durchaus maßvolle Reduzierung der Übersicherung für das versicherte Risiko einer Erwerbsminderung, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger - wie in der Landwirtschaft üblich und bei den Rentenleistungen des ALG eingeflossen - auch nach Angabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mietfrei wohnt und im Zusammenhang mit dieser Abgabe weitere Barleistungen erzielt (insbesondere für die Nutzungsüberlassung des Betriebes und die Überlassung der Milchquote).
Eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung des Rentenantrages im Hinblick auf eine "Feststellung des Wertes des (Voll-)Rechts auf Rente", wie sie das BSG im Urteil vom 17.12.2002, a.a.O. ausgesprochen hat, scheidet vorliegend aus, weil der Kläger, anders als jener in dem vom BSG entschiedenen Fall, nicht den eigentlichen "Wert des Rechts auf Rente" in Streit stellt, sondern ausgehend von dem ohne Anrechnung unstreitig höheren Rentenanspruch dessen Auszahlung geltend macht. Ohnehin war für den Kläger aus dem bescheidmäßig ausgewiesenen Zahlbetrag einer Rente in Höhe von drei Viertel ohne weiteres durch Multiplikation mit 4 und Division durch 3, also durch Umkehrung der Bruchteilsminderung der eigentliche Zahlbetrag ohne Anrechnung ermittelbar.
Damit ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved