Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2765/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1922/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid vom 9.3.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist im Überprüfungsverfahren die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.
Die 1962 geborene Klägerin stand nach einer Beschäftigung von Juni 1992 bis September 1993 ab November 1993 (erneut) im Leistungsbezug bei der Beklagten. Bis 30.10.1994 bezog sie Arbeitslosengeld, ab 31.10.1994 Alhi. Alhi wurde gewährt bis 31.5.1996, ab 1.6.1996 meldete sich die Klägerin in Arbeit ab. Am 3.7.1996 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Alhi. Dabei verneinte sie, Einkünfte oder Vermögen zu haben, sie bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Alhi wurde daraufhin mit Bescheid vom 26.8.1996 ab 3.7.1996 weiterbewilligt und bis 26.10.1996 (Besuch einer Fachschule ab 28.10.1996) gewährt.
Im August 2003 wurde der Beklagten bekannt, dass die Klägerin am 2.7.1996 bei der Türkischen Nationalbank in Ankara (TCMB) einen Betrag von 25.000 DM in einem Kreditbrief mit zwei Jahren Laufzeit angelegt hatte.
Nach vorheriger Anhörung der Klägerin wurde mit Bescheid vom 26.11.2003 die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 3.7. bis 26.10.1996 aufgehoben und die überzahlte Alhi in Höhe von 2367,28 Euro nebst Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 630,34 Euro und Pflegeversicherungsbeiträgen von 79,97 Euro, insgesamt also 3077,59 Euro zurückgefordert. Die Klägerin sei in dieser Zeit nicht bedürftig gewesen. Sie habe nämlich bei der türkischen Nationalbank eine Spareinlage von 25.000 DM gehabt. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil die Klägerin auf dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" zum Antrag mindestens grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe. Der Bescheid vom 26.11.2003 wurde bestandskräftig.
Nachdem ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs zum Nachteil der Beklagten im Februar 2005 (insoweit wegen eingetretener Verjährung) eingestellt worden war, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 28.3.2005 die Überprüfung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.4.2005 mit der Begründung ab, es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Den von der Klägerin nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4.8.2005 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 30.8.2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Zur Begründung ist vorgebracht worden, die Klägerin habe sich wegen damals überdurchschnittlich hoher Zinsen in der Türkei dazu hinreißen lassen, bei ihrer damaligen Hausbank, der Volksbank L.-N. am 1.7.1996 ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag von 30.000 DM und einem Gesamtbetrag von 35.692,67 DM aufzunehmen. Davon sei am 2.7.1996 der Anlagebetrag von 25.000 DM an die Türkische Nationalbank überwiesen worden. Der verbliebene Betrag habe den Freibetrag nicht überstiegen. Die Klägerin habe also keine unrichtigen Angaben gemacht.
Nach vorheriger entsprechender Information der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 8.3.2006 die Klage abgewiesen. Es hat in den Entscheidungsgründen unter ausführlicher Zitierung der hier anzuwendenden Rechtsnormen (insbesondere §§ 44, 45, 50 SGB X, § 134 AFG und § 6 AlhiVO) ausgeführt, bei Erlass des Bescheides vom 26.11.2003 sei die Beklagte weder von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen habe, noch sei das Recht von ihr unrichtig angewandt worden.
Der zurückgenommene Alhi-Bewilligungsbescheid sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin Leistungen nicht zugestanden hätten. Sie sei nämlich nicht bedürftig gewesen. Sie habe mit der Spareinlage bei der Türkischen Nationalbank verwertbares Vermögen gehabt. Demgegenüber sei die Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Volksbank L.-N. nicht in Ansatz zu bringen. Denn der Ansatz von Verbindlichkeiten sei nur dann auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögensgegenstände geboten, wenn die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasteten. Nicht ausreichend sei ein bloßer zeitlicher Zusammenhang. Vielmehr müsse auch ein sachlicher und rechtlicher Zusammenhang gegeben sein. Dies sei hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Anlage als Sparvermögen einer weiteren (originären) Willenserklärung bedurft habe. Im übrigen könne die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten nur bei der Frage der Verwertbarkeit bzw. der Zumutbarkeit der Verwertung erfolgen. Da die Klägerin vorgetragen habe, das Darlehen aufgenommen zu haben, um durch eine Geldanlage in der Türkei einen Gewinn zu erzielen, könne von einer Unzumutbarkeit der Verwertung der Geldanlage in der Türkei nicht ausgegangen werden.
