Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 809/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1263/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.12.2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit ab 01.06.1999 hat, insbesondere ob der Versicherungsfall zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren.
Der 1966 geborene Kläger arbeitete nach einer im Juli 1983 abgebrochenen Lehre als Bäcker und einer von September 1983 bis Juli 1986 absolvierten Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker, unterbrochen von zahlreichen nicht belegten Zeiträumen und Zeiten der Arbeitslosigkeit bis Juli 1993, vorwiegend auf dem Bau. Bis Juni 2000 war er arbeitslos gemeldet. Hinsichtlich der rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 30.05.2005 verwiesen.
In den Jahren 1982 bis 1983 erlitt der Kläger vier folgenlos ausgeheilte Handfrakturen. Von November 1987 bis Dezember 1988 war der Kläger wegen einer Daumenprellung, einer Wirbelfraktur, einer Stomatitis, eines Ulcus duodeni mit Gastritis, einer Fingerquetschung und eines grippalen Infekts in Behandlung. Vom 22.01. bis 26.01.1988 befand sich der Kläger auf Grund eines Sturzereignisses während der Arbeitszeit wegen einer schweren Rückenprellung in stationärer Behandlung im Klinikum P. Er wurde als subjektiv beschwerdefrei entlassen. Vom 16.03. bis 25.03.1989 wurde der Kläger im Evangelischen Diakoniekrankenhaus in F. wegen einer Leistenhernie links stationär behandelt. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Vom 16.11.1990 bis 19.11.1990 fand im Universitätsklinikum F. und im Zentrum für Psychiatrie E. eine stationäre Behandlung auf Grund einer Polytoxikomanie mit langjährigem Alkohol- und Heroinabusus statt. Während eines Gefängnisaufenthalts von Anfang 1991 bis April 1993 wurde der Kläger vorwiegend wegen kurzfristiger Entzugssymptomatik und gelegentlichen Gastrointestinalbeschwerden sowie Leberbeschwerden behandelt. Während dieser Zeit befand er sich auch vom 17.02. bis 16.05.1992 in der Heilstätte S. Z. zur stationären Behandlung auf Grund einer Polytoxikomanie inklusive des Morphintyps. Kurz vor seiner Entlassung aus der Haft wurde ärztlicherseits im Januar 1993 kein Hindernis für eine Tätigkeit in der Gastronomie gesehen. Von März 1993 bis Juli 1993 war er dann versicherungspflichtig beschäftigt.
Im Mai 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und wies auf ein seit 1989 auf Grund eines Arbeitsunfalls bestehendes chronisches Rückenleiden hin.
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten führte die Nervenärztin und Sozialmedizinerin B. zusammenfassend aus, der Kläger leide an einer schizophrenen Psychose. Die Frage nach dem Beginn der Leistungsminderung sei schwer zu beantworten. Ein Knick im Lebenslauf, wie er bei Psychotikern häufig sei, finde sich im Jahr 1989. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er regelmäßig gearbeitet. In den folgenden Jahren habe eine Drogenproblematik mit Inhaftierung bestanden ohne dass nähere Angaben zu erhalten seien, ob damals bereits psychotische Symptome vorgelegen hätten. Es sei davon auszugehen, dass die Leistungseinschränkung mindestens seit 1993 bestehe. Nach Beiziehung zahlreicher medizinischer Unterlagen durch die Beklagte schrieb die Sozialmedizinerin B. in der Stellungnahme vom 20.08.1999, auf Grund der vorliegenden medizinischen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis dafür, dass bereits vor 1993 eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens bestanden habe.
Mit Bescheid vom 22.09.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab. Der Kläger sei zwar seit 31.12.1993 erwerbsunfähig, doch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.01.2000 - die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit bis zum 31.12.1991 eingetreten wäre -).
Am 22.01.2002 beantragte der Kläger, der seit Jahren Sozialhilfeempfänger ist, bei der Beklagten die "erneute Aufnahme des Rentenverfahrens". Mit Bescheid vom 28.01.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seinem Antrag vom 22.01.2002 auf Aufhebung des Bescheides vom 22.09.1999 gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) könne nicht entsprochen werden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.03.2002).
