L 5 R 3259/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2903/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3259/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.4.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1956 geborene Kläger (GdB 50) hat keinen Beruf erlernt (Lebenslauf SG-Akte S. 104). Nach dem Hauptschulabschluss war er ein Jahr als Arbeiter erwerbstätig und diente sodann von 1973 bis 1977 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Im Anschluss daran arbeitete er bis 1979 als Verkaufsfahrer, bis 1980 als Kontrolleur und danach als Maschinenarbeiter und Abwälzfräser. Von September 1985 bis Januar 1986 absolvierte der Kläger einen Lehrgang in CNC-Technik (Grundstufe; Lehrgangszertifikat SG-Akte S. 107). Seit einer Schädigung mit Clonidin im Rahmen einer Epikutan-Testung (Allergie-Testung) im März 1998 ist der Kläger nur noch eingeschränkt als Fräser tätig; die Programmierung der Maschine nimmt er nicht mehr selbst vor. Seit 1.4.2005 arbeitet der Kläger noch 5 Stunden täglich (SG-Akte S. 105).

Am 23.3.1998 war beim Kläger ein Allergietest mit Clonidin durchgeführt worden, da der Kläger, der an einem Glaukom beidseits leidet, über Augenrötung bei Anwendung der Clonidintropfen geklagt hatte. Bei der versehentlich mit weit überhöhter Dosierung (800-1000-fach) durchgeführten Testung traten offenbar Vergiftungserscheinungen auf. Der Kläger, der über eine Bagatellisierung seiner Krankheitserscheinungen klagte, wurde vom 13.5. bis 18.6.1998 in der Fachklinik für Neurologie D. behandelt. Im Bericht der Klinik vom 3.8.1998 ist ausgeführt, die kernspintomografische Untersuchung habe einen im Wesentlichen unauffälligen Befund ergeben. Auch bei der Liquor-Untersuchung hätten keine Entzündungszeichen festgestellt werden können. Man habe aber einen Hinweis auf eine mittelgradige Störung der Blut-Liquor-Schranken-Funktion gefunden. Möglich sei daher, dass es im Rahmen einer generalisierten toxisch-allergischen Reaktion zu einer meningo-enzephalitischen Mitbeteiligung gekommen sein könnte; dies erkläre möglicherweise auch die Verschlechterung im allgemeinen Zustandsbild des Klägers. Sichere Hinweise für eine höhergradige Hirnleistungsschwäche gebe es aber nicht; auch für vom Kläger angegebene Sprachstörungen sei bei intensiver logopädischer Untersuchung und Behandlung kein sicherer Hinweis festgestellt worden. Aufgefallen sei, dass der Kläger depressiv, niedergeschlagen und verunsichert gewirkt habe.

Von 14.7. bis 4.8.1998 absolvierte der Kläger eine stationäre Heilbehandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden in der Reha-Klinik Ü., I ... Dort diagnostizierte man ein chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei Fehlhaltung mit muskulärer Dysbalance und degenerativen Veränderungen, Übergewicht sowie ein fragliches Durchgangssyndrom mit Verdacht auf eine aktive depressive Störung. Als CNC-Fräser könne der Kläger vollschichtig arbeiten und mittelschwere Tätigkeiten ebenfalls vollschichtig verrichten. Eine endgültige Stellungnahme zum Leistungsbild solle allerdings von neurologisch-psychiatrischer Seite erfolgen (Entlassungsbericht vom 25.8.1998).

Vom 3.12.1998 bis 27.1.1999 wurde im Rehabilitationskrankenhaus Ulm eine ambulante Belastungserprobung durchgeführt. Hierzu ist im Bericht vom 27.1.1999 ausgeführt, der Kläger verfüge über ein angstfreies Auftreten gegenüber seinen Kollegen und den Therapeuten. Die Selbstsicherheit in Bezug auf Arbeit sei jedoch deutlich eingeschränkt. Der Kläger habe wenig psychisch belastbar gewirkt, sei er rasch frustriert und eher depressiv gewesen. Die kognitiven Leistungsparameter und die psycho-psychische Belastbarkeit reichten für eine unmittelbare Wiedereingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht aus. Empfohlen werde eine intensive Arbeitstherapie.

Am 31.10.2001 beantragte der Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung gab er an, er leide unter einer Hirnschädigung infolge falscher Medikamentenanwendung bei einem Allergietest, an einem Gehörschaden links sowie unter Beschwerden im Bereich der linken Schulter und der Wirbelsäule.

Die Beklagte holte die Arbeitgeberbescheinigung der Firma L. GmbH vom 7.3.2002 (Verwaltungsakte S. 10) ein, zog Arztunterlagen bei (u.a. das in einem Betreuungsverfahren für das Notariat B. erstellte Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. M. vom 28.3.2000; die Betreuung wurde wieder aufgehoben, Beschluss des Notariats B. vom 28.10.2003 – I GR N Nr. 216/2000 -, Senatsakte S. 34) und erhob das Gutachten der Allgemeinärztin Dr. K. vom 5.2.2002.

