Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 2518/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5172/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. November 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Das Versorgungsamt Ravensburg (VA) stellte bei der 1945 geborenen Klägerin in Ausführung des vom Beklagten im Rechtsstreit S 1 SB 388/02 (SG Konstanz) abgegebenen Anerkenntnisses mit Bescheid vom 14.11.2002 einen GdB von 60 ab 28.06.2001 fest. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2002 hatte Dr. Wolf vorgeschlagen, unter zusätzlicher Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms den Gesamt-GdB von 50 auf 60 zu erhöhen. Als Funktionsbeeinträchtigungen gingen eine seelische Störung (Teil-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden und ein chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 30) und Verdauungsstörungen nach Teilverlust der Bauchspeicheldrüse (Teil-GdB 20) in die versorgungsärztliche Bewertung ein. Grundlage dieser Bewertung waren die von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunde (Schreiben Dr. V. vom 04.05.2002 und Dr. D. vom 28.05.2002).
Am 26.09.2003 beantragte die Klägerin beim VA die Erhöhung des GdB und begründete dies mit einer Verschlimmerung ihrer Gesundheitsstörungen und gab an, sie leide unter chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündungen, einem Bandscheibenvorfall und einer Schultergelenkserkrankung rechts. Das VA holte von der Gemeinschaftspraxis Dres. W. und Wolf einen Befundbericht ein, dem weitere ärztliche Unterlagen beigefügt waren. Danach befand sich die Klägerin wegen Oberbauchbeschwerden vom 25.06. bis 03.07.2003 in stationärer Behandlung. Ferner wurde ein Zustand nach akuter Drehschwindelattacke am 25.09.2003 bei dringendem Verdacht auf vestibuläre (den Gleichgewichtssinn betreffend) Genese diagnostiziert. Daraufhin holte das VA noch weitere Befundberichte von der HNO-Ärztin Dr. H. und dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. ein. Die sich zu den vorliegenden ärztlichen Unterlagen äußernde Versorgungsärztin verneinte eine wesentliche anhaltende Verschlimmerung. Daraufhin lehnte das VA den Neufeststellungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 22.04.2004 ab.
Dagegen legte die Klägerin am 10.05.2004 Widerspruch ein und machte einen GdB von 80 geltend. Die aus der Funktionsbeeinträchtigung Verdauungsstörung nach Teilverlust der Bauchspeicheldrüse resultierenden Beschwerden, die sich in den aktenkundigen medizinischen Unterlagen in zunehmendem Ausmaß verfolgen ließen, seien mindestens mit einem GdB von 30 zu bewerten. Ferner sei es nicht verständlich, weshalb die ärztlicherseits mehrfach geschilderten Schwindelattacken nicht tenoriert und bewertet worden seien. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, wonach es typisch sei, dass die anerkannten Gesundheitsstörungen zeitweilig mehr Beschwerden verursachten und diesem Umstand im ermittelten Durchschnitts-GdB bereits berücksichtigt sei, wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2004 zurück.
Am 18.10.2004 (Montag) - der Widerspruchsbescheid wurde am 14.09.2004 zur Post gegeben - erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), mit der sie weiterhin einen GdB von 80 geltend machte und vorbrachte, ihre Beschwerden aufgrund der Bauchspeicheldrüsenerkrankung hätten erheblich zugenommen und die sie wegen ihrer Häufigkeit außerordentlich belastenden und einschränkenden Schwindelattacken seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Diese seien mit einem GdB von 30 nicht zu hoch veranschlagt.
