Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 8420/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 2103/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1.100 EUR ab dem 1. Mai 2007 zu gewähren. Die einstweilige Anordnung wird - unter dem Vorbehalt des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit - zeitlich begrenzt bis längstens 31. August 2006.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Anordnungsverfahren trägt die Antragsgegnerin.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am geborene Antragsteller zu 1 und die am 10.01.1958 geborene Antragstellerin zu 2 sind Eheleute, die Antragsteller zu 3 (geb. 17.10.1989), zu 4 (geb. 16.03.1992), zu 5 (geb. 05.06.1994), zu 6 (geb. 16.07.1996) und zu 7 (geb. 03.08.1999) deren gemeinsame Kinder. Bis zum 31.08.2006 bewohnten sie zusammen mit der ältesten Tochter E. (geb 26.09.1987) ein den Antragstellern zu 1 und 2 gehörendes Haus in Backnang. Die Antragsteller zu 1 und zu 2 hatten dieses Haus im Oktober 1997 zu einem Preis von 420.000 DM gekauft. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen sie bei der L-B. in K. und bei der Raiffeisenbank W. T. e.G. Darlehen auf. Die Darlehenssumme bei der L-Bank belief sich auf 220.000 DM und bei der R. auf 175.000 DM. Der Antragsteller zu 1 ist arbeitslos; er bezog bis zum 16.04.2004 Arbeitslosengeld. Seit 03.02.2006 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 03.05.2006). Die Antragstellerin zu 2 geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Tochter E. macht seit August 2004 eine Ausbildung als Arzthelferin. Im Mai 2006 erzielte sie aus dieser Tätigkeit eine Ausbildungsvergütung von brutto 537 EUR und - nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen – von netto 420,38 EUR. Die Antragsteller zu 4 bis 7 gehen noch zur Schule.
Auf einen ersten Antrag vom März 2006 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern zu 1 bis 7 (mit mehreren Bescheiden) Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bis September 2006.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 11.07.2006 verkauften die Antragsteller zu 1 und 2 das ihnen gehörende Hausgrundstück. Der Kaufpreis von 220.000 EUR war am 01.10.2006 fällig, zahlbar zu treuen Händen an die R. W. T. e.G., wurde aber bereits im September 2006 auf ein Konto der R. überwiesen. Unter Abzug noch bestehender Darlehensverbindlichkeiten von 98.059,57 EUR und 66.240,08 EUR überwies die Raiffeisenbank das Restguthaben in Höhe von 54.700,35 EUR am 15.09.2006 auf das Konto der Antragsteller zu 1 und 2 bei der V. B. e.G. Am 18.09.2006 hob der Antragsteller zu 1 den Betrag von 40.000 EUR von diesem Konto ab. Bereits zum 01.09.2006 zogen die Antragsteller von ihrem Haus in B. in die Schossgartenstraße 45 nach 73642 W. in eine 97 m2 große 4-Zimmer-Wohnung. Diese Wohnung verfügt über eine Zentralheizung und eine zentrale Warmwasserversorgung, einen Pkw-Abstellplatz und eine Garage. Die Kaltmiete einschließlich Garage und alle Nebenräume beträgt 630,00 EUR. Für Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung ist eine Pauschale von monatlich 155,00 EUR zu zahlen und für sonstige Nebenkosten (Elementarschadenversicherungsumlage, Kosten der Wasserversorgung, Kosten der Entwässerung, Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung, Kosten für Breitbandkabelnetz, Kosten für die Reinigung und Wartung von Warmwassergeräten und Etagenheizung, Hausbeleuchtungskosten, Sach- und Haftpflichtversicherungen, Gartenpflegekosten, Kehr- und Überprüfungsgebühren des Schornsteinfegers und sonstige Betriebskosten) sind monatlich weitere 45 EUR zu entrichten.
