Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2353/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4964/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu Inhalt, Bedeutung und Reichweite des Begriffs der Versicherungsfreiheit und des Rechts zur freiwilligen Versicherung für Beamte auf Lebenszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. September 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist, ob die Beklagte der Klägerin Rentenversicherungsbeiträge zu erstatten hat.
Die1971 geborene Klägerin wurde mit Wirkung zum 11.09.1998 zur Lehrerin zur Anstellung ernannt unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung zum 20.06.2000 erfolgte die Ernennung zur Lehrerin als Beamtin auf Lebenszeit.
Im Anschluss an einen Erziehungsurlaub vom 09.04.1999 bis 12.09.1999 wegen Erziehung des am 08.11.1998 geborenen ersten Kindes war die Klägerin ab 13.09.1999 teilzeitbeschäftigt. Nach der Geburt des zweiten Kindes am 27.06.2000 befand sie sich vom 23.08.2000 bis 26.06.2003 im Erziehungsurlaub. Während der Vater der Kinder für das erste Kind Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet bekam, wurden ihm für das zweite Kind keine Kindererziehungszeiten angerechnet. Nach Beendigung des Erziehungsurlaubs wurde die Klägerin aus familiären Gründen weiter beurlaubt ohne Dienstbezüge, nach Aktenlage zunächst bis vorläufig 12.09.2004.
Vor ihrer Ernennung als Lehrerin war die Klägerin im Zeitraum 01.09.1991 bis 10.09.1998 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen bzw. hatte Leistungen der Arbeitsverwaltung bezogen. In dem bei der Beklagten geführten Versicherungskonto sind für die Klägerin 33 Pflichtbeiträge vermerkt.
Am 05.06.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Beitragserstattung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2003 ab. Die Erstattungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil das Recht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 14.07.2003. Zur Begründung trug sie vor, es sei widersprüchlich, wenn die Beklagte sie unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.10.1983 (SozR 2200 § 1233 Nr. 23) einerseits als während der Erziehungszeit ohne Dienstbezüge beurlaubte Beamtin zum Kreis der zur freiwilligen Versicherung berechtigten Personen zähle, wobei es damals die Anrechnung von Kindererziehungszeiten noch nicht gegeben habe, wenn sie andererseits gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen sei, weil sie - auch im Erziehungsurlaub - zum Kreis der nach § 5 Abs.1 SGB VI versicherungsfreien Personen gehöre. Zum Zeitpunkt der zitierten Entscheidung des BSG hätten Personen während des (damals noch nicht eingeführten) Erziehungsurlaubs das Recht zur freiwilligen Versicherung gehabt, wohingegen Versicherte ab 1986 im Erziehungsurlaub Pflichtversicherungszeiten zurücklegten. Würden Beamte während der Kindererziehungszeiten freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung nach Einführung der Kindererziehungszeiten leisten, wäre eine Überversorgung möglich, da diese Zeiten auch in der Beamtenversorgung angerechnet würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Das Urteil des BSG vom 13.10.1983 (aaO) gelte auch für die Zeit nach dem 01.01.1992, da die Rechtslage (§§ 5 Abs.1 und 2, 7 Abs.1 und 2 SGB VI im Vergleich zu § 6 Abs.1 Nr.3, 10 Abs.1 und 1a Angestelltenversicherungsgesetz - AVG -) in etwa ähnlich sei. Versicherungsfreiheit habe bei der Klägerin nur bis zum 22.09.2000 vorgelegen. In der Elternzeit sei sie mangels versicherungspflichtiger Beschäftigung entfallen, sodass für die Klägerin das Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 7 Abs.1 SGB VI ab 23.9.2000 und wegen des Monatsprinzips bereits ab September 2000 bestehe. Dass die Klägerin hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, sei rechtlich unbeachtlich.
Mit ihrer am 14.04.2004 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage (S 3 RA 1102/04) verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf Beitragserstattung weiter. Zur Begründung trug sie vor, der sozialversicherungsrechtliche Status in der Rentenversicherung habe sich für Arbeitnehmer in den ersten drei Jahren der Kindererziehungszeit mit der Einführung dieser Zeiten grundlegend geändert. Genauso wie für nicht beamtete Arbeitnehmer für diese Zeiten die Versicherungspflicht zur Rentenversicherung bestehe, seien beamtete Arbeitnehmer versicherungsfrei wegen der Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft. Dementsprechend würden Beamten im Erziehungsurlaub auch keine Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Mit der Einführung der Kindererziehungszeiten in § 56 SGB VI sei der Begriff "Beschäftigung" sinngemäß auf die Tätigkeit der Kindererziehung in den ersten drei Jahren ausgedehnt worden.
