L 2 U 1826/07 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 1102/07 A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 1826/07 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1950 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG; S 14 U 694/05) die Anerkennung mehrerer Gesundheitsstörungen - u.a. einer Durchblutungsstörung der Hände sowie einer progressiven systemischen Sklerodermie (PSS) - als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bzw. nach § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) und die Gewährung einer Rente nach einer Minderung einer Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (vH). Nach Einholung eines hautfachärztlichen Gutachtens (gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) bei Prof. Dr. M, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie der Technischen Universität D, der die Anerkennung einer BK nach Nr. 2104 sowie der PSS nach § 9 Abs. 2 SGB VII befürwortete und die MdE auf 100 vH schätzte, beauftragte das SG mit Beweisanordnung vom 16.11.2006 Prof. Dr. Dr. K, Arzt für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am Institut für Medizinische Begutachtung und Prävention in K, mit der Erstellung eines Gutachtens. Im Gegensatz zu Prof. Dr. M verneinte dieser in seinem Gutachten vom 10.01.2007 sowohl das Vorliegen einer BK nach Nr. 2104 als auch die Anerkennung der PSS nach § 9 Abs. 2 SGB VII (Quasi-BK). Nach Zuleitung des Gutachtens (am 15.01.2007 vom SG zur Post gegeben) lehnte der Kläger mit Schreiben vom 27.02.2007 unter Beifügung einer kritischen Stellungnahme von Prof. Dr. M (vom 06.02.2007) zum Gutachten des Prof. Dr. Dr. K diesen wegen Besorgnis der Befangenheit mit der Begründung ab, der Kläger habe erst durch Internetrecherchen seines Prozessbevollmächtigten am 24.02.2007 von der Nähe des Gutachters zur gesetzlichen Unfallversicherung durch berufsgenossenschaftliche Publikationen und Referate bei Berufsgenossenschaften erfahren. Er sei als Arbeitsmediziner nicht zur Beurteilung qualifiziert. Das SG hat das Ablehnungsgesuch des Klägers mit Beschluss vom 22. März 2007 zurückgewiesen. Soweit der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt des Gutachtens hergeleitet werde, sei dies nach mehr als einem Monat nach Zugang des Gutachtens jedenfalls nicht mehr unverzüglich geltend gemacht. Die in der Person liegenden Gründe habe er nicht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Bestellung vorgebracht. Inhaltlich beziehe sich zudem die Kritik nicht auf die Untersuchung oder Textteile des Gutachtens, sondern richte sich gegen die von Prof Dr. Dr. K vertretene wissenschaftliche Lehrmeinung. Gründe für die schuldlose rechtzeitige Geltendmachung von Ablehnungsgründen in der Person des Gutachters habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Mit der Beschwerde macht der Kläger unter Berufung auf Huber in Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 406 Rdnr. 13 geltend, dass der Antrag mangels einer Pflicht des Klägers zu Nachforschungen wegen der Unparteilichkeit nicht verspätet gewesen sei.

II.

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG), der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des SG vom 22.03.2007 ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Voraussetzungen, unter denen eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtzeitig erfolgen kann, erschöpfend dargelegt und mit zutreffender Begründung verneint. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG analog). Hieran ändert auch der im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Grund nichts; die Partei verliert das Ablehnungsrecht, wenn sie nicht zeitig sorgfältige Erkundigungen nach der Person und dem Verfahren des Sachverständigen eingezogen hat (Baumbach/Lauterbach, ZPO,65. Aufl., § 406 Rdnr. 25), was vorliegend bei der nachträglichen Internetrecherche der Fall ist. Der vom Klägerbevollmächtigten zitierten abweichenden Auffassung von Huber in Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 406 Rdnr. 13 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die zitierte Kommentarstelle mit Bezug auf Rdnr. 5, die die "persönliche" Beziehung des Sachverständigen zu einer Partei im Sinne des § 41 ZPO betrifft, insoweit einschränkend zu verstehen ist; darüber hinaus hält der Senat im Hinblick auf die heutigen Möglichkeiten der Recherche im Internet Nachforschungen nicht für unzumutbar (s. Baumbach/Lauterbach, aaO), weil sich die Frage - so Huber - wo und auf welche Weise nachgeforscht werden sollte, nicht ernsthaft stellt.

Dessen ungeachtet wäre der geltend gemachte Grund auch nicht geeignet, bei vernünftiger Betrachtungsweise bei einem Beteiligten Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen aufkommen zu lassen und somit eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das Institut von Prof. Dr. Dr. K ist eine privatrechtliche und unabhängige Einrichtung für fachübergreifende Begutachtungen. Als solcher ist der Sachverständige wirtschaftlich nicht von den Berufsgenossenschaften abhängig. Die behauptete Nähe zu berufsgenossenschaftlichen Einrichtungen ist daher nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass Prof. Dr. Dr. K im konkreten Fall bei der Erstellung des Gutachtens die zu fordernde und gebotene objektive Sichtweise verlassen hat, sind vom Kläger nicht dargelegt und für den Senat auch nicht ersichtlich. Im Übrigen wäre eine Besorgnis der Befangenheit nicht einmal bei einer Tätigkeit in einem vom HVBG getragenen Institut begründet (HK-SGG, Roller, § 118 Rdnr. 24). Ebenso wenig ist die behauptete mangelnde Qualifikation ein Ablehnungsgrund (HK-SGG, aaO mwN), sondern im Zusammenhang mit der Verwertbarkeit des eingeholten Gutachtens zu diskutieren.

Die Kostenentscheidung ergeht analog § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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