Mit Datum vom 29.08.2006 zeigten die Antragsteller in einer Veränderungsmitteilung der Antragsgegnerin den Umzug nach Welzheim an. In diesem Zusammenhang legten sie auch eine Kopie des notariellen Kaufvertrages vom 11.07.2006 vor sowie eine Reihe von Darlehensverträgen mit verschiedenen Personen. Der Darlehensvertrag zwischen dem Antragsteller zu 1 und F. L. E.r hat folgenden Inhalt:
"Höhe des Betrag: 5.000 EUR (fünftausend) Leihdatum: 1. Dezember 2004 Rückgabedatum: 31. Dezember 2006"
Der Vertrag trägt die Unterschrift von F. E. In einem weiteren mit Darlehensvertrag überschriebenen Schriftstück ist ausgeführt:
"Höhe des Betrags: 5000 EUR (fünftausend) Leihdatum: 1. Dezember 2003 Rückgabedatum: 31. Dezember 2006"
Dieses Schriftstück ist von F. E. und vom Antragsteller zu 1 unterschrieben.
In einem Darlehensvertrag mit H. H. steht folgender Text:
"Betrag: 42.000 DM (zweiundvierzigtausend) Leihdatum: 15. Juli 1997 Rückgabetermin: Januar 2003"
Das Schriftstück trägt die Unterschrift von H. H. und dem Antragsteller zu 1. Im Schriftstück "Änderung des Darlehensvertrags" ist Folgendes enthalten:
"Noch offener Betrag: 42.000 DM(zweiundvierzigtausend) Rückgabetermin: Januar 2007"
Auch dieser Vertrag trägt die Unterschrift von H. H. und dem Antragsteller zu 1. In einem Darlehensvertrag mit H. L. ist niedergelegt:
"Höhe des Betrags: 6000 EUR (sechstausend) Leihdatum: 12. September 2005 Rückgabedatum: 01. November 2006"
Dieses Schriftstück ist von H. L. und dem Antragsteller zu 1 unterschrieben. Im Darlehensvertrag mit H. Sch. steht:
"Höhe des Betrags: 3000 EUR (dreitausend) Leihdatum: 10. September 2005 Rückgabedatum: 01. November 2006"
Dieses Schreiben ist von H. Sch. und dem Antragsteller zu 1 unterschrieben. Alle Darlehenssummen zusammen ergeben den Betrag von 40.474,26 EUR.
Am 21.09.2006 stellten die Antragsteller Anträge auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gaben an, seit 01.09.2006 eine monatliche Vorauszahlung für Heizkosten und Warmwasserkosten zu zahlen. Im Übrigen seine keine Änderungen in den Verhältnissen, auch nicht in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen eingetreten. Diese Anträge lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28.09.2006 ab mit der Begründung, die Antragsteller seien nicht hilfebedürftig. Sie verfügten über ein berücksichtigungsfähiges Vermögen von 49.517,90 EUR, welches die Grundfreibeträge von 18.150 EUR übersteige.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller zu 1 am 05.10.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, er habe 40.000 EUR Privatschulden aufgenommen, weil er für seine Familie von der Antragsgegnerin monatlich nur 1.517 EUR erhalten habe. Davon habe er monatlich durchschnittlich 1.200 EUR an die Bank zahlen müssen, um sein Haus abzubezahlen. Das Geld, das am Ende zum Leben geblieben sei, habe nicht ausgereicht, um neben den Nahrungsmittelkosten für 8 Personen auch noch die Kosten für Schulsachen, Kleidung und Auto zu decken. Das Haus in Backnang hätten sie nur verkauft, um ihre Schulden, die immer mehr in die Höhe gegangen seien, zu begleichen. Außerdem habe er für die Vermittlung des Hauses beim Verkauf an I.C. P. eine Provision von 7.656 EUR und 2.552 EUR für die Provision an I. L. zahlen müssen. Auch habe er bei der Heizölfirma Sch. Schulden in Höhe von 3.405,63 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2006 wies die Widerspruchstelle der Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, von dem Verkaufserlös in Höhe von 220.000 EUR seien nachgewiesene Verbindlichkeiten in Höhe von 162.826,10 EUR abzuziehen. Auch würden Maklerkosten von 7.656 EUR anerkannt. Der Restbetrag von 49.517,90 e sei als Vermögen zu berücksichtigen. Die Privatschulden von ca 40.000 EUR und die offene Heizölrechnung minderten das Vermögen nicht. Die Freibeträge beliefen sich auf insgesamt 19.650 EUR. Diesen Betrag übersteige das vorhandene Vermögen.
