Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 4049/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 5741/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) an sie für die Zeit vom 15. Dezember 2005 bis 16. Juli 2006.
Die am 1964 geborene Klägerin ist geschieden; die aus der Ehe hervorgegangene Tochter S. lebt bei dem Vater in D. , der Sohn M. lebt seit dem 1. September 2005 bei ihr. Aufgrund Vereinbarung mit ihrem früheren Ehemann vom 1. August 2005 ist die Klägerin allein für den Unterhalt des Sohnes verantwortlich, der frühere Ehemann allein für den der Tochter. Die Klägerin übt seit dem 1. Juli 2006 vorläufig befristet bis 28. August 2007 eine Teilzeittätigkeit beim Amtsgericht E. - Notariat - aus, mit der sie ein monatliches Einkommen von 1.135,18 EUR brutto/855,30 EUR netto erzielt; außerdem bezieht sie Kindergeld in Höhe von 154,- EUR für ihren Sohn.
Die Klägerin lebt seit dem 1. September 2003 mit Herrn L. in einer 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 107,5 qm zusammen, welche dieser am 1. März 2003 zu einem Nettomietpreis von 700,- EUR monatlich angemietet hat; Nebenkosten fallen in Höhe von 190,- EUR monatlich an. Seit 1. September 2005 lebt dort auch ihr Sohn. Nach ihrem Vorbringen erstattet die Klägerin monatlich 464,- EUR an Herrn L ... Dieser lebt von seiner Ehefrau getrennt und hat ebenfalls zwei Kinder, die bei der Mutter in D. leben. Herr L. hat aufgrund eines familiengerichtlichen Vergleichs vom 15. Juli 2003 vor dem Amtsgericht Dresden - Familiengericht - monatlich 644,96 EUR an Trennungsunterhalt sowie 514,00 EUR an Kindesunterhalt zu zahlen. Für die Ausübung des Umgangrechts mit seinen Kindern wendet er nach seinen Angaben monatlich 128,67 EUR auf. Ausweislich einer vorgelegten Verdienstbescheinigung (für Dezember 2005) erzielt Herr L. aus einer nicht selbständigen Tätigkeit ein monatliches Einkommen von 5.186,- EUR brutto/ 3.677,21 EUR netto (Bl. 74 der Verwaltungsakte).
Die Klägerin, die bis 30. März 2005 Arbeitslosengeld (Alg ) in Höhe von 30,97 EUR täglich bezog, beantragte am 15. Dezember 2005 erstmals für sich und ihren Sohn Leistungen nach dem SGB II und gab dazu an, mit Herrn L. in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben. In der Anlage zum Antrag bezeichnete sie ihn jeweils als "Partner". Unter anderem legte sie den Einkommensteuerbescheid des Herrn L. für das Jahr 2004 vor, in welchem die steuerliche Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Unterhaltsleistungen an die Klägerin abgelehnt wurde ... Mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag im Hinblick auf das Vermögen der Klägerin ab. Auf den Widerspruch der Klägerin, in welchem sie sich selbst als "Lebensgefährtin" von Herrn L. bezeichnete (Bl. 18 der Verwaltungsakte) und deren Neuantrag vom 18. Januar 2006 hob die Beklagte diesen Bescheid mit Bescheid vom 22. Februar 2006 auf und lehnte den Antrag erneut ab, nunmehr unter Hinweis auf das Einkommen des Herrn L ... Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bedarf der Klägerin, den diese auf 1.347,49 EUR beziffert habe, sei durch das Einkommen ihres Partners, welches im Umfang von 1754,09 EUR zu berücksichtigen sei, gedeckt.
Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 22. Februar 2006 wurden für den Sohn der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 15. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 bewilligt und zwar vom 15. Dezember bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 195,95 EUR und von Januar bis Mai 2006 in Höhe von 345,81 EUR monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2006 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22. Februar 2006 als unbegründet zurückgewiesen mit der Begründung, unter Anrechnung des Einkommens des Herrn L. sei diese nicht bedürftig.
Am 2. Juni 2006 hat die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit welcher sie im Wesentlichen vorgebracht hat, es bestehe keine Bedarfsgemeinschaft mit Herrn L ... Sie führe keine eheähnliche Gemeinschaft mit diesem. Aus Verfassungsgründen sei das Bestehen einer weiteren eheähnlichen Lebensgemeinschaft bei gleichzeitigem Bestehen einer rechtskräftigen Ehe ausgeschlossen. Tatsächlich erhielten sie und ihr Sohn keine finanzielle Unterstützung durch Herrn L ... Sie hätten keine Möglichkeit, Unterhaltsansprüche gegen diesen durchzusetzen; die Klägerin habe am 5. November 2006 beim Amtsgericht Esslingen -Familiengericht - eine Unterhaltsklage gegen Herrn L. angestrengt, welche durch Urteil vom 9. November 2006 (3 F 1256/06) wegen Unzuständigkeit des Familiengerichts für die Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft abgewiesen worden sei. Außerdem habe die Klägerin bislang ergebnislos die Beklagte schriftlich aufgefordert, den behaupteten Anspruch gegen Herrn L. durchzusetzen bzw. auf sich überzuleiten und durchzusetzen.
Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2006, in welcher die Klägerin angehört und Herr L. als Zeuge vernommen wurde, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach der Überzeugung des Gerichts liege eine eheähnliche Gemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II (i. d. Fassung des Gesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl. I S. 2014) vor. Die Klägerin lebe mit Herrn L. bereits seit September 2003 in einem gemeinsamen Haushalt zusammen, in welchem seit September 2005 auch ihr Sohn mitversorgt werde. Herr L. habe es bereits im Jahre 2004 unternommen, finanzielle Aufwendungen, welche er zugunsten der Klägerin erbracht habe, steuerlich geltend zu machen. Beide hätten hierzu in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Klägerin vorübergehend ihrem Anteil an den Mietkosten nicht habe nachkommen können, was angesichts der diesbezüglichen unterschiedlichen Darstellungen aber nicht glaubhaft sei. So habe die Klägerin die Summe auf 1500,- EUR beziffert und angegeben, diese sei zwischenzeitlich von ihr zurückgezahlt worden, während der Zeuge L. die Summe von 1200,- EUR genannt und angegeben habe, diese sei noch nicht zurückgezahlt. Diese Differenzen legten den Schluss nahe, dass über die einmalige Darlehensgewährung hinausgehende finanzielle Unterstützungsleistungen erbracht würden, also aus einem Topf gewirtschaftet werde und eine Rückzahlung des Darlehens nie vereinbart worden sei. Außerdem sei Herr L. nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung in ihrer Lebensversicherung als Begünstigter im Todesfalle berücksichtigt. Die Angabe, wonach die Lebensbereiche der Klägerin und des Zeugen L. vollständig voneinander getrennt seien, seien nicht glaubhaft. In einer gerichtlichen Vereinbarung vom 10. Juli 2003 vor dem Amtsgericht Dresden sei die Klägerin als Begleitperson im Rahmen des geschützten Umgangs des Herrn L. mit seinen Kindern aufgenommen worden. Auch die sonstige Freizeit- bzw. Urlaubsgestaltung spreche für eine sehr enge Bindung der Partner, nachdem die beiden gemeinsam mit den jeweiligen Kindern im Urlaub gewesen seien. Dies hätten diese in der mündlichen Verhandlung angegeben, wenn auch widersprüchlich bezüglich Zeitpunkt und Urlaubsziel. Auch die sonstigen Umstände sprächen für das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Hiervon ausgehend sei das Einkommen von Herrn L. bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen. Dessen - unter Abzug von Versicherungsbeiträgen, der Werbungskostenpauschale, Unterhaltszahlungen, Kosten des Umgangsrechts und des Erwerbstätigenbonus ermitteltes - zu berücksichtigendes Netteinkommen von 1727,95 EUR sowie das Kindergeld für M. in Höhe von 154,- EUR reichten aus, um den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von insgesamt 1847,20 EUR, also auch den der Klägerin, zu decken.