Mit Beschluss vom 12.10.2004 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an, da die Entscheidung des BSG über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zu einer vergleichbaren Rechtsproblematik ergangenen Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 28.01.2004, L 8 RA 46/03, juris-Dok., abgewartet werden sollte.
Nachdem das BSG mit Beschluss vom 20.04.2005 (B 4 RA 118/04 B) die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hatte, wurde das Verfahren vor dem SG unter dem neuen Aktenzeichen S 3 R 2353/05 fortgesetzt. In dem Beschluss hatte das BSG u.a. ausgeführt, die Beklagte habe sich in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob durch die seit 1992 erfolgten Gesetzesänderungen zwar nicht - isoliert betrachtet - im Rahmen des § 5 Abs.1 Satz 1 SGB VI, jedoch bei der Definition der Versicherungsfreiheit i.S.d. § 7 Abs. 2 SGB VI nunmehr ein anderer Bedeutungszusammenhang gegeben sein könnte, der es rechtfertigen könnte, im Rahmen dieses Tatbestandes nicht allein auf die ausgeübte Beschäftigung, sondern auf das rechtlich existente Beschäftigungsverhältnis abzustellen.
Die Beklagte hielt an ihrem Standpunkt fest, die Klägerin sei ab 23.09.2000 mangels Anspruch auf Arbeitsentgelt als Voraussetzung der Versicherungspflicht schon nicht versicherungspflichtig, daher auch nicht versicherungsfrei und somit zur freiwilligen Versicherung berechtigt. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in dem die zweite Alternative des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI betreffenden Beschluss vom 31.08.2004, 1 BvR 945/95 ( SozR 4-2600 § 7 Nr. 2) darauf abgestellt, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann gelte, wenn eine dem Grunde nach versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung ausgeübt werde. Daher sei der Kläger in jenem Verfahren auch bei nicht erfüllter Wartezeit zur freiwilligen Versicherung berechtigt gewesen. Es gehe daher allein um die Rechtsfrage, ob für Beamte, die wegen Kindererziehung ohne Dienstbezüge beurlaubt seien, die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung aus § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gelte oder sie für die Berechtigung die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 erfüllen müssten.
Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 07.09.2006 unter Aufhebung der mit der Klage angefochtenen Bescheide zur Erstattung der entrichteten Rentenversicherungsbeiträge. Die Klägerin falle als versicherungsfreie Person unter den Regelungsbereich des § 7 Abs. 2 SGB VI. Während der Kindererziehungszeiten bleibe die beamtenrechtliche Versorgung nach § 50a Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) weiter bestehen; gleichzeitig sei eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI. Diese Regelung sei, systematisch gesehen, als spezielle Regelung der Versicherungsfreiheit für den Versicherungspflichttatbestand der Kindererziehung anzusehen. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, eine Doppelversorgung zu vermeiden. In einem vergleichbaren Sachverhalt sei das Schleswig-Holsteinische LSG (Urteil vom 28.01.2004, aaO) zum selben Ergebnis gelangt, auch wenn es in seiner Begründung maßgeblich auf den beamtenrechtlichen Status abgestellt habe, der zu einer Versicherungsfreiheit auch für die Zeit des Erziehungsurlaubs bzw. der Elternzeit führe. Eine Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 13.10.1983, aaO, sei nicht mehr möglich, da sich die Rechtslage für Beamte im Erziehungsurlaub seither erheblich geändert habe. Damals hätten Beamte während des Erziehungsurlaubs keine ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten zurücklegen können. Im übrigen liege dem von der Beklagten herangezogenen Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 31.08.2004, aaO, ein anderer Sachverhalt zugrunde. Der dortige Beschwerdeführer sei als selbständiger Rechtsanwalt nicht versicherungspflichtig gewesen im Unterschied zu der Klägerin, die zum Antragszeitpunkt eine an sich versicherungspflichtige Tätigkeit, die Kindererziehung in den ersten drei Lebensjahren ihres zweiten Kindes, ausgeübt habe.