Die Firma L. GmbH teilte mit, der Kläger habe 2 Abwälzfräsmaschinen (mit Umstellen, Einstellen und der zeichnungsgerechten Fertigung von Teilen) bedient. Dabei handele es sich um eine angelernte Arbeit mit einer Ausbildungsdauer von ca. drei Monaten. Über die praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfüge der Kläger nicht. Er sei in Lohngruppe 8 (zuzüglich Leistungszulage) des maßgeblichen Tarifvertrages eingestuft gewesen.

Dr. K. diagnostizierte eine Anpassungsstörung mit reaktiver Depression nach Durchgangssyndrom mit Konzentrations- und Merkstörungen sowie ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei Wirbelsäulenfehlhaltung und festgestelltem Verschleiß der Hals- und Lendenwirbelsäule; bekannt seien außerdem ein Glaukom beider Augen sowie ein Knalltrauma mit Hörminderung. Eine endgültige Leistungsbeurteilung sei erst nach einer stationären Heilbehandlung möglich. Im Vordergrund stehe derzeit die Anpassungsstörung mit depressiven Reaktionen nach Durchgangssyndrom. Es lägen noch Konzentrationsstörungen, Sensibilitätsstörungen sowie kognitive Störungen vor.

Vom 19.3. bis 30.4.2002 absolvierte der Kläger daraufhin eine Heilbehandlung in der neurologischen Fach- und Rehabilitationsklinik Sch ... Im Entlassungsbericht vom 7.5.2002 ist ausgeführt, der Kläger könne die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als angelernter Maschinenbediener 6 Stunden täglich und mehr sowie mittelschwere Arbeiten ebenfalls 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Ausgeschlossen seien Arbeiten unter Zeitdruck und mit erhöhten Anforderungen an die geistige Flexibilität.

Mit Bescheid vom 17.6.2002 (Arztunterlagen S. 15) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nachdem der Kläger dagegen Widerspruch eingelegt hatte erhob die Beklagte das Gutachten des Allgemeinarztes Dr. La. vom 6.11.2003. Dieser diagnostizierte leichte kognitive Störungen, eher dissoziativer Art, eine leichte depressive Störung, ausgeprägte Spondylosis hyperostotika, fortgeschrittene degenerative Wirbelsäulenveränderungen, eine radiologisch nachgewiesene beginnende Coxarthrose rechts sowie dissoziative Störungen. Infolge der toxischen Reaktion auf die Allergietestung (1998) sei es zu vorübergehenden, gravierenden psychischen Störungen gekommen. Allerdings müsse davon ausgegangen werden, dass keine strukturellen Hirnveränderungen mehr vorlägen, die zu einer dauerhaften gravierenden Beeinträchtigung der psychisch-geistigen Leistungsfähigkeit führen könnten. Psychoreaktive Veränderungen seien jetzt in der Symptombildung führend. Es dürfte eine mehr oder weniger bewusstseinsferne Tendenzreaktion im Sinne eines Entschädigungswunsches, auch im Sinne einer Berentung, hinzugekommen sein. Der Kläger leide unter einer leichten depressiven Verstimmung, die nach dem Gesamteindruck überwiegend psychoreaktiv bedingt sei, nachdem der Kläger die derzeitige soziale Situation nicht als befriedigend annehme. Die psychopathologischen Störungen seien nicht so erheblich, dass dadurch das grundsätzlich vollschichtige berufliche Leistungsvermögen in Frage gestellt werde, sofern nicht besondere Anforderungen an Arbeitstempo und Schwierigkeit gestellt würden. Überdeutlich sei der Wunsch nach sozialer Entschädigung. Programmiertätigkeiten am CNC-Gerät könne der Kläger allerdings nicht mehr in angemessener Weise und in vollem Umfang leisten. Insoweit sei er nur noch 3 bis unter 6 Stunden täglich belastbar. Im Übrigen könnten vollschichtige Arbeiten mit den üblichen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Reaktion und Genauigkeit aber erbracht werden. Wegen der Gesundheitseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet seien Zwangshaltungen, Tätigkeiten in gebückter Haltung und regelmäßiges Heben schwerer Lasten nicht mehr zumutbar. Die Arbeitsschwere solle daher auf leichte bis mittelschwere Tätigkeiten begrenzt werden.