Gegen das ihr am 4. November 2006 durch Einschreiben mit Rückschein zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. November 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, mit welcher sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und dazu ausführt, es liege keine "eheähnliche Lebensgemeinschaft" vor. Dies setze voraus, dass die Partner füreinander einstehen wollten, was in ihrem Falle aber nicht gewährleistet sei. Herr L. habe ehebedingte und sonstige Verbindlichkeiten, die er vorrangig bedienen müsse. Herr L. habe monatlich aus seinem Nettoeinkommen folgende Zahlungen zu leisten: 644,96 EUR Unterhalt an die Ehefrau, 514,- EUR Unterhalt an die Kinder (ab Januar 2007 573,- EUR), 762,- EUR an Kreditverbindlichkeiten bei der Citibank wegen "ehebedinger Verbindlichkeiten", 817,- EUR eheprägende Verbindlichkeiten in Höhe von 817,- EUR monatlich wegen gemeinsamer Verträge des Ehepaars L. aus dem Jahre 1993, 350,- EUR Umgangskosten für die Kinder und 350,- EUR monatlicher Fahrtkosten für seine Erwerbstätigkeit.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 15. Dezember 2005 bis 16. Juli 2006 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ohne Anrechung von Einkommen des Herrn K. L. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die ergangene Entscheidung für richtig.
Der Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 17. Juli 2006 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 1. August 2006 abgelehnt, der dagegen erhobene Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 13. November 2006 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage ist beim SG anhängig (S 17 AS 8797/06). Den weiteren Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 16. November 2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. November 2006 ab, den Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2006 ab. Die dagegen erhobene Klage ist ebenfalls beim SG anhängig (S 17 AS 9719/06).
Auf Antrag der Klägerin hat das SG durch Beschluss vom 7. März 2006 (S 7 AS 1070/06 ER) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dieser darlehensweise ab 17. Februar 2006 für die Dauer von sechs Monaten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 557,59 EUR monatlich zu gewähren. In Umsetzung des Beschlusses erhielt die Klägerin dementsprechend darlehensweise Leistungen. Auf erneuten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes wurde die Beklagte durch Beschluss des SG vom 16. August 2006 (S 12 AS 5877/06 ER) verpflichtet, ab dem 17. August 2006 darlehensweise vorbehaltlich des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit der Klägerin bis 30. November 2006 dieser Leistungen in Höhe von 352,92 EUR monatlich zu gewähren. In Umsetzung dieses Beschlusses wurden der Klägerin daraufhin darlehensweise Leistungen bis zum 30. November 2006 bewilligt ... Am 16. November 2006 hat die Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihr auch für die Zeit ab 1. Dezember 2006 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 (L 7 AS 5756/06 ER) hat sich das LSG für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen. Durch Beschluss vom 19. Januar 2007 (S 17 AS 10047/06 ER) hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt mit der Begründung, die Klägerin und ihr Sohn hätten mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf (einstweilige) Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Sie könnten ihren Lebensunterhalt mit den vorhandenen finanziellen Mitteln, also dem Einkommen der Klägerin, dem Kindergeld und dem Einkommen des Herrn L. bestreiten. Die Antragsteller bildeten mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft mit der Folge, dass im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsprüfung auch dessen Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen seien. Dies gelte nicht nur im Verhältnis zur Klägerin als Partnerin, sondern über die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung auch im Verhältnis zu ihrem minderjährigen Kind. Die Klägerin lebe mit Herrn L. bereits seit dem 1. September 2003 und damit über drei Jahren zusammen, seit dem 1. September 2005 werde auch ihr Sohn im Haushalt mitversorgt. Die gesetzliche Vermutung sei zwar widerlegbar, sie sei aber nicht glaubhaft erschüttert worden. Zwar bestritten sowohl die Klägerin als auch Herr L. das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft, nach der Gesamtschau der vorliegenden Indizien, wie sie auch vom SG im Urteil vom 19. Oktober 2006 gewürdigt worden seien, sprächen aber neben den genannten Vermutungstatbeständen weitere gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinschaft über ein bloßes Zusammenwohnen hinaus ein Zusammenleben im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft darstelle. Dies gelte insbesondere auch für die Art des räumlichen Zusammenwohnens. Die von Herrn L. angemietete Wohnung werde von diesem und der Klägerin so genutzt, dass eine eigene Intimsphäre der Personen nicht bestehe. Schlafzimmer, Bad, Küche und Wohnzimmer würden gemeinsam genutzt. Im Schlafzimmer bestehe zwar nach den Angaben der Klägerin eine Trennung der Schlafstätte und des Kleiderschrankes, aber nur insoweit als der eine jeweils die rechte und der andere jeweils die linke Hälfte nutze. Dies stelle keine räumliche Trennung dar, vielmehr sei bei gemeinsamer Nutzung des Schlafzimmers die Erhaltung einer getrennten Intimsphäre gerade nicht gegeben. Auch in finanzieller Hinsicht bestünden gewichtige Anhaltspunkte für eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Hierfür spreche maßgeblich, dass Herr L. die Klägerin unbestritten bereits in der Vergangenheit finanziell unterstützt habe, indem er z. B. ausweislich des vorgelegten Steuerbescheides für das Jahr 2004 im Rahmen seiner Steuererklärung an diese erbrachte Zahlungen als Unterhaltsleistungen geltend gemacht habe. Hierbei habe er der Klägerin, die nicht durchgehend ihren vollen Mietanteil habe aufbringen können, eingeräumt, die offenen Beträge zu einem späteren, nicht näher festgelegten Zeitpunkt zu zahlen. Nach den - insoweit widersprüchlichen - Angaben der Klägerin und des Herrn L. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG seien diese Beträge erst dieses Jahr bzw. (noch) nicht zurückgezahlt worden. Mit der bloßen Erklärung des Herrn L. nach Stellung des Leistungsantrages durch die Klägerin, er sei nicht mehr bereit, diese finanziell zu unterstützen, sei die Vermutung der Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft nicht zu widerlegen. Wenn dies ausreichen würde, hätten die Betroffenen es jeweils selbst in der Hand, ihre Hilfebedürftigkeit herbeizuführen. Eine andere Beurteilung sei auch von Verfassungs wegen nicht geboten. Zwar sei die Beendigung einer (eheähnlichen) Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft nach der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) grundsätzlich jederzeit möglich, dies gehe aber regelmäßig mit der Auflösung auch der Wohngemeinschaft einher. Eine solche sei im vorliegenden Fall gerade nicht vollzogen worden. Außerdem liege - selbst wenn entsprechend dem Vorbringen der Klägerin keine gemeinsamen Konten existierten und keine Verfügungsgewalt über des jeweils anderen Einkommen und Vermögen bestehe - eine finanzielle Verknüpfung mit Herrn L. insoweit vor, als dieser ausweislich des vorgelegten Mietvertrages die Miete im Außenverhältnis alleine trage und lediglich im Innenverhältnis die Überweisung eines Mietanteils der Klägerin an ihn vereinbart sei.
Dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin bzw. Herr L. noch verheiratet sei, von dem Ehepartner aber dauerhaft getrennt lebe. Dies schließe eine eheähnliche Gemeinschaft nach der Rechtsprechung nicht aus. Unter Berücksichtigung des Bedarfs und des Einkommens dieser Bedarfsgemeinschaft bestehe keine Hilfebedürftigkeit der Klägerin und ihres Sohnes. Schließlich folge ein Anordnungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. l SGB II. Zwar führe das BSG in der Entscheidung vom 7. November 2006 (B 7b AS 8/06 R) aus, dass es in Fällen einer Bedarfsgemeinschaft, in der die Einkommensverteilung tatsächlich nicht durchgeführt werde, in Betracht komme, ggf. ein Darlehen nach § 23 Abs. l SGB II zu gewähren und die Darlehensschuld zu erlassen - bei gleichzeitiger Inanspruchnahme des Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft, das sein Einkommen nicht zur Verfügung stelle, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II -; die Klägerin mache auch geltend, eine Einkommensverteilung finde tatsächlich nicht statt, was jedoch aus den dargestellten Umständen nicht glaubhaft sei. Insbesondere hätten die Antragsteller es selbst in der Hand, eine Einkommensverteilung herbeizuführen, indem sie mit ihrem Anspruch gegen den Anspruch des Herrn L. auf Zahlung des vereinbarten anteiligen monatlichen Mietanteils aufrechnen könnten.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch Beschluss des erkennenden Senats vom 22. März 2007 (L 7 AS 640/07) zurückgewiesen.
Der Berichterstatter hat im vorliegenden Verfahren einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage, mit welcher die Klägerin ausweislich ihrer eindeutigen Erklärung im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats allein eigene Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II verfolgt - und nicht auch solche von Herrn L. bzw. ihrem Sohn M. - zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass im streitbefangenen Zeitraum eine "eheähnliche Gemeinschaft" im Sinne von § 7 Abs. Nr. 3 b SGB II a. F. zwischen der Klägerin und Herrn L. bestand. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Leistungsträger (vgl. dazu Spellbrink, in ders./Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, München 2003, § 13 Rn 108; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Juni 2006 - L 9 AS 292/06 ER; LSG Halle, Beschluss vom 22. April 2005, L 2 B 9/05 AS ER (jeweils juris)) hat dies zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
Obwohl sich der Begriff der "eheähnlichen Gemeinschaft" in einer Vielzahl von Gesetzen - darunter in den zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Sozialleistungsgesetzen - findet, existiert keine durchgängige gesetzliche Definition des Begriffs (vgl. dazu bereits Urteil des Senats vom 14. November 2005 - L 7 SO 3743/05 - (juris)). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 17. November 1992 - 1 WvL 8/87 - BVerfGE 87, 234; vgl. auch Kammerbeschluss vom 2. September 2004 - 1 BvR 1962/04 -, NVwZ 2005, 1178) liegt eine eheähnliche Gemeinschaft nur vor, wenn sie als auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht und sich im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner - auch in den Not- und Wechselfällen des Lebens - füreinander begründet und daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen vergleichbar (vgl. BVerfGE 87, 234, 265; vgl. auch Urteil des Senats vom 21. September 2006 - L 7 SO 5441/05 - und Beschlüsse vom 12. Januar 2006 - L 7 AS 5535/05 ER-B - und vom 31. Januar 2006 - L 7 AS 108/06 ER-B - (beide in juris)). An Hinweistatsachen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft kommen neben der langen Dauer und Intensität des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt, sowie die Befugnis, über Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, in Betracht.
Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Regelung des § 122 Satz 1 BSHG mit Urteil vom 17. Mai 1995 - 5 C 16.93 - (BVerwGE 98, 195, 199 f.; vgl. auch Beschluss vom 24. Juni 1999 - 5 B 114/98 - (juris); BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15; SozR 3-4300 § 144 Nr. 10; Debus, SGb 2006, 82, 84 f.).) angeschlossen, ihrer Anwendung auch im Bereich des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b SGB II in der genannten (Alt-) Fassung steht jedoch nichts entgegen; das sicher gewichtigste Indiz stellt danach eine lange Dauer des Zusammenlebens bei Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums dar. Bei Zusammenfall des Beginns des Zusammenlebens mit dem Beginn des Leistungszeitraums kommen als Hinweistatsachen Dauer und Intensität der Bekanntschaft zwischen den Partnern vor der Begründung ihrer Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der Partner während der streitgegenständlichen Zeit und die - nach außen erkennbare - Intensität der gelebten Gemeinschaft in Betracht. Gegebenenfalls kann auch ein langes Fortdauern der Gemeinschaft über den streitgegenständlichen Zeitraum hinaus Berücksichtigung finden. Zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft gehört grundsätzlich auch die Wohngemeinschaft. Zur Bejahung einer eheähnlichen Gemeinschaft reicht allerdings eine bloße Wohngemeinschaft ebenso wenig aus (so bereits BSGE 63, 120, 123 = SozR 4100 § 138 Nr. 17) wie eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft.
Da es sich bei den genannten Voraussetzungen zum großen Teil um innere Tatsachen handelt, die dem Beweis kaum zugänglich sind, bedarf es äußerer Hinweistatsachen, wobei das durch eine Gesamtwürdigung zu findende Bild der für den streitgegenständlichen Zeitraum feststellbaren Indiztatsachen entscheidend ist (vgl. BVerwGE 98, 195, 201; Senatsbeschlüsse vom 12. und 31. Januar 2006, a.a.O.). An die Ernsthaftigkeit einer "nichtehelichen Lebensgemeinschaft" im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BSGE 90, 90, 99; Senatsbeschlüsse vom 12. und 31. Januar 2006 a.a.O.; Münder in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 20 Rdnr. 23; Brandts in Niesel, SGB III, 2. Aufl., § 194 Rdnr. 25).
