L 10 R 6433/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 554/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 6433/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1950 geborene Kläger stammt aus der Türkei und hat in Deutschland keine berufliche Ausbildung abgeschlossen. Nach seinem Zuzug ins Bundesgebiet im August 1973 arbeitete er als Schweißer, Bauarbeiter, Maschinenarbeiter, Mitarbeiter in einer Baumschule und zuletzt als Schweißer und Lackierer bei der Firma G. Absauganlagen und Gerätebau GmbH. Seit Januar 1995 ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Von der ehemaligen Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) erhält er wegen einem als Berufskrankheit anerkannten Asthma bronchiale eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. und ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt.

Einen ersten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit vom 12. Juni 1995 lehnte die LVA Baden mit Bescheid vom 17. August 1995 und Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1996 ab. Auf die dagegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 12 RJ 2008/96) einigten sich die Beteiligten, dass die LVA Baden nach Abschluss einer stationären lungenfachärztlichen Heilbehandlung einen erneuten Bescheid erteilt.

Auf Grund des Entlassungsberichts der Rehabilitationsklinik Sonnhalde in Donaueschingen (Kläger entlassen als arbeitsunfähig; vollschichtig leistungsfähig für leichte körperlichen Tätigkeiten) lehnte die LVA Baden mit Bescheid vom 10. März 1999 und Widerspruchsbescheid vom 2. September 1999 eine Rücknahme des Bescheides vom 17. August 1995 und die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit ab. Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 6 RJ 3371/99) wurde - nach Einholung verschiedener sachverständiger Zeugenaussagen und einem Gutachten bei dem Nervenarzt Dr. W. (leichte und teilweise mittelschwere Arbeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig möglich) mit Urteil vom 20. Februar 2001 abgewiesen, die hiergegen beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 2 RJ 1465/01) - nach Einholung von Gutachten bei dem Internisten Dr. S. und dem Nervenarzt Prof. Dr. B. (jeweils: leichte körperliche Tätigkeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig möglich) - mit Urteil vom 6. November 2002 zurückgewiesen.

Am 24. Februar 2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte (damals noch: LVA Baden-Württemberg) lehnte dies mit Bescheid vom 27. August 2003 und Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2004 ab. Grundlage hierfür waren beigezogene lungenfachärztliche (zuletzt: Gutachten von Dr. H. vom 18. Dezember 2002) und internistische Gutachten für die BG und die Einschätzung von Dipl.-Med. G. , ärztlicher Dienst der Beklagten (eher günstiger Verlauf des Asthma bronchiale; leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich möglich).

Der Kläger hat am 10. Februar 2004 Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe erhoben (S 12 RJ 554/04). Er hat auf zahlreiche Erkrankungen - ein schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule (HWS, BSW, LWS), Rheuma, Fingerpolyarthrosen, Bronchitis, Schlafapnoe, Dysthymie/depressive Verstimmung, Hypertriglyzeridämie, chronisches Asthma bronchiale/chronische Rhinosinusitits, Gonarthrose - hingewiesen. Ihm komme auch Berufsschutz als Facharbeiter zu.

Das Sozialgericht hat medizinische Unterlagen aus den Verwaltungsakten der BG sowie eines Klageverfahrens des Klägers gegen die BG (S 4 U 4208/96) sowie den Schwerbehindertenakten Versorgungsamtes Karlsruhe sowie eines Klageverfahrens des Klägers gegen dieses (S 12 SB 2922/99), dort insbesondere das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. G. vom 19. Oktober 2000, beigezogen. Die als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Ärzte - der Internist Dr. B. , der Nervenarzt Dr. W. und der Lungenarzt Dr. S. - haben dem Gutachten von Dr. H. und der Einschätzung von Dipl.-Med. G. sowie den Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. B. zugestimmt bzw. eine Auswirkung der von ihnen festgestellten Befunde auf die Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten verneint. Dr. W. hat die Vermutung von Verständigungsproblemen bei der Begutachtung durch Prof. Dr. B. geäußert und eine Begutachtung durch einen muttersprachlichen Gutachter angeregt. Prof. Dr. B. hat in einer ergänzenden Stellungnahme Verständigungsprobleme verneint und die von ihm angenommene Simulationstendenz des Klägers bestätigt.