Am 13.11.2006 haben die Antragsteller Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 2 AS 8420/06) und am 11.01.2007 haben sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (S 2 AS 286/07 ER).
Das SG hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 24.01.2007 verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe vorläufig darlehensweise ab 11.01.2007 für sechs Monate zu gewähren. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss sind nicht eingelegt worden. Die Antragsgegnerin ist der im Beschluss ausgesprochenen Verpflichtung nicht nachgekommen und die Antragsteller haben auch nicht versucht, den Beschluss des SG zu vollziehen.
In dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme am 14.03.2007 hat der Kammervorsitzende den Antragsteller zu 1 angehört und die Zeugen E. und H. vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.03.2007 (Bl. 53/67 der SG-Akten S 2 AS 8420/06) Bezug genommen. Nach einer Anhörung der Beteiligten (Schreiben des Kammervorsitzenden vom 16.03.2007 Bl. 72 der SG-Akte), zu der sich die Antragsteller nicht geäußert haben, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2007 die Klage abgewiesen; auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen. Der Gerichtsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mittels Empfangsbekenntnis am 04.04.2007 zugestellt worden.
Am 25.04.2007 haben die Antragsteller Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt (L 8 AS 2102/07) und am 26.04.2007 haben sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung (L 8 AS 2103/07 ER) beantragt (siehe Schriftsatz vom 24.04.2007, Bl. 1/19 der Senatsakte). Sie haben u.a. vorgetragen, für ihren Lebensunterhalt stünden ihnen derzeit nur das Kindergeld in Höhe von monatlich 999 EUR zur Verfügung. Seit dem 22.11.2006 habe die Antragstellerin zu 2 eine geringfügige Beschäftigung als Putzkraft bei der F. P. mit einem Monatslohn von 95 EUR. Bereits am 17.11.2006 hätten sie bei einem bekannten Ehepaar eine Darlehen in Höhe von 4.000 EUR aufnehmen müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten (L 8 AS 2103/07 ER, L 8 AS 2102/07, S 2 AS 8420/06 und S 2 AS 286/07 ER) sowie die Leistungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928). Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
Im vorliegenden Fall sind die Anträge zulässig. Ihnen steht die materielle Rechtskraft des Beschlusses des SG vom 24.01.2007 nicht entgegen, weil diese Anordnung nach Ablauf der Vollziehungsfrist (§ 86b SGG i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO) nicht mehr vollstreckt werden kann. Allerdings ist dem Senat eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich, da es entscheidend darauf ankommt, ob die Antragsteller zu 1 und 2 dadurch, dass sie unstreitig einen Betrag von rund 40.000 EUR an Dritte weitergegeben haben, sich gezielt hilfebedürftig gemacht haben, um Leistungen erhalten zu können. Von einem solchen Sachverhalt wird auszugehen sein, wenn sich das Vorbringen der Antragsteller, sie hätten damit private Darlehen zurückgezahlt, nicht beweisen lässt. Eine Nichterweislichkeit dürfte zu Lasten der Antragsteller gehen. Die vom SG vorgenommene Beweiswürdigung kann nicht unbesehen übernommen werden, das das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat, obwohl die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG nicht vorgelegen haben. Es kann beim besten Willen nicht davon ausgegangen werden, dass die hier zu beurteilende Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die damit vorzunehmende Abwägung ergibt, dass die Interessen der Antragsteller, die mehrere minderjährige Kinder zu betreuen haben, an einer vorläufigen Leistungserbringung das öffentliche Interesse an der Vermeidung unrechtmäßiger Zahlungen und den damit regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten bei der Rückforderung zu viel erlangter Leistungen überwiegt.