Der Gesetzgeber hat zwar durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706 ff), welches mit Wirkung vom 1. August 2006 in Kraft getreten ist, unter Anderem § 7 Abs. 3 SGB II in der Weise geändert, dass in einem nunmehr eingefügten Absatz 3a an das Vorliegen bestimmter Hinweistatsachen (Zusammenleben länger als 1 Jahr oder mit einem gemeinsamen Kind, Versorgung von Kindern oder Angehörigen im Haushalt oder Befugnis, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen) die normative Vermutung eines wechselseitigen Willens der Partner geknüpft wird, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (vgl. zur Neuregelung Beschluss des Senats vom 22. März 2007 - L 7 AS 640/07 ER-B -; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. August 2006 - L 9 AS 349/06 ER - (jeweils juris)). Für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum (15. Dezember 2005 bis 16. Juli 2006) bleibt es allerdings für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bei der Anwendung der oben genannten Kriterien und der beschriebenen Beweislastverteilung. Eine Rückwirkung dieser gesetzlichen Vermutungsregelung und der sich daraus ergebenen Beweiserschwernis zu Lasten der Klägerin für Leistungszeiträume vor dem 1. August 2006 ist weder gesetzgeberisch angeordnet noch aus sonstigen Gründen veranlasst (Beschluss des Senats vom 22. März 2007, a.a.O.).
Vorliegend hat allerdings der beweisbelastete Leistungsträger (vgl. ebenso im Anwendungsbereich des BSHG, BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1999 a.a.O; Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September 1990 - 6 S 1537/90 - (juris)) das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b SGB II a. F. für den maßgeblichen Zeitraum zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Wegen der weiteren Begründung wird hierzu zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass auch das Ergebnis des Erörterungstermins am 15. Februar 2007 vor dem Berichterstatter im vorliegenden Verfahren die Einschätzung des SG bestätigt hat. Dies betrifft namentlich die schwerlich nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin zu den Wohnverhältnissen und der (angeblichen) Unmöglichkeit, in der gemeinsamen 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 107,5 qm räumlich getrennt zu schlafen sowie ihre im Widerspruch zu ihrer eigenen früheren Formulierung (Bl. 18 d. A.) und dem Protokoll des Amtsgerichts Dresden - Familiengericht - vom 10. Juli 2003 - stehende Einlassung, nicht Lebensgefährtin, sondern nur "Wohngemeinschaftspartnerin" von Herrn L. zu sein. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung der Klägerin wird hierzu auf die gefertigte Niederschrift verwiesen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der vom SG zutreffend gewürdigte Umstand, dass Herr L. im familiengerichtlichen Verfahren einem Vergleich zugestimmt hat, in welchem die Antragstellerin zu 1. an drei Stellen als seine Lebensgefährtin bezeichnet und in die Gestaltung des Umgangsrechts mit seinen Kindern einbezogen wird. Damit wird eine persönliche Nähe und Vertrautheit deutlich, die klar für eine erhebliche und verpflichtende Bindung zwischen den Partnern spricht. Daran ändert es nichts, dass die Klägerin im Erörterungstermin angegeben hat, Herr L. habe sie vor dem Familiengericht lediglich als "Klassenkameradin" bezeichnet; die abweichende Formulierung in der familiengerichtlichen Niederschrift habe die protokollierende Richterin aufgenommen.
Das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass einer der Partner noch anderweitig verheiratet ist. Die Rechtsprechung hat bereits entschieden, dass dem Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht entgegen steht, dass jedenfalls einer der Partner noch anderweitig verheiratet ist (vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. November 1995 - 6 S 3171/94 - (juris) zu § 122 BSHG). Das Bundesverfassungsgericht hat in der auch von den Antragstellern in Bezug genommenen Entscheidung vom 17. November 1992 (a.a.O.) ausgeführt, dass die Einkommensanrechnung unter Partnern einer solchen eheähnlichen Gemeinschaft zwar von Verfassungs wegen nicht geboten, aber bei Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Sind aber die Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im streitbefangenen Zeitraum bewiesen, war Herrn L. der Einsatz seines Einkommens und Vermögens zumutbar (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Hiervon ausgehend lässt sich die Bedürftigkeit der Klägerin nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht feststellen. Ausweislich der von der Beklagten im Verfahren L 7 AS 5756/06 ER (Bl. 17-19 der Verfahrensakte) vorgelegten schlüssigen Bedarfs- und Einkommensberechnung, die auch von den Klägerin nicht substantiell in Frage gestellt worden ist, beträgt der monatliche Gesamtbedarf der Klägerin, ihres Sohnes M. und der von Herrn L. 1707,33 EUR, wobei der auf den Sohn entfallende anteilige Bedarf in Höhe von 499,79 EUR im streitbefangenen Zeitraum durch Leistungen der Beklagten gedeckt wurde. Der somit verbleibende ungedeckte Bedarf von 1207,54 EUR wird durch das berücksichtigungsfähige Einkommen des Herrn L. befriedigt und zwar auch dann, wenn man, wie die Beklagte es getan hat, die Unterhaltsverpflichtungen von Herrn L. gegenüber seiner (früheren) Ehefrau und seinen Kindern in Abzug bringt, auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Handhabe für die Berücksichtigung solcher Unterhaltsverpflichtungen erst durch das zum 1. August 2006 in Kraft getretene Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) geschaffen wurde. Hiervon ausgehend ist unabhängig davon, ob ein solcher Abzug auch für die Zeit davor überhaupt rechtlich veranlasst ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 11. April 2007 - L 7 AS 1017/07 PKH-A -), angesichts des immer noch verbleibenden berücksichtigungsfähigen Einkommens von 1751,62 EUR eine Bedarfsdeckung auf Seiten der Klägerin gewährleistet.
Soweit die Klägerin über die Regelung des § 11 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2622) hinausgehende Absetzungen vom Einkommen und Kosten geltend macht, wie Kredit- und sonstige Schulden sowie weitere Ausgaben des Herrn L. , hat der Senat bereits im genannten Eilbeschluss vom 22. März 2007 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass neben den Absetzungen des § 11 Abs. 2 SGB II grundsätzlich keine weiteren Abzüge wegen sog. "ehebedingter Verbindlichkeiten" vorgenommen werden können. Der Abzug weiterer, nicht substantiierter Ausgaben, wie der behaupteten 350,- EUR an monatlichen Fahrtkosten für die Ausübung der Erwerbstätigkeit, ist ebenfalls nicht veranlasst. Unabhängig davon wäre auch bei deren Berücksichtigung nach § 3 Nr. 3 b) Alg II-V die Bedarfsdeckung gewährleistet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) an sie für die Zeit vom 15. Dezember 2005 bis 16. Juli 2006.