Gegen das am 15.09.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.09.2006 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Sie trägt vor, die Auffassung des SG, wonach grundsätzlich Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliege, die von einer Versicherungsfreiheit nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI überlagert werde, finde im Gesetz keine Stütze. Da der Klägerin wegen der Regelung des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI keine Kindererziehungszeiten anzurechnen seien, könne für die Klägerin auch keine Versicherungspflicht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entstehen. Ob Versicherungsfreiheit vorliege, entscheide sich bei Beamten danach, ob auf die tatsächliche Beschäftigung oder auf den Status als Beamter abgestellt werde. Letzteres gebe die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vom Wortlaut und von der Intention des Gesetzgebers nicht her. Werde auf den Status als Beamter abgestellt, bedeute dies, dass auch Beamte während einer - sonstigen - Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht zur freiwilligen Beitragsentrichtung berechtigt wären, obwohl auf sie die Erwägungen des Urteils des BSG vom 13.10.1983 zuträfen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. September 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das grundsätzliche Anliegen des Gesetzgebers bei Einführung des § 7 Abs 2 SGB VI (Vermeidung der Doppelversicherung bei nicht erfüllter Wartezeit) werde in dem von der Beklagten zitierten Urteil des BSG vom 13. 10.1983 deutlich herausgestellt. Daher liege hier tatsächlich eine planwidrige Regelungslücke vor, die durch die Einführung der Kindererziehungszeiten als grundsätzlich versicherungspflichtige (und damit für Beamte grundsätzlich versicherungsfreie) Zeiten entstanden sei, welche im Wege der Analogie zu füllen sei.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Darstellung der weiteren Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und diejenigen des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschlussgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor, nachdem die Erstattung von Pflichtbeiträgen für 33 Monate begehrt wird.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet, denn das Sozialgericht hat der Klägerin durch das angefochtene Urteil zutreffend einen Anspruch auf Erstattung der (von ihr) entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung zuerkannt.
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Danach werden die Beiträge zur Rentenversicherung auf Antrag Versicherten erstattet, die (1.) nicht versicherungspflichtig sind und (2.) nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben.
Die Klägerin hat den hiernach erforderlichen Antrag am 05.06.2003 gestellt. Dieser Antrag, der an keine Frist gebunden ist und eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung ist, lässt den Anspruch entstehen, sobald er wirksam gestellt ist, sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich hierfür ist die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Sach- und Rechtslage (BSG SozR 3-2600 § 210 Nr. 2 mwN).
Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt der Antragstellung in dem vom 23.08.2000 bis zum 26.06.2003 währenden Erziehungsurlaub nach der Geburt ihres am 27.06.2000 geborenen zweiten Kindes. Während des Erziehungsurlaubs war die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten versicherungsfrei und hatte mangels erfüllter Wartezeit nicht das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung ( § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Beamte auf Lebenszeit, auf Probe oder auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Hierdurch wird eine Ausnahme von der Versicherungspflicht normiert für solche Personen, die nicht in den Schutzbereich der Rentenversicherung einbezogen werden sollen, weil z. B. eine anderweitige Absicherung vorliegt und eine Doppelversorgung vermieden werden soll. Die gesetzlichen Regelungen des § 5 SGB VI über die Versicherungsfreiheit sind abschließend und wegen des Ausnahmecharakters eng auszulegen (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Bd. 1, Stand Sept. 2006, § 5 SGB VI, Anm. 3).
Die Versicherungsfreiheit des § 5 Abs. 1 SGB VI ist beschäftigungsbezogen. Nach den Ausführungen des BSG im Beschluss vom 20.04.2005 dürfte es offensichtlich sein, dass der - im vorliegenden Fall einschlägige - § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in demselben Maß wie die Vorgängerregelung im Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abstellt. Denn nur eine (entgeltliche) Beschäftigung begründet eine Versicherungspflicht nach § 1 SGB VI bzw. § 2 AVG, sodass es nur insoweit erforderlich ist, eine gesetzliche Befreiungsvorschrift von der Versicherungspflicht und damit eine Versicherungsfreiheit einzuführen. Denn wird eine entgeltliche Beschäftigung - gleich aus welchen Gründen - nicht ausgeübt, bedarf es insoweit keiner Regelung zur Versicherungsfreiheit (BSG Beschluss vom 20.04.2005, Seite 4/5 des Umdrucks).