Bei der Höhe der vorläufig zuerkannten Leistungen geht der Senat von folgenden Überlegungen aus: Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft wird auf 2.625 EUR geschätzt (Alg II bzw Sozialgeld: 1.795 EUR + Kosten der Unterkunft von 830 EUR). Hiervon wird das Kindergeld in Höhe von 999 EUR abgezogen. Von dem verbleibenden Betrag in Höhe von 1.626 EUR wird ein Abschlag gemacht, einerseits um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden und andererseits, um die Gefahr eine Überzahlung angesichts der noch nicht vollständig erfassten Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu vermeiden. Sollte die älteste Tochter der Antragsteller ebenfalls in der Mietwohnung leben, müsste eine Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen erfolgen. Der Senat erachtet es unter Berücksichtigung der genannten Umstände daher als sachgerecht, den Betrag der vorläufig von der Antragsgegnerin zu erbringenden Leistungen auf 1.100 EUR festzusetzen.
Den Antragstellern steht ein Anordnungsanspruch auf die Leistungen erst ab dem 01.05.2007 zu. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim Landesozialgericht kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht in Frage. Dies beruht auf dem auch für das Recht des SGB II geltenden Grundsatz, dass Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 05.12.2005 - L 8 AS 3441/05 ER-B - und Beschluss des Senats vom 28.10.2005 - L 8 AS 3783/05 ER-B). Ein solcher Nachholbedarf ist hier nicht anzunehmen. Denn die Antragsteller haben es ohne nachvollziehbaren Grund unterlassen, den Beschluss des Sozialgerichts vom 24.01.2007 zu vollstrecken. Mit diesem Beschluss ist die Antragsgegnerin verpflichtet worden, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe vorläufig darlehensweise ab 11.01.2007 für sechs Monate zu gewähren. Dabei kann der Vortrag der Antragsteller als wahr unterstellt werden, dass die Vollziehung deshalb unterblieben ist, weil sie auf eine fernmündliche Zusage der Beklagten vom 29.01.2007, die einstweiligen Anordnungen nicht anfechten und hiernach verfahren zu wollen (Schreiben der Antragsteller vom 25.05.2007) vertraut haben. Dies erklärt noch nicht, warum die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen unterblieben ist, obwohl die Antragsgegnerin auch in der Folgezeit keine Leistungen erbracht hat. Daher kommen vorläufige Leistungen erst ab Mai 2007 in Betracht.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II sollen die Leistungen grundsätzlich jeweils für sechs Monate bewilligt werden. Dieser zeitliche Rahmen kann auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als Maßstab für eine zeitliche Begrenzung herangezogen werden, wobei eine längere Bewilligung als sechs Monate ab dem Datum der Beschlussfassung des Gerichts kaum in Betracht kommen dürfte, da Hilfebedürftigkeit für einen derart langen Zeitraum im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur in Ausnahmenfällen im Voraus wird festgestellt werden können. Dagegen kann es im Einzelfall sachgerecht sein, die Verpflichtung zur Leistungsgewährung nur für einen deutlich kürzeren Zeitraum auszusprechen. Damit wird sichergestellt, dass die Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung in regelmäßigeren Abständen neu überprüft werden können. Der Senat betrachtet es im vorliegenden Fall als angemessen, die einstweilige Anordnung bis 31.08.2007 zu begrenzen, weil bis dahin mit einem Abschluss des Berufungsverfahren gerechnet werden kann.
