L 11 R 200/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2709/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 200/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1951 geborene und aus Rumänien stammende Kläger, der im Besitz des Vertriebenenausweises A ist, gab an, er habe keinen Beruf erlernt. In Rumänien arbeitete er nach seinen Angaben zur Kontenklärung und der vorgelegten Arbeitsbescheinigung als Arbeiter im Weinbau, Bauhelfer und Sandstrahlreiniger. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Februar 1983 war der Kläger - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit und einen Maschinenbediener-Lehrgang des Arbeitsamtes R. vom 01.09.1986 bis 29.05.1987 - als Arbeiter in einer Kabelfabrik, als Lagerarbeiter sowie zuletzt von Februar 1992 bis Juli 1992 als Kassierer und Parkwächter beschäftigt. Seither ist der Kläger arbeitslos und keiner Beschäftigung mehr nachgegangen. Er ist als Schwerbehinderter anerkannt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 ab 16.06.2003.

Der erste Rentenantrag des Klägers vom Dezember 1994 wegen "Schwindel, links blind (seit Kindheit infolge Hirnhautentzündung)" wurde mit Bescheid vom 15.02.1995 abgelehnt, nachdem der Arzt für Chirurgie Dr. B. und die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. in ihren sozialmedizinischen Gutachten zu dem Ergebnis gelangt waren, der Kläger könne trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (hirnorganisches Psychosyndrom, Schwindel bei Normaldruckhydrocephalus, chronisch rezidivierendes Cervikal- und Lumbalsyndrom bei Fehlstatik der Wirbelsäule, Amaurose links, chronisch rezidivierende Sinusitis, hyperkinetisches Herzsyndrom, Adipositas, geringgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit) noch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten.

Den nächsten Rentenantrag des Klägers vom 11.07.1996 lehnte die Beklagte auf der Basis des Reha-Entlassungsberichtes der Reha-Klinik K. vom Juli 1996 (Diagnosen: Z. n. Toxoplasmose-Infektion wahrscheinlich als Kind; größenkonstanter Hydrocephalus internus (1. bis 3. Ventrikel), hochgradige Schwachsichtigkeit durch zentrale Netzhautnarbe linkes Auge, Gesichtsfeldeinschränkung rechtes Auge, angstneurotische Entwicklung mit hypochondrischen Zügen; 2. Z. n. Nasen-OP 1985, 1990 wegen chronisch rezidivierender Sinusitis beidseits; 3. a) generalisiertes WS-Syndrom ohne neurologisches Defizit; 3. b) Myogelosen Schultergürtel, paravertebral; 4. V. a. leichtes Asthma bronchiale; 5. anamnestisch V. a. Lactoseintoleranz) und eines Gutachtens nach Aktenlage der Ärztin S. mit Bescheid vom 12.08.1996/Widerspruchsbescheid vom 16.10.1996 ab, da mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausgeübt werden könnten. Die dagegen zum Sozialgericht Reutlingen (SG) - S 3 J 2268/96 - erhobene Klage wies das SG mit Urteil vom 20.08.1998 zurück.

Am 03.04.2000 stellte der Kläger wiederum einen Rentenantrag. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. kam nach ambulanter Untersuchung des Klägers unter Berücksichtigung beigezogener Unterlagen (u.a. Befundbericht der Universitäts-Augenklinik H., Abschlussbericht über die Berufsfindungsmaßnahme im Berufsförderungswerk H. vom Januar 2000), zu dem Ergebnis, dass beim Kläger zwar vielfältige Erkrankungen vorlägen (hirnorganisches Psychosyndrom, Schwindel bei Normaldruckhydrocephalus, HWS-LWS-Syndrom, geringes Sehvermögen linkes Auge, Übergewicht, Dysthymia, chronische Bronchitis und Sinusitis, geringgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit), diese an sich jedoch keine schwerwiegenden Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit bedingten. Für qualifizierte Tätigkeiten sei der Kläger nicht geeignet, er sei aber in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten, wobei qualitative Einschränkungen zu beachten seien (ohne Wechselschicht, Nachtschicht, besonderen Zeitdruck, besondere geistige Anspannung, ohne besondere Beanspruchung des Sehvermögens, überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, zu ebener Erde, nicht an laufenden ungeschützten Maschinen, keine Hitze oder Temperaturschwankungen, keine Belastung durch inhalative Schadstoffe). Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2000 den Rentenantrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte nach Einholung von Befundberichten des Internisten Dr. I. und des Facharztes für Neurologie Dr. M. sowie sozialmedizinischer Stellungnahmen der Ärztin S., des Sozialmediziners Dr. H. und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2001 zurück.

Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem SG (S 3 RJ 173/01) erstattete Dr. N., Chefarzt der Neurologischen Abteilung des V. v. P. H. R., auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Dr. N. diagnostizierte ein hirnorganisches Psychosyndrom, chronische Kopfschmerzen und Schwindelbeschwerden bei Hydrocephalus internus - wohl in Folge einer früher durchgemachten Toxoplasmose-Encephalitis - und führte zusammenfassend aus, leichte Tätigkeiten könne der Kläger seit April 2000 allenfalls stundenweise (höchstens 3 Stunden täglich) verrichten. Allein aufgrund des hirnorganischen Psychosyndroms sei seines Erachtens eine berufliche Wiedereingliederung illusorisch. Hierzu legte die Beklagte eine Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie S. vor, wonach eine Verschlechterung der Beschwerdesymptomatik auch von Dr. N. nicht beschrieben worden sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das hirnorganische Psychosyndrom beim Kläger tatsächlich so stark ausgeprägt sei wie von Dr. N. angenommen, zumal der Kläger regelmäßig mit dem Pkw unterwegs sei. Mit Urteil vom 23.05.2002 wies das SG die Klage ab.

In der Zeit vom 10.04. bis 01.05.2003 führte die Beklagte für den Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der R. B. K. durch, aus der er arbeitsfähig entlassen wurde (Diagnosen: Visusminderung links mehr als rechts bei Z. n. Toxoplasmose-Meningitis in der Jugend, chron. Schwindelsyndrom und auch Lagerungsschwindel wahrscheinlich als Folge eines Normaldruckhydrocephalus, HWS-Syndrom, LWS-Syndrom mit leichter Fehlstatik, gut eingestellte arterielle Hypertonie). In der sozialmedizinischen Epikrise wurde ausgeführt, nach deutlicher Besserung der Beschwerden im Bereich der WS und Kniegelenke im Rahmen des Heilverfahrens seien die Einschränkungen durch Visusminderung und Schwindel unverändert geblieben. In Frage kämen noch undifferenzierte Überwachungsfunktionen, aber nicht auf Gerüsten oder mit der Bedingung der Fremd- und Selbstgefährdung, nur bei günstigen Lichtverhältnissen ohne Anforderungen an besondere Konzentrationsfähigkeit u. ä ...

Am 18.09.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger abermals nervenfachärztlich untersuchen und begutachten und zog weitere Arztunterlagen bei (u. a. Berichte der Universitäts-Augenklinik T. vom August 2003, augenärztliches Gutachten zur Vorlage bei der Fahrerlaubnisbehörde vom Mai 1992). Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen: 1. leichtes hirnorganisches Psychosyndrom, Schwindel bei Hydrocephalus internus, vermutlich nach Toxoplasmose-Infektion, 2. Dysthymia, 3. geringes Sehvermögen linkes Auge, 4. chronisch rezidivierendes Cervical- und Lumbalsyndrom, 5. Kniegelenksbeschwerden beidseits bei Innenminiskusschädigung, linkes Knie 9/01 operiert; als sonstige Diagnosen: 6. Magenbeschwerden bei leichter Gastritis, 7. medikamentös gut eingestellter hoher Blutdruck, 8. Übergewicht, 9. geringgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit, rechts Hörgeräteträger. Der neurologische Befund habe sich im Vergleich zum Vorgutachten nicht wesentlich geändert. Psychiatrischerseits bestehe eine chronisch depressive Verstimmung in wechselndem Ausmaß, aber immer leichteren Grades im Sinne der Dysthymie. Das persönliche Leben könne der Kläger gut gestalten, er benütze ein Auto, fahre damit seine Ehefrau zur Arbeit und hole sie wieder ab, er erledige die Einkäufe, koche auch gern, bereite das Essen vor, kümmere sich um die Angelegenheiten der Kinder und versorge auch die Enkelkinder. Der Kläger sei weiterhin in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen 6 Stunden und mehr zu verrichten.

