Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 727/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 507/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.12.2006 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld im Streit.
Der 1960 geborene Kläger meldete sich am 20.01.2004 zum 01.04.2004 arbeitslos und gab hierbei an, keine weitere Beschäftigung/Tätigkeit auszuüben.
Der Kläger arbeitete zuletzt als "Leiter Qualitätsmanagement" bis zum 31.03.2004 in S ... Am 24.03.2004 bat der Kläger eine Mitarbeiterin der Beklagten per E-Mail um einen Rückruf; am Ende des Monats ende nunmehr sein Arbeitsverhältnis, derzeit habe er einen kleinen Interimsjob angenommen, weswegen er anfrage, ob er sich arbeitslos melden solle.
Die Mitarbeiterin E. der Beklagten teilte dem Kläger noch am selben Tag und ebenfalls per E-Mail mit, dass eine Arbeitslosmeldung dann erfolgen solle, wenn der Interimsjob den Kläger unter 15 Std. pro Woche in Anspruch nehme, damit die soziale Absicherung gewährleistet sei. Wenige Stunden später sandte die Mitarbeiterin E. dem Kläger folgende weitere E-Mail:
" Hallo Herr L., vergessen Sie meine Mail wegen der Meldung. Ich habe Ihnen den Antrag schon mitgegeben. Wichtig ist aber, dass Sie im Antrag ihren Job angeben, wenn er unter 15 Std./Woche liegt. Wenn Sie mehr Zeit investieren, dann können Sie sich zum 01.04.2004 auch nicht arbeitslos melden. Mit freundlichen Grüßen, ..."
Eine Antwort des Klägers erfolgte hierauf nicht. Der Kläger übersandte seinen ausgefüllten Antrag auf Arbeitslosengeld, der am 30.03.2004 bei der Beklagten einging. In dem Antrag bestätigt der Kläger durch seine Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Anordnung vom 28.04.2004 Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2004.
Am 17.08.2004 sandte der Kläger der Beklagten eine E-Mail folgenden Inhalts (vgl. Bl. 28 der SG-Akte): "Guten Tag Frau E., ich bitte dringend um Rückruf, hab mir schon die Finger wund gewählt. Ich hab auch schon versucht, Herrn G. anzurufen. Im Monat August hatte ich einen Auslandsauftrag über 2 Wochen, hab also die 19 h Regel verletzt, was soll ich jetzt tun? Ich bitte um Hilfe und Vorschlag für die weitere Vorgehensweise, bin erreichbar unter den Telefonnummern und. Mit freundlichem Gruß, ..."
Am 23.08.2004 sandte der Kläger folgende weitere E-Mail an die Beklagte: "Sehr geehrte Damen und Herren, nach Rücksprache mit Herrn B. melde ich Ihnen, dass in den Wochen 15, 20, 21, 23, 24, 26, 28, 30, 31, 32 und 33 mehr als 15 Std. gearbeitet habe. Ich bitte um Mitteilung der weiteren Vorgehensweise. Mit freundlichem Gruß,.".
Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 02.09.2004 dazu an, dass dieser in der Zeit vom 05.04.2004 bis zum 15.08.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 9.288,72 Euro zu Unrecht bezogen habe, da er in diesem Zeitraum in einem mindestens 15 Std. wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Kläger sei über seine Pflichten als Leistungsempfänger sowie über die Tatbestände, unter denen die Anspruchsvoraussetzungen entfielen, durch das Merkblatt der Beklagten unterrichtet worden.
Nachdem keine Stellungnahme des Klägers bzw. seines zwischenzeitlich eingeschalteten Bevollmächtigten eingegangen war, hob die Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2004 die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 05.04.2004 bis zum 15.08.2004 auf und stellte fest, dass das in diesem Zeitraum gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 9.288,72 Euro zu erstatten sei. Der Kläger sei nach § 60 SGB I verpflichtet gewesen, alle Änderungen in seinen Verhältnissen mitzuteilen, die für die Leistung erheblich seien. Dieser Verpflichtung sei der Kläger mindest grob fahrlässig nachgekommen (unter Berufung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - sowie § 50 Abs. 1 SGB X).
Die Bevollmächtigte des Klägers hat deswegen am 09.12.2004 Widerspruch eingelegt, den sie entgegen ihrer Ankündigung nicht begründet hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2005 wurde der Widerspruch des Klägers unter Hinweis auf die Begründung des Bescheides vom 06.12.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat am 24.03.2005 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Entgegen den Ausführungen der Beklagten habe der Kläger diese von Anfang an darüber informiert, dass er bereits vor der Arbeitslosmeldung selbständig beratend tätig gewesen sei. Allerdings habe er zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gewusst, ob und in welchem Umfang er überhaupt Aufträge erhalten würde, wozu auf den E-Mail-Verkehr zwischen der Beklagten und dem Kläger vom 24.03.2004 verwiesen werde. Später habe sich dann herausgestellt, dass der Arbeitsumfang des Klägers im Rahmen dieser selbständigen Tätigkeit zeitweilig über 15 Stunden pro Woche gelegen habe. Es sei jedoch schwierig gewesen, dies der Mitarbeiterin E. der Beklagten mitzuteilen, weil die Tätigkeit des Klägers mit Auslandsaufenthalten z. B. in Russland und in Mexico verbunden gewesen sei, von wo aus der Kläger die Beklagte nicht habe kontaktieren können. Daraufhin habe der Kläger dann am 17.08.2004 eine E-Mail an Frau E. geschickt und um Rücksprache gebeten.