Die Leistungen sind vorläufig zu erbringen, aber nicht in der Form eines Darlehens. Der Senat hält die teilweise vertretene Auffassung, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Leistungen grundsätzlich auch als Darlehen gewährt werden können, in dieser Allgemeinheit nicht für zutreffend (Beschluss vom 05.12.2005 m.w.N.). Dies bedeutet, dass der Senat für die Zeit der vorläufigen Leistungserbringung die in § 5 Abs. 2a SGB V für das Bestehen einer Versicherungspflicht normierte Voraussetzung des Leistungsbezugs als erfüllt betrachtet. Daher besteht kein Grund, Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung zu übernehmen, deren Bestehen ohnedies nicht nachgewiesen ist.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass nach seiner Auffassung (Beschluss vom 05.12.2005 aaO) Bescheide, die die Antragsgegnerin in Ausführung der Entscheidung des Senats gegenüber den Antragstellern erlässt, gegenstandslos werden, soweit sie nur die gerichtliche Entscheidung ausführen, wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass den Antragstellern die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugesprochenen Leistungen nicht zustehen. Damit wären die Leistungen rechtsgrundlos erbracht worden und könnten von der Antragsgegnerin unter entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 2 SGB X zurückgefordert werden (Wiesner in von Wulffen, SGB X, § 50 RdNr. 14 m.w.N.; vgl. OVG Lüneburg 24.02.1993 - 4 L 151/92 - ; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 03.04.1992 - 16 E 363/91 -). Denn dem Leistungsempfänger ist grundsätzlich kein Vertrauensschutz zuzubilligen, da er mit dem Wegfall der einstweiligen Anordnung durch die Entscheidung in der Hauptsache rechnen muss. Erst recht kein Vertrauensschutz besteht, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung auf Angaben beruht, die die Antragsteller vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht haben (vgl. §§ 50 Abs. 2, 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 , 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Anordnungsverfahren trägt die Antragsgegnerin.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am geborene Antragsteller zu 1 und die am 10.01.1958 geborene Antragstellerin zu 2 sind Eheleute, die Antragsteller zu 3 (geb. 17.10.1989), zu 4 (geb. 16.03.1992), zu 5 (geb. 05.06.1994), zu 6 (geb. 16.07.1996) und zu 7 (geb. 03.08.1999) deren gemeinsame Kinder. Bis zum 31.08.2006 bewohnten sie zusammen mit der ältesten Tochter E. (geb 26.09.1987) ein den Antragstellern zu 1 und 2 gehörendes Haus in Backnang. Die Antragsteller zu 1 und zu 2 hatten dieses Haus im Oktober 1997 zu einem Preis von 420.000 DM gekauft. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen sie bei der L-B. in K. und bei der Raiffeisenbank W. T. e.G. Darlehen auf. Die Darlehenssumme bei der L-Bank belief sich auf 220.000 DM und bei der R. auf 175.000 DM. Der Antragsteller zu 1 ist arbeitslos; er bezog bis zum 16.04.2004 Arbeitslosengeld. Seit 03.02.2006 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 03.05.2006). Die Antragstellerin zu 2 geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Tochter E. macht seit August 2004 eine Ausbildung als Arzthelferin. Im Mai 2006 erzielte sie aus dieser Tätigkeit eine Ausbildungsvergütung von brutto 537 EUR und - nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen – von netto 420,38 EUR. Die Antragsteller zu 4 bis 7 gehen noch zur Schule.