Dagegen hat der Kläger am 15.03.2002 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben, das die behandelnden Ärzte (Allgemeinmedizinerin E., Psychiater Dr. H., Medizinischer Direktor am Zentrum für Psychiatrie in E. ) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört hat.
Mit Urteil vom 19.12.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 22.09.1999 nach § 44 SGB X seien nicht erfüllt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der vom Kläger begehrten Rente wären nur bei Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01.01.1992 erfüllt. Zur Klärung des Sachverhalts sei vom Gericht vorgesehen gewesen, ein nervenärztliches Gutachten von Amts wegen einzuholen. Der Kläger habe sich zu einer solchen nervenärztlichen Begutachtung nicht bereit erklärt.
Gegen das im März 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.03.2004 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er sei jetzt bereit, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen. Im Übrigen sei sein Arbeitsunfall vom 21.01.1989 zu berücksichtigen, sowie die Tatsache, dass er während seiner Beschäftigung als Montagearbeiter bei der Firma S. im Jahr 1989 einen Leistenbruch erlitten habe. Außerdem sei er zwischen 1989 und 1981 (richtig wohl: 1991) wegen Herzstillstand zweimal (im R. Krankenhaus in Br. und in der Universitätsklinik F.) mit der Herz-Lungenmaschine behandelt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.12.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 22.09.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, beziehungsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 01.06.1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat das Gutachten von Prof. Dr. E., Oberarzt an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum F., vom 10.03.2005 eingeholt. Er hat zusammenfassend ausgeführt, es sei im Rahmen der Begutachtung nicht möglich gewesen, vom Kläger ausreichende Informationen zu erhalten, um die Frage zu beantworten, ob der Kläger vor dem 01.01.1992 noch bis zu acht Stunden täglich leichte Tätigkeiten habe ausüben können. Er könne lediglich feststellen, dass sich aus der Begutachtung und den vom Kläger gemachten Angaben keine Hinweise auf eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende psychische Störung vor dem 01.01.1992 feststellen lasse. Auch aus den Akten ergäben sich für diesen Zeitraum keine Hinweise auf eine psychische Störung. Im Übrigen habe der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er auf Grund körperlicher Erkrankungen bzw. Arbeitsunfälle bereits vor 1992 erwerbsunfähig gewesen sei.
Der Senat hat die Auskünfte der H. R. Klinik Br. vom 08.06.2005 (es liegen keine Krankenunterlagen aus den Jahren 1989 und 1991 vor) sowie der AOK F. eingeholt und Krankenunterlagen des Universitätsklinikums F., der Chirurgischen Klinik am Klinikum P. aus dem Jahr 1988 sowie die ärztlichen Unterlagen der Justizvollzugsanstalt F. beigezogen.
Die Beklagte hat die Stellungnahmen des Dr. G., Sozialmedizinischer Dienst K., vom 13.12.2005 und 10.10.2006 vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat entscheiden können, obwohl der Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Insbesondere hat wegen des vom Kläger für den Tag der mündlichen Verhandlung vereinbarten Zahnarzttermines keine Vertagung erfolgen müssen. Diesen Termin hat der Kläger am Vortag der mündlichen Verhandlung vereinbart. Den bei dieser Gelegenheit von der Zahnärztin angebotenen Behandlungstermin hat der Kläger nicht wahrnehmen wollen. Er hat damit seine Verhinderung für die mündliche Verhandlung am 10.05.2007 ohne zwingenden Grund herbeigeführt. Aus dem Umstand, dass er von der Zahnärztin zur Weiterbehandlung an eine kieferchirurgische Praxis überwiesen worden ist, folgt nichts anderes. Denn diese Weiterbehandlung kollidiert zeitlich nicht mit der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
Die Berufung ist gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Der Senat hat insbesondere keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine aktuelle, die freie Willensbestimmung des Klägers ausschließende psychische Erkrankung. Vielmehr zeigt das Prozessverhalten des Klägers, dass er durchaus in der Lage ist, die behaupteten Ansprüche zu verfolgen und entsprechende Tatsachen vorzutragen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit ab 01.06.1999.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.