Das SG hörte Dres. W. und Wolf sowie den Orthopäden Dr. F. schriftlich als sachverständige Zeugen. Die Dres. W. und Wolf berichteten am 04.02.2005 unter Beifügung weiterer ärztlicher Unterlagen über einen im September 2003 akut aufgetretenen Schwindel, eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse im Dezember 2003 und einen akuten Schub der Pankreatitis im August 2004. Auch im November 2004 hätte die Klägerin verstärkt über Magen-Darm-Probleme geklagt, die sich bis in den Dezember hingezogen hätten. Eine Besserung habe im Laufe der Behandlung nicht festgestellt werden können. Zwar habe es Phasen von relativer Beschwerdefreiheit gegeben, die aber immer wieder durch akute Schübe der Pankreatitis, der Magen-Darm-Problematik und der Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich mit pseudoradikulärer Symptomatik unterbrochen worden seien. Der GdB dürfte im Wesentlichen den Beurteilungen in den versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 20.04.2004 (Bl. 148 der Verwaltungsakte) und 12.07.2004 (Bl. 156 der Verwaltungsakte) entsprechen. Die dort festgestellten Befunde stimmten im Wesentlichen mit der hausärztlichen Beurteilung überein. Dr. F. gab am 16.03.2005 an, bei der Klägerin lägen Funktionsbehinderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der Lendenwirbelsäule, vor allem bei längerem Gehen und längerem Liegen wie auch längerem Sitzen, vor. Die Beweglichkeit der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte sei altersgerecht. Bei den von ihm durchgeführten neurologischen Untersuchungen hätten sich keine Hinweise auf aktuelle Reizungen der Nervenwurzeln gefunden. Zur Höhe des GdB könne er sich aufgrund der ihm vorliegenden Untersuchungsbefunde nicht äußern, da sich die Klägerin jeweils wegen relativ akuter Schmerzen vorgestellt habe und deshalb die durchgeführte klinische Untersuchung auf diese Körperregionen beschränkt gewesen sei.
Mit Urteil vom 29.11.2005 wies das SG die Klage ab. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass gegenüber den dem Bescheid vom 14.11.2002 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin keine wesentliche Verschlechterung eingetreten sei. Diese Überzeugung beruhe auf den Befundmitteilungen der behandelnden Ärzte der Klägerin im Verlauf des Verwaltungs- und Klageverfahrens sowie auf den Beurteilungen des GdB der Ärzte des Beklagten und der Hausärzte Dres. W. und Wolf, die letztlich übereinstimmten. Insbesondere gebe es für die geltend gemachte Verschlechterung der Bauchspeicheldrüsenerkrankung keinerlei diagnostischen Hinweis.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 01.12.2005 Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin eine wesentliche Verschlimmerung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber dem Bescheid vom 14.11.2002 und einen daraus resultierenden GdB von 80 geltend macht. Sie bringt vor, ihre Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet seien mittlerweile wesentlich umfassender und gravierender als zur Zeit des früheren Bescheides vom 14.11.2002. Dies folge aus einem Vergleich der Angaben des Orthopäden Dr. V. gegenüber dem SG im Rechtsstreit S 1 SB 388/02 vom 04.05.2002, der lediglich rezidivierende Lumboischialgien links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 diagnostiziert habe, und den jetzigen Angaben der gleichen Facharztpraxis (Dr. F.), der von einer Funktionsbehinderung im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der Lendenwirbelsäule gesprochen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. November 2005 und den Bescheid des Beklagten vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin seien mit einem GdB von 60 ausreichend bemessen. Das degenerative Wirbelsäulensyndrom bedinge nur einen GdB von 20; der insoweit zugrunde gelegte GdB von 30 sei nur aufgrund der Berücksichtigung des Schmerzsyndroms zu begründen. Die polyarthrotischen Beschwerden an den oberen und unteren Gliedmaßen seien mit einem GdB von 10 zu bewerten. Der Beklagte legt hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 30.11.2006 vor.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Orthopäden Dr. R. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter und radiologischer Untersuchung der Klägerin ist der Sachverständige am 05.09.2006 zu dem Ergebnis gekommen, dass seit September 2003 ein Gesamt-GdB von 70 vorliege. Im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule lägen durchschnittlich mäßig- bis mittelgradige Funktionsstörungen vor; die Funktionsbeeinträchtigung der Brustwirbelsäule sei mäßiggradig. Unter Einbeziehung des Schmerzsyndroms seien die Funktionsstörungen allerdings als gravierender anzusehen. Die Auswirkungen des Schmerzsyndroms verstärkten diese Funktionsbeeinträchtigungen, sodass er insoweit einen GdB von 40 für gerechtfertigt halte. Die Verstärkung bestehe darin, dass gleichförmige Haltungen einerseits und repetitive Bewegungsabläufe andererseits rascher zu einer Beschwerdeverstärkung führten als bei psychisch ausgeglichenen Menschen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist nicht rechtswidrig. Mit diesem ist eine wesentliche Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin gegenüber den dem Bescheid vom 14.11.2002 zugrunde liegenden Verhältnissen zutreffend verneint worden. Ein GdB von 60 wird der Behinderung der Klägerin weiterhin gerecht.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 22.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2004, mit dem der Beklagte eine Neufeststellung wegen wesentlicher Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse und damit eine Erhöhung des bisherigen GdB von 60 abgelehnt hat. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei, die eine Erhöhung des GdB von 60 auf 80 rechtfertige. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt-GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist.
Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004, (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben. (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr. 5).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Unter Beachtung dieser Vorschriften und Regeln steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Voraussetzung ist, dass gegenüber den dem Ausführungsbescheid vom 14.11.2002 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist. Dies verneint der Senat. Nach dem Ergebnis der vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass hinsichtlich der Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin seither eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Sowohl die geltend gemachte Verschlimmerung des Bauchspeicheldrüsenleidens der Klägerin und die von ihr angegebenen zeitweisen Schwindelattacken, worauf sie sich noch zur Begründung der Klage gestützt hatte, als auch eine Verschlimmerung ihres Wirbelsäulenleidens, mit der sie vor allem die Berufung begründet, ist nach Überzeugung des Senats nicht in dem Maße nachgewiesen, dass eine wesentliche Änderung und damit eine Erhöhung des bisherigen GdB von 60 angenommen werden kann. Das gilt zunächst für das Bauchspeicheldrüsenleiden und die Schwindelattacken. Gestützt auf die Angaben der behandelnden Ärzte der Klägerin - Dres. W. und Wolf und Dr. F. - hat das SG eine wesentliche Verschlimmerung insoweit verneint. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Darlegungen im angefochtenen Urteil an und nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung insoweit Bezug darauf (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine entsprechende Verschlimmerung macht die Klägerin im Übrigen mit der Berufung - zumindest ausdrücklich - selbst nicht mehr geltend.
Auch das Ausmaß der seit September 2003 vorliegenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule, das die Klägerin in den Mittelpunkt der Berufungsbegründung gerückt hat, rechtfertigt die Annahme einer seit November 2002 eingetretenen wesentlichen Verschlimmerung, die eine Erhöhung des Gesamt-GdB bedingt, nicht. Die im Ausführungsbescheid vom 14.11.2002 mit "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, chronisches Schmerzsyndrom" bezeichnete und in der zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme mit einem GdB von 30 bewertete Funktionsbeeinträchtigung ist auch derzeit nicht mit einem höheren GdB zu bewerten. Dies folgt für den Senat aus den Angaben von Dr. F. vom 16.03.2005 gegenüber dem SG und aus den Befunden, die der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. R. am 05.09.2006 erhoben hat. Dr. F., der die Klägerin zuletzt am 24.05.2004 behandelt hatte, berichtete über Funktionsstörungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der Lendenwirbelsäule vor allem bei längerem Gehen und längerem Liegen wie auch längerem Sitzen. Die Beweglichkeit der einzelnen Wirbelabschnitte bezeichnete er als altersgerecht. Der Sachverständige Dr. R. fand mäßiggradige Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule und führte ferner aus, die Brustwirbelsäule sei für Kyphosierung/Aufrichtung nicht eingeschränkt. Zusammenfassend sprach er von mäßig- bis mittelgradigen Funktionsstörungen der Hals- und Lendenwirbelsäule und einer mäßiggradigen Funktionsbeeinträchtigung der Brustwirbelsäule. Unter Einbeziehung des Schmerzsyndroms seien die Funktionsstörungen allerdings als gravierender anzusehen. Unter Berücksichtigung der Bewertungskriterien der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", 2004 (vgl. 26.18, S. 116) folgt daraus für den Senat, dass - entgegen der Einschätzung von Dr. R. - ein GdB von 30 allein für die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule noch nicht anzunehmen ist. Dr. R. geht bei der abschließenden Beantwortung der Beweisfragen sogar davon aus, dass die Funktionsbehinderungen der oberen Extremitäten lediglich einen GdB von 10 bedingen (Gutachten S. 14, Bl. 39 der LSG-Akte). Ein GdB von 30 ist erst - bei hier nicht vorliegenden - mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten anzusetzen. Die insoweit erfolgte Bewertung des Beklagten mit einem GdB von 30 ergibt sich daher lediglich unter zusätzlicher, den GdB von 20 auf 30 erhöhender Berücksichtigung des Schmerzsyndroms, wovon der Beklagte in der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.03.2004 und auch in der zum Gutachten von Dr. R. eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 30.11.2006 ausdrücklich und auch zu Recht ausgegangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Das Versorgungsamt Ravensburg (VA) stellte bei der 1945 geborenen Klägerin in Ausführung des vom Beklagten im Rechtsstreit S 1 SB 388/02 (SG Konstanz) abgegebenen Anerkenntnisses mit Bescheid vom 14.11.2002 einen GdB von 60 ab 28.06.2001 fest. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2002 hatte Dr. Wolf vorgeschlagen, unter zusätzlicher Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms den Gesamt-GdB von 50 auf 60 zu erhöhen. Als Funktionsbeeinträchtigungen gingen eine seelische Störung (Teil-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden und ein chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 30) und Verdauungsstörungen nach Teilverlust der Bauchspeicheldrüse (Teil-GdB 20) in die versorgungsärztliche Bewertung ein. Grundlage dieser Bewertung waren die von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunde (Schreiben Dr. V. vom 04.05.2002 und Dr. D. vom 28.05.2002).