Die Beklagte holte noch die (weitere) Arbeitgeberauskunft der Firma L. GmbH vom 21. und 24.6.2004 ein (Verwaltungsakte S. 20,22). Darin ist ausgeführt, der Kläger sei seit 19.5.1980 beschäftigt und habe täglich 7 Stunden (bei einer Fünf-Tage-Woche) gearbeitet. Bis zur Erkrankung im März 1998 sei er als CNC-Abwälzfräser eingesetzt worden. Dabei habe es sich um eine angelernte Tätigkeit mit einer Ausbildungsdauer bzw. Anlernzeit von 2 Jahren gehandelt. Über einen Ausbildungsabschluss verfüge der Kläger nicht. Man habe ihn in Teilbereichen eines Facharbeiterberufes, nämlich als Zerspaner und in der Zahnradherstellung, beschäftigt. Die Vergütung sei nach Lohngruppe VIII des Manteltarifvertrages Südwürttemberg-Hohenzollern erfolgt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.9.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten unter qualitativen Einschränkungen noch 6 Stunden täglich verrichten und müsse sich auf alle angelernten und durch Qualitätsmerkmale, wie das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, herausgehobene ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen; so sei er beispielsweise auf die Tätigkeit als Pförtner verweisbar.

Am 30.9.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Während des Klageverfahrens absolvierte er vom 30.11. bis 28.12.2004 eine stationäre Behandlung in der L.klinik (Zentrum für Verhaltensmedizin), Bad D ... Im Entlassungsbericht vom 28.12.2004 sind (u. a.) eine organische Persönlichkeitsstörung mit depressivem Affekt und arterielle Hypertonie diagnostiziert (SG-Akte S. 33). Als Fräser könne der Kläger 6 Stunden täglich und mehr arbeiten sowie mittelschwere Tätigkeiten ebenfalls 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Einschränkungen bestünden hinsichtlich der geistig/psychischen Belastbarkeit. Es lägen Defizite im Umgang mit Zahlen und Rechenoperationen vor. Aufgrund organischer Persönlichkeitsveränderungen und starken anankastischen Anteilen seien sehr komplexe Tätigkeiten nur eingeschränkt möglich. Der Kläger werde arbeitsfähig entlassen.

Zur Begründung seiner Klage legte der Kläger (u. a.) Arztberichte und ein Lehrgangszertifikat der Industrie- und Handelskammer Ulm vom 28.1.1986 vor. Er genieße Berufsschutz und dürfe nicht auf die Tätigkeit als Pförtner oder Museumswärter verwiesen werden. In Menschenmengen könne er nicht arbeiten. Wegen seiner Computerkenntnisse sei er als Facharbeiter tätig gewesen. Seit seiner Schädigung könne er jedoch die Maschinen, die er früher programmiert habe, nicht mehr bedienen. Wegen seiner psychischen Situation könne er nur noch 5 Stunden täglich arbeiten.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Kr. vom 28.4.2005 sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Nervenarztes Dr. Mü. vom 6.2.2006, bei dem der Kläger behandelt worden war. Außerdem holte es die (ergänzende) Arbeitgeberauskunft der Firma L. GmbH vom 21.11.2005 ein.

Die Firma L. GmbH teilte mit (SG-Akte S. 120), der Kläger sei am 19.5.1980 als Maschinenarbeiter eingestellt worden. 1986 sei er aufgrund seiner Leistungen als Maschinenbediener eingesetzt worden. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit habe er die Parameterprogramme für die Maschinen selbständig erstellt. Er sei als angelernte Arbeitskraft (echte Anlerntätigkeit mit einer Anlernzeit von mindestens zwei Jahren) einzustufen. Für seine Einstellung sei ein Nachweis über die berufliche Qualifikation nicht notwendig gewesen. Ein ungelernter Mitarbeiter brauche für die vom Kläger bis 1998 ausgeübte Tätigkeit eine Anlernzeit von ca. 2 Jahren. Der Kläger sei in Lohngruppe 8 eingestuft worden. Qualifikationsfremde Umstände seien dafür nicht maßgeblich gewesen. Wegen seiner guten Leistungen habe man ihn 1986 an der neuen CNC-Wälzfräsmaschine angelernt. Bis zu seiner Erkrankung 1998 habe er die Maschinen selbstständig programmiert. Danach sei er an einer Teile-Waschmaschine beschäftigt worden, weil die Weiterbeschäftigung am alten Arbeitsplatz wegen der Erkrankung nicht möglich gewesen sei. Da andernfalls eine Lohnkürzung notwendig geworden wäre, sei von Februar bis September 2001 ein Arbeitsversuch im Verzahnungsfräsen vereinbart worden. Wegen Problemen mit der Wechselschicht habe der Kläger darum gebeten, eine Tätigkeit in der Normalarbeitszeit ausführen zu dürfen. Ab Oktober 2001 bis Oktober 2003 sei er an einer Finish-Maschine eingesetzt worden, wo er ein Jahr lang in der Normalarbeitszeit, sodann wieder in Wechselschicht gearbeitet habe. Ab November 2003 habe man den Kläger erneut beim Verzahnungsfräsen eingesetzt, wo er von einem Einsteller in Wechselschicht betreut werde. Heute sei der Kläger nicht in der Lage, ohne Hilfsperson (Einsteller) selbstständig an den alten manuellen Verzahnungsfräsmaschinen zu arbeiten. Auch die Eingabe an dem Betriebsdatenerfassungsgerät über einen Touch-Screen-Monitor falle ihm schwer. Die derzeit ausgeübte Tätigkeit entspreche der Lohngruppe 7. Außerdem sei die Arbeitszeit im Februar 2005 auf Bitten des Klägers und Empfehlung der Reha-Klinik Bad D. auf 5 Stunden täglich vermindert worden.