Dr. G. hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein psychosomatisch-psychiatrisches Gutachten erstattet und darin eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Anpassungsstörung und eine Dysthymie diagnostiziert. Der Kläger könne eine Tätigkeit, die geistig nicht anspruchsvoll sei und keine höheren Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stelle sowie überwiegend unabhängig von sozialer Teamarbeit stattfinde, für drei bis maximal sechs Stunden täglich ausüben. Ebenfalls auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Dr. S.-W. ein orthopädisches Gutachten erstattet. Sie hat darin (auf ihrem Fachgebiet) eine fortgeschrittene Polyarthrose beider Hände mit Einsteifung der Fingerendgelenke D2-5 beidseits, deutlicher Bewegungseinschränkung der Mittelgelenke sowie eingeschränkter Feinmotorik, eine schmerzhafte Schultersteife rechts, ein BWS-, LWS- und HWS-Syndrom mit geringgradigen degenerative Veränderungen, einen persistierenden Reizzustand/ein femoropatellares Schmerzsyndrom des linken Kniegelenks, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenks, chronische Spannungskopfschmerzen, einen diskreten Reizzustand des rechten Ellenbogens sowie ein deutliches Übergewicht diagnostiziert. Der Kläger könne nur noch leichte Tätigkeiten als Pförtner bei eingeschränkter Gebrauchsfähigkeit der Hände unter drei Stunden täglich verrichten.

Die Beklagte hat daraufhin den Kläger auf eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verwiesen und hierzu berufskundliche Unterlagen, Urteile vergleichbarer Rechtsstreite sowie eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. K. vorgelegt (leichte körperliche, nicht überwiegend fein- und grobmotorische Tätigkeiten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, Klettern/Steigen auf Leitern und Gerüste sind sechs Stunden täglich möglich).

Der Kläger hat ein berufskundliches Gutachten der Dipl.-Verwaltungswirtin H. , B. , vorgelegt. Falls Tätigkeiten eines Pförtners ohne Publikumsverkehr und ohne besondere Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände auf dem Arbeitsmarkt noch vorhanden seien, wären diese vermutlich als "Schonarbeitsplätze" leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten. Auf Einwendungen der Beklagten hat Dipl.-Verwaltungswirtin H. ihre Stellungnahme ergänzt und ihre Aussage bestätigt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Sozialgericht Dr. S.-W. gehört. Sie hat ausgeführt, dass die orthopädischen Beeinträchtigen, von den Einschränkungen der Gebrauchsfähigkeit der Finger abgesehen, einer täglich sechsstündigen Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte nicht entgegenstehen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 25. Oktober 2006 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 25. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne zumindest noch vollschichtig die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verrichten.

Der Kläger hat gegen das ihm am 23. November 2006 zugestellte Urteil am 21. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Er hat seine früheren Angaben wiederholt und vertieft. Insbesondere die Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem und auf lungenfachärztlichem Gebiet hätten sich verschlechtert, zudem sei die Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht ausreichend berücksichtigt worden. Außerdem stützt er sich auf die Gutachten von Dr. G. und Dr. S.-W ... Da ein multimorbides Krankheitsgeschehen mit Schmerzstörung und internistischen Beschwerden vorliege, werde beantragt, von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG ein Gutachten bei Dr. M. einzuholen, der bei integrierender Betrachtung und Beurteilung von Störungen verschiedener Leistungsgebiete eine besonders große Erfahrung habe.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auf Anfrage des Senats hat sie mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur erfüllt wären, wenn eine entsprechende Leistungsminderung spätestens am 28. Februar 2006 eingetreten wäre und seither ununterbrochen bestünde.

