L 7 SO 1154/07 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SO 4656/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1154/07 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die mit Blick auf die Vorschrift des § 66 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zwar zulässig (§ 145 Abs. 1 SGG), jedoch unbegründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben; weder stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit - dem Kläger geht es um eine gebrauchte Schreibmaschine sowie um eine Weihnachtsbeihilfe für 2005 - noch ist die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG überschritten. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat die Berufung im angefochtenen Gerichtsbescheid auch nicht zugelassen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger ersichtlich geltend, dass das SG seine Klage nicht wegen Verfristung durch Prozessurteil hätte abweisen dürfen; er hat damit einen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hinreichend bezeichnet.

Der gerügte Verfahrensmangel liegt indessen nicht vor. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19. Mai 2006 ist dem Kläger gemäß § 85 Abs. 3 Satz 2 SGG i.V.m. § 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 180 der Zivilprozessordnung durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten am 23. Juni 2006 wirksam zugestellt worden; das Zustelldatum vom 23. Juni 2006 stellt der Kläger selbst nicht in Abrede. Der Widerspruchsbescheid war auch mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen (vgl. § 85 Abs. 3 Satz 3 SGG), so dass die Monatsfrist zur Klageerhebung (§ 87 Abs. 1 und 2 SGG) aufgrund der ordnungsgemäßen Belehrung zu laufen begonnen hat (vgl. § 66 Abs. 1 SGG). Zur Fristberechnung ist hierbei auf die Vorschrift des § 64 SGG zurückzugreifen. Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt - hier also die Zustellung - fällt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG); fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (Abs. 3 a.a.O.). Vorliegend ist - wie das SG zutreffend erkannt hat - die Klagefrist versäumt, ohne dass Wiedereinsetzungsgründe gegeben sind.

Die Klagefrist (§ 87 SGG) endete für den Kläger am Freitag, den 23. Juni 2006; ein Fall des § 64 Abs. 3 SGG liegt nicht vor, weil am Freitag, dem 23. Juni 2006 kein gesetzlicher Feiertag war. Demgegenüber hat der Kläger seine Klageschrift erst am Montag, dem 26. Juni 2006 persönlich beim SG abgegeben. Damit ist die Klagefrist nicht gewahrt. Das SG hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Dies ist dann der Fall, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt aufgewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 67 Rdnr. 3 (m.w.N.)). Gründe, welche den Kläger an einer rechtzeitigen Erhebung der Klage gehindert haben, sind indes weder glaubhaft gemacht noch sonst wie ersichtlich. Seine ganz allgemein gehaltene - und im Übrigen durch nichts belegte - Behauptung, am 20. Juni 2006 von einer Dame in der Telefonzentrale des SG die Auskunft erhalten zu haben, dass die Klageerhebung am Montag, dem 26. Juni 2006 fristwahrend sei und auch sonst alle Rechtspfleger und Urkundsbeamten beim Verwaltungsgericht und beim Sozialgericht seiner Meinung seien, dass bei Fristablauf am Freitag die Klageerhebung montags genüge, reicht insoweit ebenso wenig aus, wie die kommentarlose Entgegennahme des Schriftstücks am 26. Juni 2006 durch einen Beamten auf der Rechtsantragsstelle des SG. Auch das Vorbringen des Klägers, ab 18. Dezember 2006 insgesamt 21 Tage lang im M.Hospital S. wegen eines Armbruchs stationär behandelt worden zu sein, stellt keinen Wiederreinsetzungsgrund dar, und zwar schon deswegen nicht, weil er sich diese Verletzung erst rund ein halbes Jahr nach dem hier zu beachtenden Zeitraum zugezogen hat.

Da ferner die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat und das SG auch nicht von einer Entscheidung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abgewichen ist, ist der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid vom 11. September 2006 der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG). Der angefochtene Gerichtsbescheid wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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