Der Kläger legte mit seiner Klage außerdem eine genauere Übersicht über seine Arbeitszeiten in der Zeit von der 13. bis zur 36. Kalenderwoche 2004 vor. Abweichend von den Angaben in seiner E-Mail vom 23.08.2004 räumte er nunmehr ein Überschreiten der 15-Stunden-Grenze nur noch in den Kalenderwochen 15 (Reise), 20 (1. Reise nach Russland), 23 bis 25 (2. Russlandreise) sowie 32 und 33 (Mexikoreise; vgl. Bl. 23 der SG-Akte). In den anderen Kalenderwochen 13 bis 35 liegt der zeitliche Arbeitsaufwand bei regelmäßig bei 10 oder 14 Wochenstunden (mit Ausnahme von 11 Wochenstunden in der Kalenderwoche 16 und 4 Wochenstunden in der Kalenderwoche 17).
Die Beklagte beanstandete an dieser Auflistung, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren noch eine Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze im Hinblick auf mehr Kalenderwochen eingeräumt habe. Außerdem ergebe sich aus der im Klageverfahren eingereichten Übersicht unter Berücksichtigung der Zeit für An- und Abreise noch für weitere Kalenderwochen eine mehr als kurzzeitige Inanspruchnahme des Klägers. Der Kläger habe auch grundsätzlich über seine Mitteilungspflicht Bescheid gewusst, da er noch am 04.02.2004 einen Auslandsaufenthalt in China während seines letzten Arbeitsverhältnisses mitgeteilt habe (unter Hinweis auf Bl. 53 der Verw.-Akte).
Als Reaktion auf die Klageerwiderung der Beklagten legte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 27.01.2006 eine erneute Korrektur des Arbeitszeiten des Klägers vor, aus der sich bei 24 Wochen nur noch ein Gesamtdurchschnitt von lediglich 11,58 Arbeitsstunden pro Woche ergibt; in dieser dritten Angabe des Klägers zu seinen Wochenarbeitsstunden findet sich insbesondere in keiner Kalenderwoche mehr eine Überschreitung der 15-Stunden-Grenze (vgl. Bl. 40 der SG-Akte).
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2006 als unbegründet abgewiesen. Die Arbeitslosigkeit des Klägers als Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld sei in der 15. Woche des Jahres 2004 dadurch entfallen, dass der Kläger in dieser Woche eine mindestens 15 Stunden in Anspruch nehmende selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Die Ausnahmevorschrift des § 118 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) sei demgegenüber nicht einschlägig. Der Kläger habe die Aufnahme der Tätigkeit auch nicht unverzüglich mitgeteilt, weshalb gem. § 122 Abs. 2 Ziff. 1 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme der Tätigkeit erloschen sei. Wegen des Erlöschens der Arbeitslosmeldung, welche ebenfalls Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld sei, könne im Übrigen dahingestellt bleiben, ob der Kläger in den nachfolgenden Wochen eine mindestens 15-stündige selbständige oder unselbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Schließlich sei auch die Arbeitslosigkeit des Klägers in der Zeit, in der er von zu Hause abwesend gewesen sei, etwa während seiner Auslandsaufenthalte, dadurch entfallen, dass er für die Beklagte nicht im Sinne des § 119 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III i. V. m. § 1 Abs. 1 der Erreichbarkeits-Anordnung verfügbar gewesen sei.