Mit Bescheid vom 07.01.2004 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, aufgrund seiner Gesundheitsstörungen würden erheblich weitreichendere Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens verursacht als bisher anerkannt worden seien. Die vorhandene Sehminderung verschlechtere sich auch fortlaufend. Durch die langjährige gesundheitliche Einschränkung in Verbindung mit langjähriger Arbeitslosigkeit leide er inzwischen an einer erheblichen Depression, die sich mittlerweile weitgehend chronifiziert habe. Er sei keinesfalls mehr in der Lage, auch eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu betriebsüblichen Bedingungen noch wenigstens 6 Stunden täglich zu verrichten. Hierauf veranlasste die Beklagte ein allgemeinmedizinisch-internistisches Zusatzgutachten. Dr. M. erhob einen medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck ohne Komplikationen, ein ausgeprägtes Übergewicht, eine allenfalls leichtgradige wiederkehrende Bronchitis und fand keinen Anhalt für eine Herzleistungsschwäche. Aus internistischer Sicht bestehe ein über 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte, wahrscheinlich auch für mittelschwere körperliche Tätigkeiten, wobei wegen des hohen Blutdrucks und der wiederkehrenden Bronchitis Nachtschicht und Zeitdruck sowie inhalative Belastungen auszuschließen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er sein Begehren weiterverfolgte. Die Beklagte habe seine Gesundheitsstörungen und Beeinträchtigungen nicht angemessen berücksichtigt. Die fortlaufend verschlechterte Sehminderung führe zu einer massiven Einschränkung seines Leistungsvermögens. Er habe seine letzte Tätigkeit als Parkhauswächter auch nicht mehr ausüben können. Hinzu kämen immer wieder auftretende Schwindelattacken und Gleichgewichtsstörungen sowie starke Depressionen und Wirbelsäulenbeschwerden.

Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen.

Dr. I., Arzt für Innere Medizin, äußerte sich dahingehend, dass der Kläger nicht in der Lage sei, leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Er habe häufig Magenschmerzen und müsse sich hinlegen; er berichte über Schmerzen von Seiten der Wirbelsäule und habe laufend chronischen Husten. Er klage über starke Schwindelanfälle und müsse sich auch in der Praxis bei längeren Wartezeiten in einem Extraraum aufhalten und sich legen.

Dr. G., Facharzt für Orthopädie, verwies unter Beifügung weiterer Arztunterlagen (u.a. eigene Berichte aus den Jahren 1986 bis 2001, OP-Bericht über eine Arthroskopie des linken Kniegelenks vom September 2001, Reha-Entlassungsberichte der Fachliniken S. vom Juli 1993 und der R. B. K. vom Mai 2003) auf seine Arztauskunft vom Juli 2004 an das SG im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens (S 9 SB 1184/04). Aussagen zu wesentlichen Änderungen könne er nicht machen, eine Besserung habe er nicht gesehen. Auch sei ihm eine Bewertung des Leistungsvermögens nicht möglich.

Dr. F., Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Allergologie, hat über einen Zustand nach dreimaliger Nasennebenhöhlenoperation links berichtet. Aufgrund der zuletzt erhobenen Befunde bestünden keine Bedenken gegen leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich.

Dr. M., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, teilte mit, seit Oktober 2003 sei keine Behandlung und keine Untersuchung des Klägers erfolgt.

Das SG nahm ferner Kopien ärztlicher Berichte aus dem Verfahren S 9 SB 1184/04 zu den Akten (u.a. des Augenarztes Dr. C., des Internisten Dr. I. und des Prof. Dr. Z., Universitäts-Augenklinik T., jeweils vom Juni 2004, Arztbriefe der Universitäts-Augenklinik T. vom August 2003, Anerkenntnis des Landesversorgungsamtes B.-W. - GdB 100 seit 16.06.2003 - nebst versorgungsärztlicher Stellungnahme).

Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete sodann Dr. S. ein nervenärztliches Gutachten. Dieser führte zusammenfassend aus, auf nervenärztlichem Gebiet sei eine Erweiterung der inneren, nervenwassergefüllten Räume des Gehirns (Hydrocephalus internus) feststellbar, ohne dass eine Druckwirkung auf das Gehirn oder ein Übertritt von Nervenwasser in das Hirngewebe (aufgrund einer Liquorzirkulationsstörung, eine so genannte Liquordiapedese) bestehen würde. Diese Veränderung der nervenwassergefüllten Hohlräume sei auf eine Entzündung zurückzuführen, die auch den Sehnerven sowie nach allen Berichten wohl auch die Hörnerven beeinträchtigt habe. Mit diesen Beeinträchtigungen ebenso wie mit einer möglichen Einschränkung der geistigen Arbeitsgeschwindigkeit (ohne dass eine auch nur leichtgradige geistige Behinderung bestehen würde) sei der Kläger jahrzehntelang beruflich tätig gewesen. Eine Verschlechterung sei nicht eingetreten. Der Kläger sollte Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung unterlassen, ferner Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Sehvermögen und an das räumliche Sehen stellen. Die geschilderte Hörstörung lasse sich wohl mit Hörgeräten gut ausgleichen, so dass hiervon keine weitere Beeinträchtigung zu erwarten sei. Aufgrund des unspezifischen und schwer einzustufenden Schwindels sollten Tätigkeiten auf Gerüsten unterbleiben. Bei Beachtung dieser und auch der internistischerseits gemachten Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, vollschichtig (7,5 bis 8 Stunden täglich bei 5 Tagen in der Woche) einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Die Leistungseinstufung decke sich mit den Einstufungen in den Gutachten der Nervenärztin S. und des Internisten M ... Allerdings habe er im Gegensatz zur Ärztin S. keine Depression festgestellt.

Zu den Akten gelangte ferner ein radiologischer Befundbericht über die im Februar 2005 durchgeführte Computertomographie des Kopfes.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 28.12.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es, gestützt auf die Gutachten des Dr. S. und der Ärztin S., aus, der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden täglich unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen erwerbstätig sein. Es seien keine nicht bereits bekannten Störungen feststellbar gewesen, vielmehr sei die seit Jahrzehnten bestehende Erweiterung der inneren, nervenwassergefüllten Hohlräume des Gehirns nach wie vor zu verzeichnen mit der hierdurch verursachten geringen, nicht leistungsrelevanten Beeinträchtigung der geistigen Leistungsbreite sowie seit Kindheit unverändert immer wieder auftretender Kopfschmerzen und eines unspezifischen Schwindels. Eine Verschlechterung der seit Jahrzehnten bestehenden Beeinträchtigung des Sehvermögens des linken Auges sei nicht feststellbar. Die Kammer schließe sich der Beurteilung des erfahrenen Gerichtsgutachters an. Dieser Beurteilung liege eine umfassende Untersuchung und Prüfung der Akten sowie die Durchführung von Testuntersuchungen zugrunde. Auch der von Dr. S. abgefragte Tagesablauf sowie die Alltagsbewältigung, die dem Kläger möglich sei, belegten die Beurteilung, dass eine zeitliche Herabminderung des Leistungsvermögens nicht vorliege. Auch auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet seien keine Gesundheitsstörungen beschrieben, aus denen sich eine erhebliche Leistungsbeeinträchtigung ableiten ließe. Der Beurteilung von Dr. I. sei nicht zu folgen, da er in erster Linie die subjektiven Schilderungen des Klägers mitteile und werte, ohne diese mit nachvollziehbaren Befunden zu belegen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er keinen Berufsschutz genieße und damit auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes umfassend verweisbar sei.