Die am 1964 geborene Klägerin ist geschieden; die aus der Ehe hervorgegangene Tochter S. lebt bei dem Vater in D. , der Sohn M. lebt seit dem 1. September 2005 bei ihr. Aufgrund Vereinbarung mit ihrem früheren Ehemann vom 1. August 2005 ist die Klägerin allein für den Unterhalt des Sohnes verantwortlich, der frühere Ehemann allein für den der Tochter. Die Klägerin übt seit dem 1. Juli 2006 vorläufig befristet bis 28. August 2007 eine Teilzeittätigkeit beim Amtsgericht E. - Notariat - aus, mit der sie ein monatliches Einkommen von 1.135,18 EUR brutto/855,30 EUR netto erzielt; außerdem bezieht sie Kindergeld in Höhe von 154,- EUR für ihren Sohn.
Die Klägerin lebt seit dem 1. September 2003 mit Herrn L. in einer 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 107,5 qm zusammen, welche dieser am 1. März 2003 zu einem Nettomietpreis von 700,- EUR monatlich angemietet hat; Nebenkosten fallen in Höhe von 190,- EUR monatlich an. Seit 1. September 2005 lebt dort auch ihr Sohn. Nach ihrem Vorbringen erstattet die Klägerin monatlich 464,- EUR an Herrn L ... Dieser lebt von seiner Ehefrau getrennt und hat ebenfalls zwei Kinder, die bei der Mutter in D. leben. Herr L. hat aufgrund eines familiengerichtlichen Vergleichs vom 15. Juli 2003 vor dem Amtsgericht Dresden - Familiengericht - monatlich 644,96 EUR an Trennungsunterhalt sowie 514,00 EUR an Kindesunterhalt zu zahlen. Für die Ausübung des Umgangrechts mit seinen Kindern wendet er nach seinen Angaben monatlich 128,67 EUR auf. Ausweislich einer vorgelegten Verdienstbescheinigung (für Dezember 2005) erzielt Herr L. aus einer nicht selbständigen Tätigkeit ein monatliches Einkommen von 5.186,- EUR brutto/ 3.677,21 EUR netto (Bl. 74 der Verwaltungsakte).
Die Klägerin, die bis 30. März 2005 Arbeitslosengeld (Alg ) in Höhe von 30,97 EUR täglich bezog, beantragte am 15. Dezember 2005 erstmals für sich und ihren Sohn Leistungen nach dem SGB II und gab dazu an, mit Herrn L. in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben. In der Anlage zum Antrag bezeichnete sie ihn jeweils als "Partner". Unter anderem legte sie den Einkommensteuerbescheid des Herrn L. für das Jahr 2004 vor, in welchem die steuerliche Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Unterhaltsleistungen an die Klägerin abgelehnt wurde ... Mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag im Hinblick auf das Vermögen der Klägerin ab. Auf den Widerspruch der Klägerin, in welchem sie sich selbst als "Lebensgefährtin" von Herrn L. bezeichnete (Bl. 18 der Verwaltungsakte) und deren Neuantrag vom 18. Januar 2006 hob die Beklagte diesen Bescheid mit Bescheid vom 22. Februar 2006 auf und lehnte den Antrag erneut ab, nunmehr unter Hinweis auf das Einkommen des Herrn L ... Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bedarf der Klägerin, den diese auf 1.347,49 EUR beziffert habe, sei durch das Einkommen ihres Partners, welches im Umfang von 1754,09 EUR zu berücksichtigen sei, gedeckt.
Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 22. Februar 2006 wurden für den Sohn der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 15. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 bewilligt und zwar vom 15. Dezember bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 195,95 EUR und von Januar bis Mai 2006 in Höhe von 345,81 EUR monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2006 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22. Februar 2006 als unbegründet zurückgewiesen mit der Begründung, unter Anrechnung des Einkommens des Herrn L. sei diese nicht bedürftig.
Am 2. Juni 2006 hat die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit welcher sie im Wesentlichen vorgebracht hat, es bestehe keine Bedarfsgemeinschaft mit Herrn L ... Sie führe keine eheähnliche Gemeinschaft mit diesem. Aus Verfassungsgründen sei das Bestehen einer weiteren eheähnlichen Lebensgemeinschaft bei gleichzeitigem Bestehen einer rechtskräftigen Ehe ausgeschlossen. Tatsächlich erhielten sie und ihr Sohn keine finanzielle Unterstützung durch Herrn L ... Sie hätten keine Möglichkeit, Unterhaltsansprüche gegen diesen durchzusetzen; die Klägerin habe am 5. November 2006 beim Amtsgericht Esslingen -Familiengericht - eine Unterhaltsklage gegen Herrn L. angestrengt, welche durch Urteil vom 9. November 2006 (3 F 1256/06) wegen Unzuständigkeit des Familiengerichts für die Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft abgewiesen worden sei. Außerdem habe die Klägerin bislang ergebnislos die Beklagte schriftlich aufgefordert, den behaupteten Anspruch gegen Herrn L. durchzusetzen bzw. auf sich überzuleiten und durchzusetzen.
Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2006, in welcher die Klägerin angehört und Herr L. als Zeuge vernommen wurde, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach der Überzeugung des Gerichts liege eine eheähnliche Gemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II (i. d. Fassung des Gesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl. I S. 2014) vor. Die Klägerin lebe mit Herrn L. bereits seit September 2003 in einem gemeinsamen Haushalt zusammen, in welchem seit September 2005 auch ihr Sohn mitversorgt werde. Herr L. habe es bereits im Jahre 2004 unternommen, finanzielle Aufwendungen, welche er zugunsten der Klägerin erbracht habe, steuerlich geltend zu machen. Beide hätten hierzu in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Klägerin vorübergehend ihrem Anteil an den Mietkosten nicht habe nachkommen können, was angesichts der diesbezüglichen unterschiedlichen Darstellungen aber nicht glaubhaft sei. So habe die Klägerin die Summe auf 1500,- EUR beziffert und angegeben, diese sei zwischenzeitlich von ihr zurückgezahlt worden, während der Zeuge L. die Summe von 1200,- EUR genannt und angegeben habe, diese sei noch nicht zurückgezahlt. Diese Differenzen legten den Schluss nahe, dass über die einmalige Darlehensgewährung hinausgehende finanzielle Unterstützungsleistungen erbracht würden, also aus einem Topf gewirtschaftet werde und eine Rückzahlung des Darlehens nie vereinbart worden sei. Außerdem sei Herr L. nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung in ihrer Lebensversicherung als Begünstigter im Todesfalle berücksichtigt. Die Angabe, wonach die Lebensbereiche der Klägerin und des Zeugen L. vollständig voneinander getrennt seien, seien nicht glaubhaft. In einer gerichtlichen Vereinbarung vom 10. Juli 2003 vor dem Amtsgericht Dresden sei die Klägerin als Begleitperson im Rahmen des geschützten Umgangs des Herrn L. mit seinen Kindern aufgenommen worden. Auch die sonstige Freizeit- bzw. Urlaubsgestaltung spreche für eine sehr enge Bindung der Partner, nachdem die beiden gemeinsam mit den jeweiligen Kindern im Urlaub gewesen seien. Dies hätten diese in der mündlichen Verhandlung angegeben, wenn auch widersprüchlich bezüglich Zeitpunkt und Urlaubsziel. Auch die sonstigen Umstände sprächen für das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Hiervon ausgehend sei das Einkommen von Herrn L. bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu prüfen. Dessen - unter Abzug von Versicherungsbeiträgen, der Werbungskostenpauschale, Unterhaltszahlungen, Kosten des Umgangsrechts und des Erwerbstätigenbonus ermitteltes - zu berücksichtigendes Netteinkommen von 1727,95 EUR sowie das Kindergeld für M. in Höhe von 154,- EUR reichten aus, um den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von insgesamt 1847,20 EUR, also auch den der Klägerin, zu decken.