Der Senat hat eine Auskunft bei der Firma G. Absauganlagen und Umwelttechnik GmbH über die Beschäftigung des Klägers bei der zwischenzeitlich erloschenen Firma G. Absauganlagen und Gerätebau GmbH eingeholt (Blatt 38 bis 40 der Senatsakten). Den Beteiligten ist außerdem ein Ausdruck aus der Datei BERUFEnet der Bundesagentur für Arbeit zu den Aufgaben und Tätigkeiten eines Pförtners sowie eine Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung zu Pförtnern und Hauswarten im Bundesgebiet übermittelt worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz - einschließlich der früheren Klagen und Berufungen in Rentensachen - sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert.

Auf lungenfachärztlichem Fachgebiet liegt nach dem Gutachten von Dr. H. ein Asthma bronchiale, eine chronische Rhinosinusitis und ein obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom vor. Die Lungenfunktion hat sich gegenüber früheren Untersuchungen, etwa denen in der Rehabilitationsklinik Sonnhalde mit dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte körperliche Tätigkeiten, gebessert. Dies ist im Wesentlichen auch im Gutachten von Dr. S. so gesehen worden. Seine Einschätzung und der von Dipl.-Med. G. folgend, führt dies zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf nur noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Vermeidung der Einwirkung von Stäuben, Gasen, Dämpfen und Nässe. Dies entspricht der Beurteilung des Landessozialgerichts im Urteil vom 6. November 2002. Wesentliche Verschlechterungen, die in der Zwischenzeit eingetreten sein sollen, sind nicht belegt. Vielmehr haben der behandelnde Lungenarzt Dr. S. und der behandelnde Internist Dr. B. der entsprechenden Einschätzung der Beklagten zugestimmt. Soweit Dr. S. funktionell eine leichte Zunahme der leichtgradigen Atemwegsobstruktion beschrieben hat, hat er hieraus keine abweichenden Schlussfolgerungen für die Leistungseinschätzung abgeleitet.

Auf orthopädischem Fachgebiet kann der Senat als wahr unterstellen, dass die von Dr. S.-W. diagnostizierten, im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen vorliegen - mit Ausnahme der Gesundheitsbeeinträchtigungen der Hände. Denn die übrigen Gesundheitsbeeinträchtigungen auf orthopädischen Fachgebiet - der Wirbelsäule in allen drei Abschnitten, der Hüfte und am linken Knie - stehen einem sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten, auch als Pförtner nicht entgegen. Dies hat Dr. S.-W. bei ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich eingeräumt. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Überkopfarbeiten und Wirbelsäulenzwangshaltungen scheiden, wie auch Dr. K. dargelegt hat, aus. Soweit die Sachverständige aus den von ihr angenommenen Bewegungseinschränkungen der Finger eine zeitliche Leistungseinschränkung ableitet, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Derartigen Gesundheitsstörungen kann durch qualitative Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden.