Der behandelnde Augenarzt Dr. Kü. teilte im Bericht vom 2.12.2004 mit, wegen der Glaukom-Erkrankung seien Tätigkeiten mit schwerem Heben oder unter Belastung mit scharfen Dämpfen ausgeschlossen. Der Orthopäde H. gab an, laborchemisch bestehe ein Morbus Bechterew. Die orthopädischen Gesundheitsstörungen seien mit konservativen Methoden behandelbar. Der Kläger könne unter qualitativen Einschränkungen 4 Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten (Bericht vom 19.12.2004). Die Allgemeinärztin Dr. P. führte im Bericht vom 2.3.2005 aus, der Schwerpunkt der Leistungseinschränkungen liege im Bereich der kognitiven Störungen. Im Frühjahr 2004 sei ein zunehmender Belastungshochdruck feststellbar gewesen. Körperlich leichte Tätigkeiten ohne kognitiv schwierige Anforderungen könne der Kläger 6 Stunden täglich (unter qualitativen Einschränkungen) verrichten.

Dr. Kr. legte in seinem Gutachten (SG-Akte S. 67) dar, der Kläger habe angegeben, täglich um 7.00 Uhr aufzustehen und von 9.00 bis 14.00 im Betrieb zu arbeiten (Nachtrag zum Arbeitsvertrag des Klägers SG-Akte S. 100). Nach der Arbeit müsse er eine Stunde ausruhen, bevor er den Rest des Tages vor allem mit Arbeiten an seinem vor 2 Jahren gekauften Bauernhaus zubringe; er genieße es, dort in ruhiger Lage zu wohnen und das Haus umzubauen. Dabei könne er sich gut ablenken. Derzeit baue er den Dachboden des 400 qm großen Hauses aus. Er wolle aus dem Anwesen ein 3-Familien-Haus machen und evtl. 2 Wohnungen als Gästewohnungen vermieten. Seit dem Allergietest 1998 leide er vor allem an Depressionen und könne sich an nichts mehr freuen. Ihm sei alles gleichgültig und er fühle ständig eine gewisse Leere. Er habe Kopfschmerzen verbunden mit diffusem Schwindel; Konzentration und Gedächtnis seien schlechter geworden; das gelte auch für das Hör- und Sehvermögen. Hinzukämen Schmerzen.

Der Gutachter erhob unauffällige klinische und testpsychologische Befunde und diagnostizierte eine dissoziative Störung sowie eine chronisch depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymia. Es lasse sich nicht zweifelsfrei ausschließen, dass die Ausprägung der beklagten Störungen aggraviert werde und dass sie nicht vorwiegend bei ärztlichen Untersuchungen, ansonsten im Alltag, etwa bei handwerklichen Tätigkeiten zu Hause, aber nicht vorhanden seien. Leichte körperliche Arbeiten ohne besondere geistige Beanspruchung könne der Kläger vollschichtig leisten.

Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. St. vom 31.10.2005 vor (SG-Akte S. 115). Darin ist ausgeführt, in orthopädischer Hinsicht werde von Dr. H. aufgrund der laborchemischen Konstellationen (jetzt) ein Morbus Bechterew vermutet (und nicht mehr, wie zuvor, die Diagnose eines Morbus Forestier gestellt). Die Untersuchungsbefunde sprächen nicht für eine hochgradige Funktionsstörung. Weshalb daraus ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten resultieren solle, sei weder ersichtlich noch begründbar. Der Leistungseinschätzung der Dr. P. (sechsstündiges Leistungsvermögen) sei zuzustimmen. Zu den kognitiven Störungen habe Dr. Kr. in seinem Gutachten eingehend Stellung bezogen. In der Gesamtschau könne der Kläger leichte Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten mit Heben und Tragen von maximal 10 Kg. Auch die Verweisungstätigkeit eines Pförtners oder Museumswärters sei mit dem Leistungsprofil vereinbar.