Die rechtswidrige Bewilligung der Alhi für die genannte Zeit habe auch darauf beruht, dass die Klägerin jedenfalls grobfahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht habe, indem sie die Spareinlagen bei der TCMB nicht mitgeteilt habe. Die Klägerin sei im Antrag auf Alhi ausdrücklich und unmissverständlich (auch) nach Sparbriefen oder ähnlichem - mithin nach Auffassung des Gerichts auch Spareinlagen - gefragt worden. Diese Frage habe sie verneint und die Spareinlagen nicht angegeben. Die Klägerin habe damit grobfahrlässig gehandelt, zumal sie im Merkblatt für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnisnahme sie ebenfalls durch ihre Unterschrift bestätigt habe, darauf nochmals hingewiesen worden sei. Die Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sei gewahrt.
Gegen diesen am 14.3.2006 gestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 13.4.2006 Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass die Verwertung des Vermögens der Klägerin nicht zumutbar gewesen wäre. Nach Ansicht des SG hätte die Klägerin den in der Türkei angelegten Betrag mit dem damit verbundenen Zinsverlust abheben und für ihren Lebensunterhalt verwenden müssen. Hierbei werde übersehen, dass dies wirtschaftlich gleichbedeutend gewesen wäre mit einer Aufnahme des Darlehens bei der Volksbank ohne korrespondierende Geldanlage in der Türkei. Die Auflösung des Kontos in der Türkei wäre mit einer wirtschaftlichen Belastung für die Klägerin in Höhe von 5.692,67 DM, mithin von über einem Siebtel des gesamten Bruttodarlehensbetrages verbunden gewesen. Angesichts dieser wirtschaftlichen Konsequenz sei die vom SG verlangte Verwertung des Anlagevermögens in der Türkei offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne der Alhi-VO gewesen.
Auf die Rückfrage des Senats, wovon die Klägerin das bei der Volksbank aufgenommene Darlehen in der Zeit ab 1.8.1996 (monatliche Raten von 992,- DM) zurückgezahlt habe, hat die Klägerin angegeben, im gegenständlichen Zeitraum der Gewährung von Alhi (3.7.1996 bis 26.10.1996) ihren Lebensunterhalt, insbesondere die Raten an die Volksbank von der Differenz des Nettokreditbetrag des Anlagebetrag in der Türkei (30.000 DM - 25.000 DM = 5.000 DM) bestritten zu haben. Außerdem sei sie hinsichtlich der Raten bei der Volksbank von ihrem Vater unterstützt worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 9.3.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2005 zu verpflichten, den Bescheid vom 26.11.2003 zurückzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid die hier anzuwendenden Rechtsnormen ausführlich und zutreffend dargestellt. Das SG hat auch zutreffend begründet, dass und aus welchem Grund die Beklagte bei Erlass des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 26.11.2003 weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist noch das Recht unrichtig angewandt hat. Das SG hat auch zutreffend begründet, dass die Alhi-Bewilligung für die Zeit ab 3.7.1996 deswegen von Anfang an unrichtig gewesen ist, weil die Klägerin über verwertbares Vermögen verfügte, worüber sie im Alhi-Antrag mindestens grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht hatte.
Der Senat weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück. Er nimmt auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Berufungsvorbringen der Klägerin ist lediglich ergänzend auszuführen, dass die Klägerin nicht schlüssig oder glaubhaft darlegen konnte, dass ihr die Verwertung des bei der Türkischen Nationalbank angelegten Sparbetrages nicht hätte zugemutet werden können. Der Klägerin hätte von Anfang an klar sein müssen, dass sie nicht kreditfinanzierte gewinnorientierte Kapitalanlagen bei der Türkischen Nationalbank tätigen und gleichzeitig von der Beklagten bedürftigkeitsabhängige Sozialleistungen beziehen kann. Hierüber konnte sich die Klägerin nach der Überzeugung des Senats ebenso wenig im Unklaren sein wie über die Unrichtigkeit ihrer Angaben über nicht vorhandenes Vermögen im Alhi-Antrag.
