L 13 AS 562/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 3692/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 562/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die statthafte und zulässige Beschwerde des Antragstellers konnten keinen Erfolg haben.

Nicht zu entschieden werden braucht zunächst, ob die ehrenamtlichen Richter an dem aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenen Beschluss zu beteiligen waren, was für den Fall verneint wird, dass die mündliche Verhandlung nur zur Beschlussfassung anberaumt worden ist und dafür gedient hat (so Meyer-Ladewig, SGG, § 124 Rz 5; Bley in Ges.Komm, § 124 SGG Anm. 8; Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 124 SGG Anm. 3), während andere die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter stets dann für erforderlich halten, wenn der Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht (so Pawlak in Hennig, SGG, § 124 Rz. 56; HK-SGG/Bolay, § 124 Rn. 23). Der Senat kann ferner offen lassen, ob das auch in einem unmittelbar beim Landessozialgericht anhängig gemachten Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 174 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einzuhaltende Abhilfeverfahren an einem Verfahrensmangel leidet. Ein Verfahrensmangel könnte sich daraus ergeben, dass das Sozialgericht entgegen der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Juni 1984 - L 5 B 60/84 - Breithaupt 1984, 821 f; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. April 1997 - L 11 S 2/97 - in E-LSG B - 092; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. August 1997 - L 5 B-K 8/97 in E-LSG B - 096; LSG Thüringen, Beschlüsse vom 13. Juli 1998 - L 1 B 22/98 - in E-LSG B - 127, vom 20. April 2005 - L 6 B 3/04 RJ veröffentlicht in Juris und vom 3. November 2005 - L 6 B 64/05 R - veröffentlicht in Juris) über die Abhilfe nicht unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter entschieden hat, obwohl an der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung ehrenamtliche Richter beteiligt waren. Denn selbst bei Vorliegen etwaiger Verfahrensmängel ist der Senat wegen einer hier nicht tunlichen Aufhebung und Zurückverweisung nicht gehindert, selbst eine Sachentscheidung zu treffen. Denn das Sozialgericht hat zu Recht die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsteller die Nachzahlung der ihm für den Monat August 2006 bewilligten und nach seinem Vortrag vorenthaltenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 258,21 EUR beansprucht, verneint.

Prozessuale Grundlage des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verfolgten Anspruches ist § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Erlass einer hier nur in Betracht kommenden einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus (zum Folgenden vgl. Senatsbeschluss vom 31. August 2006 - L 13 AS 2759/06 ER-B m.w.N., abgedruckt in Juris). Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen, ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens. Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - abgedruckt in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde.

Ein Anordnungsgrund ist hier für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes am 9. Oktober 2006 schon deshalb nicht zu bejahen, weil sich das Begehren auf Nachzahlung der dem Antragsteller für den Monat August 2006 mit 258,21 EUR bewilligten, angeblich aber vorenthaltenen Kosten der Unterkunft und Heizung bezieht und damit auf einen finanziellen Ausgleich für eine in der Vergangenheit entstandene Notlage gerichtet ist. Zwar kann eine in der Vergangenheit entstandene Notlage einen Nachholbedarf begründen und so noch in die Gegenwart wirken. Dann aber muss ein solcher Nachholbedarf glaubhaft gemacht werden. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Nach den vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen spricht überdies viel dafür, dass die für August 2006 angeblich ausgebliebene Zahlung Ende September 2006, also noch vor Rechtshängigkeit des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nachgeholt worden ist. Damit ist auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Dass die Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung für die vom Antragsteller bewohnte Eigentumswohnung aufgrund bindender Bewilligungen an eine Bank als Darlehensgeberin und den nach dem Wohnungseigentumsgesetz bestellten Verwalter gehen, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Antragsgegners in der Vergangenheit die zweckentsprechende Verwendung der für Unterkunft und Heizung gezahlten Kosten nicht sichergestellt war (vgl. § 22 Abs. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)), wird vom Antragsteller nicht beanstandet. Seinem Vorbringen ist lediglich noch zu entnehmen, dass es ihm auch darum geht, für die Vergangenheit und jetzt höhere Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt zu erhalten. Den Akten ist indes zu entnehmen, dass die vom Antragsgegner verfügten Bewilligungen der Kosten für Unterkunft und Heizung bestandskräftig geworden sind, weil der Antragsteller sie nicht mit dem hierfür vorgesehenen Rechtsbehelf des Widerspruchs angegriffen hat. Es ist nunmehr Sache des Antragsgegners, über das auch bereits beim Antragsgegner beantragte Begehren des Antragstellers auf Zurücknahme der bestandskräftigen Bewilligungen und Zahlung höherer Kosten, ggf. unter Heranziehung von § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II) zu entscheiden (zu dessen Anwendbarkeit vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 - L 13 AS 2297/06 - veröffentlicht in Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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