Die Angaben des Klägers zu seinen Arbeitszeiten, welche im Laufe des Verfahrens variiert hätten, wonach er in keiner Woche des streitigen Zeitraums eine Arbeitszeit von mindestens 15 Std. gehabt habe, seien nicht glaubhaft. Sie stünden insbesondere im Widerspruch zu der E-Mail vom 23.08.2004. Irgendwelche Nachweise oder Erklärungen, weshalb der Kläger entgegen seinen eigenen Angaben in keiner Woche der streitigen Zeit 15 Stunden gearbeitet habe, habe der Kläger nicht vorgelegt. Er habe auch nicht erklärt, weshalb er zunächst davon ausgegangen sei, er habe in den von ihm selbst benannten Wochen mindestens 15 Stunden gearbeitet. Dies erscheine auch deshalb unglaubhaft, weil der Kläger in diesen Zeiten Reisen nach Mexico und Russland unternommen habe, wobei nicht wahrscheinlich sei, dass der Kläger derartige zeit- und kostenintensive Reisen unternommen und hierbei weniger als 15 Stunden an Arbeitszeit geleistet habe. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, ob die Fahrtzeiten als Arbeitszeiten mit zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe somit die Leistungen der Beklagten zu Unrecht bezogen, weswegen die Beklagte nach den §§ 45 und 50 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III gehalten gewesen sei, die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufzuheben und den überzahlten Betrag zurückzufordern. Der Kläger könne sich nicht auf einen Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 SGB X berufen, da sein Vertrauen in den Bestand des Bewilligungsbescheides nicht schutzwürdig sei. Die Gewährung von Arbeitslosengeld habe nämlich auf Angaben beruht, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe und der Kläger habe auch die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides gekannt oder jedenfalls grob fahrlässig nicht gekannt, § 45 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 und 3 SGB X. Denn der Kläger habe zunächst in seinem Antrag die Frage, ob er als Arbeitnehmer oder Selbständiger eine Tätigkeit unter 15 Std. bzw. 18 Std. wöchentlich ausübe, vorsätzlich falsch beantwortet. Die Kenntnis des Klägers von der der leistungsfeindlichen Tatsache folge daraus, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose der Beklagten erhalten habe und durch seine Unterschrift vom 26.03.2004 bestätigt habe, von dem Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen zu haben. Aus diesem Merkblatt (Stand April 2003) ergebe sich, dass der Versicherte verpflichtet sei, das Arbeitsamt an jedem Werktag aufsuchen zu können und für das Arbeitsamt an jedem Werktag erreichbar zu sein. Es werde in dem Merkblatt auch darauf hingewiesen, dass die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit sofort anzuzeigen sei und die Arbeitslosigkeit voraussetze, dass keine "unter" 15 Std. wöchentliche umfassende Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger ausgeübt werde (unter Hinweis auf S. 11 des Merkblatts). Schließlich sei der Kläger auch durch die Mitarbeiterin E. in den E-Mails vom 24.03.2004 darauf hingewiesen worden, dass er sich nur dann arbeitslos melden könne, wenn sein Interimsjob unter 15 Std. in der Woche in Anspruch nehme und ansonsten eine Arbeitslosmeldung nicht erfolgen könne. Dem Kläger sei somit auch noch ausdrücklich mitgeteilt worden, dass Arbeitslosigkeit nur dann vorliege, wenn keine 15 Stunden umfassende Tätigkeit ausgeübt werde. Der Gerichtsbescheid des SG wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 11.01.2007 zugestellt.
Am 29.01.2007 hat die Bevollmächtigte des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie wiederholt im wesentlichen ihren bisherigen Vortrag und verweist insbesondere darauf, dass nach der aktuellen Aufstellung des Klägers über seine Arbeitszeiten in 24 Wochen durchschnittlich lediglich 11,58 Stunden pro Woche gearbeitet habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.12.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2004 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Streitgegenstand ist vorliegend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 05.04.2004. Da der Kläger aufgrund Anordnung vom 28.09.2004 mit Wirkung vom 01.04.2004 Arbeitslosengeld bezogen hat, hat das SG zutreffend auf die Vorschrift des § 45 SGB X abgestellt, denn die Bewilligung war von Anfang an rechtswidrig. Die Gewährung von Arbeitslosengeld erfolgt durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Aufhebung sich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass herrschten, nach den Voraussetzungen von § 48 SGB X richtet. War der Verwaltungsakt bereits bei seiner Bewilligung rechtswidrig, ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig. Der Antrag des Klägers war dahingehend auszulegen, dass eine Aufhebung der angefochtenen Bescheide und des angefochtenen Gerichtsbescheids begehrt wird, weil die von dem Kläger gerügte Beschwer damit bereits vollständig beseitigt wäre. Richtige Klageart ist daher die reine Anfechtungsklage, vgl. § 54 SGG. Für den mit dem Berufungsschriftsatz vom 29.01.2007 vorgelegten Verpflichtungsantrag fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X in der seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, soweit er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
Das Vertrauen ist nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach Abs. 2 Satz 3 indes nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).
Hierbei hat die Beklagte beim Vorliegen der Voraussetzungen von § 45 SGB X kein Ermessen auszuüben, weil § 330 Abs. 2 SGB III in der im Jahre 2004 geltenden Fassung vorsieht, dass beim Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist.
Vorliegend sind die Aufhebungstatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X erfüllt, weil der Kläger zur Überzeugung des Senat jedenfalls ab dem 05.04.2004 wider besseres Wissen oder jedenfalls grob fahrlässig Arbeitslosengeld bezogen hat, welches ihm wegen des zeitlichen Umfangs seiner Beschäftigung nicht zustand (Nr. 3) und was der Kläger der Beklagten als wesentliche Tatsache noch vor der Bewilligung am 28.09.2004 aufgrund seines vorherigen Antrags hätte mitteilen müssen (Nr. 2). Hinzukommt, dass die Bewilligung entsprechend den Ausführungen auch in den Zeiträumen aufzuheben war, in denen der Kläger für die Beklagte aufgrund seiner ungenehmigten Auslandsreisen nicht für diese erreichbar war (ebenfalls Nr. 3 der Vorschrift).