Hinsichtlich der Bewegungseinschränkungen der Finger folgt der Senat indessen dem Gutachten von Dr. S.-W. ohnehin nicht. In dem vom Sozialgericht beigezogenen Gutachten von Prof. G. war der Faustschluss zwar beidseits nicht vollständig möglich, jedoch der Spitzgriff beidseits vorführbar und die Daumenspitze erreichte alle vier Langfingerkuppen. Die Handflächen waren kräftig beschwielt, die Bewegungseinschränkungen wurde als endgradig eingeschätzt (GdB 10). Eine Verschlechterung dieses Befundes in dem von ihr dargelegten Ausmaß hat die Gutachterin nicht ausreichend belegt ("der klinische Befund hat offensichtlich zugenommen"). So hat zwar der Kläger keinen Widerstand gezeigt, als sie versucht hat, ein von ihm zwischen den Fingern gehaltenes Papier herauszuziehen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat Dr. S.-W. jedoch eingeräumt, sie habe nicht feststellen können, ob die Einschränkung vom Kläger willentlich gesteuert oder auf die Erkrankung zurückzuführen gewesen sei. Vor dem Hintergrund der von Prof. Dr. B. festgestellten Verdeutlichungstendenz, die auch Dr. S.-W. bei ihrer Untersuchung hat erkennen können, dürfen aber die Angaben nicht kritiklos übernommen und die volle aktive Mitwirkung des Klägers bei der Untersuchung nicht von vornhinein als gegeben angenommen werden. Gleiches gilt für die Prüfung der Geschicklichkeit und Feinmotorik, bei der der Kläger Büroklammern hat aufnehmen müssen, sowie des Feingriffes, Spitzgriffes (nach Dr. S.-W. jeweils: schwach), des Faustschlusses und Händedruckes (nach Dr. S.-W. jeweils: kraftlos). Auf die Einwendung von Dr. K. hat Dr. S.-W. auch einräumen müssen, dass der Fingerkuppen-Quer-Hohlhand-Abstand von ihr unzutreffend festgestellt worden ist. Damit kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Kläger infolge der Polyarthrose auch gehindert ist, die Tastatur eines Telefons zu bedienen, einen Schlüssel umzudrehen oder mit einem Stift kurze Notizen zu Papier zu bringen.

Auf nervenärztlichem Fachgebiet besteht nach dem Gutachten von Prof. Dr. B. eine Dysthymie; ein klinisch relevantes depressives Syndrom ist nicht nachweisbar. Dem folgt der Senat, auch was die von Prof. Dr. B. aufgezeigte Simulationstendenz angeht. Soweit Dr. W. insoweit Missverständnisse auf Grund kommunikativer Schwierigkeiten vermutet hat, hat sich dies nach der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von Prof. Dr. B. nicht bestätigt. Vielmehr war - wie auch die ausführliche Wiedergabe der Anamnese im Gutachten von Prof. Dr. B. zeigt - die Verständigung problemlos möglich. Auch im Übrigen sind Verständigungsprobleme aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten bei den verschiedenen Begutachtungen des Klägers, auch derjenigen von Dr. G. , nicht aufgetreten.

Der Bewertung im Gutachten von Dr. G. folgt der Senat im Wesentlichen nicht. Hier fehlt es schon an einer ausreichenden Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Prof. Dr. B ... Es überzeugt nicht, die Diskrepanz lediglich mit einer möglichen ("könnte") Verschlechterung des Krankheitsbildes in der Zeit zwischen den beiden Begutachtungen zu erklären, ohne dies näher zu belegen. Warum die emotional instabile Persönlichkeitsstörung zu einer neurotischen Fehlentwicklung geführt haben soll, wird nicht deutlich. Auch überzeugt es nicht, Simulation und Aggravation allein mit dem Hinweis auf die Fremdanamnese (Ehefrau) zu verneinen, nachdem in anderen Gutachten entsprechende Hinweise gegeben worden sind. Letztlich wird auch die angenommene quantitative Leistungseinschränkung aus der gestellten Diagnose nicht nachvollziehbar begründet. Allenfalls kann die von Dr. G. angenommene Einschränkung der "sozialen Funktionsfähigkeit" nachvollzogen werden, wodurch die Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen und Arbeiten mit Publikumsverkehr negativ beeinflusst werden. Dass diese vollständig ausgeschlossen sind, hat selbst Dr. G. jedoch nicht behauptet. Dementsprechend ist der Kläger durchaus noch in der Lage, Tätigkeiten mit sozialem Kontakt, also auch mit Kontakten zu Belegschaft und Publikum auszuüben, sofern dies nicht ständig gefordert ist oder in besonderem Maße soziale Kommunikation und Interaktion erfordert. Einen Ausschluss von Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Konzentration oder Verantwortung erfordern, sieht der Senat ebenfalls als gegeben an.