Diese Voraussetzungen für eine Rücknahme der die begehrte Leistung versagenden Entscheidung liegen nicht vor, denn die Beklagte ging bei diesen nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt aus und hat auch das Recht nicht unrichtig angewandt.
Maßstab für die Prüfung, ob das Recht richtig angewandt wurde, sind hier noch die §§ 43, 44 SGB VI in der vor dem 01.01.2001 geltenden Fassung, da der Kläger seinen ersten Rentenantrag bereits am 31.05.1999 stellte.
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a. F.), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F.) und darüber hinaus erwerbsunfähig war (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a. F.). Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F.).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres derjenige, der berufsunfähig war, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatte und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI a. F.). Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten.
Gem. § 44 Abs. 4 i. V. m. § 43 Abs. 3 SGB VI verlängerte sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt waren: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeiten eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war, und 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt. 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Der Zeitraum von fünf Jahren, in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben mussten, verlängerte sich auch um Ersatzzeiten und Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 01.01.1992 (§ 241 Abs. 1 SGB VI a. F.).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit waren für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllten, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt war oder wenn die Erwerbsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten war. (§ 241 Abs. 2 SGB VI a. F.). Dies ist hier angesichts der Lücken im Versicherungsverlauf des Klägers (u. a. bereits für Oktober 1986) und der vor dem 01.01.1984 liegenden Pflichtbeitragszeiten (insgesamt 27 Monate, wogegen die allgemeine Wartezeit fünf Jahre beträgt, § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) nicht der Fall.
Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch wären indes erfüllt, wenn eine rentenberechtigende Leistungsminderung spätestens im Dezember 1991 eingetreten wäre (und der Kläger dann ununterbrochen bis zum Rentenantrag erwerbsunfähig gewesen wäre), da dann in den vorangegangenen fünf Jahren sowie in dem nach §§ 44 Abs. 4 in Verbindung mit § 43 Nr. 1 SGB VI um die 20 Monate Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit verlängerten 5-Jahres-Zeitraum von Mai 1985 bis Dezember 1991 36 Monate mit Pflichtbeiträgen vorlägen. Für diese Anspruchsvoraussetzungen trägt der Anspruchsteller, hier der Kläger, die objektive Beweislast. Sie müssen i. S. des Vollbeweises nachgewiesen sein.
Dass der Kläger, der zuletzt ungelernte versicherungspflichtige Tätigkeiten ausübte, entsprechende Tätigkeiten schon vor dem 01.01.1992 dauerhaft nicht mehr ausüben konnte, steht zur Überzeugung des Senats nicht fest.
Der Kläger war frühestens 1993 wegen einer schizophrenen Psychose erwerbsunfähig. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen der Nervenärztin B. im Gutachten vom 19.07.1999. Auf Grund der Ermittlungen der Beklagten und der Ermittlungen des Senats liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bereits im Dezember 1991 eine schizophrene Psychose vorlag. Zwar befand sich der Kläger bereits 1977 und auch vom 16. bis 19.11.1990 in psychiatrischer Behandlung, jedoch ist den aus dieser Zeit vorliegenden Berichten keine entsprechende Diagnose und schon gar keine Leistungseinschränkung zu entnehmen. So war der Kläger vom 13.04. bis 07.08.1977 wegen einer unsozialisierten Verhaltensstörung (Alkoholintoxikation) in stationärer Behandlung (Arztbrief Prof. Dr. Dr. Schm. vom 17.08.1977). Weiter wurde der Kläger vom 16.11. bis 19.11.1990 stationär im Zentrum für Psychiatrie E. wegen dringenden Verdachts auf Polytoxikomanie (Alkohol und Tabletten) bei beginnendem Heroinabusus behandelt (Arztbrief des Dr. D. vom 03.12.1990). Hinweise auf eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergeben sich aus diesen Arztbriefen nicht. Auch