Der Senat geht bei seiner Beweiswürdigung von dem Grundsatz aus, dass die erste Einlassung des Klägers über den Umfang seiner Arbeitszeit in der E-Mail vom 23.08.2004 die glaubhafteste seiner inhaltlich unterschiedlichen Einlassungen ist. Diese E-Mail wurde nicht nur zeitnah, sondern auch noch ohne die konkrete Androhung einer Aufhebung der Leistungsbewilligung durch die Beklagte verfasst. Wenn der Kläger demgegenüber nach anwaltlicher Beratung zweimal von seiner ersten Darstellung abgewichen ist, wobei seine Arbeitsstunden insbesondere im Hinblick auf das Überschreiten der 15-Stunden-Grenze zusammenschmolzen, ist dies wenig glaubwürdig. Insbesondere weist das SG zu Recht darauf hin, dass der Kläger in seinen späteren Einlassungen keinerlei plausiblen Grund dafür hat nennen können, warum er ursprünglich eine unzutreffend hohe Arbeitszeit angegeben haben sollte.
Nach der maßgeblichen ersten Einlassung vom 23.08.2004 liegt ab dem 05.04.2004 in 11 von 19 Kalenderwochen eine Überschreitung der 15-Stunden-Grenze des § 118 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung vor.
Diese Vorschrift bestimmt, dass die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht ausschließt, wobei Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt. bleiben und mehrere Beschäftigungen zusammengerechnet werden.
Nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift steht hierbei eine selbständige Tätigkeit einer Beschäftigung gleich. Abs. 3 Satz 2 bestimmt, dass die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift nicht erfüllt sind.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat zudem entschieden, dass die Wirkung der Arbeitslosmeldung - als weitere Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld - mit der Aufnahme einer nichtangezeigten Beschäftigung erlischt, soweit durch diese Beschäftigung die Arbeitslosigkeit des Antragstellers entfällt, ohne dass es auf den zeitlichen Umfang der Beschäftigung ankommt (BSG vom 13.07.2006 - B 7a AL 16/05 R -). Für die Beurteilung der Frage, ob Kurzzeitigkeit im Sinne des § 118 Abs. 2 SGB III vorliegt, kommt es entscheidend auf eine vorausschauende Betrachtungsweise an. Insoweit sind für die vorzunehmende Prognoseentscheidung grundsätzlich die Merkmale und Umstände maßgebend, wie sie beim Beginn der Beschäftigung vorliegen (vgl. BSG SozR 4100 § 102 Nr. 3 m.w.N.).
Vorliegend hat der Kläger bereits in der ersten Tätigkeitswoche, der Kalenderwoche 15, ein Überschreiten der 15-Stunden-Grenze eingeräumt, wobei er angab, hier auch verreist zu sein. Es ist daher kaum verständlich, dass der Kläger nicht bereits die Beklagte frühzeitig auf seine leistungsschädliche Arbeitszeit aufmerksam machte. Das Überwiegen des Überschreitens der 15-Stunden-Grenze zeigte sich dann bereits in den Kalenderwochen 20 und 21, als die Grenze wiederum überschritten war, sowie in den Kalenderwochen 23, 24 und 26. Da der Kläger verreist ist, waren hierfür auch Vorbereitungen erforderlich, so dass davon ausgegangen wird, dass dem Kläger die Überschreitungen der zulässigen geringfügigen Arbeitszeiten auch rechtzeitig bewusst geworden sind.
Im Hinblick auf die für eine Aufhebung nach § 45 SGB X erforderliche grobe Fahrlässigkeit ist festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner gehobenen Ausbildung in der Lage sein musste, das Merkblatt der Beklagten mit dessen deutlichen Hinweisen auf die Grenze in § 118 Abs. 2 SGB III sowie auf seine Mitteilungspflichten zu verstehen. Die grobe Fahrlässigkeit des Klägers ergibt sich gerade auch daraus, dass dieser im E-Mail-Verkehr die Kenntnis der Kurzzeitigkeitsgrenze andeutet und es aber dabei beließ, diesbezüglich erst im August statt bereits im April 2004 bei der Beklagten nachzufragen. Außerdem hat der Kläger in dem am 30.03.2004 eingereichten Antrag auf Arbeitslosengeld wahrheitswidrig angegeben, keinerlei Nebentätigkeit auszuüben, was ihm aufgrund der just zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeübten Tätigkeit bewusst sein musste (vgl. den Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 26.09.2005, wonach der Kläger in den Kalenderwochen 13 und 14, also vom 22.03. bis zum 04.04.2004, jeweils 14 Wochenstunden gearbeitet hat).
Schließlich war der Kläger auch durch die per E-Mail erteilten Hinweise der Mitarbeiterin E. darüber informiert, dass die Arbeitslosmeldung nur bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung zulässig war.
Sofern der Kläger schließlich die mangelhafte Erreichbarkeit der Mitarbeiter der Beklagten rügt, ist darauf hinzuweisen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre - bzw. jedenfalls für den Leistungsbezug möglich hätte sein müssen - seine zuständige Arbeitsagentur persönlich aufzusuchen. Auch hätte der Kläger bereits früher eine E-Mail oder einen Brief, notfalls mit Einschreiben, verschicken können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld im Streit.