Dr. Mü. führte in seinem gemäß § 109 SGG erstellten Gutachten aus, der Kläger habe (u. a.) angegeben, er sei grüblerisch geworden, weil die Stimmung im Betrieb strenger geworden sei. Er werde immer mehr gefordert. Jetzt könne er sich aber besser konzentrieren, er lasse sich auch nicht mehr alles im Betrieb gefallen. Von seiner Stimmung her sei er etwas traurig, da am 16.2.2006 eine Operation an der rechten Schulter anstehe. Während er früher ein lustiger Mensch gewesen sei, wisse er jetzt nicht mehr, was er mit den Menschen reden solle. Auch halte er es in größeren Menschenmengen nicht aus. Sein Gedächtnis sei nicht so gut. Vom Antrieb her fühle er sich ziemlich ruhelos und könne in seiner Freizeit nicht sitzen bleiben; er müsse sich immer irgendwie beschäftigen, etwa mit Holzhacken oder Arbeiten am Haus. Er suche auch deshalb Beschäftigung, um sich abzulenken und nicht zu viel zu grübeln. Seine Ehefrau sage zu ihm, es sei schon ein Wahn, dass er immer arbeite und arbeite. Man müsse ihm schon sozusagen die Pistole auf die Brust setzen, dass er sich einmal hinsetze und ausruhe. Bei der Arbeit lasse die Kraft nach etwa vier 1/2 Stunden nach. Er bekomme dann Kopfschmerzen und bemerke ein Kribbeln im Gesicht. Andererseits könne er es gar nicht erwarten, zur Arbeit zu kommen. Er arbeite nämlich gerne. Während der Betriebsferien fühle er sich nicht gut. In den Betriebsferien habe er sich mit anderen Arbeiten, wie Tapezieren, beschäftigt. Neben dem Drang, pausenlos zu arbeiten, habe er auch den Drang, abends mehrmals nachzusehen, ob das Licht ausgeschaltet sei. Seit dem Allergietest 1998 sei er ein anderer Mensch geworden. Hobbys habe er keine, beschäftige sich jedoch mit dem Ausschneiden von Zeitungsartikeln und mit häuslichen Arbeiten bzw. Umbauarbeiten an seinem Haus. Mit seinen Vorgesetzten komme er nicht gut zurecht; sie fragten öfter, wann er endlich in Rente gehe. Sein Arbeitstempo sei schneller geworden, da er es nicht bremsen könne. Die Arbeit liebe er ja, aber der Druck am Arbeitsplatz sei schlimm.

Der Gutachter fand bei der Untersuchung des Klägers eine gedrückte Stimmungslage, jedoch keine schwere Depressivität. Auffälliger gewesen sei die affektive Nivelliertheit mit kaum auslenkbarem Affekt, Umstellungserschwernis, verlangsamtem Denkablauf und nur gering ausgeprägter Vitalität. Das Bild habe sich während der ambulanten Behandlung bei ihm, dem Gutachter, seit 29.10.2002 nicht wesentlich verändert. Lediglich die damals ausgeprägtere depressive Verstimmung sei zwischenzeitlich leicht gebessert. Die bereits durchgeführten psychologischen Testverfahren deuteten jeweils auf eine höchstens leicht- bis mittelgradige Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen hin, die vor dem Allergietest 1998 so nicht bestanden haben dürfte. Durch die vorliegenden Störungsbilder würden alle kognitiven Funktionen, insbesondere Problemlöseaufgaben und Einstellung auf neue Situationen beeinträchtigt. Beeinträchtigt seien auch das Sozialverhalten und die Fähigkeit, Reize adäquat zu filtern. In einer reizarmen, ruhigen und übersichtlichen Atmosphäre zeigten sich die genannten Funktionseinbußen nicht so ausgeprägt, wohl aber in Situationen von erhöhter Leistungsanforderung oder in emotionalen Belastungssituationen. Der Gutachter diagnostizierte eine leichtgradige organische Depression und zusätzlich eine nicht organisch bedingte andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung sowie schädlichen Gebrauch von Alkohol. Eine Neigung zur Aggravation der Beschwerden insbesondere bei der Schwierigkeit, sich Zahlen zu merken, könne nicht ganz sicher ausgeschlossen werden. Andererseits seien die Einschränkungen, wie sie der Kläger in der beruflichen Situation schildere, glaubhaft und nicht anzuzweifeln. Durch stützende psychiatrisch-psychotherapeutische Gespräche könnten die erkennbaren Denkblockaden noch teilweise behoben bzw. die kognitiven Fähigkeiten, sofern sie auf eine stressbedingte Denkhemmung zurückzuführen seien, gebessert werden. Leichte Arbeiten könne der Kläger noch verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten in erhöhtem Lärmpegel. Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung seien nicht geeignet, ebenso Tätigkeiten mit Publikumsverkehr oder mit besonderer Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens. In einem reizarmen Arbeitsumfeld könne der Kläger noch mindestens 3 bis höchstens 5 Stunden tätig sein. Limitierend sei weniger die körperliche, sondern die psychische Belastungsfähigkeit aufgrund der beschriebenen Einschränkungen durch die Persönlichkeitsveränderung und erhöhte Empfindlichkeit. Diese Leistungseinschränkungen bestünden seit 1998.