Auf einen ersten Antrag vom März 2006 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern zu 1 bis 7 (mit mehreren Bescheiden) Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bis September 2006.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 11.07.2006 verkauften die Antragsteller zu 1 und 2 das ihnen gehörende Hausgrundstück. Der Kaufpreis von 220.000 EUR war am 01.10.2006 fällig, zahlbar zu treuen Händen an die R. W. T. e.G., wurde aber bereits im September 2006 auf ein Konto der R. überwiesen. Unter Abzug noch bestehender Darlehensverbindlichkeiten von 98.059,57 EUR und 66.240,08 EUR überwies die Raiffeisenbank das Restguthaben in Höhe von 54.700,35 EUR am 15.09.2006 auf das Konto der Antragsteller zu 1 und 2 bei der V. B. e.G. Am 18.09.2006 hob der Antragsteller zu 1 den Betrag von 40.000 EUR von diesem Konto ab. Bereits zum 01.09.2006 zogen die Antragsteller von ihrem Haus in B. in die Schossgartenstraße 45 nach 73642 W. in eine 97 m2 große 4-Zimmer-Wohnung. Diese Wohnung verfügt über eine Zentralheizung und eine zentrale Warmwasserversorgung, einen Pkw-Abstellplatz und eine Garage. Die Kaltmiete einschließlich Garage und alle Nebenräume beträgt 630,00 EUR. Für Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung ist eine Pauschale von monatlich 155,00 EUR zu zahlen und für sonstige Nebenkosten (Elementarschadenversicherungsumlage, Kosten der Wasserversorgung, Kosten der Entwässerung, Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung, Kosten für Breitbandkabelnetz, Kosten für die Reinigung und Wartung von Warmwassergeräten und Etagenheizung, Hausbeleuchtungskosten, Sach- und Haftpflichtversicherungen, Gartenpflegekosten, Kehr- und Überprüfungsgebühren des Schornsteinfegers und sonstige Betriebskosten) sind monatlich weitere 45 EUR zu entrichten.
Mit Datum vom 29.08.2006 zeigten die Antragsteller in einer Veränderungsmitteilung der Antragsgegnerin den Umzug nach Welzheim an. In diesem Zusammenhang legten sie auch eine Kopie des notariellen Kaufvertrages vom 11.07.2006 vor sowie eine Reihe von Darlehensverträgen mit verschiedenen Personen. Der Darlehensvertrag zwischen dem Antragsteller zu 1 und F. L. E.r hat folgenden Inhalt:
"Höhe des Betrag: 5.000 EUR (fünftausend) Leihdatum: 1. Dezember 2004 Rückgabedatum: 31. Dezember 2006"
Der Vertrag trägt die Unterschrift von F. E. In einem weiteren mit Darlehensvertrag überschriebenen Schriftstück ist ausgeführt:
"Höhe des Betrags: 5000 EUR (fünftausend) Leihdatum: 1. Dezember 2003 Rückgabedatum: 31. Dezember 2006"
Dieses Schriftstück ist von F. E. und vom Antragsteller zu 1 unterschrieben.
In einem Darlehensvertrag mit H. H. steht folgender Text:
"Betrag: 42.000 DM (zweiundvierzigtausend) Leihdatum: 15. Juli 1997 Rückgabetermin: Januar 2003"
Das Schriftstück trägt die Unterschrift von H. H. und dem Antragsteller zu 1. Im Schriftstück "Änderung des Darlehensvertrags" ist Folgendes enthalten:
"Noch offener Betrag: 42.000 DM(zweiundvierzigtausend) Rückgabetermin: Januar 2007"
Auch dieser Vertrag trägt die Unterschrift von H. H. und dem Antragsteller zu 1. In einem Darlehensvertrag mit H. L. ist niedergelegt:
"Höhe des Betrags: 6000 EUR (sechstausend) Leihdatum: 12. September 2005 Rückgabedatum: 01. November 2006"
Dieses Schriftstück ist von H. L. und dem Antragsteller zu 1 unterschrieben. Im Darlehensvertrag mit H. Sch. steht:
"Höhe des Betrags: 3000 EUR (dreitausend) Leihdatum: 10. September 2005 Rückgabedatum: 01. November 2006"
Dieses Schreiben ist von H. Sch. und dem Antragsteller zu 1 unterschrieben. Alle Darlehenssummen zusammen ergeben den Betrag von 40.474,26 EUR.