Der 1960 geborene Kläger meldete sich am 20.01.2004 zum 01.04.2004 arbeitslos und gab hierbei an, keine weitere Beschäftigung/Tätigkeit auszuüben.
Der Kläger arbeitete zuletzt als "Leiter Qualitätsmanagement" bis zum 31.03.2004 in S ... Am 24.03.2004 bat der Kläger eine Mitarbeiterin der Beklagten per E-Mail um einen Rückruf; am Ende des Monats ende nunmehr sein Arbeitsverhältnis, derzeit habe er einen kleinen Interimsjob angenommen, weswegen er anfrage, ob er sich arbeitslos melden solle.
Die Mitarbeiterin E. der Beklagten teilte dem Kläger noch am selben Tag und ebenfalls per E-Mail mit, dass eine Arbeitslosmeldung dann erfolgen solle, wenn der Interimsjob den Kläger unter 15 Std. pro Woche in Anspruch nehme, damit die soziale Absicherung gewährleistet sei. Wenige Stunden später sandte die Mitarbeiterin E. dem Kläger folgende weitere E-Mail:
" Hallo Herr L., vergessen Sie meine Mail wegen der Meldung. Ich habe Ihnen den Antrag schon mitgegeben. Wichtig ist aber, dass Sie im Antrag ihren Job angeben, wenn er unter 15 Std./Woche liegt. Wenn Sie mehr Zeit investieren, dann können Sie sich zum 01.04.2004 auch nicht arbeitslos melden. Mit freundlichen Grüßen, ..."
Eine Antwort des Klägers erfolgte hierauf nicht. Der Kläger übersandte seinen ausgefüllten Antrag auf Arbeitslosengeld, der am 30.03.2004 bei der Beklagten einging. In dem Antrag bestätigt der Kläger durch seine Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Anordnung vom 28.04.2004 Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2004.
Am 17.08.2004 sandte der Kläger der Beklagten eine E-Mail folgenden Inhalts (vgl. Bl. 28 der SG-Akte): "Guten Tag Frau E., ich bitte dringend um Rückruf, hab mir schon die Finger wund gewählt. Ich hab auch schon versucht, Herrn G. anzurufen. Im Monat August hatte ich einen Auslandsauftrag über 2 Wochen, hab also die 19 h Regel verletzt, was soll ich jetzt tun? Ich bitte um Hilfe und Vorschlag für die weitere Vorgehensweise, bin erreichbar unter den Telefonnummern und. Mit freundlichem Gruß, ..."
Am 23.08.2004 sandte der Kläger folgende weitere E-Mail an die Beklagte: "Sehr geehrte Damen und Herren, nach Rücksprache mit Herrn B. melde ich Ihnen, dass in den Wochen 15, 20, 21, 23, 24, 26, 28, 30, 31, 32 und 33 mehr als 15 Std. gearbeitet habe. Ich bitte um Mitteilung der weiteren Vorgehensweise. Mit freundlichem Gruß,.".
Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 02.09.2004 dazu an, dass dieser in der Zeit vom 05.04.2004 bis zum 15.08.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 9.288,72 Euro zu Unrecht bezogen habe, da er in diesem Zeitraum in einem mindestens 15 Std. wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Kläger sei über seine Pflichten als Leistungsempfänger sowie über die Tatbestände, unter denen die Anspruchsvoraussetzungen entfielen, durch das Merkblatt der Beklagten unterrichtet worden.
Nachdem keine Stellungnahme des Klägers bzw. seines zwischenzeitlich eingeschalteten Bevollmächtigten eingegangen war, hob die Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2004 die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 05.04.2004 bis zum 15.08.2004 auf und stellte fest, dass das in diesem Zeitraum gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 9.288,72 Euro zu erstatten sei. Der Kläger sei nach § 60 SGB I verpflichtet gewesen, alle Änderungen in seinen Verhältnissen mitzuteilen, die für die Leistung erheblich seien. Dieser Verpflichtung sei der Kläger mindest grob fahrlässig nachgekommen (unter Berufung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - sowie § 50 Abs. 1 SGB X).
Die Bevollmächtigte des Klägers hat deswegen am 09.12.2004 Widerspruch eingelegt, den sie entgegen ihrer Ankündigung nicht begründet hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2005 wurde der Widerspruch des Klägers unter Hinweis auf die Begründung des Bescheides vom 06.12.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat am 24.03.2005 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Entgegen den Ausführungen der Beklagten habe der Kläger diese von Anfang an darüber informiert, dass er bereits vor der Arbeitslosmeldung selbständig beratend tätig gewesen sei. Allerdings habe er zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gewusst, ob und in welchem Umfang er überhaupt Aufträge erhalten würde, wozu auf den E-Mail-Verkehr zwischen der Beklagten und dem Kläger vom 24.03.2004 verwiesen werde. Später habe sich dann herausgestellt, dass der Arbeitsumfang des Klägers im Rahmen dieser selbständigen Tätigkeit zeitweilig über 15 Stunden pro Woche gelegen habe. Es sei jedoch schwierig gewesen, dies der Mitarbeiterin E. der Beklagten mitzuteilen, weil die Tätigkeit des Klägers mit Auslandsaufenthalten z. B. in Russland und in Mexico verbunden gewesen sei, von wo aus der Kläger die Beklagte nicht habe kontaktieren können. Daraufhin habe der Kläger dann am 17.08.2004 eine E-Mail an Frau E. geschickt und um Rücksprache gebeten.