Am 26.09.2003 beantragte die Klägerin beim VA die Erhöhung des GdB und begründete dies mit einer Verschlimmerung ihrer Gesundheitsstörungen und gab an, sie leide unter chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündungen, einem Bandscheibenvorfall und einer Schultergelenkserkrankung rechts. Das VA holte von der Gemeinschaftspraxis Dres. W. und Wolf einen Befundbericht ein, dem weitere ärztliche Unterlagen beigefügt waren. Danach befand sich die Klägerin wegen Oberbauchbeschwerden vom 25.06. bis 03.07.2003 in stationärer Behandlung. Ferner wurde ein Zustand nach akuter Drehschwindelattacke am 25.09.2003 bei dringendem Verdacht auf vestibuläre (den Gleichgewichtssinn betreffend) Genese diagnostiziert. Daraufhin holte das VA noch weitere Befundberichte von der HNO-Ärztin Dr. H. und dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. ein. Die sich zu den vorliegenden ärztlichen Unterlagen äußernde Versorgungsärztin verneinte eine wesentliche anhaltende Verschlimmerung. Daraufhin lehnte das VA den Neufeststellungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 22.04.2004 ab.
Dagegen legte die Klägerin am 10.05.2004 Widerspruch ein und machte einen GdB von 80 geltend. Die aus der Funktionsbeeinträchtigung Verdauungsstörung nach Teilverlust der Bauchspeicheldrüse resultierenden Beschwerden, die sich in den aktenkundigen medizinischen Unterlagen in zunehmendem Ausmaß verfolgen ließen, seien mindestens mit einem GdB von 30 zu bewerten. Ferner sei es nicht verständlich, weshalb die ärztlicherseits mehrfach geschilderten Schwindelattacken nicht tenoriert und bewertet worden seien. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, wonach es typisch sei, dass die anerkannten Gesundheitsstörungen zeitweilig mehr Beschwerden verursachten und diesem Umstand im ermittelten Durchschnitts-GdB bereits berücksichtigt sei, wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2004 zurück.
Am 18.10.2004 (Montag) - der Widerspruchsbescheid wurde am 14.09.2004 zur Post gegeben - erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), mit der sie weiterhin einen GdB von 80 geltend machte und vorbrachte, ihre Beschwerden aufgrund der Bauchspeicheldrüsenerkrankung hätten erheblich zugenommen und die sie wegen ihrer Häufigkeit außerordentlich belastenden und einschränkenden Schwindelattacken seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Diese seien mit einem GdB von 30 nicht zu hoch veranschlagt.