Hiergegen richtet sich die am 13.01.2006 eingelegte Berufung des Klägers. Er hält daran fest, dass ihm wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes die Ausübung einer nennenswerten Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich sei. Er hat im weiteren Verfahren einen radiologischen Befundbericht des Dr. O. über die im November 2006 durchgeführte Kernspintomographie des Neurocranium und der Schädelbasis vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Dezember 2005 sowie den Bescheid vom 07. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Beklagte hat dem Kläger ein stationäres Heilverfahren bewilligt, welches vom 12.04. bis 17.05.2006 in der Z.klinik S. B. durchgeführt und aus welchem der Kläger arbeitsfähig entlassen worden ist (Diagnosen: rez. depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, Cervicobrachialgie bds., chron. rez. Lumbalgie, Hydrocephalus internus, chron. Schwindel). In der sozialmedizinischen Epikrise wurde festgehalten, dass der Kläger für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als 6 Stunden täglich arbeitsfähig sei. Hinsichtlich der Hydrocephalus-Problematik sei von einer Einschränkung der psychofunktionalen Leistungsfähigkeit auszugehen. Insbesondere bestehe eine Beeinträchtigung bei der Durchführung von komplexeren Aufgaben. Es bestünden folgende Einschränkungen: keine besonderen Anforderungen der Arbeit an das Konzentrations- oder Reaktionsvermögen, keine Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, keine Arbeiten mit häufigem Bücken oder vornüber gebeugter Haltung, keine Arbeiten, die ein Ersteigen von Treppen, Leitern oder Gerüsten erforderlich machen oder einer Gang- und Standsicherheit bedürfen. Zu vermeiden seien auch das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 Kilogramm, inhalative Belastung, Aufgaben, die eine volle Funktionsfähigkeit des Sehvermögens erfordern und Aufgaben, die räumliches Sehen erforderlich machen.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat Dr. R. S., Kliniken S. K., mit der Erstattung eines neuropsychiatrisch-psychosomatischen Gutachtens beauftragt. Dr. S. hat zusammenfassend dargelegt, beim Kläger liege auf neurologischem Fachgebiet ein Hydrocephalus internus vor, der einhergehe mit einer Erweiterung der inneren Gehirnkammern ohne Druckwirkung auf das Gehirn und ohne Übertritt von Nervenwasser in das Hirngewebe. Dieser Hydrocephalus internus sei in der Folge einer im frühen Kindesalter erworbenen erregerbedingten Meningitis und Encephalitis aufgetreten. Diese habe weiterhin zu einer hochgradigen linksseitigen Visusminderung im Sinne einer Amblyopie geführt. Außerdem bestehe infolge dieser Entzündung auch eine Beeinträchtigung der Hörnerven mit einem erforderlichen Ausgleich durch Hörgeräte. Im Gefolge dieser Erweiterung der Gehirnkammer berichte der Kläger bereits seit vielen Jahren von einer diffusen Schwindelsymptomatik. Psychischerseits bestünden infolge dieser frühkindlichen Entzündung leichte Anteile eines hirnorganischen Psychosyndroms in Form von leichter Verlangsamung, Umstellungserschwernis und mangelnder Flexibilität, welches in allen zur Verfügung stehenden Akten und in Kenntnis der Vorgeschichte seit Jahren bekannt und gut dokumentiert sei. Außerdem bestehe nach dem jetzigen Untersuchungsbefund eine Dysthymia. Kompliziert werde diese dysthyme Entwicklung durch eine paranoide Persönlichkeitsentwicklung, die durch die Untersuchung SKID II zur Persönlichkeitsdiagnostik habe erfasst werden können. Eine Wechselwirkung mit jeweiliger Verstärkung der Symptomatik bestehe zwischen der dysthymen Störung und den Anteilen der hirnorganischen Symptomatik, die ihrerseits beeinflusst würden durch die Persönlichkeitsstörung und im Endergebnis zu bereits in den neuropsychologischen Voruntersuchungen fassbaren Veränderungen des Arbeitstempos bei einer durchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit geführt hätten, ohne dass die jahrelange berufliche Tätigkeit hierdurch wesentlich negativ beeinflusst worden wäre. Eine Verschlechterung gegenüber erfasster Vorbefunde sei diesbezüglich nicht eingetreten. Die aufgeführten Störungen, im Einzelnen das organische Psychosyndrom, bedingten qualitative Einschränkungen des Leistungsbildes, vor allem bezogen auf Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit oder mit besonderer geistiger Beanspruchung, hoher Verantwortung für komplexe Abläufe oder das Bedienen von Maschinen. Weiterhin bestehe die Gefahr einer Akzentuierung der dysthymen Störung durch überwiegend eintönig verlaufende Tätigkeiten wie Akkord- und Fließbandarbeit, so dass diese nicht empfehlenswert seien, während Tätigkeiten mit hoher Beanspruchung des Sehvermögens und dem Erfordernis eines intakten räumlichen Sehens der hochgradigen linksseitigen Amblyopie wegen nicht zu empfehlen seien. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit besonderer Beanspruchung des Gleichgewichtsempfindens, seien wegen der Schwindelsymptomatik zu vermeiden. Hingegen seien überwiegend leichte Tätigkeiten mit einem hohen Routineanteil, der Möglichkeit regelmäßiger Pausen in Tagesschicht ohne Nachtarbeit, mit kurzer Einarbeitungszeit und hohem praktischen Anteil im Sinne von leichten Männerarbeiten in überwiegend sitzender, auch wechselnder Körperhaltung, mit geringem Publikumsverkehr und ohne zusätzliche Gefährdungs- oder Belastungsfaktoren sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zumutbar. Aus der aktuellen Begutachtung ergäben sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Einschränkungen bezogen auf die Dauer der Arbeitszeit. Der Kläger sei in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern innerhalb eines Zeitraums von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Er sei gewohnt, täglich selbst Auto zu fahren und sei ebenso in der Lage, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel auch während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Der Kläger werde für fähig erachtet, die zuletzt durchgeführte Tätigkeit als Parkwächter weiterhin zu verrichten. Die festgestellten Leistungseinschränkungen seien seit vielen Jahren beschrieben und als insgesamt lebensbegleitend einzuschätzen im Gefolge der frühkindlichen erregerbedingten entzündlichen Hirnerkrankung. Die überlagernden psychischen Störungen begründeten darüber hinaus die dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Vorprozessakten S 3 J 2268/96 und S 3 RJ 1773/01 sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 07.01.2004 zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor. Zwar hat er - wie sich aus dem Bescheid vom 07.01.2004 ergibt - die Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt; in Übereinstimmung mit dem SG kommt jedoch auch der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert ist. Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet aufgrund des beruflichen Werdeganges des Klägers aus, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSGE 62, 74 ff.; 59, 249 ff. sowie 43, 243, 246; BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 49 und 50) ist der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Damit ist der Kläger auch nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung führen zu keinem anderen Ergebnis. Auch der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass beim Kläger der Leistungsfall der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung eingetreten ist.