Allerdings hat das BSG in demselben Beschluss auch darauf hingewiesen, dass trotz des im Vergleich zum AVG unveränderten Inhalts des § 5 Abs. Satz 1 Nr. 1 SGB VI wegen des Ausschlusses der Beamten bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung durch § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI und deren Anrechnung im Rahmen der Beamtenversorgung (§ 50a Beamtenversorgungsgesetz) bei der Definition der Versicherungsfreiheit im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ein anderer Bedeutungszusammenhang gegeben sein könnte, der es rechtfertigen könnte, im Rahmen dieses Tatbestandes nicht allein auf die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung, sondern auf das rechtlich existente Beschäftigungsverhältnis abzustellen (Seite 6 des Umdrucks).
Seit 01.01.1986 haben Beamte Anspruch auf Erziehungsurlaub zur Betreuung und Erziehung eines Kindes, wenn sie die in der Erziehungsurlaubsverordnung (ErzUV) oder dem entsprechenden Landesrecht genannten Voraussetzungen erfüllen. Abgesehen vom sog. Mutterschaftsurlaub waren Zeiten einer Beurlaubung nicht ruhegehaltsfähig. Als Ausgleich sah § 6 Abs.1 S. 4 und 5 BeamtVG in der vom 01.01.1986 bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung vor, dass Freistellungen zum Zwecke der Kindererziehung bis zum vollendeten 6. Lebensmonat des Kindes in vollem Umfang als ruhegehaltsfähige Dienstzeit zu berücksichtigen ist. Seit 01.01.1992 sind Zeiten einer Kindererziehung nicht mehr über die ruhegehaltsfähige Dienstzeit und den Ruhegehaltsvomhundertsatz auszugleichen. Dafür erhöhte sich ab diesem Zeitpunkt das Ruhegehalt nach Maßgabe des Kindererziehungszuschlaggesetzes (KEZG) um einen Kinderzuschlag (vergleiche Darstellung bei Strötz in GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 3a, Versorgungsrecht I, Std. 8/2006, O §6, Anm. 22 i). Ab dem 01.01.2002 wurde das KEZG durch die §§ 50 a bis 50 e BeamtVG ersetzt und hierbei auch erweitert. Die Höchstdauer des Erziehungsurlaubs für nach dem 31.12.1991 geborene Kinder endet nach 36 Kalendermonaten nach der Geburt des Kindes, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Erziehung endet (§ 50a Abs. 2 S.1 BeamtVG).
Demnach war die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung während des Erziehungsurlaubs ohne Dienstbezüge beurlaubt, wobei ihr für diese Zeit der Kindererziehung die geschilderten Versorgungsansprüche (höhere Versorgungsanwartschaft durch Erhöhung des Ruhegehalts um den Kindererziehungszuschlag) zustehen.
Demgegenüber ist sie in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Eltern von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehören. Würde in diesem Kontext für die Zugehörigkeit zum Kreis der Versicherungsfreien eine aktuell dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung vorausgesetzt werden, wäre die Klägerin wegen der Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht versicherungsfrei und würde daher nicht unter § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI fallen. Bei der Auslegung des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI ist aber die bloße Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausreichend, ungeachtet der Frage, ob aktuell eine dem Grund nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit vorgelegen hat. Denn die bei Kindererziehung typisierend und pauschal unterstellte Lücke ist in dem Altersicherungssystem zu schließen, das Grund für die Versicherungsfreiheit ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 56 Rdnr 79).
In gleicher Weise ist nach der Auffassung des Senats und im Ergebnis übereinstimmend mit dem Sozialgericht der Begriff der Versicherungsfreiheit in § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI auszulegen. Danach können sich Personen, die versicherungsfrei oder von der Versicherung befreit sind, nur dann freiwillig versichern, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Zu Recht weist das Schleswig-Holsteinische LSG im Urteil vom 28.01.2004 darauf hin, dass für den Fall, dass die Klägerin nicht versicherungsfrei und damit nicht von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten ausgeschlossen wäre, der Bund Pflichtbeiträge wegen Kindererziehung zahlen müsste, weshalb es keinen Sinn macht, ihr gleichzeitig das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung einzuräumen, wenn sie wie vorliegend, die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt hat.
Mithin war die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung versicherungsfrei im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI und konnte sich nicht freiwillig versichern, weil sie mit 33 Pflichtbeiträgen die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt hatte. Ihr Anspruch auf Beitragserstattung ist daher begründet.