Dem Vorbringen der Klägerin, die Verwertung des Vermögens sei unzumutbar gewesen, weil, wenn schon keine rechtliche, so doch eine wirtschaftliche Verbindung des Vermögens mit dem Darlehensbetrag bestanden habe, kann nicht gefolgt werden. Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) in der auch vom SG zugrundegelegten Entscheidung (SozR 3-4220 § 6 Nr. 8) eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Verwertung von Vermögen in Höhe der Verbindlichkeiten ausdrücklich zugelassen. Allerdings ist eine Unzumutbarkeit danach nur dann möglich, wenn Vermögen und Verbindlichkeit nach Entstehung und beabsichtigter Tilgung miteinander verknüpft sind. Erforderlich ist insoweit jeweils ein zeitlicher und ein ursächlicher Zusammenhang, der die Beurteilung erlaubt, Vermögensbestandteil und Verbindlichkeit würden eine wirtschaftliche Einheit bilden. Ferner muss das zur Tilgung der Verbindlichkeit bereitgestellte Vermögen auch seiner Art nach geeignet sein, die Tilgung der Verbindlichkeit sicherzustellen. All dies ist im Fall der Klägerin nicht gegeben. Der Vermögenswert war in einem Sparbrief auf zwei Jahre in der Türkei angelegt, während das aufgenommene Darlehen ab dem ersten Monaten nach der Aufnahme in 36 gleichen Monatsraten zurückzuzahlen war und auch zurückgezahlt wurde. Von einer wirtschaftlichen Verknüpfung kann demnach keine Rede sein.
Die Klägerin sei noch - ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt - darauf hingewiesen, dass sie nicht nur im hier streitigen Aufhebungszeitraum Alhi bezogen hat, sondern auch in der Zeit vom 27.2.1997 bis 28.8.1997 und vom 25.9.1997 bis 23.3.1998. Auch in dieser Zeit hat die Klägerin das Darlehen der Volksbank mit monatlichen Raten von 992,- DM zurückgezahlt, obwohl sie gleichzeitig nur etwa 1170 DM monatlich Alhi bezog. Dies zeigt, dass die Klägerin auch während des weiteren Alhi-Bezuges Unterstützungsleistungen tatsächlich bezogen haben muss, die die Bedürftigkeit in dieser Zeit beseitigt oder zumindest gemindert hätten.
Die Berufung der Klägerin gegen den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Mit dem Einverständnis der Beteiligten geschieht dies gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist im Überprüfungsverfahren die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.
Die 1962 geborene Klägerin stand nach einer Beschäftigung von Juni 1992 bis September 1993 ab November 1993 (erneut) im Leistungsbezug bei der Beklagten. Bis 30.10.1994 bezog sie Arbeitslosengeld, ab 31.10.1994 Alhi. Alhi wurde gewährt bis 31.5.1996, ab 1.6.1996 meldete sich die Klägerin in Arbeit ab. Am 3.7.1996 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Alhi. Dabei verneinte sie, Einkünfte oder Vermögen zu haben, sie bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Alhi wurde daraufhin mit Bescheid vom 26.8.1996 ab 3.7.1996 weiterbewilligt und bis 26.10.1996 (Besuch einer Fachschule ab 28.10.1996) gewährt.
Im August 2003 wurde der Beklagten bekannt, dass die Klägerin am 2.7.1996 bei der Türkischen Nationalbank in Ankara (TCMB) einen Betrag von 25.000 DM in einem Kreditbrief mit zwei Jahren Laufzeit angelegt hatte.
Nach vorheriger Anhörung der Klägerin wurde mit Bescheid vom 26.11.2003 die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 3.7. bis 26.10.1996 aufgehoben und die überzahlte Alhi in Höhe von 2367,28 Euro nebst Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 630,34 Euro und Pflegeversicherungsbeiträgen von 79,97 Euro, insgesamt also 3077,59 Euro zurückgefordert. Die Klägerin sei in dieser Zeit nicht bedürftig gewesen. Sie habe nämlich bei der türkischen Nationalbank eine Spareinlage von 25.000 DM gehabt. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil die Klägerin auf dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" zum Antrag mindestens grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe. Der Bescheid vom 26.11.2003 wurde bestandskräftig.