Der Kläger legte mit seiner Klage außerdem eine genauere Übersicht über seine Arbeitszeiten in der Zeit von der 13. bis zur 36. Kalenderwoche 2004 vor. Abweichend von den Angaben in seiner E-Mail vom 23.08.2004 räumte er nunmehr ein Überschreiten der 15-Stunden-Grenze nur noch in den Kalenderwochen 15 (Reise), 20 (1. Reise nach Russland), 23 bis 25 (2. Russlandreise) sowie 32 und 33 (Mexikoreise; vgl. Bl. 23 der SG-Akte). In den anderen Kalenderwochen 13 bis 35 liegt der zeitliche Arbeitsaufwand bei regelmäßig bei 10 oder 14 Wochenstunden (mit Ausnahme von 11 Wochenstunden in der Kalenderwoche 16 und 4 Wochenstunden in der Kalenderwoche 17).
Die Beklagte beanstandete an dieser Auflistung, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren noch eine Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze im Hinblick auf mehr Kalenderwochen eingeräumt habe. Außerdem ergebe sich aus der im Klageverfahren eingereichten Übersicht unter Berücksichtigung der Zeit für An- und Abreise noch für weitere Kalenderwochen eine mehr als kurzzeitige Inanspruchnahme des Klägers. Der Kläger habe auch grundsätzlich über seine Mitteilungspflicht Bescheid gewusst, da er noch am 04.02.2004 einen Auslandsaufenthalt in China während seines letzten Arbeitsverhältnisses mitgeteilt habe (unter Hinweis auf Bl. 53 der Verw.-Akte).
Als Reaktion auf die Klageerwiderung der Beklagten legte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 27.01.2006 eine erneute Korrektur des Arbeitszeiten des Klägers vor, aus der sich bei 24 Wochen nur noch ein Gesamtdurchschnitt von lediglich 11,58 Arbeitsstunden pro Woche ergibt; in dieser dritten Angabe des Klägers zu seinen Wochenarbeitsstunden findet sich insbesondere in keiner Kalenderwoche mehr eine Überschreitung der 15-Stunden-Grenze (vgl. Bl. 40 der SG-Akte).
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2006 als unbegründet abgewiesen. Die Arbeitslosigkeit des Klägers als Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld sei in der 15. Woche des Jahres 2004 dadurch entfallen, dass der Kläger in dieser Woche eine mindestens 15 Stunden in Anspruch nehmende selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Die Ausnahmevorschrift des § 118 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) sei demgegenüber nicht einschlägig. Der Kläger habe die Aufnahme der Tätigkeit auch nicht unverzüglich mitgeteilt, weshalb gem. § 122 Abs. 2 Ziff. 1 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme der Tätigkeit erloschen sei. Wegen des Erlöschens der Arbeitslosmeldung, welche ebenfalls Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld sei, könne im Übrigen dahingestellt bleiben, ob der Kläger in den nachfolgenden Wochen eine mindestens 15-stündige selbständige oder unselbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Schließlich sei auch die Arbeitslosigkeit des Klägers in der Zeit, in der er von zu Hause abwesend gewesen sei, etwa während seiner Auslandsaufenthalte, dadurch entfallen, dass er für die Beklagte nicht im Sinne des § 119 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III i. V. m. § 1 Abs. 1 der Erreichbarkeits-Anordnung verfügbar gewesen sei.