Die Berufung der Beklagten hatte daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Begriffes der Versicherungsfreiheit in den §§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zugelassen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist, ob die Beklagte der Klägerin Rentenversicherungsbeiträge zu erstatten hat.
Die1971 geborene Klägerin wurde mit Wirkung zum 11.09.1998 zur Lehrerin zur Anstellung ernannt unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung zum 20.06.2000 erfolgte die Ernennung zur Lehrerin als Beamtin auf Lebenszeit.
Im Anschluss an einen Erziehungsurlaub vom 09.04.1999 bis 12.09.1999 wegen Erziehung des am 08.11.1998 geborenen ersten Kindes war die Klägerin ab 13.09.1999 teilzeitbeschäftigt. Nach der Geburt des zweiten Kindes am 27.06.2000 befand sie sich vom 23.08.2000 bis 26.06.2003 im Erziehungsurlaub. Während der Vater der Kinder für das erste Kind Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet bekam, wurden ihm für das zweite Kind keine Kindererziehungszeiten angerechnet. Nach Beendigung des Erziehungsurlaubs wurde die Klägerin aus familiären Gründen weiter beurlaubt ohne Dienstbezüge, nach Aktenlage zunächst bis vorläufig 12.09.2004.
Vor ihrer Ernennung als Lehrerin war die Klägerin im Zeitraum 01.09.1991 bis 10.09.1998 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen bzw. hatte Leistungen der Arbeitsverwaltung bezogen. In dem bei der Beklagten geführten Versicherungskonto sind für die Klägerin 33 Pflichtbeiträge vermerkt.
Am 05.06.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Beitragserstattung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2003 ab. Die Erstattungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil das Recht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 14.07.2003. Zur Begründung trug sie vor, es sei widersprüchlich, wenn die Beklagte sie unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.10.1983 (SozR 2200 § 1233 Nr. 23) einerseits als während der Erziehungszeit ohne Dienstbezüge beurlaubte Beamtin zum Kreis der zur freiwilligen Versicherung berechtigten Personen zähle, wobei es damals die Anrechnung von Kindererziehungszeiten noch nicht gegeben habe, wenn sie andererseits gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen sei, weil sie - auch im Erziehungsurlaub - zum Kreis der nach § 5 Abs.1 SGB VI versicherungsfreien Personen gehöre. Zum Zeitpunkt der zitierten Entscheidung des BSG hätten Personen während des (damals noch nicht eingeführten) Erziehungsurlaubs das Recht zur freiwilligen Versicherung gehabt, wohingegen Versicherte ab 1986 im Erziehungsurlaub Pflichtversicherungszeiten zurücklegten. Würden Beamte während der Kindererziehungszeiten freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung nach Einführung der Kindererziehungszeiten leisten, wäre eine Überversorgung möglich, da diese Zeiten auch in der Beamtenversorgung angerechnet würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2004 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Das Urteil des BSG vom 13.10.1983 (aaO) gelte auch für die Zeit nach dem 01.01.1992, da die Rechtslage (§§ 5 Abs.1 und 2, 7 Abs.1 und 2 SGB VI im Vergleich zu § 6 Abs.1 Nr.3, 10 Abs.1 und 1a Angestelltenversicherungsgesetz - AVG -) in etwa ähnlich sei. Versicherungsfreiheit habe bei der Klägerin nur bis zum 22.09.2000 vorgelegen. In der Elternzeit sei sie mangels versicherungspflichtiger Beschäftigung entfallen, sodass für die Klägerin das Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 7 Abs.1 SGB VI ab 23.9.2000 und wegen des Monatsprinzips bereits ab September 2000 bestehe. Dass die Klägerin hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, sei rechtlich unbeachtlich.
Mit ihrer am 14.04.2004 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage (S 3 RA 1102/04) verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf Beitragserstattung weiter. Zur Begründung trug sie vor, der sozialversicherungsrechtliche Status in der Rentenversicherung habe sich für Arbeitnehmer in den ersten drei Jahren der Kindererziehungszeit mit der Einführung dieser Zeiten grundlegend geändert. Genauso wie für nicht beamtete Arbeitnehmer für diese Zeiten die Versicherungspflicht zur Rentenversicherung bestehe, seien beamtete Arbeitnehmer versicherungsfrei wegen der Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft. Dementsprechend würden Beamten im Erziehungsurlaub auch keine Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Mit der Einführung der Kindererziehungszeiten in § 56 SGB VI sei der Begriff "Beschäftigung" sinngemäß auf die Tätigkeit der Kindererziehung in den ersten drei Jahren ausgedehnt worden.