Nachdem ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs zum Nachteil der Beklagten im Februar 2005 (insoweit wegen eingetretener Verjährung) eingestellt worden war, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 28.3.2005 die Überprüfung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.4.2005 mit der Begründung ab, es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Den von der Klägerin nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4.8.2005 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 30.8.2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Zur Begründung ist vorgebracht worden, die Klägerin habe sich wegen damals überdurchschnittlich hoher Zinsen in der Türkei dazu hinreißen lassen, bei ihrer damaligen Hausbank, der Volksbank L.-N. am 1.7.1996 ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag von 30.000 DM und einem Gesamtbetrag von 35.692,67 DM aufzunehmen. Davon sei am 2.7.1996 der Anlagebetrag von 25.000 DM an die Türkische Nationalbank überwiesen worden. Der verbliebene Betrag habe den Freibetrag nicht überstiegen. Die Klägerin habe also keine unrichtigen Angaben gemacht.
Nach vorheriger entsprechender Information der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 8.3.2006 die Klage abgewiesen. Es hat in den Entscheidungsgründen unter ausführlicher Zitierung der hier anzuwendenden Rechtsnormen (insbesondere §§ 44, 45, 50 SGB X, § 134 AFG und § 6 AlhiVO) ausgeführt, bei Erlass des Bescheides vom 26.11.2003 sei die Beklagte weder von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen habe, noch sei das Recht von ihr unrichtig angewandt worden.
Der zurückgenommene Alhi-Bewilligungsbescheid sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin Leistungen nicht zugestanden hätten. Sie sei nämlich nicht bedürftig gewesen. Sie habe mit der Spareinlage bei der Türkischen Nationalbank verwertbares Vermögen gehabt. Demgegenüber sei die Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Volksbank L.-N. nicht in Ansatz zu bringen. Denn der Ansatz von Verbindlichkeiten sei nur dann auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögensgegenstände geboten, wenn die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasteten. Nicht ausreichend sei ein bloßer zeitlicher Zusammenhang. Vielmehr müsse auch ein sachlicher und rechtlicher Zusammenhang gegeben sein. Dies sei hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Anlage als Sparvermögen einer weiteren (originären) Willenserklärung bedurft habe. Im übrigen könne die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten nur bei der Frage der Verwertbarkeit bzw. der Zumutbarkeit der Verwertung erfolgen. Da die Klägerin vorgetragen habe, das Darlehen aufgenommen zu haben, um durch eine Geldanlage in der Türkei einen Gewinn zu erzielen, könne von einer Unzumutbarkeit der Verwertung der Geldanlage in der Türkei nicht ausgegangen werden.
Die rechtswidrige Bewilligung der Alhi für die genannte Zeit habe auch darauf beruht, dass die Klägerin jedenfalls grobfahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht habe, indem sie die Spareinlagen bei der TCMB nicht mitgeteilt habe. Die Klägerin sei im Antrag auf Alhi ausdrücklich und unmissverständlich (auch) nach Sparbriefen oder ähnlichem - mithin nach Auffassung des Gerichts auch Spareinlagen - gefragt worden. Diese Frage habe sie verneint und die Spareinlagen nicht angegeben. Die Klägerin habe damit grobfahrlässig gehandelt, zumal sie im Merkblatt für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnisnahme sie ebenfalls durch ihre Unterschrift bestätigt habe, darauf nochmals hingewiesen worden sei. Die Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sei gewahrt.
Gegen diesen am 14.3.2006 gestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 13.4.2006 Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass die Verwertung des Vermögens der Klägerin nicht zumutbar gewesen wäre. Nach Ansicht des SG hätte die Klägerin den in der Türkei angelegten Betrag mit dem damit verbundenen Zinsverlust abheben und für ihren Lebensunterhalt verwenden müssen. Hierbei werde übersehen, dass dies wirtschaftlich gleichbedeutend gewesen wäre mit einer Aufnahme des Darlehens bei der Volksbank ohne korrespondierende Geldanlage in der Türkei. Die Auflösung des Kontos in der Türkei wäre mit einer wirtschaftlichen Belastung für die Klägerin in Höhe von 5.692,67 DM, mithin von über einem Siebtel des gesamten Bruttodarlehensbetrages verbunden gewesen. Angesichts dieser wirtschaftlichen Konsequenz sei die vom SG verlangte Verwertung des Anlagevermögens in der Türkei offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne der Alhi-VO gewesen.