Die Angaben des Klägers zu seinen Arbeitszeiten, welche im Laufe des Verfahrens variiert hätten, wonach er in keiner Woche des streitigen Zeitraums eine Arbeitszeit von mindestens 15 Std. gehabt habe, seien nicht glaubhaft. Sie stünden insbesondere im Widerspruch zu der E-Mail vom 23.08.2004. Irgendwelche Nachweise oder Erklärungen, weshalb der Kläger entgegen seinen eigenen Angaben in keiner Woche der streitigen Zeit 15 Stunden gearbeitet habe, habe der Kläger nicht vorgelegt. Er habe auch nicht erklärt, weshalb er zunächst davon ausgegangen sei, er habe in den von ihm selbst benannten Wochen mindestens 15 Stunden gearbeitet. Dies erscheine auch deshalb unglaubhaft, weil der Kläger in diesen Zeiten Reisen nach Mexico und Russland unternommen habe, wobei nicht wahrscheinlich sei, dass der Kläger derartige zeit- und kostenintensive Reisen unternommen und hierbei weniger als 15 Stunden an Arbeitszeit geleistet habe. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, ob die Fahrtzeiten als Arbeitszeiten mit zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe somit die Leistungen der Beklagten zu Unrecht bezogen, weswegen die Beklagte nach den §§ 45 und 50 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III gehalten gewesen sei, die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufzuheben und den überzahlten Betrag zurückzufordern. Der Kläger könne sich nicht auf einen Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 SGB X berufen, da sein Vertrauen in den Bestand des Bewilligungsbescheides nicht schutzwürdig sei. Die Gewährung von Arbeitslosengeld habe nämlich auf Angaben beruht, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe und der Kläger habe auch die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides gekannt oder jedenfalls grob fahrlässig nicht gekannt, § 45 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 und 3 SGB X. Denn der Kläger habe zunächst in seinem Antrag die Frage, ob er als Arbeitnehmer oder Selbständiger eine Tätigkeit unter 15 Std. bzw. 18 Std. wöchentlich ausübe, vorsätzlich falsch beantwortet. Die Kenntnis des Klägers von der der leistungsfeindlichen Tatsache folge daraus, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose der Beklagten erhalten habe und durch seine Unterschrift vom 26.03.2004 bestätigt habe, von dem Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen zu haben. Aus diesem Merkblatt (Stand April 2003) ergebe sich, dass der Versicherte verpflichtet sei, das Arbeitsamt an jedem Werktag aufsuchen zu können und für das Arbeitsamt an jedem Werktag erreichbar zu sein. Es werde in dem Merkblatt auch darauf hingewiesen, dass die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit sofort anzuzeigen sei und die Arbeitslosigkeit voraussetze, dass keine "unter" 15 Std. wöchentliche umfassende Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger ausgeübt werde (unter Hinweis auf S. 11 des Merkblatts). Schließlich sei der Kläger auch durch die Mitarbeiterin E. in den E-Mails vom 24.03.2004 darauf hingewiesen worden, dass er sich nur dann arbeitslos melden könne, wenn sein Interimsjob unter 15 Std. in der Woche in Anspruch nehme und ansonsten eine Arbeitslosmeldung nicht erfolgen könne. Dem Kläger sei somit auch noch ausdrücklich mitgeteilt worden, dass Arbeitslosigkeit nur dann vorliege, wenn keine 15 Stunden umfassende Tätigkeit ausgeübt werde. Der Gerichtsbescheid des SG wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 11.01.2007 zugestellt.
Am 29.01.2007 hat die Bevollmächtigte des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie wiederholt im wesentlichen ihren bisherigen Vortrag und verweist insbesondere darauf, dass nach der aktuellen Aufstellung des Klägers über seine Arbeitszeiten in 24 Wochen durchschnittlich lediglich 11,58 Stunden pro Woche gearbeitet habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.12.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2004 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Streitgegenstand ist vorliegend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 05.04.2004. Da der Kläger aufgrund Anordnung vom 28.09.2004 mit Wirkung vom 01.04.2004 Arbeitslosengeld bezogen hat, hat das SG zutreffend auf die Vorschrift des § 45 SGB X abgestellt, denn die Bewilligung war von Anfang an rechtswidrig. Die Gewährung von Arbeitslosengeld erfolgt durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Aufhebung sich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass herrschten, nach den Voraussetzungen von § 48 SGB X richtet. War der Verwaltungsakt bereits bei seiner Bewilligung rechtswidrig, ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig. Der Antrag des Klägers war dahingehend auszulegen, dass eine Aufhebung der angefochtenen Bescheide und des angefochtenen Gerichtsbescheids begehrt wird, weil die von dem Kläger gerügte Beschwer damit bereits vollständig beseitigt wäre. Richtige Klageart ist daher die reine Anfechtungsklage, vgl. § 54 SGG. Für den mit dem Berufungsschriftsatz vom 29.01.2007 vorgelegten Verpflichtungsantrag fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X in der seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, soweit er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
Das Vertrauen ist nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach Abs. 2 Satz 3 indes nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).
Hierbei hat die Beklagte beim Vorliegen der Voraussetzungen von § 45 SGB X kein Ermessen auszuüben, weil § 330 Abs. 2 SGB III in der im Jahre 2004 geltenden Fassung vorsieht, dass beim Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist.
Vorliegend sind die Aufhebungstatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X erfüllt, weil der Kläger zur Überzeugung des Senat jedenfalls ab dem 05.04.2004 wider besseres Wissen oder jedenfalls grob fahrlässig Arbeitslosengeld bezogen hat, welches ihm wegen des zeitlichen Umfangs seiner Beschäftigung nicht zustand (Nr. 3) und was der Kläger der Beklagten als wesentliche Tatsache noch vor der Bewilligung am 28.09.2004 aufgrund seines vorherigen Antrags hätte mitteilen müssen (Nr. 2). Hinzukommt, dass die Bewilligung entsprechend den Ausführungen auch in den Zeiträumen aufzuheben war, in denen der Kläger für die Beklagte aufgrund seiner ungenehmigten Auslandsreisen nicht für diese erreichbar war (ebenfalls Nr. 3 der Vorschrift).