Die Beklagte legte hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. St. vom 17.3.2006 vor (SG-Akte S. 172). Darin ist ausgeführt, im Gutachten des Dr. Mü. würden keine gravierenden Störungen auf nervenärztlichem/psychiatrischem Fachgebiet angegeben. Daher sei nicht verständlich, weshalb aufgrund dieser nicht schwerwiegenden Befunde ein Leistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden täglich vorliegen solle. Der Kläger habe selbst angegeben, dass er auch längere Tätigkeiten ununterbrochen durchstehen könne. Offenbar habe sich Dr. Mü. auf die Angabe gestützt, dass nach 4 1/2 Stunden die Kraft des Klägers nachlasse. Auch die Angaben des Klägers, er schlafe tief und fest, spreche gegen eine höhergradige psychiatrische Erkrankung. Eine explizit depressive Stimmung habe der Gutachter nicht vorgefunden. Er habe auch keine kognitiven Defizite festgestellt. Die quantitative Leistungseinschränkung werde auf eine andauernde Persönlichkeitsveränderung gestützt. Daraus folgten jedoch keine gravierenden Funktionseinschränkungen. Insgesamt könne der Kläger leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten und auch als Pförtner oder Museumswärter vollschichtig arbeiten.

Mit Urteil vom 28.4.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) könne der Kläger nicht beanspruchen, weil er eine Arbeit, wie er sie zuletzt bei der Firma L. GmbH geleistet habe, noch 6 Stunden täglich verrichten könne. Das gehe insbesondere aus den Gutachten der Dres. Kr. und La. hervor. Danach liege eine depressive Verstimmung, jedoch keine Depressionserkrankung im eigentlichen Sinne vor. Bestätigt werde dies durch die Erkenntnisse, die in der Neurologischen Fach- und Rehabilitationsklinik Sch. und in der L.klinik Bad D. gewonnen worden seien. Insgesamt sei festgestellt worden, dass der Kläger über ausreichende Leistungsfähigkeit, gemessen an Alter und Ausbildungsstand, verfüge; der subjektiv empfundene massive Leistungsabfall habe nicht objektiviert werden können. Die Unzufriedenheit des Klägers mit seinen Leistungen beruhe weniger auf objektiv feststellbaren Gesundheitsstörungen als darauf, dass er selbst überhöhte Ansprüche an seine eigene Leistungsfähigkeit stelle.

Das gem. § 109 SGG erhobene Gutachten des Dr. Mü. könne nicht überzeugen. Mit den von ihm erhobenen Befunden sei ein auf 5 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen nicht zu begründen. Schwere kognitive Störungen habe der Gutachter ebenfalls nicht beschrieben. Die Annahme von Kontakt- und Gefühlsarmut stehe in krassem Widerspruch zu den Erkenntnissen in der L.klinik und beruhe im Wesentlichen auf den Erklärungen des Klägers und seiner Ehefrau; zu bedenken sei insoweit, dass sowohl Dr. Mü. wie Dr. Kr. Aggravationstendenzen nicht ausgeschlossen hätten. Die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet seien durch qualitative Leistungseinschränkungen ausreichend zu berücksichtigen. Rente wegen Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) stehe dem Kläger ebenfalls nicht zu, da er hinsichtlich des Berufsschutzes allenfalls als angelernter Arbeitnehmer im oberen Qualifikationsbereich einzustufen sei und daher auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbediener ohne Programmierfunktionen verwiesen werden könne. Hohe Anforderungen an kognitive Fähigkeiten würden dabei nicht gestellt. Der Kläger sei auch im Übrigen gesundheitlich in der Lage, Arbeiten dieser Art noch mindestens 6 Stunden täglich zu leisten.