Auf die Rückfrage des Senats, wovon die Klägerin das bei der Volksbank aufgenommene Darlehen in der Zeit ab 1.8.1996 (monatliche Raten von 992,- DM) zurückgezahlt habe, hat die Klägerin angegeben, im gegenständlichen Zeitraum der Gewährung von Alhi (3.7.1996 bis 26.10.1996) ihren Lebensunterhalt, insbesondere die Raten an die Volksbank von der Differenz des Nettokreditbetrag des Anlagebetrag in der Türkei (30.000 DM - 25.000 DM = 5.000 DM) bestritten zu haben. Außerdem sei sie hinsichtlich der Raten bei der Volksbank von ihrem Vater unterstützt worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 9.3.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2005 zu verpflichten, den Bescheid vom 26.11.2003 zurückzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid die hier anzuwendenden Rechtsnormen ausführlich und zutreffend dargestellt. Das SG hat auch zutreffend begründet, dass und aus welchem Grund die Beklagte bei Erlass des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 26.11.2003 weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist noch das Recht unrichtig angewandt hat. Das SG hat auch zutreffend begründet, dass die Alhi-Bewilligung für die Zeit ab 3.7.1996 deswegen von Anfang an unrichtig gewesen ist, weil die Klägerin über verwertbares Vermögen verfügte, worüber sie im Alhi-Antrag mindestens grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht hatte.
Der Senat weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück. Er nimmt auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Berufungsvorbringen der Klägerin ist lediglich ergänzend auszuführen, dass die Klägerin nicht schlüssig oder glaubhaft darlegen konnte, dass ihr die Verwertung des bei der Türkischen Nationalbank angelegten Sparbetrages nicht hätte zugemutet werden können. Der Klägerin hätte von Anfang an klar sein müssen, dass sie nicht kreditfinanzierte gewinnorientierte Kapitalanlagen bei der Türkischen Nationalbank tätigen und gleichzeitig von der Beklagten bedürftigkeitsabhängige Sozialleistungen beziehen kann. Hierüber konnte sich die Klägerin nach der Überzeugung des Senats ebenso wenig im Unklaren sein wie über die Unrichtigkeit ihrer Angaben über nicht vorhandenes Vermögen im Alhi-Antrag.
Dem Vorbringen der Klägerin, die Verwertung des Vermögens sei unzumutbar gewesen, weil, wenn schon keine rechtliche, so doch eine wirtschaftliche Verbindung des Vermögens mit dem Darlehensbetrag bestanden habe, kann nicht gefolgt werden. Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) in der auch vom SG zugrundegelegten Entscheidung (SozR 3-4220 § 6 Nr. 8) eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Verwertung von Vermögen in Höhe der Verbindlichkeiten ausdrücklich zugelassen. Allerdings ist eine Unzumutbarkeit danach nur dann möglich, wenn Vermögen und Verbindlichkeit nach Entstehung und beabsichtigter Tilgung miteinander verknüpft sind. Erforderlich ist insoweit jeweils ein zeitlicher und ein ursächlicher Zusammenhang, der die Beurteilung erlaubt, Vermögensbestandteil und Verbindlichkeit würden eine wirtschaftliche Einheit bilden. Ferner muss das zur Tilgung der Verbindlichkeit bereitgestellte Vermögen auch seiner Art nach geeignet sein, die Tilgung der Verbindlichkeit sicherzustellen. All dies ist im Fall der Klägerin nicht gegeben. Der Vermögenswert war in einem Sparbrief auf zwei Jahre in der Türkei angelegt, während das aufgenommene Darlehen ab dem ersten Monaten nach der Aufnahme in 36 gleichen Monatsraten zurückzuzahlen war und auch zurückgezahlt wurde. Von einer wirtschaftlichen Verknüpfung kann demnach keine Rede sein.
Die Klägerin sei noch - ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt - darauf hingewiesen, dass sie nicht nur im hier streitigen Aufhebungszeitraum Alhi bezogen hat, sondern auch in der Zeit vom 27.2.1997 bis 28.8.1997 und vom 25.9.1997 bis 23.3.1998. Auch in dieser Zeit hat die Klägerin das Darlehen der Volksbank mit monatlichen Raten von 992,- DM zurückgezahlt, obwohl sie gleichzeitig nur etwa 1170 DM monatlich Alhi bezog. Dies zeigt, dass die Klägerin auch während des weiteren Alhi-Bezuges Unterstützungsleistungen tatsächlich bezogen haben muss, die die Bedürftigkeit in dieser Zeit beseitigt oder zumindest gemindert hätten.
Die Berufung der Klägerin gegen den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Mit dem Einverständnis der Beteiligten geschieht dies gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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