Bei einer Gesamtbetrachtung seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen ist der Kläger damit noch in der Lage, eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte und damit ohne ständigen Publikumsverkehr sechs Stunden täglich auszuüben. Nach den ins Verfahren einbezogenen Urteilen des erkennenden Senats vom 15. Dezember 2005 (L 10 R 5582/04), des 3. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 3. Mai 2006 (L 3 R 5032/03) und des LSG Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2005 (L 3 RJ 185/03), dem Auszug aus der Datei BERUFEnet und der Beschäftigungsstatistik des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (165.317 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in 2005) handelt es sich dabei um eine - tarifvertraglich erfasste und in nennenswerter Zahl vorkommende - Tätigkeit, bei der insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen sind. Die Tätigkeit kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tagen von Lasten verbunden. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für Personen, deren obere Extremitäten, wie bei der Klägerin, Funktionsbeeinträchtigungen aufweisen. Es sind auch ausreichend Stellen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden, die nicht nur als "Schonarbeitsplätze" vergeben werden. Die vorliegend in den Gutachten beschriebenen Funktionseinschränkungen stehen zur Überzeugung des Senats einer entsprechenden Tätigkeit des Klägers nicht entgegen.

Der Bewertung von Dipl.-Verwaltungswirtin H. , auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei keine relevante Zahl an Arbeitsstellen eines Pförtners an einer Nebenpforte vorhanden und diese Arbeitsstellen würden vorrangig als Schonarbeitsplätze mit eigenen Mitarbeitern besetzt, folgt der Senat nicht. Die tatsächlichen Grundlagen ihrer Aussagen sind zu vage und nicht geeignet, die vorliegenden, zu einem anderen Ergebnis kommenden Unterlagen, insbesondere aber die tarifliche Erfassung der Tätigkeit in dem noch immer gültigen Lohngruppenverzeichnis des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II in Lohngruppe 2, Nr. 1.9, in Frage zu stellen. Ihre Aussage, es handle sich bei Arbeitsplätzen als Pförtner "vermutlich" um Schonarbeitsplätze, hat Dipl.-Verwaltungswirtin H. auf Erkenntnisse ihrer "langjährigen Tätigkeit" gestützt, weiterhin, dass sie in den letzten zehn Jahren kein entsprechendes Stellenangebot und - obwohl häufig beruflich unterwegs (Betriebsbesichtigungen/Behörden usw.) - seit Jahren keine mit einem Mitarbeiter besetzte Nebenpforte gesehen habe. Nicht erkennbar ist jedoch, wo Dipl.-Verwaltungswirtin H. in den letzten Jahren tätig war, welche Stellenausschreibungen sie gesehen hat und in welchem Umkreis und mit welcher Intensität sie beruflich unterwegs war. Darauf, ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, kommt es ohnehin nicht an, denn das Risiko, möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung. Die von Dipl.-Verwaltungswirtin H. eingeholte Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen, wonach "es nur noch sehr wenige Arbeitsplätze, die der Stellenbeschreibung eines Pförtners einer Nebenpforte entsprechen" gebe, ist von ebenso geringer Aussagekraft, schon weil sie die Grundlagen dieser Einschätzung nicht nennt, jedenfalls aber die vom genannten Tarifvertrag erfassten Stellen im öffentlichen Dienst nicht berücksichtigt.

Etwaige Erschwernisse auf Grund sprachlicher Probleme des Klägers, stehen einer Verweisung nicht entgegen. Bei der Prüfung von Erwerbsminderung kann sich ein Versicherter nicht darauf berufen, dass eine andere Sprache als Deutsch seine Muttersprache ist und er für eine im Übrigen zumutbare Verweisungstätigkeit keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache habe (BSG, Urteil vom 15. Mai 1991, 5 RJ 92/89 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 11).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die - unter anderem - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig.

Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger war zuletzt als Schweißer und Lackierer tätig. Den Anforderungen dieser Tätigkeit kann er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gerecht werden. Er kann jedoch mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch - wie ausgeführt - die Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte ausüben. Diese Tätigkeit ist ihm auch sozial zumutbar, denn hat in Deutschland keine Ausbildung abgeschlossener und kann nach seinem beruflichen Werdegang und seiner letzten Tätigkeit höchstens als Angelernter des oberen Bereichs angesehen werden (zur Verweisbarkeit von Angelernten: BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Der - erstmals in diesem Klageverfahren und nur pauschal - geltend gemachte Status eines Facharbeiters hat sich auch durch die vom Senat eingeholte Arbeitgeberauskunft nicht bestätigen lassen. Die frühere Berufstätigkeit des Klägers ist dort nicht erinnerlich und Unterlagen sind nicht vorhanden.

Ob der Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei Dr. M. überhaupt noch gestellt ist, kann der Senat offen lassen. Ein Beweisantrag, der - wie hier - nach Erhalt einer Anhörungsmitteilung gemäß § 153 Abs 4. Satz 2 SGG nicht wiederholt wird, wird grundsätzlich so behandelt, als habe er sich erledigt (BSG, Beschlüsse vom 18. Februar 2003, B 11 AL 273/02 B, und vom 6. Juli 2006, B 9a SB 52/05 B in SozR 4-1500 § 160 Nr. 11). Jedenfalls wird der Antrag abgelehnt.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten, des Behinderten, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Einer wiederholten Antragstellung muss jedoch nur gefolgt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Ein besonderer Umstand kann darin liegen, dass es sich bei den Ärzten jeweils um Spezialisten handelt, wobei jeder für sein Sachgebiet Stellung nehmen soll. Sind für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig, kann aber nicht pauschal vorgebracht werden, ein Vertreter der jeweils anderen Facharztgruppen verfüge über eine größere Sachkunde, vielmehr muss im Einzelfall dargetan werden, warum der neue Gutachter in dem konkreten Fall zusätzliche entscheidende Erkenntnisse vorbringen kann (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 109 Rdnr. 10b).

Hier sind Gutachten nach § 109 SGG auf orthopädischem und auf nervenärztlichem Fachgebiet erstattet worden. Internistische Erkrankungen haben keine erkennbare Auswirkung auf das Leistungsvermögen, was auch der Kläger nicht behauptet. Die Einholung eines Gutachtens bei Dr. M. wird vielmehr mit einer beim Kläger vorhandenen Schmerzstörung und der Notwendigkeit einer integrierenden Betrachtung und Beurteilung von Störungen verschiedener Leistungsgebiete begründet.

Darin liegen keine besonderen Umstände, die die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG rechtfertigen. Die Beurteilung von Schmerzzuständen kann nicht vorrangig einer besonderen fachärztlichen Ausrichtung zugewiesen werden. Für die Qualifikation eines Gutachters kommt es nicht darauf an, ob er von Haus aus als Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater tätig ist. Die Beurteilung von Schmerz fällt nicht zwingend in ein bestimmtes Fachgebiet. Notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (BSG, Beschluss vom 9. April 2003, B 5 RJ 80/02 B). Diese können hier sowohl vom orthopädischen wie vom nervenärztlichen Fachgebiet erwartet werden. Dass eine Begutachtung durch Dr. M. gegenüber derjenigen von Dr. G. und/oder Dr. S.-W. zusätzliche entscheidende Erkenntnisse hervorbringen kann, hat der Kläger nicht dargelegt. Auch die Notwendigkeit einer fachübergreifenden Betrachtung und Beurteilung von Störungen verschiedener Leistungsgebiete rechtfertigt die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG nicht. Eine solche Bewertung ist von jedem Gutachter zu verlangen, der auf dem im konkreten Fall maßgeblichen Fachgebiet tätig ist, und zumindest auch von Dr. S.-W. so vorgenommen worden.

Da der Kläger nicht erwerbsgemindert ist, kommt es nicht darauf an, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (noch) erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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