Das Urteil wurde am 23.5.2006 an den Kläger (dessen Prozessbevollmächtigten) abgesandt. Am 24.5.2006 hat er dagegen (sinngemäß) Berufung eingelegt. Er trägt vor, nach dem vom Sozialgericht erhobenen Bericht seines behandelnden Orthopäden Dr. H. könne er nur noch 4 Stunden täglich arbeiten. Die beratungsärztlichen Stellungnahmen seien nicht maßgeblich, da sie von Ärzten im Dienst der Beklagten verfasst worden seien. Hinzukämen Erkrankungen auf augenärztlichem Fachgebiet, wie ein Glaukom, sowie neurologisch-psychiatrische Erkrankungen und eine Bluthochdruckerkrankung (Belastungshypotonie). Aus dem Gutachten des Dr. Mü. gehe hervor, dass er nur noch leichte Arbeiten verrichten könne, wobei (u.a.) wegen der eingeschränkten Hörfähigkeit und der verminderten psychischen Reagibilität Tätigkeiten mit erhöhtem Lärmpegel und mit besonderer geistiger Beanspruchung sowie mit Publikumsverkehr und besonderer Beanspruchung des Gehörs und des Sehvermögens nicht geeignet seien. Unter Berücksichtigung dessen könne er nach Auffassung des Dr. Mü. höchstens 5 Stunden täglich arbeiten. Dr. Mü. habe auch die gegenteilige Auffassung des Dr. Kr. mit Recht kritisiert. Alle vorliegenden Erkrankungen bedingten eine rentenberechtigende Erwerbsminderung; das gelte erst Recht, wenn die Erkrankungen in der Gesamtschau gewürdigt würden. Zumindest seien weitere Ermittlungen notwendig; es müssten zusätzliche Gutachten auf orthopädischem, nervenärztlichem, augenärztlichem und internistischem Fachgebiet erhoben werden, nachdem sich sein Gesundheitszustand auch verschlechtert habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.4.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.6.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.9.2004 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er, was vorliegend in Betracht komme, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren; er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Begehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Auch der Senat ist der Überzeugung, dass der Kläger leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen noch 6 Stunden täglich verrichten und die zuletzt bei der Fa. L. GmbH ausgeübte Tätigkeit ebenfalls noch 6 Stunden täglich leisten kann. Das geht aus den vorliegenden Gutachten und Arztberichten schlüssig und nachvollziehbar hervor. So erachteten die Ärzte der neurologischen Fach- und Rehabilitationsklinik Sch., die während einer mehrwöchigen stationären Rehabilitationsbehandlung ein genaues Bild von der Leistungsfähigkeit des Klägers gewinnen konnten, diesen für fähig, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbediener und ebenso mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten (Entlassungsbericht vom 7.5.2002). Dr. La. stimmte dieser Einschätzung in seinem Verwaltungsgutachten vom 6.11.2003 im Kern zu und schloss nur die vollschichtige Verrichtung von Programmiertätigkeiten am CNC-Gerät aus. Abgesehen davon, dass der Kläger sich, wie das Sozialgericht mit Recht angenommen hat, ohnehin auf die Arbeit als Maschinenbediener ohne (ausgeprägte) Programmiertätigkeit verweisen lassen muss, werden auch bei der Bedienung des CNC-Geräts Programmierarbeiten nicht während der gesamten Arbeitszeit (gleichsam ununterbrochen) anstehen. Im Übrigen fand der auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG beauftragte Gutachter Dr. Mü. eine höchstens leicht- bis mittelgradige Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen, wobei er eine Aggravationsneigung insbesondere bei der behaupteten Schwierigkeit, sich Zahlen merken zu können, nicht ganz sicher ausschloss; zudem erachtete er eine (weitere) Besserung durch stützende psychiatrisch-psychotherapeutische Gespräche für möglich. Auch in der L.klinik, Bad D., gelangte man schließlich nach mehrwöchigem Aufenthalt des Klägers zu der Erkenntnis, dass dieser - sehr komplexe und hier nicht gefragte Tätigkeiten ausgenommen - noch vollschichtig arbeiten kann.

Weshalb der Kläger, wie er vorbringt, die ihm noch möglichen und eine Berentung ausschließenden Arbeiten nur noch 5, nicht aber 6 Stunden täglich soll verrichten können, ist nicht ersichtlich. Dem steht schon entgegen, dass er (so seine Angaben gegenüber Dr. Kr.) offenbar durchaus in der Lage ist, sich nach einem 5-stündigen Arbeitstag und einer anschließenden Ruhepause für den Rest des Tages mit dem Umbau seines Bauernhauses zu beschäftigen. Wenn ihm das möglich ist, ist es ihm auch möglich, im Betrieb noch eine weitere Stunde zu arbeiten. Die Behauptung, nach dem Allergietest 1998 an Depressionen zu leiden, sich über nichts mehr freuen zu können und alles als gleichgültig zu empfinden, kann den Senat nicht überzeugen. Sie steht in klarem Widerspruch zu den vom Kläger selbst geschilderten Aktivitäten beim Umbau seines Hauses. Dr. Kr. konnte daher folgerichtig auch nur eine rentenrechtlich bedeutungslose Dysthymia finden, wobei hinzukommt, dass er weder eine Aggravation der behaupteten Beschwerden noch deren ausschließliches Vorhandensein bzw. Vorschützen in der Untersuchungssituation ausschließen konnte. Die Alltagsaktivitäten des Klägers legen beides jedenfalls nahe.