aus den von der Justizvollzugsanstalt F. vorgelegten ärztlichen Unterlagen für einen Zeitraum von März 1991 bis April 1993 ergeben sich bis auf eine kurzfristige Entzugssymptomatik und gelegentliche Gastrointestinalbeschwerden keine weiteren schwerwiegenden Befunde, so überzeugend die Stellungnahme von Dr. G. vom 10.10.2006. Auch Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 10.03.2005 keine Hinweise auf eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende psychische Störung vor dem 01.01.1992 gesehen. Dieser Auffassung ist auch Dr. G. Auch die weiteren beim Kläger vor dem 31.12.1991 vorliegenden Gesundheitsstörungen haben keine dauerhafte Minderung des quantitativen Leistungsvermögens bedingt. Der Kläger befand sich zwar vom 22.01. bis 26.01.1988 wegen einer in Folge eines Arbeitsunfalls erlittenen schweren Rückenprellung in stationärer Behandlung im Klinikum P. Insoweit dürfte es sich um den vom Kläger auf den 21.01.1989 datierten Arbeitsunfall handeln. Jedoch erfolgte die Entlassung am 26.01.1988 subjektiv beschwerdefrei (Arztbrief Prof. Dr. A. vom 09.02.1988). Vom 16.03.1989 bis 25.03.1989 befand sich der Kläger wegen einer Leistenhernie links in stationärer Behandlung in Evangelischen Diakoniekrankenhaus in F. Der postoperative Verlauf war jedoch komplikationslos und der Kläger wurde bei subjektivem Wohlbefinden und reizlosen Wundverhältnissen entlassen (Arztbrief Prof. Dr. Gr. vom 13.04.1989). Dem ärztlichen Entlassungsbericht der Heilstätte S. Z., wo der Kläger wenige Wochen nach dem 31.12.1991 stationär behandelt wurde (vom 17.02. bis 16.05.1992) lassen sich - so überzeugend die Nervenärztin B. in der Stellungnahme vom 20.08.1999 - zwar psychische Auffälligkeiten entnehmen, die jedoch nicht psychotischen Charakter haben (Behandlung wegen Polytoxikomanie inklusive des Morphintyps). Auch die von der AOK F. im Schreiben vom 23.06.2005 genannten Diagnosen für die Jahre 1987 und 1988 lassen nicht auf eine Einschränkung der quantitativen Leistung des Klägers schließen.
Weiter haben sich keine Hinweise dafür ergeben, dass der Kläger zwischen 1989 und 1991 wegen Herzstillstands zweimal an die Herz-Lungenmaschine angeschlossen war. Die H. R. Klinik Br. hat mit Schreiben vom 08.06.2005 mitgeteilt, dass dort aus den Jahren 1989 und 1991 keine Krankenunterlagen über den Kläger vorliegen und das Universitätsklinikum F. hat im Schreiben vom 09.06.2005 angegeben, dass der Kläger in oben genanntem Zeitraum lediglich am 16.11.1990 dort auf der Medizinischen Intensivstation war. Dem dazugehörigen Arztbrief vom 16.11.1990 ist zu entnehmen, dass eine Behandlung wegen eines Herzstillstands nicht stattgefunden hat, sondern lediglich Herzrhythmusstörungen auf Grund einer Intoxikation mit Benzodiazepinen, trizyklischen Antidepressiva und wahrscheinlich auch Heroin vorlagen. All diesen medizinischen Unterlagen kann somit lediglich das Bestehen einer Drogensymptomatik entnommen werden. Dies allein belegt aber keine Leistungseinschränkungen.
Hinzu kommt, dass der Kläger ausweislich des Versicherungsverlaufs von März bis August 1993 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und er noch im Januar 1993 vom Arzt der Justizvollzugsanstalt für eine Tätigkeit in der Gastronomie als geeignet angesehen wurde. Dies spricht für eine - Erwerbsunfähigkeit ausschließende - Leistungsfähigkeit zumindest bis Mitte 1993.
Es ist mithin nicht nachgewiesen, dass der Kläger schon vor dem 01.01.1992 und danach dauerhaft und ununterbrochen außer Stande war, eine Tätigkeit in einem Umfang von acht Stunden täglich zu verrichten. Infolgedessen ist er nicht zu einem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren.
Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (§ 43 SGB VI) kommt nicht in Betracht, weil der Kläger zwar eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker absolviert hat, anschließend jedoch fachfremd versicherungspflichtig beschäftigt war, also auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist und damit aus den o. g. Gründen auch für diesen Anspruch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen fehlen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit ab 01.06.1999 hat, insbesondere ob der Versicherungsfall zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren.