Mit Beschluss vom 12.10.2004 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an, da die Entscheidung des BSG über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zu einer vergleichbaren Rechtsproblematik ergangenen Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 28.01.2004, L 8 RA 46/03, juris-Dok., abgewartet werden sollte.
Nachdem das BSG mit Beschluss vom 20.04.2005 (B 4 RA 118/04 B) die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hatte, wurde das Verfahren vor dem SG unter dem neuen Aktenzeichen S 3 R 2353/05 fortgesetzt. In dem Beschluss hatte das BSG u.a. ausgeführt, die Beklagte habe sich in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob durch die seit 1992 erfolgten Gesetzesänderungen zwar nicht - isoliert betrachtet - im Rahmen des § 5 Abs.1 Satz 1 SGB VI, jedoch bei der Definition der Versicherungsfreiheit i.S.d. § 7 Abs. 2 SGB VI nunmehr ein anderer Bedeutungszusammenhang gegeben sein könnte, der es rechtfertigen könnte, im Rahmen dieses Tatbestandes nicht allein auf die ausgeübte Beschäftigung, sondern auf das rechtlich existente Beschäftigungsverhältnis abzustellen.
Die Beklagte hielt an ihrem Standpunkt fest, die Klägerin sei ab 23.09.2000 mangels Anspruch auf Arbeitsentgelt als Voraussetzung der Versicherungspflicht schon nicht versicherungspflichtig, daher auch nicht versicherungsfrei und somit zur freiwilligen Versicherung berechtigt. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in dem die zweite Alternative des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI betreffenden Beschluss vom 31.08.2004, 1 BvR 945/95 ( SozR 4-2600 § 7 Nr. 2) darauf abgestellt, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann gelte, wenn eine dem Grunde nach versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung ausgeübt werde. Daher sei der Kläger in jenem Verfahren auch bei nicht erfüllter Wartezeit zur freiwilligen Versicherung berechtigt gewesen. Es gehe daher allein um die Rechtsfrage, ob für Beamte, die wegen Kindererziehung ohne Dienstbezüge beurlaubt seien, die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung aus § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gelte oder sie für die Berechtigung die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 erfüllen müssten.
Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 07.09.2006 unter Aufhebung der mit der Klage angefochtenen Bescheide zur Erstattung der entrichteten Rentenversicherungsbeiträge. Die Klägerin falle als versicherungsfreie Person unter den Regelungsbereich des § 7 Abs. 2 SGB VI. Während der Kindererziehungszeiten bleibe die beamtenrechtliche Versorgung nach § 50a Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) weiter bestehen; gleichzeitig sei eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI. Diese Regelung sei, systematisch gesehen, als spezielle Regelung der Versicherungsfreiheit für den Versicherungspflichttatbestand der Kindererziehung anzusehen. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, eine Doppelversorgung zu vermeiden. In einem vergleichbaren Sachverhalt sei das Schleswig-Holsteinische LSG (Urteil vom 28.01.2004, aaO) zum selben Ergebnis gelangt, auch wenn es in seiner Begründung maßgeblich auf den beamtenrechtlichen Status abgestellt habe, der zu einer Versicherungsfreiheit auch für die Zeit des Erziehungsurlaubs bzw. der Elternzeit führe. Eine Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 13.10.1983, aaO, sei nicht mehr möglich, da sich die Rechtslage für Beamte im Erziehungsurlaub seither erheblich geändert habe. Damals hätten Beamte während des Erziehungsurlaubs keine ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten zurücklegen können. Im übrigen liege dem von der Beklagten herangezogenen Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 31.08.2004, aaO, ein anderer Sachverhalt zugrunde. Der dortige Beschwerdeführer sei als selbständiger Rechtsanwalt nicht versicherungspflichtig gewesen im Unterschied zu der Klägerin, die zum Antragszeitpunkt eine an sich versicherungspflichtige Tätigkeit, die Kindererziehung in den ersten drei Lebensjahren ihres zweiten Kindes, ausgeübt habe.