Das SG hörte Dres. W. und Wolf sowie den Orthopäden Dr. F. schriftlich als sachverständige Zeugen. Die Dres. W. und Wolf berichteten am 04.02.2005 unter Beifügung weiterer ärztlicher Unterlagen über einen im September 2003 akut aufgetretenen Schwindel, eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse im Dezember 2003 und einen akuten Schub der Pankreatitis im August 2004. Auch im November 2004 hätte die Klägerin verstärkt über Magen-Darm-Probleme geklagt, die sich bis in den Dezember hingezogen hätten. Eine Besserung habe im Laufe der Behandlung nicht festgestellt werden können. Zwar habe es Phasen von relativer Beschwerdefreiheit gegeben, die aber immer wieder durch akute Schübe der Pankreatitis, der Magen-Darm-Problematik und der Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich mit pseudoradikulärer Symptomatik unterbrochen worden seien. Der GdB dürfte im Wesentlichen den Beurteilungen in den versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 20.04.2004 (Bl. 148 der Verwaltungsakte) und 12.07.2004 (Bl. 156 der Verwaltungsakte) entsprechen. Die dort festgestellten Befunde stimmten im Wesentlichen mit der hausärztlichen Beurteilung überein. Dr. F. gab am 16.03.2005 an, bei der Klägerin lägen Funktionsbehinderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der Lendenwirbelsäule, vor allem bei längerem Gehen und längerem Liegen wie auch längerem Sitzen, vor. Die Beweglichkeit der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte sei altersgerecht. Bei den von ihm durchgeführten neurologischen Untersuchungen hätten sich keine Hinweise auf aktuelle Reizungen der Nervenwurzeln gefunden. Zur Höhe des GdB könne er sich aufgrund der ihm vorliegenden Untersuchungsbefunde nicht äußern, da sich die Klägerin jeweils wegen relativ akuter Schmerzen vorgestellt habe und deshalb die durchgeführte klinische Untersuchung auf diese Körperregionen beschränkt gewesen sei.
Mit Urteil vom 29.11.2005 wies das SG die Klage ab. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass gegenüber den dem Bescheid vom 14.11.2002 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin keine wesentliche Verschlechterung eingetreten sei. Diese Überzeugung beruhe auf den Befundmitteilungen der behandelnden Ärzte der Klägerin im Verlauf des Verwaltungs- und Klageverfahrens sowie auf den Beurteilungen des GdB der Ärzte des Beklagten und der Hausärzte Dres. W. und Wolf, die letztlich übereinstimmten. Insbesondere gebe es für die geltend gemachte Verschlechterung der Bauchspeicheldrüsenerkrankung keinerlei diagnostischen Hinweis.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 01.12.2005 Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin eine wesentliche Verschlimmerung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber dem Bescheid vom 14.11.2002 und einen daraus resultierenden GdB von 80 geltend macht. Sie bringt vor, ihre Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet seien mittlerweile wesentlich umfassender und gravierender als zur Zeit des früheren Bescheides vom 14.11.2002. Dies folge aus einem Vergleich der Angaben des Orthopäden Dr. V. gegenüber dem SG im Rechtsstreit S 1 SB 388/02 vom 04.05.2002, der lediglich rezidivierende Lumboischialgien links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 diagnostiziert habe, und den jetzigen Angaben der gleichen Facharztpraxis (Dr. F.), der von einer Funktionsbehinderung im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der Lendenwirbelsäule gesprochen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. November 2005 und den Bescheid des Beklagten vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin seien mit einem GdB von 60 ausreichend bemessen. Das degenerative Wirbelsäulensyndrom bedinge nur einen GdB von 20; der insoweit zugrunde gelegte GdB von 30 sei nur aufgrund der Berücksichtigung des Schmerzsyndroms zu begründen. Die polyarthrotischen Beschwerden an den oberen und unteren Gliedmaßen seien mit einem GdB von 10 zu bewerten. Der Beklagte legt hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 30.11.2006 vor.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Orthopäden Dr. R. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter und radiologischer Untersuchung der Klägerin ist der Sachverständige am 05.09.2006 zu dem Ergebnis gekommen, dass seit September 2003 ein Gesamt-GdB von 70 vorliege. Im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule lägen durchschnittlich mäßig- bis mittelgradige Funktionsstörungen vor; die Funktionsbeeinträchtigung der Brustwirbelsäule sei mäßiggradig. Unter Einbeziehung des Schmerzsyndroms seien die Funktionsstörungen allerdings als gravierender anzusehen. Die Auswirkungen des Schmerzsyndroms verstärkten diese Funktionsbeeinträchtigungen, sodass er insoweit einen GdB von 40 für gerechtfertigt halte. Die Verstärkung bestehe darin, dass gleichförmige Haltungen einerseits und repetitive Bewegungsabläufe andererseits rascher zu einer Beschwerdeverstärkung führten als bei psychisch ausgeglichenen Menschen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist nicht rechtswidrig. Mit diesem ist eine wesentliche Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin gegenüber den dem Bescheid vom 14.11.2002 zugrunde liegenden Verhältnissen zutreffend verneint worden. Ein GdB von 60 wird der Behinderung der Klägerin weiterhin gerecht.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 22.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2004, mit dem der Beklagte eine Neufeststellung wegen wesentlicher Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse und damit eine Erhöhung des bisherigen GdB von 60 abgelehnt hat. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei, die eine Erhöhung des GdB von 60 auf 80 rechtfertige. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt-GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist.
Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004, (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben. (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr. 5).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Unter Beachtung dieser Vorschriften und Regeln steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Voraussetzung ist, dass gegenüber den dem Ausführungsbescheid vom 14.11.2002 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist. Dies verneint der Senat. Nach dem Ergebnis der vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass hinsichtlich der Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin seither eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Sowohl die geltend gemachte Verschlimmerung des Bauchspeicheldrüsenleidens der Klägerin und die von ihr angegebenen zeitweisen Schwindelattacken, worauf sie sich noch zur Begründung der Klage gestützt hatte, als auch eine Verschlimmerung ihres Wirbelsäulenleidens, mit der sie vor allem die Berufung begründet, ist nach Überzeugung des Senats nicht in dem Maße nachgewiesen, dass eine wesentliche Änderung und damit eine Erhöhung des bisherigen GdB von 60 angenommen werden kann. Das gilt zunächst für das Bauchspeicheldrüsenleiden und die Schwindelattacken. Gestützt auf die Angaben der behandelnden Ärzte der Klägerin - Dres. W. und Wolf und Dr. F. - hat das SG eine wesentliche Verschlimmerung insoweit verneint. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Darlegungen im angefochtenen Urteil an und nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung insoweit Bezug darauf (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine entsprechende Verschlimmerung macht die Klägerin im Übrigen mit der Berufung - zumindest ausdrücklich - selbst nicht mehr geltend.
Auch das Ausmaß der seit September 2003 vorliegenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule, das die Klägerin in den Mittelpunkt der Berufungsbegründung gerückt hat, rechtfertigt die Annahme einer seit November 2002 eingetretenen wesentlichen Verschlimmerung, die eine Erhöhung des Gesamt-GdB bedingt, nicht. Die im Ausführungsbescheid vom 14.11.2002 mit "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, chronisches Schmerzsyndrom" bezeichnete und in der zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme mit einem GdB von 30 bewertete Funktionsbeeinträchtigung ist auch derzeit nicht mit einem höheren GdB zu bewerten. Dies folgt für den Senat aus den Angaben von Dr. F. vom 16.03.2005 gegenüber dem SG und aus den Befunden, die der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. R. am 05.09.2006 erhoben hat. Dr. F., der die Klägerin zuletzt am 24.05.2004 behandelt hatte, berichtete über Funktionsstörungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der Lendenwirbelsäule vor allem bei längerem Gehen und längerem Liegen wie auch längerem Sitzen. Die Beweglichkeit der einzelnen Wirbelabschnitte bezeichnete er als altersgerecht. Der Sachverständige Dr. R. fand mäßiggradige Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule und führte ferner aus, die Brustwirbelsäule sei für Kyphosierung/Aufrichtung nicht eingeschränkt. Zusammenfassend sprach er von mäßig- bis mittelgradigen Funktionsstörungen der Hals- und Lendenwirbelsäule und einer mäßiggradigen Funktionsbeeinträchtigung der Brustwirbelsäule. Unter Einbeziehung des Schmerzsyndroms seien die Funktionsstörungen allerdings als gravierender anzusehen. Unter Berücksichtigung der Bewertungskriterien der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", 2004 (vgl. 26.18, S. 116) folgt daraus für den Senat, dass - entgegen der Einschätzung von Dr. R. - ein GdB von 30 allein für die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule noch nicht anzunehmen ist. Dr. R. geht bei der abschließenden Beantwortung der Beweisfragen sogar davon aus, dass die Funktionsbehinderungen der oberen Extremitäten lediglich einen GdB von 10 bedingen (Gutachten S. 14, Bl. 39 der LSG-Akte). Ein GdB von 30 ist erst - bei hier nicht vorliegenden - mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten anzusetzen. Die insoweit erfolgte Bewertung des Beklagten mit einem GdB von 30 ergibt sich daher lediglich unter zusätzlicher, den GdB von 20 auf 30 erhöhender Berücksichtigung des Schmerzsyndroms, wovon der Beklagte in der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.03.2004 und auch in der zum Gutachten von Dr. R. eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 30.11.2006 ausdrücklich und auch zu Recht ausgegangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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