Der 1966 geborene Kläger arbeitete nach einer im Juli 1983 abgebrochenen Lehre als Bäcker und einer von September 1983 bis Juli 1986 absolvierten Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker, unterbrochen von zahlreichen nicht belegten Zeiträumen und Zeiten der Arbeitslosigkeit bis Juli 1993, vorwiegend auf dem Bau. Bis Juni 2000 war er arbeitslos gemeldet. Hinsichtlich der rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 30.05.2005 verwiesen.
In den Jahren 1982 bis 1983 erlitt der Kläger vier folgenlos ausgeheilte Handfrakturen. Von November 1987 bis Dezember 1988 war der Kläger wegen einer Daumenprellung, einer Wirbelfraktur, einer Stomatitis, eines Ulcus duodeni mit Gastritis, einer Fingerquetschung und eines grippalen Infekts in Behandlung. Vom 22.01. bis 26.01.1988 befand sich der Kläger auf Grund eines Sturzereignisses während der Arbeitszeit wegen einer schweren Rückenprellung in stationärer Behandlung im Klinikum P. Er wurde als subjektiv beschwerdefrei entlassen. Vom 16.03. bis 25.03.1989 wurde der Kläger im Evangelischen Diakoniekrankenhaus in F. wegen einer Leistenhernie links stationär behandelt. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Vom 16.11.1990 bis 19.11.1990 fand im Universitätsklinikum F. und im Zentrum für Psychiatrie E. eine stationäre Behandlung auf Grund einer Polytoxikomanie mit langjährigem Alkohol- und Heroinabusus statt. Während eines Gefängnisaufenthalts von Anfang 1991 bis April 1993 wurde der Kläger vorwiegend wegen kurzfristiger Entzugssymptomatik und gelegentlichen Gastrointestinalbeschwerden sowie Leberbeschwerden behandelt. Während dieser Zeit befand er sich auch vom 17.02. bis 16.05.1992 in der Heilstätte S. Z. zur stationären Behandlung auf Grund einer Polytoxikomanie inklusive des Morphintyps. Kurz vor seiner Entlassung aus der Haft wurde ärztlicherseits im Januar 1993 kein Hindernis für eine Tätigkeit in der Gastronomie gesehen. Von März 1993 bis Juli 1993 war er dann versicherungspflichtig beschäftigt.
Im Mai 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und wies auf ein seit 1989 auf Grund eines Arbeitsunfalls bestehendes chronisches Rückenleiden hin.
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten führte die Nervenärztin und Sozialmedizinerin B. zusammenfassend aus, der Kläger leide an einer schizophrenen Psychose. Die Frage nach dem Beginn der Leistungsminderung sei schwer zu beantworten. Ein Knick im Lebenslauf, wie er bei Psychotikern häufig sei, finde sich im Jahr 1989. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er regelmäßig gearbeitet. In den folgenden Jahren habe eine Drogenproblematik mit Inhaftierung bestanden ohne dass nähere Angaben zu erhalten seien, ob damals bereits psychotische Symptome vorgelegen hätten. Es sei davon auszugehen, dass die Leistungseinschränkung mindestens seit 1993 bestehe. Nach Beiziehung zahlreicher medizinischer Unterlagen durch die Beklagte schrieb die Sozialmedizinerin B. in der Stellungnahme vom 20.08.1999, auf Grund der vorliegenden medizinischen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis dafür, dass bereits vor 1993 eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens bestanden habe.
Mit Bescheid vom 22.09.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab. Der Kläger sei zwar seit 31.12.1993 erwerbsunfähig, doch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.01.2000 - die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit bis zum 31.12.1991 eingetreten wäre -).
Am 22.01.2002 beantragte der Kläger, der seit Jahren Sozialhilfeempfänger ist, bei der Beklagten die "erneute Aufnahme des Rentenverfahrens". Mit Bescheid vom 28.01.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seinem Antrag vom 22.01.2002 auf Aufhebung des Bescheides vom 22.09.1999 gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) könne nicht entsprochen werden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.03.2002).
