L 7 AL 6017/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 3370/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 6017/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen des Eintritts von zwei Sperrzeiten und die Rückforderung erhaltener Alhi bzw. Erstattung gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1193,40 EUR.

Der am 1969 geborene Kläger bezog ab Mai 2001 Arbeitslosengeld (Alg) für die Dauer von 360 Tagen und ab Mai 2002 (mit Unterbrechungen) Anschlussarbeitslosenhilfe.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2004 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 2. Dezember 2003 bis 12. Januar 2004 fest, hob die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 2. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2003 auf und forderte die Rückzahlung erhaltener Alhi und die Erstattung gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für diesen Zeitraum in Höhe von insgesamt 548,16 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 3. Mai 2004 stellte die Beklagte den Eintritt einer weiteren Sperrzeit von zwölf Wochen sowie das Erlöschen des Leistungsanspruchs fest, hob die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 13. Januar 2004 bis 29. Februar 2004 auf und forderte die Rückzahlung erhaltener Alhi und die Erstattung gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für diesen Zeitraum in Höhe von insgesamt 645,24 EUR. Die dagegen erhobenen Widersprüche des Klägers wurden durch Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 8. November 2004 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Mit Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Empfangsbekenntnis am 2. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.

Am 1. Dezember 2006 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Die Berufung wurde nicht begründet. Am 21. Dezember 2006 hat sein Prozessbevollmächtigter mitgeteilt, dass er den Kläger nicht mehr vertrete und Zustellungen direkt an den Kläger vorzunehmen seien. Ein Anschreiben des Gerichts an den Kläger kam jedoch mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurück.

Auf Anfrage des Gerichts hat das Einwohnermeldeamt der Stadt M. am 10. April 2007 mitgeteilt, dass Kläger nach W. , Ö. , verzogen sei. Eine dortige Anschrift sei nicht bekannt. Auf Anfrage des Gerichts teilte der Magistrat der Stadt W. - Meldeservice - am 11. April 2007 mit, dass über den Kläger keine Meldeauskunft vorliege. Auf telefonische Nachfrage hat der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers am 10. April 2007 mitgeteilt, dass auch dort keine aktuelle Anschrift bekannt sei. Auch der Beklagten ist keine neue Anschrift des Klägers bekannt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 und die Bescheide der Beklagten vom 5. Mai 2004 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Oktober 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Verfügung vom 17. April 2007 hat das Gericht den Beteiligten seine Absicht, die Berufung im Hinblick darauf, dass keine aktuelle ladungsfähige Anschrift des Klägers bekannt sei, durch Beschluss nach § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen, mitgeteilt. Ferner wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass das Mandatsverhältnis dem Kläger gegenüber nicht wirksam habe gekündigt werden können, sofern kein Kontakt mehr zu diesem bestanden habe.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig (geworden).

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden oder sonst unzulässig ist (Meyer-Ladewig in ders./Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl., § 158 Rdnr. 5). Die Entscheidung kann nach Satz 2 der Bestimmung durch Beschluss ergehen; der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht.

Die Berufung des Klägers ist zwar im Sinne des § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch unzulässig geworden, weil der Kläger über keine ladungsfähige Anschrift mehr verfügt.

Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren erfordert im Regelfall, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt wird; die bloße Angabe einer E-Mail-Anschrift und/oder einer Mobilfunk-Telefonnummer genügt ebenso wenig wie die Angabe "postlagernd" (vgl. BSG, Beschluss vom 18. November 2003 - B 1 KR 1/02 S -, SozR 4-1500 § 90 Nr. 1; ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig a.a.O. § 92 Randnr. 3). Das Anschriftserfordernis ist unumgänglich, um die rechtswirksame Zustellung gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen bewirken zu können (vgl. § 63 Abs. 2 SGG i.V.m. §§ 166 ff. Zivilprozessordnung (ZPO)). Das Vorliegen einer Anschrift gehört zudem - unabhängig von der Frage der nur über sie möglichen förmlichen Zustellung - zu den Wesensmerkmalen eines Rechtsschutzbegehrens an ein Gericht, welche jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssen (so genannte Sachurteilsvoraussetzung; vgl. § 92 SGG; dazu Beschluss des Senats vom 8. November 2006 - L 7 SO 4738/06 -). Fehlt eine solche Anschrift oder wird sie nicht mitgeteilt, ist ein Rechtsschutzbegehren unzulässig. Selbst wenn einem Rechtsschutzsuchenden aus nachvollziehbaren Gründen - etwa wegen Obdachlosigkeit - die Angabe einer Wohnadresse unmöglich ist, ist er gehalten, eine Anschrift oder Möglichkeit zu benennen, unter oder mit der er für Zustellungen des Gerichts erreichbar ist. Hierauf kann allenfalls verzichtet werden, wenn dem Gericht eine solche Möglichkeit bekannt ist, was jedoch vorliegend nicht der Fall ist. Da die Prüfung der Prozessvoraussetzungen in jedem Verfahrensstadium, also auch im Rechtsmittelverfahren bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu erfolgen hat, führt der Wegfall der (einzigen) ladungsfähigen Anschrift des Klägers während des Berufungsverfahrens zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache ist dem Senat daher verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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