Am 21.09.2006 stellten die Antragsteller Anträge auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gaben an, seit 01.09.2006 eine monatliche Vorauszahlung für Heizkosten und Warmwasserkosten zu zahlen. Im Übrigen seine keine Änderungen in den Verhältnissen, auch nicht in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen eingetreten. Diese Anträge lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28.09.2006 ab mit der Begründung, die Antragsteller seien nicht hilfebedürftig. Sie verfügten über ein berücksichtigungsfähiges Vermögen von 49.517,90 EUR, welches die Grundfreibeträge von 18.150 EUR übersteige.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller zu 1 am 05.10.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, er habe 40.000 EUR Privatschulden aufgenommen, weil er für seine Familie von der Antragsgegnerin monatlich nur 1.517 EUR erhalten habe. Davon habe er monatlich durchschnittlich 1.200 EUR an die Bank zahlen müssen, um sein Haus abzubezahlen. Das Geld, das am Ende zum Leben geblieben sei, habe nicht ausgereicht, um neben den Nahrungsmittelkosten für 8 Personen auch noch die Kosten für Schulsachen, Kleidung und Auto zu decken. Das Haus in Backnang hätten sie nur verkauft, um ihre Schulden, die immer mehr in die Höhe gegangen seien, zu begleichen. Außerdem habe er für die Vermittlung des Hauses beim Verkauf an I.C. P. eine Provision von 7.656 EUR und 2.552 EUR für die Provision an I. L. zahlen müssen. Auch habe er bei der Heizölfirma Sch. Schulden in Höhe von 3.405,63 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2006 wies die Widerspruchstelle der Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, von dem Verkaufserlös in Höhe von 220.000 EUR seien nachgewiesene Verbindlichkeiten in Höhe von 162.826,10 EUR abzuziehen. Auch würden Maklerkosten von 7.656 EUR anerkannt. Der Restbetrag von 49.517,90 e sei als Vermögen zu berücksichtigen. Die Privatschulden von ca 40.000 EUR und die offene Heizölrechnung minderten das Vermögen nicht. Die Freibeträge beliefen sich auf insgesamt 19.650 EUR. Diesen Betrag übersteige das vorhandene Vermögen.
Am 13.11.2006 haben die Antragsteller Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 2 AS 8420/06) und am 11.01.2007 haben sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (S 2 AS 286/07 ER).
Das SG hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 24.01.2007 verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe vorläufig darlehensweise ab 11.01.2007 für sechs Monate zu gewähren. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss sind nicht eingelegt worden. Die Antragsgegnerin ist der im Beschluss ausgesprochenen Verpflichtung nicht nachgekommen und die Antragsteller haben auch nicht versucht, den Beschluss des SG zu vollziehen.
In dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme am 14.03.2007 hat der Kammervorsitzende den Antragsteller zu 1 angehört und die Zeugen E. und H. vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.03.2007 (Bl. 53/67 der SG-Akten S 2 AS 8420/06) Bezug genommen. Nach einer Anhörung der Beteiligten (Schreiben des Kammervorsitzenden vom 16.03.2007 Bl. 72 der SG-Akte), zu der sich die Antragsteller nicht geäußert haben, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2007 die Klage abgewiesen; auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen. Der Gerichtsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mittels Empfangsbekenntnis am 04.04.2007 zugestellt worden.
Am 25.04.2007 haben die Antragsteller Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt (L 8 AS 2102/07) und am 26.04.2007 haben sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung (L 8 AS 2103/07 ER) beantragt (siehe Schriftsatz vom 24.04.2007, Bl. 1/19 der Senatsakte). Sie haben u.a. vorgetragen, für ihren Lebensunterhalt stünden ihnen derzeit nur das Kindergeld in Höhe von monatlich 999 EUR zur Verfügung. Seit dem 22.11.2006 habe die Antragstellerin zu 2 eine geringfügige Beschäftigung als Putzkraft bei der F. P. mit einem Monatslohn von 95 EUR. Bereits am 17.11.2006 hätten sie bei einem bekannten Ehepaar eine Darlehen in Höhe von 4.000 EUR aufnehmen müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten (L 8 AS 2103/07 ER, L 8 AS 2102/07, S 2 AS 8420/06 und S 2 AS 286/07 ER) sowie die Leistungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928). Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237; BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928).