Dagegen hat der Kläger am 15.03.2002 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben, das die behandelnden Ärzte (Allgemeinmedizinerin E., Psychiater Dr. H., Medizinischer Direktor am Zentrum für Psychiatrie in E. ) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört hat.
Mit Urteil vom 19.12.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 22.09.1999 nach § 44 SGB X seien nicht erfüllt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der vom Kläger begehrten Rente wären nur bei Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01.01.1992 erfüllt. Zur Klärung des Sachverhalts sei vom Gericht vorgesehen gewesen, ein nervenärztliches Gutachten von Amts wegen einzuholen. Der Kläger habe sich zu einer solchen nervenärztlichen Begutachtung nicht bereit erklärt.
Gegen das im März 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.03.2004 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er sei jetzt bereit, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen. Im Übrigen sei sein Arbeitsunfall vom 21.01.1989 zu berücksichtigen, sowie die Tatsache, dass er während seiner Beschäftigung als Montagearbeiter bei der Firma S. im Jahr 1989 einen Leistenbruch erlitten habe. Außerdem sei er zwischen 1989 und 1981 (richtig wohl: 1991) wegen Herzstillstand zweimal (im R. Krankenhaus in Br. und in der Universitätsklinik F.) mit der Herz-Lungenmaschine behandelt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.12.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 22.09.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, beziehungsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 01.06.1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat das Gutachten von Prof. Dr. E., Oberarzt an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum F., vom 10.03.2005 eingeholt. Er hat zusammenfassend ausgeführt, es sei im Rahmen der Begutachtung nicht möglich gewesen, vom Kläger ausreichende Informationen zu erhalten, um die Frage zu beantworten, ob der Kläger vor dem 01.01.1992 noch bis zu acht Stunden täglich leichte Tätigkeiten habe ausüben können. Er könne lediglich feststellen, dass sich aus der Begutachtung und den vom Kläger gemachten Angaben keine Hinweise auf eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende psychische Störung vor dem 01.01.1992 feststellen lasse. Auch aus den Akten ergäben sich für diesen Zeitraum keine Hinweise auf eine psychische Störung. Im Übrigen habe der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er auf Grund körperlicher Erkrankungen bzw. Arbeitsunfälle bereits vor 1992 erwerbsunfähig gewesen sei.
Der Senat hat die Auskünfte der H. R. Klinik Br. vom 08.06.2005 (es liegen keine Krankenunterlagen aus den Jahren 1989 und 1991 vor) sowie der AOK F. eingeholt und Krankenunterlagen des Universitätsklinikums F., der Chirurgischen Klinik am Klinikum P. aus dem Jahr 1988 sowie die ärztlichen Unterlagen der Justizvollzugsanstalt F. beigezogen.
Die Beklagte hat die Stellungnahmen des Dr. G., Sozialmedizinischer Dienst K., vom 13.12.2005 und 10.10.2006 vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat entscheiden können, obwohl der Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Insbesondere hat wegen des vom Kläger für den Tag der mündlichen Verhandlung vereinbarten Zahnarzttermines keine Vertagung erfolgen müssen. Diesen Termin hat der Kläger am Vortag der mündlichen Verhandlung vereinbart. Den bei dieser Gelegenheit von der Zahnärztin angebotenen Behandlungstermin hat der Kläger nicht wahrnehmen wollen. Er hat damit seine Verhinderung für die mündliche Verhandlung am 10.05.2007 ohne zwingenden Grund herbeigeführt. Aus dem Umstand, dass er von der Zahnärztin zur Weiterbehandlung an eine kieferchirurgische Praxis überwiesen worden ist, folgt nichts anderes. Denn diese Weiterbehandlung kollidiert zeitlich nicht mit der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
Die Berufung ist gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Der Senat hat insbesondere keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine aktuelle, die freie Willensbestimmung des Klägers ausschließende psychische Erkrankung. Vielmehr zeigt das Prozessverhalten des Klägers, dass er durchaus in der Lage ist, die behaupteten Ansprüche zu verfolgen und entsprechende Tatsachen vorzutragen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit ab 01.06.1999.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.