Das auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG erhobene Gutachten des Dr. Mü. kann dem Rentenwunsch des Klägers ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Die Diagnose einer (auch nur) leichtgradigen Depression ist auf der Grundlage der vom Gutachter erhobenen Befunde und der Angaben des Klägers, der von regelrecht ungebremstem Arbeitsantrieb und Arbeitsfreude berichtet hat, nicht nachvollziehbar. Wer nach eigenem Bekunden gerne arbeitet, es gar nicht erwarten kann, zur Arbeit zu kommen, deshalb die (offenbar ungeliebten) Betriebsferien mit Arbeit im privaten Bereich überbrücken muss, ist nicht an einer rentenrechtlich beachtlichen Depression erkrankt. Davon abgesehen könnten depressive Störungen solcher Art auch behandelt werden und führen nicht unbesehen zur Berentung. Von der Notwendigkeit einer entsprechenden Behandlung ist hier freilich nirgends die Rede. Wie Dr. Mü. nach alledem zu einer psychisch bedingten zeitlichen Minderung des Leistungsvermögens auf höchstens 5 Stunden täglich (seit 1998, also seit dem Allergietest) kommt, ist nicht medizinisch, sondern nur dadurch erklärbar, dass er offenbar die entsprechenden Behauptungen des Klägers (und seiner Ehefrau) ungeprüft und unkritisch übernommen hat. Dr. St. hat das der Sache nach in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme, die der Senat als Beteiligtenvorbringen verwerten und würdigen darf, überzeugend dargelegt. Hinzukommt, dass auch Dr. Mü., wie zuvor schon Dr. Kr., eine Neigung des Klägers zur Aggravation der behaupteten Beschwerden nicht ausschließen konnte. Dr. La. hatte ebenfalls von einer mehr oder weniger bewusstseinsfernen Tendenzreaktion im Sinne eines Entschädigungs- bzw. Berentungswunsches gesprochen. Wie Dr. Mü. ohne weitere Auseinandersetzung mit diesen Befunden und Einschätzungen und ohne nähere Begründung gleichwohl zu der Auffassung kommt, die vom Kläger geschilderten Einschränkungen in der beruflichen Situation seien glaubhaft und nicht anzuzweifeln, kann der Senat nicht nachvollziehen. Dem Rentengutachter muss eine Aggravationsneigung vielmehr allen Anlass zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit der von einem Rentenbewerber geschilderten Beschwerden geben; diesen Zweifeln muss er nachgehen und er kann sie nur mit einer stichhaltigen und schlüssigen Begründung, nicht jedoch mit bloßen Behauptungen ausräumen.

Auf orthopädischem Fachgebiet liegen rentenrechtlich beachtliche Leistungsminderungen ebenfalls nicht vor. Das geht aus den Gutachten des Dr. La. und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. St. vom 31.1.2005 überzeugend hervor. Auch Dr. P. erachtete den Kläger insoweit für vollschichtig leistungsfähig. Davor kann die nicht weiter begründete abweichende Leistungseinschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. H. keinen Bestand haben. Die laborchemische Diagnose eines Morbus Bechterew begründet einen Rentenanspruch nicht. Für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente kommt es nur nachrangig auf Laborwerte oder auf Diagnosen an, entscheidend sind vielmehr die Funktionseinschränkungen. Im Übrigen erweist sich die Annahme eines auf 4 Stunden täglich begrenzten Leistungsvermögens angesichts der vom Kläger selbst berichteten Arbeitsleistungen im beruflichen und privaten Bereich als haltlos. Die Glaukomerkrankung des Klägers verursacht qualitative Einschränkungen, wie den Ausschluss von Tätigkeiten mit schwerem Heben oder unter Belastung mit scharfen Dämpfen (Bericht des Augenarztes Dr. Kür. vom 2.12.2004); eine rentenberechtigende Leistungsminderung liegt darin allein jedoch noch nicht. Entsprechendes gilt für die zuletzt mit Schriftsatz vom 5.4.2007 (erstmals) geltend gemachte (medikamentös behandelte) Bluthochdruckerkrankung. Diese wurde (u.a.) schon während der Rehabilitationsbehandlung vom 30.11. bis 28.12.2004 in der L.klinik, Bad D, diagnostiziert (Entlassungsbericht vom 28.12.2004) und berücksichtigt; rentenrechtlich beachtliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers ergaben sich nicht. Zur gleichen Einschätzung war die Allgemeinärztin Dr. P. im Bericht vom 2.3.2005 gelangt.

Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen nicht auf. Die unsubstantiierte Behauptung einer Verschlechterung des Gesundheitszustands genügt dafür nicht.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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