Der Senat geht bei seiner Beweiswürdigung von dem Grundsatz aus, dass die erste Einlassung des Klägers über den Umfang seiner Arbeitszeit in der E-Mail vom 23.08.2004 die glaubhafteste seiner inhaltlich unterschiedlichen Einlassungen ist. Diese E-Mail wurde nicht nur zeitnah, sondern auch noch ohne die konkrete Androhung einer Aufhebung der Leistungsbewilligung durch die Beklagte verfasst. Wenn der Kläger demgegenüber nach anwaltlicher Beratung zweimal von seiner ersten Darstellung abgewichen ist, wobei seine Arbeitsstunden insbesondere im Hinblick auf das Überschreiten der 15-Stunden-Grenze zusammenschmolzen, ist dies wenig glaubwürdig. Insbesondere weist das SG zu Recht darauf hin, dass der Kläger in seinen späteren Einlassungen keinerlei plausiblen Grund dafür hat nennen können, warum er ursprünglich eine unzutreffend hohe Arbeitszeit angegeben haben sollte.
Nach der maßgeblichen ersten Einlassung vom 23.08.2004 liegt ab dem 05.04.2004 in 11 von 19 Kalenderwochen eine Überschreitung der 15-Stunden-Grenze des § 118 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung vor.
Diese Vorschrift bestimmt, dass die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht ausschließt, wobei Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt. bleiben und mehrere Beschäftigungen zusammengerechnet werden.
Nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift steht hierbei eine selbständige Tätigkeit einer Beschäftigung gleich. Abs. 3 Satz 2 bestimmt, dass die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift nicht erfüllt sind.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat zudem entschieden, dass die Wirkung der Arbeitslosmeldung - als weitere Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld - mit der Aufnahme einer nichtangezeigten Beschäftigung erlischt, soweit durch diese Beschäftigung die Arbeitslosigkeit des Antragstellers entfällt, ohne dass es auf den zeitlichen Umfang der Beschäftigung ankommt (BSG vom 13.07.2006 - B 7a AL 16/05 R -). Für die Beurteilung der Frage, ob Kurzzeitigkeit im Sinne des § 118 Abs. 2 SGB III vorliegt, kommt es entscheidend auf eine vorausschauende Betrachtungsweise an. Insoweit sind für die vorzunehmende Prognoseentscheidung grundsätzlich die Merkmale und Umstände maßgebend, wie sie beim Beginn der Beschäftigung vorliegen (vgl. BSG SozR 4100 § 102 Nr. 3 m.w.N.).
Vorliegend hat der Kläger bereits in der ersten Tätigkeitswoche, der Kalenderwoche 15, ein Überschreiten der 15-Stunden-Grenze eingeräumt, wobei er angab, hier auch verreist zu sein. Es ist daher kaum verständlich, dass der Kläger nicht bereits die Beklagte frühzeitig auf seine leistungsschädliche Arbeitszeit aufmerksam machte. Das Überwiegen des Überschreitens der 15-Stunden-Grenze zeigte sich dann bereits in den Kalenderwochen 20 und 21, als die Grenze wiederum überschritten war, sowie in den Kalenderwochen 23, 24 und 26. Da der Kläger verreist ist, waren hierfür auch Vorbereitungen erforderlich, so dass davon ausgegangen wird, dass dem Kläger die Überschreitungen der zulässigen geringfügigen Arbeitszeiten auch rechtzeitig bewusst geworden sind.
Im Hinblick auf die für eine Aufhebung nach § 45 SGB X erforderliche grobe Fahrlässigkeit ist festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner gehobenen Ausbildung in der Lage sein musste, das Merkblatt der Beklagten mit dessen deutlichen Hinweisen auf die Grenze in § 118 Abs. 2 SGB III sowie auf seine Mitteilungspflichten zu verstehen. Die grobe Fahrlässigkeit des Klägers ergibt sich gerade auch daraus, dass dieser im E-Mail-Verkehr die Kenntnis der Kurzzeitigkeitsgrenze andeutet und es aber dabei beließ, diesbezüglich erst im August statt bereits im April 2004 bei der Beklagten nachzufragen. Außerdem hat der Kläger in dem am 30.03.2004 eingereichten Antrag auf Arbeitslosengeld wahrheitswidrig angegeben, keinerlei Nebentätigkeit auszuüben, was ihm aufgrund der just zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeübten Tätigkeit bewusst sein musste (vgl. den Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 26.09.2005, wonach der Kläger in den Kalenderwochen 13 und 14, also vom 22.03. bis zum 04.04.2004, jeweils 14 Wochenstunden gearbeitet hat).
Schließlich war der Kläger auch durch die per E-Mail erteilten Hinweise der Mitarbeiterin E. darüber informiert, dass die Arbeitslosmeldung nur bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung zulässig war.
Sofern der Kläger schließlich die mangelhafte Erreichbarkeit der Mitarbeiter der Beklagten rügt, ist darauf hinzuweisen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre - bzw. jedenfalls für den Leistungsbezug möglich hätte sein müssen - seine zuständige Arbeitsagentur persönlich aufzusuchen. Auch hätte der Kläger bereits früher eine E-Mail oder einen Brief, notfalls mit Einschreiben, verschicken können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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