Gegen das am 15.09.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.09.2006 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Sie trägt vor, die Auffassung des SG, wonach grundsätzlich Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliege, die von einer Versicherungsfreiheit nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI überlagert werde, finde im Gesetz keine Stütze. Da der Klägerin wegen der Regelung des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI keine Kindererziehungszeiten anzurechnen seien, könne für die Klägerin auch keine Versicherungspflicht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entstehen. Ob Versicherungsfreiheit vorliege, entscheide sich bei Beamten danach, ob auf die tatsächliche Beschäftigung oder auf den Status als Beamter abgestellt werde. Letzteres gebe die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vom Wortlaut und von der Intention des Gesetzgebers nicht her. Werde auf den Status als Beamter abgestellt, bedeute dies, dass auch Beamte während einer - sonstigen - Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht zur freiwilligen Beitragsentrichtung berechtigt wären, obwohl auf sie die Erwägungen des Urteils des BSG vom 13.10.1983 zuträfen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. September 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das grundsätzliche Anliegen des Gesetzgebers bei Einführung des § 7 Abs 2 SGB VI (Vermeidung der Doppelversicherung bei nicht erfüllter Wartezeit) werde in dem von der Beklagten zitierten Urteil des BSG vom 13. 10.1983 deutlich herausgestellt. Daher liege hier tatsächlich eine planwidrige Regelungslücke vor, die durch die Einführung der Kindererziehungszeiten als grundsätzlich versicherungspflichtige (und damit für Beamte grundsätzlich versicherungsfreie) Zeiten entstanden sei, welche im Wege der Analogie zu füllen sei.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Darstellung der weiteren Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und diejenigen des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschlussgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor, nachdem die Erstattung von Pflichtbeiträgen für 33 Monate begehrt wird.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet, denn das Sozialgericht hat der Klägerin durch das angefochtene Urteil zutreffend einen Anspruch auf Erstattung der (von ihr) entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung zuerkannt.
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Danach werden die Beiträge zur Rentenversicherung auf Antrag Versicherten erstattet, die (1.) nicht versicherungspflichtig sind und (2.) nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben.
Die Klägerin hat den hiernach erforderlichen Antrag am 05.06.2003 gestellt. Dieser Antrag, der an keine Frist gebunden ist und eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung ist, lässt den Anspruch entstehen, sobald er wirksam gestellt ist, sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich hierfür ist die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Sach- und Rechtslage (BSG SozR 3-2600 § 210 Nr. 2 mwN).
Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt der Antragstellung in dem vom 23.08.2000 bis zum 26.06.2003 währenden Erziehungsurlaub nach der Geburt ihres am 27.06.2000 geborenen zweiten Kindes. Während des Erziehungsurlaubs war die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten versicherungsfrei und hatte mangels erfüllter Wartezeit nicht das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung ( § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Beamte auf Lebenszeit, auf Probe oder auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Hierdurch wird eine Ausnahme von der Versicherungspflicht normiert für solche Personen, die nicht in den Schutzbereich der Rentenversicherung einbezogen werden sollen, weil z. B. eine anderweitige Absicherung vorliegt und eine Doppelversorgung vermieden werden soll. Die gesetzlichen Regelungen des § 5 SGB VI über die Versicherungsfreiheit sind abschließend und wegen des Ausnahmecharakters eng auszulegen (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Bd. 1, Stand Sept. 2006, § 5 SGB VI, Anm. 3).
Die Versicherungsfreiheit des § 5 Abs. 1 SGB VI ist beschäftigungsbezogen. Nach den Ausführungen des BSG im Beschluss vom 20.04.2005 dürfte es offensichtlich sein, dass der - im vorliegenden Fall einschlägige - § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in demselben Maß wie die Vorgängerregelung im Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abstellt. Denn nur eine (entgeltliche) Beschäftigung begründet eine Versicherungspflicht nach § 1 SGB VI bzw. § 2 AVG, sodass es nur insoweit erforderlich ist, eine gesetzliche Befreiungsvorschrift von der Versicherungspflicht und damit eine Versicherungsfreiheit einzuführen. Denn wird eine entgeltliche Beschäftigung - gleich aus welchen Gründen - nicht ausgeübt, bedarf es insoweit keiner Regelung zur Versicherungsfreiheit (BSG Beschluss vom 20.04.2005, Seite 4/5 des Umdrucks).