Bei der Beurteilung des gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers stützt sich der Senat auf die urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. und des Internisten Dr. M., ferner auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. S. und den Entlassungsbericht der Z.klinik vom Mai 2006. Außerdem berücksichtigt er die Aussagen der behandelnden Ärzte im erstinstanzlichen Verfahren und das neuropsychiatrisch-psychosomatische Gutachten von Dr. S ... Danach leidet der Kläger im wesentlichen an folgenden Gesundheitsstörungen: Hydrocephalus internus in Folge einer frühkindlich durchgemachten Meningitis und Encephalitis mit leichten Anteilen eines hirnorganischen Psychosyndroms in Form leichter Einschränkungen der kognitiven Verarbeitung und Arbeitsgeschwindigkeit, einer hochgradigen Sehstörung des linken Auges im Sinne einer Amblyopie, einer Beeinträchtigung der Hörnerven mit einem erforderlichen Ausgleich durch Hörgeräte, einem Schwindelgefühl und Kopfschmerzen, einer Dysthymia (chronische Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen), einer Cervikobrachialgie beidseits und rezidivierenden Lumbalgie, Kniegelenksbeschwerden beidseits bei Innenmeniskus-Operation linkes Knie im September 2001, einem medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck ohne Komplikationen und einer leichtgradigen wiederkehrenden Bronchitis. Darüber hinaus diagnostizierte Dr. S. aufgrund seiner Untersuchung beim Kläger eine paranoide Persönlichkeitsentwicklung. Insoweit besteht eine Wechselwirkung zwischen der dysthymen Störung und den Anteilen der hirnorganischen Symptomatik, die ihrerseits beeinflusst werden durch die Persönlichkeitsstörung. Letztere wirkt sich - so Dr. S. - in sozialmedizinischer Hinsicht nicht aus, sondern hat Relevanz in der therapeutischen Konsequenz, indem sie die Indikation für eine ambulante Psychotherapie unterstreicht.