Diese Voraussetzungen für eine Rücknahme der die begehrte Leistung versagenden Entscheidung liegen nicht vor, denn die Beklagte ging bei diesen nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt aus und hat auch das Recht nicht unrichtig angewandt.
Maßstab für die Prüfung, ob das Recht richtig angewandt wurde, sind hier noch die §§ 43, 44 SGB VI in der vor dem 01.01.2001 geltenden Fassung, da der Kläger seinen ersten Rentenantrag bereits am 31.05.1999 stellte.
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a. F.), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F.) und darüber hinaus erwerbsunfähig war (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a. F.). Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F.).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres derjenige, der berufsunfähig war, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatte und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI a. F.). Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten.
Gem. § 44 Abs. 4 i. V. m. § 43 Abs. 3 SGB VI verlängerte sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt waren: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeiten eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war, und 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt. 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Der Zeitraum von fünf Jahren, in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben mussten, verlängerte sich auch um Ersatzzeiten und Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 01.01.1992 (§ 241 Abs. 1 SGB VI a. F.).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit waren für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllten, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt war oder wenn die Erwerbsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten war. (§ 241 Abs. 2 SGB VI a. F.). Dies ist hier angesichts der Lücken im Versicherungsverlauf des Klägers (u. a. bereits für Oktober 1986) und der vor dem 01.01.1984 liegenden Pflichtbeitragszeiten (insgesamt 27 Monate, wogegen die allgemeine Wartezeit fünf Jahre beträgt, § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) nicht der Fall.
Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch wären indes erfüllt, wenn eine rentenberechtigende Leistungsminderung spätestens im Dezember 1991 eingetreten wäre (und der Kläger dann ununterbrochen bis zum Rentenantrag erwerbsunfähig gewesen wäre), da dann in den vorangegangenen fünf Jahren sowie in dem nach §§ 44 Abs. 4 in Verbindung mit § 43 Nr. 1 SGB VI um die 20 Monate Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit verlängerten 5-Jahres-Zeitraum von Mai 1985 bis Dezember 1991 36 Monate mit Pflichtbeiträgen vorlägen. Für diese Anspruchsvoraussetzungen trägt der Anspruchsteller, hier der Kläger, die objektive Beweislast. Sie müssen i. S. des Vollbeweises nachgewiesen sein.
Dass der Kläger, der zuletzt ungelernte versicherungspflichtige Tätigkeiten ausübte, entsprechende Tätigkeiten schon vor dem 01.01.1992 dauerhaft nicht mehr ausüben konnte, steht zur Überzeugung des Senats nicht fest.
Der Kläger war frühestens 1993 wegen einer schizophrenen Psychose erwerbsunfähig. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen der Nervenärztin B. im Gutachten vom 19.07.1999. Auf Grund der Ermittlungen der Beklagten und der Ermittlungen des Senats liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bereits im Dezember 1991 eine schizophrene Psychose vorlag. Zwar befand sich der Kläger bereits 1977 und auch vom 16. bis 19.11.1990 in psychiatrischer Behandlung, jedoch ist den aus dieser Zeit vorliegenden Berichten keine entsprechende Diagnose und schon gar keine Leistungseinschränkung zu entnehmen. So war der Kläger vom 13.04. bis 07.08.1977 wegen einer unsozialisierten Verhaltensstörung (Alkoholintoxikation) in stationärer Behandlung (Arztbrief Prof. Dr. Dr. Schm. vom 17.08.1977). Weiter wurde der Kläger vom 16.11. bis 19.11.1990 stationär im Zentrum für Psychiatrie E. wegen dringenden Verdachts auf Polytoxikomanie (Alkohol und Tabletten) bei beginnendem Heroinabusus behandelt (Arztbrief des Dr. D. vom 03.12.1990). Hinweise auf eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergeben sich