Allerdings hat das BSG in demselben Beschluss auch darauf hingewiesen, dass trotz des im Vergleich zum AVG unveränderten Inhalts des § 5 Abs. Satz 1 Nr. 1 SGB VI wegen des Ausschlusses der Beamten bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung durch § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI und deren Anrechnung im Rahmen der Beamtenversorgung (§ 50a Beamtenversorgungsgesetz) bei der Definition der Versicherungsfreiheit im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ein anderer Bedeutungszusammenhang gegeben sein könnte, der es rechtfertigen könnte, im Rahmen dieses Tatbestandes nicht allein auf die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung, sondern auf das rechtlich existente Beschäftigungsverhältnis abzustellen (Seite 6 des Umdrucks).
Seit 01.01.1986 haben Beamte Anspruch auf Erziehungsurlaub zur Betreuung und Erziehung eines Kindes, wenn sie die in der Erziehungsurlaubsverordnung (ErzUV) oder dem entsprechenden Landesrecht genannten Voraussetzungen erfüllen. Abgesehen vom sog. Mutterschaftsurlaub waren Zeiten einer Beurlaubung nicht ruhegehaltsfähig. Als Ausgleich sah § 6 Abs.1 S. 4 und 5 BeamtVG in der vom 01.01.1986 bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung vor, dass Freistellungen zum Zwecke der Kindererziehung bis zum vollendeten 6. Lebensmonat des Kindes in vollem Umfang als ruhegehaltsfähige Dienstzeit zu berücksichtigen ist. Seit 01.01.1992 sind Zeiten einer Kindererziehung nicht mehr über die ruhegehaltsfähige Dienstzeit und den Ruhegehaltsvomhundertsatz auszugleichen. Dafür erhöhte sich ab diesem Zeitpunkt das Ruhegehalt nach Maßgabe des Kindererziehungszuschlaggesetzes (KEZG) um einen Kinderzuschlag (vergleiche Darstellung bei Strötz in GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 3a, Versorgungsrecht I, Std. 8/2006, O §6, Anm. 22 i). Ab dem 01.01.2002 wurde das KEZG durch die §§ 50 a bis 50 e BeamtVG ersetzt und hierbei auch erweitert. Die Höchstdauer des Erziehungsurlaubs für nach dem 31.12.1991 geborene Kinder endet nach 36 Kalendermonaten nach der Geburt des Kindes, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Erziehung endet (§ 50a Abs. 2 S.1 BeamtVG).
Demnach war die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung während des Erziehungsurlaubs ohne Dienstbezüge beurlaubt, wobei ihr für diese Zeit der Kindererziehung die geschilderten Versorgungsansprüche (höhere Versorgungsanwartschaft durch Erhöhung des Ruhegehalts um den Kindererziehungszuschlag) zustehen.
Demgegenüber ist sie in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Eltern von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehören. Würde in diesem Kontext für die Zugehörigkeit zum Kreis der Versicherungsfreien eine aktuell dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung vorausgesetzt werden, wäre die Klägerin wegen der Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht versicherungsfrei und würde daher nicht unter § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI fallen. Bei der Auslegung des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI ist aber die bloße Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausreichend, ungeachtet der Frage, ob aktuell eine dem Grund nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit vorgelegen hat. Denn die bei Kindererziehung typisierend und pauschal unterstellte Lücke ist in dem Altersicherungssystem zu schließen, das Grund für die Versicherungsfreiheit ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 56 Rdnr 79).
In gleicher Weise ist nach der Auffassung des Senats und im Ergebnis übereinstimmend mit dem Sozialgericht der Begriff der Versicherungsfreiheit in § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI auszulegen. Danach können sich Personen, die versicherungsfrei oder von der Versicherung befreit sind, nur dann freiwillig versichern, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Zu Recht weist das Schleswig-Holsteinische LSG im Urteil vom 28.01.2004 darauf hin, dass für den Fall, dass die Klägerin nicht versicherungsfrei und damit nicht von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten ausgeschlossen wäre, der Bund Pflichtbeiträge wegen Kindererziehung zahlen müsste, weshalb es keinen Sinn macht, ihr gleichzeitig das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung einzuräumen, wenn sie wie vorliegend, die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt hat.
Mithin war die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung versicherungsfrei im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI und konnte sich nicht freiwillig versichern, weil sie mit 33 Pflichtbeiträgen die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt hatte. Ihr Anspruch auf Beitragserstattung ist daher begründet.
Die Berufung der Beklagten hatte daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Begriffes der Versicherungsfreiheit in den §§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zugelassen.
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