Gegen das ihr am 4. November 2006 durch Einschreiben mit Rückschein zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. November 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, mit welcher sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und dazu ausführt, es liege keine "eheähnliche Lebensgemeinschaft" vor. Dies setze voraus, dass die Partner füreinander einstehen wollten, was in ihrem Falle aber nicht gewährleistet sei. Herr L. habe ehebedingte und sonstige Verbindlichkeiten, die er vorrangig bedienen müsse. Herr L. habe monatlich aus seinem Nettoeinkommen folgende Zahlungen zu leisten: 644,96 EUR Unterhalt an die Ehefrau, 514,- EUR Unterhalt an die Kinder (ab Januar 2007 573,- EUR), 762,- EUR an Kreditverbindlichkeiten bei der Citibank wegen "ehebedinger Verbindlichkeiten", 817,- EUR eheprägende Verbindlichkeiten in Höhe von 817,- EUR monatlich wegen gemeinsamer Verträge des Ehepaars L. aus dem Jahre 1993, 350,- EUR Umgangskosten für die Kinder und 350,- EUR monatlicher Fahrtkosten für seine Erwerbstätigkeit.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 15. Dezember 2005 bis 16. Juli 2006 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ohne Anrechung von Einkommen des Herrn K. L. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die ergangene Entscheidung für richtig.
Der Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 17. Juli 2006 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 1. August 2006 abgelehnt, der dagegen erhobene Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 13. November 2006 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage ist beim SG anhängig (S 17 AS 8797/06). Den weiteren Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 16. November 2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. November 2006 ab, den Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2006 ab. Die dagegen erhobene Klage ist ebenfalls beim SG anhängig (S 17 AS 9719/06).
Auf Antrag der Klägerin hat das SG durch Beschluss vom 7. März 2006 (S 7 AS 1070/06 ER) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dieser darlehensweise ab 17. Februar 2006 für die Dauer von sechs Monaten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 557,59 EUR monatlich zu gewähren. In Umsetzung des Beschlusses erhielt die Klägerin dementsprechend darlehensweise Leistungen. Auf erneuten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes wurde die Beklagte durch Beschluss des SG vom 16. August 2006 (S 12 AS 5877/06 ER) verpflichtet, ab dem 17. August 2006 darlehensweise vorbehaltlich des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit der Klägerin bis 30. November 2006 dieser Leistungen in Höhe von 352,92 EUR monatlich zu gewähren. In Umsetzung dieses Beschlusses wurden der Klägerin daraufhin darlehensweise Leistungen bis zum 30. November 2006 bewilligt ... Am 16. November 2006 hat die Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihr auch für die Zeit ab 1. Dezember 2006 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 (L 7 AS 5756/06 ER) hat sich das LSG für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen. Durch Beschluss vom 19. Januar 2007 (S 17 AS 10047/06 ER) hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt mit der Begründung, die Klägerin und ihr Sohn hätten mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf (einstweilige) Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Sie könnten ihren Lebensunterhalt mit den vorhandenen finanziellen Mitteln, also dem Einkommen der Klägerin, dem Kindergeld und dem Einkommen des Herrn L. bestreiten. Die Antragsteller bildeten mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft mit der Folge, dass im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsprüfung auch dessen Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen seien. Dies gelte nicht nur im Verhältnis zur Klägerin als Partnerin, sondern über die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung auch im Verhältnis zu ihrem minderjährigen Kind. Die Klägerin lebe mit Herrn L. bereits seit dem 1. September 2003 und damit über drei Jahren zusammen, seit dem 1. September 2005 werde auch ihr Sohn im Haushalt mitversorgt. Die gesetzliche Vermutung sei zwar widerlegbar, sie sei aber nicht glaubhaft erschüttert worden. Zwar bestritten sowohl die Klägerin als auch Herr L. das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft, nach der Gesamtschau der vorliegenden Indizien, wie sie auch vom SG im Urteil vom 19. Oktober 2006 gewürdigt worden seien, sprächen aber neben den genannten Vermutungstatbeständen weitere gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinschaft über ein bloßes Zusammenwohnen hinaus ein Zusammenleben im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft darstelle. Dies gelte insbesondere auch für die Art des räumlichen Zusammenwohnens. Die von Herrn L. angemietete Wohnung werde von diesem und der Klägerin so genutzt, dass eine eigene Intimsphäre der Personen nicht bestehe. Schlafzimmer, Bad, Küche und Wohnzimmer würden gemeinsam genutzt. Im Schlafzimmer bestehe zwar nach den Angaben der Klägerin eine Trennung der Schlafstätte und des Kleiderschrankes, aber nur insoweit als der eine jeweils die rechte und der andere jeweils die linke Hälfte nutze. Dies stelle keine räumliche Trennung dar, vielmehr sei bei gemeinsamer Nutzung des Schlafzimmers die Erhaltung einer getrennten Intimsphäre gerade nicht gegeben. Auch in finanzieller Hinsicht bestünden gewichtige Anhaltspunkte für eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Hierfür spreche maßgeblich, dass Herr L. die Klägerin unbestritten bereits in der Vergangenheit finanziell unterstützt habe, indem er z. B. ausweislich des vorgelegten Steuerbescheides für das Jahr 2004 im Rahmen seiner Steuererklärung an diese erbrachte Zahlungen als Unterhaltsleistungen geltend gemacht habe. Hierbei habe er der Klägerin, die nicht durchgehend ihren vollen Mietanteil habe aufbringen können, eingeräumt, die offenen Beträge zu einem späteren, nicht näher festgelegten Zeitpunkt zu zahlen. Nach den - insoweit widersprüchlichen - Angaben der Klägerin und des Herrn L. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG seien diese Beträge erst dieses Jahr bzw. (noch) nicht zurückgezahlt worden. Mit der bloßen Erklärung des Herrn L. nach Stellung des Leistungsantrages durch die Klägerin, er sei nicht mehr bereit, diese finanziell zu unterstützen, sei die Vermutung der Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft nicht zu widerlegen. Wenn dies ausreichen würde, hätten die Betroffenen es jeweils selbst in der Hand, ihre Hilfebedürftigkeit herbeizuführen. Eine andere Beurteilung sei auch von Verfassungs wegen nicht geboten. Zwar sei die Beendigung einer (eheähnlichen) Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft nach der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) grundsätzlich jederzeit möglich, dies gehe aber regelmäßig mit der Auflösung auch der Wohngemeinschaft einher. Eine solche sei im vorliegenden Fall gerade nicht vollzogen worden. Außerdem liege - selbst wenn entsprechend dem Vorbringen der Klägerin keine gemeinsamen Konten existierten und keine Verfügungsgewalt über des jeweils anderen Einkommen und Vermögen bestehe - eine finanzielle Verknüpfung mit Herrn L. insoweit vor, als dieser ausweislich des vorgelegten Mietvertrages die Miete im Außenverhältnis alleine trage und lediglich im Innenverhältnis die Überweisung eines Mietanteils der Klägerin an ihn vereinbart sei.
Dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin bzw. Herr L. noch verheiratet sei, von dem Ehepartner aber dauerhaft getrennt lebe. Dies schließe eine eheähnliche Gemeinschaft nach der Rechtsprechung nicht aus. Unter Berücksichtigung des Bedarfs und des Einkommens dieser Bedarfsgemeinschaft bestehe keine Hilfebedürftigkeit der Klägerin und ihres Sohnes. Schließlich folge ein Anordnungsanspruch auch nicht aus § 23 Abs. l SGB II. Zwar führe das BSG in der Entscheidung vom 7. November 2006 (B 7b AS 8/06 R) aus, dass es in Fällen einer Bedarfsgemeinschaft, in der die Einkommensverteilung tatsächlich nicht durchgeführt werde, in Betracht komme, ggf. ein Darlehen nach § 23 Abs. l SGB II zu gewähren und die Darlehensschuld zu erlassen - bei gleichzeitiger Inanspruchnahme des Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft, das sein Einkommen nicht zur Verfügung stelle, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II -; die Klägerin mache auch geltend, eine Einkommensverteilung finde tatsächlich nicht statt, was jedoch aus den dargestellten Umständen nicht glaubhaft sei. Insbesondere hätten die Antragsteller es selbst in der Hand, eine Einkommensverteilung herbeizuführen, indem sie mit ihrem Anspruch gegen den Anspruch des Herrn L. auf Zahlung des vereinbarten anteiligen monatlichen Mietanteils aufrechnen könnten.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch Beschluss des erkennenden Senats vom 22. März 2007 (L 7 AS 640/07) zurückgewiesen.
Der Berichterstatter hat im vorliegenden Verfahren einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage, mit welcher die Klägerin ausweislich ihrer eindeutigen Erklärung im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats allein eigene Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II verfolgt - und nicht auch solche von Herrn L. bzw. ihrem Sohn M. - zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass im streitbefangenen Zeitraum eine "eheähnliche Gemeinschaft" im Sinne von § 7 Abs. Nr. 3 b SGB II a. F. zwischen der Klägerin und Herrn L. bestand. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Leistungsträger (vgl. dazu Spellbrink, in ders./Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, München 2003, § 13 Rn 108; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Juni 2006 - L 9 AS 292/06 ER; LSG Halle, Beschluss vom 22. April 2005, L 2 B 9/05 AS ER (jeweils juris)) hat dies zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
Obwohl sich der Begriff der "eheähnlichen Gemeinschaft" in einer Vielzahl von Gesetzen - darunter in den zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Sozialleistungsgesetzen - findet, existiert keine durchgängige gesetzliche Definition des Begriffs (vgl. dazu bereits Urteil des Senats vom 14. November 2005 - L 7 SO 3743/05 - (juris)). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 17. November 1992 - 1 WvL 8/87 - BVerfGE 87, 234; vgl. auch Kammerbeschluss vom 2. September 2004 - 1 BvR 1962/04 -, NVwZ 2005, 1178) liegt eine eheähnliche Gemeinschaft nur vor, wenn sie als auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht und sich im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner - auch in den Not- und Wechselfällen des Lebens - füreinander begründet und daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen vergleichbar (vgl. BVerfGE 87, 234, 265; vgl. auch Urteil des Senats vom 21. September 2006 - L 7 SO 5441/05 - und Beschlüsse vom 12. Januar 2006 - L 7 AS 5535/05 ER-B - und vom 31. Januar 2006 - L 7 AS 108/06 ER-B - (beide in juris)). An Hinweistatsachen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft kommen neben der langen Dauer und Intensität des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt, sowie die Befugnis, über Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, in Betracht.
Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Regelung des § 122 Satz 1 BSHG mit Urteil vom 17. Mai 1995 - 5 C 16.93 - (BVerwGE 98, 195, 199 f.; vgl. auch Beschluss vom 24. Juni 1999 - 5 B 114/98 - (juris); BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15; SozR 3-4300 § 144 Nr. 10; Debus, SGb 2006, 82, 84 f.).) angeschlossen, ihrer Anwendung auch im Bereich des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b SGB II in der genannten (Alt-) Fassung steht jedoch nichts entgegen; das sicher gewichtigste Indiz stellt danach eine lange Dauer des Zusammenlebens bei Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums dar. Bei Zusammenfall des Beginns des Zusammenlebens mit dem Beginn des Leistungszeitraums kommen als Hinweistatsachen Dauer und Intensität der Bekanntschaft zwischen den Partnern vor der Begründung ihrer Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der Partner während der streitgegenständlichen Zeit und die - nach außen erkennbare - Intensität der gelebten Gemeinschaft in Betracht. Gegebenenfalls kann auch ein langes Fortdauern der Gemeinschaft über den streitgegenständlichen Zeitraum hinaus Berücksichtigung finden. Zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft gehört grundsätzlich auch die Wohngemeinschaft. Zur Bejahung einer eheähnlichen Gemeinschaft reicht allerdings eine bloße Wohngemeinschaft ebenso wenig aus (so bereits BSGE 63, 120, 123 = SozR 4100 § 138 Nr. 17) wie eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft.
Da es sich bei den genannten Voraussetzungen zum großen Teil um innere Tatsachen handelt, die dem Beweis kaum zugänglich sind, bedarf es äußerer Hinweistatsachen, wobei das durch eine Gesamtwürdigung zu findende Bild der für den streitgegenständlichen Zeitraum feststellbaren Indiztatsachen entscheidend ist (vgl. BVerwGE 98, 195, 201; Senatsbeschlüsse vom 12. und 31. Januar 2006, a.a.O.). An die Ernsthaftigkeit einer "nichtehelichen Lebensgemeinschaft" im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BSGE 90, 90, 99; Senatsbeschlüsse vom 12. und 31. Januar 2006 a.a.O.; Münder in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 20 Rdnr. 23; Brandts in Niesel, SGB III, 2. Aufl., § 194 Rdnr. 25).