Wegen der vorgenannten Gesundheitsstörungen ist das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers zwar deutlich eingeschränkt. Er ist aber weiterhin fähig, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit oder mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung für komplexe Abläufe oder das Bedienen von Maschinen. Vermeiden muss er ferner häufiges Bücken, Akkord- und Fließbandarbeiten, Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Sehvermögen und an das räumliche Sehen stellen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Nachtarbeit und inhalative Belastungen. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der - im Ergebnis - übereinstimmenden Beurteilungen des gesundheitlichen Leistungsvermögens durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. und die Dres. M. und S. sowie die Ärzte der Z.klinik im Entlassungsbericht. Diesen ärztlichen Äußerungen zu folgen hegt der Senat keine Bedenken, zumal auch Dr. S. trotz diagnostischer Abweichung von Dr. S. im Hinblick auf eine paranoide Persönlichkeitsentwicklung und die bereits früher festgestellte dysthyme Störung im Ergebnis dessen sozialmedizinische Beurteilung und die sämtlicher Vorgutachter und Kurärzte bestätigt hat.

Soweit hiervon abweichend Dr. I. ein sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers verneint hat, überzeugt dies den Senat nicht, denn Dr. I. hat keine weitergehenden oder schwererwiegenden objektiven Befunde mitgeteilt, sondern in erster Linie die subjektiven Beschwerdeschilderungen des Klägers unkritisch übernommen. Der von ihm beschriebene "stärkste Schwindel" wurde weder bei den zahlreichen Begutachtungen noch während der Heilverfahren beobachtet. Das gleiche gilt bezüglich der nicht nachvollziehbar begründeten Abnahme der Gedächtnisleistung und Merkfähigkeit des Klägers. Im Widerspruch zu der Aussage von Dr. I. steht auch die Tatsache der normalen Alltagsgestaltung des Klägers einschließlich häufiger Autofahrten.

Mithin ist festzustellen, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich leistungsfähig ist.

Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht dem Kläger keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen des Klägers erlaubt ihm noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten mit hohem Routineanteil gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von einfachen Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen. Insoweit sind auch nach den Darlegungen von Dr. S. nur Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit des Klägers ausgeschlossen. An die Möglichkeit betriebsunüblicher Pausen muss nur bei anspruchsvolleren Tätigkeiten gedacht werden, nicht jedoch bei einfachen Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, die die Einhaltung regelmäßiger Pausen, auch im Rahmen der persönlichen Verteilzeit, erlauben. Dem entspricht im übrigen die vom Kläger bereits früher ausgeübte Tätigkeit als Parkwächter. Tätigkeiten mit komplexeren Aufgaben und Anforderungen an Flexibilität bzw. Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung kommen bei dem beruflichen Werdegang des Klägers ohnehin nicht in Betracht.

Schließlich stellt auch die praktische Blindheit des linken Auges keine ungewöhnliche Leistungseinschränkung dar, denn diese Gesundheitsstörung besteht bereits seit Kindheit und hat den Kläger nicht gehindert, nahezu 20 Jahre lang vollschichtig im Erwerbsleben tätig zu sein. Das gleiche gilt bezüglich der Schwindelsymptomatik und der Kopfschmerzen. Das Hörvermögen ist mit Hörgeräten ausgeglichen und beeinträchtigt die Umgangssprache nicht. Dem Kläger ist auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle des Klägers ist keiner dieser Fälle gegeben.

Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass der Kläger keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz findet, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).

Die Berufung des Klägers konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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