aus diesen Arztbriefen nicht. Auch aus den von der Justizvollzugsanstalt F. vorgelegten ärztlichen Unterlagen für einen Zeitraum von März 1991 bis April 1993 ergeben sich bis auf eine kurzfristige Entzugssymptomatik und gelegentliche Gastrointestinalbeschwerden keine weiteren schwerwiegenden Befunde, so überzeugend die Stellungnahme von Dr. G. vom 10.10.2006. Auch Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 10.03.2005 keine Hinweise auf eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende psychische Störung vor dem 01.01.1992 gesehen. Dieser Auffassung ist auch Dr. G. Auch die weiteren beim Kläger vor dem 31.12.1991 vorliegenden Gesundheitsstörungen haben keine dauerhafte Minderung des quantitativen Leistungsvermögens bedingt. Der Kläger befand sich zwar vom 22.01. bis 26.01.1988 wegen einer in Folge eines Arbeitsunfalls erlittenen schweren Rückenprellung in stationärer Behandlung im Klinikum P. Insoweit dürfte es sich um den vom Kläger auf den 21.01.1989 datierten Arbeitsunfall handeln. Jedoch erfolgte die Entlassung am 26.01.1988 subjektiv beschwerdefrei (Arztbrief Prof. Dr. A. vom 09.02.1988). Vom 16.03.1989 bis 25.03.1989 befand sich der Kläger wegen einer Leistenhernie links in stationärer Behandlung in Evangelischen Diakoniekrankenhaus in F. Der postoperative Verlauf war jedoch komplikationslos und der Kläger wurde bei subjektivem Wohlbefinden und reizlosen Wundverhältnissen entlassen (Arztbrief Prof. Dr. Gr. vom 13.04.1989). Dem ärztlichen Entlassungsbericht der Heilstätte S. Z., wo der Kläger wenige Wochen nach dem 31.12.1991 stationär behandelt wurde (vom 17.02. bis 16.05.1992) lassen sich - so überzeugend die Nervenärztin B. in der Stellungnahme vom 20.08.1999 - zwar psychische Auffälligkeiten entnehmen, die jedoch nicht psychotischen Charakter haben (Behandlung wegen Polytoxikomanie inklusive des Morphintyps). Auch die von der AOK F. im Schreiben vom 23.06.2005 genannten Diagnosen für die Jahre 1987 und 1988 lassen nicht auf eine Einschränkung der quantitativen Leistung des Klägers schließen.
Weiter haben sich keine Hinweise dafür ergeben, dass der Kläger zwischen 1989 und 1991 wegen Herzstillstands zweimal an die Herz-Lungenmaschine angeschlossen war. Die H. R. Klinik Br. hat mit Schreiben vom 08.06.2005 mitgeteilt, dass dort aus den Jahren 1989 und 1991 keine Krankenunterlagen über den Kläger vorliegen und das Universitätsklinikum F. hat im Schreiben vom 09.06.2005 angegeben, dass der Kläger in oben genanntem Zeitraum lediglich am 16.11.1990 dort auf der Medizinischen Intensivstation war. Dem dazugehörigen Arztbrief vom 16.11.1990 ist zu entnehmen, dass eine Behandlung wegen eines Herzstillstands nicht stattgefunden hat, sondern lediglich Herzrhythmusstörungen auf Grund einer Intoxikation mit Benzodiazepinen, trizyklischen Antidepressiva und wahrscheinlich auch Heroin vorlagen. All diesen medizinischen Unterlagen kann somit lediglich das Bestehen einer Drogensymptomatik entnommen werden. Dies allein belegt aber keine Leistungseinschränkungen.
Hinzu kommt, dass der Kläger ausweislich des Versicherungsverlaufs von März bis August 1993 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und er noch im Januar 1993 vom Arzt der Justizvollzugsanstalt für eine Tätigkeit in der Gastronomie als geeignet angesehen wurde. Dies spricht für eine - Erwerbsunfähigkeit ausschließende - Leistungsfähigkeit zumindest bis Mitte 1993.
Es ist mithin nicht nachgewiesen, dass der Kläger schon vor dem 01.01.1992 und danach dauerhaft und ununterbrochen außer Stande war, eine Tätigkeit in einem Umfang von acht Stunden täglich zu verrichten. Infolgedessen ist er nicht zu einem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren.
Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (§ 43 SGB VI) kommt nicht in Betracht, weil der Kläger zwar eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker absolviert hat, anschließend jedoch fachfremd versicherungspflichtig beschäftigt war, also auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist und damit aus den o. g. Gründen auch für diesen Anspruch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen fehlen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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