Der Gesetzgeber hat zwar durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706 ff), welches mit Wirkung vom 1. August 2006 in Kraft getreten ist, unter Anderem § 7 Abs. 3 SGB II in der Weise geändert, dass in einem nunmehr eingefügten Absatz 3a an das Vorliegen bestimmter Hinweistatsachen (Zusammenleben länger als 1 Jahr oder mit einem gemeinsamen Kind, Versorgung von Kindern oder Angehörigen im Haushalt oder Befugnis, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen) die normative Vermutung eines wechselseitigen Willens der Partner geknüpft wird, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (vgl. zur Neuregelung Beschluss des Senats vom 22. März 2007 - L 7 AS 640/07 ER-B -; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. August 2006 - L 9 AS 349/06 ER - (jeweils juris)). Für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum (15. Dezember 2005 bis 16. Juli 2006) bleibt es allerdings für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bei der Anwendung der oben genannten Kriterien und der beschriebenen Beweislastverteilung. Eine Rückwirkung dieser gesetzlichen Vermutungsregelung und der sich daraus ergebenen Beweiserschwernis zu Lasten der Klägerin für Leistungszeiträume vor dem 1. August 2006 ist weder gesetzgeberisch angeordnet noch aus sonstigen Gründen veranlasst (Beschluss des Senats vom 22. März 2007, a.a.O.).
Vorliegend hat allerdings der beweisbelastete Leistungsträger (vgl. ebenso im Anwendungsbereich des BSHG, BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1999 a.a.O; Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September 1990 - 6 S 1537/90 - (juris)) das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b SGB II a. F. für den maßgeblichen Zeitraum zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Wegen der weiteren Begründung wird hierzu zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass auch das Ergebnis des Erörterungstermins am 15. Februar 2007 vor dem Berichterstatter im vorliegenden Verfahren die Einschätzung des SG bestätigt hat. Dies betrifft namentlich die schwerlich nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin zu den Wohnverhältnissen und der (angeblichen) Unmöglichkeit, in der gemeinsamen 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 107,5 qm räumlich getrennt zu schlafen sowie ihre im Widerspruch zu ihrer eigenen früheren Formulierung (Bl. 18 d. A.) und dem Protokoll des Amtsgerichts Dresden - Familiengericht - vom 10. Juli 2003 - stehende Einlassung, nicht Lebensgefährtin, sondern nur "Wohngemeinschaftspartnerin" von Herrn L. zu sein. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung der Klägerin wird hierzu auf die gefertigte Niederschrift verwiesen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der vom SG zutreffend gewürdigte Umstand, dass Herr L. im familiengerichtlichen Verfahren einem Vergleich zugestimmt hat, in welchem die Antragstellerin zu 1. an drei Stellen als seine Lebensgefährtin bezeichnet und in die Gestaltung des Umgangsrechts mit seinen Kindern einbezogen wird. Damit wird eine persönliche Nähe und Vertrautheit deutlich, die klar für eine erhebliche und verpflichtende Bindung zwischen den Partnern spricht. Daran ändert es nichts, dass die Klägerin im Erörterungstermin angegeben hat, Herr L. habe sie vor dem Familiengericht lediglich als "Klassenkameradin" bezeichnet; die abweichende Formulierung in der familiengerichtlichen Niederschrift habe die protokollierende Richterin aufgenommen.
Das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass einer der Partner noch anderweitig verheiratet ist. Die Rechtsprechung hat bereits entschieden, dass dem Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht entgegen steht, dass jedenfalls einer der Partner noch anderweitig verheiratet ist (vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. November 1995 - 6 S 3171/94 - (juris) zu § 122 BSHG). Das Bundesverfassungsgericht hat in der auch von den Antragstellern in Bezug genommenen Entscheidung vom 17. November 1992 (a.a.O.) ausgeführt, dass die Einkommensanrechnung unter Partnern einer solchen eheähnlichen Gemeinschaft zwar von Verfassungs wegen nicht geboten, aber bei Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Sind aber die Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im streitbefangenen Zeitraum bewiesen, war Herrn L. der Einsatz seines Einkommens und Vermögens zumutbar (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Hiervon ausgehend lässt sich die Bedürftigkeit der Klägerin nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht feststellen. Ausweislich der von der Beklagten im Verfahren L 7 AS 5756/06 ER (Bl. 17-19 der Verfahrensakte) vorgelegten schlüssigen Bedarfs- und Einkommensberechnung, die auch von den Klägerin nicht substantiell in Frage gestellt worden ist, beträgt der monatliche Gesamtbedarf der Klägerin, ihres Sohnes M. und der von Herrn L. 1707,33 EUR, wobei der auf den Sohn entfallende anteilige Bedarf in Höhe von 499,79 EUR im streitbefangenen Zeitraum durch Leistungen der Beklagten gedeckt wurde. Der somit verbleibende ungedeckte Bedarf von 1207,54 EUR wird durch das berücksichtigungsfähige Einkommen des Herrn L. befriedigt und zwar auch dann, wenn man, wie die Beklagte es getan hat, die Unterhaltsverpflichtungen von Herrn L. gegenüber seiner (früheren) Ehefrau und seinen Kindern in Abzug bringt, auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Handhabe für die Berücksichtigung solcher Unterhaltsverpflichtungen erst durch das zum 1. August 2006 in Kraft getretene Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) geschaffen wurde. Hiervon ausgehend ist unabhängig davon, ob ein solcher Abzug auch für die Zeit davor überhaupt rechtlich veranlasst ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 11. April 2007 - L 7 AS 1017/07 PKH-A -), angesichts des immer noch verbleibenden berücksichtigungsfähigen Einkommens von 1751,62 EUR eine Bedarfsdeckung auf Seiten der Klägerin gewährleistet.
Soweit die Klägerin über die Regelung des § 11 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2622) hinausgehende Absetzungen vom Einkommen und Kosten geltend macht, wie Kredit- und sonstige Schulden sowie weitere Ausgaben des Herrn L. , hat der Senat bereits im genannten Eilbeschluss vom 22. März 2007 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass neben den Absetzungen des § 11 Abs. 2 SGB II grundsätzlich keine weiteren Abzüge wegen sog. "ehebedingter Verbindlichkeiten" vorgenommen werden können. Der Abzug weiterer, nicht substantiierter Ausgaben, wie der behaupteten 350,- EUR an monatlichen Fahrtkosten für die Ausübung der Erwerbstätigkeit, ist ebenfalls nicht veranlasst. Unabhängig davon wäre auch bei deren Berücksichtigung nach § 3 Nr. 3 b) Alg II-V die Bedarfsdeckung gewährleistet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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