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
Im vorliegenden Fall sind die Anträge zulässig. Ihnen steht die materielle Rechtskraft des Beschlusses des SG vom 24.01.2007 nicht entgegen, weil diese Anordnung nach Ablauf der Vollziehungsfrist (§ 86b SGG i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO) nicht mehr vollstreckt werden kann. Allerdings ist dem Senat eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich, da es entscheidend darauf ankommt, ob die Antragsteller zu 1 und 2 dadurch, dass sie unstreitig einen Betrag von rund 40.000 EUR an Dritte weitergegeben haben, sich gezielt hilfebedürftig gemacht haben, um Leistungen erhalten zu können. Von einem solchen Sachverhalt wird auszugehen sein, wenn sich das Vorbringen der Antragsteller, sie hätten damit private Darlehen zurückgezahlt, nicht beweisen lässt. Eine Nichterweislichkeit dürfte zu Lasten der Antragsteller gehen. Die vom SG vorgenommene Beweiswürdigung kann nicht unbesehen übernommen werden, das das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat, obwohl die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG nicht vorgelegen haben. Es kann beim besten Willen nicht davon ausgegangen werden, dass die hier zu beurteilende Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die damit vorzunehmende Abwägung ergibt, dass die Interessen der Antragsteller, die mehrere minderjährige Kinder zu betreuen haben, an einer vorläufigen Leistungserbringung das öffentliche Interesse an der Vermeidung unrechtmäßiger Zahlungen und den damit regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten bei der Rückforderung zu viel erlangter Leistungen überwiegt.
Bei der Höhe der vorläufig zuerkannten Leistungen geht der Senat von folgenden Überlegungen aus: Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft wird auf 2.625 EUR geschätzt (Alg II bzw Sozialgeld: 1.795 EUR + Kosten der Unterkunft von 830 EUR). Hiervon wird das Kindergeld in Höhe von 999 EUR abgezogen. Von dem verbleibenden Betrag in Höhe von 1.626 EUR wird ein Abschlag gemacht, einerseits um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden und andererseits, um die Gefahr eine Überzahlung angesichts der noch nicht vollständig erfassten Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu vermeiden. Sollte die älteste Tochter der Antragsteller ebenfalls in der Mietwohnung leben, müsste eine Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen erfolgen. Der Senat erachtet es unter Berücksichtigung der genannten Umstände daher als sachgerecht, den Betrag der vorläufig von der Antragsgegnerin zu erbringenden Leistungen auf 1.100 EUR festzusetzen.
Den Antragstellern steht ein Anordnungsanspruch auf die Leistungen erst ab dem 01.05.2007 zu. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim Landesozialgericht kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht in Frage. Dies beruht auf dem auch für das Recht des SGB II geltenden Grundsatz, dass Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 05.12.2005 - L 8 AS 3441/05 ER-B - und Beschluss des Senats vom 28.10.2005 - L 8 AS 3783/05 ER-B). Ein solcher Nachholbedarf ist hier nicht anzunehmen. Denn die Antragsteller haben es ohne nachvollziehbaren Grund unterlassen, den Beschluss des Sozialgerichts vom 24.01.2007 zu vollstrecken. Mit diesem Beschluss ist die Antragsgegnerin verpflichtet worden, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe vorläufig darlehensweise ab 11.01.2007 für sechs Monate zu gewähren. Dabei kann der Vortrag der Antragsteller als wahr unterstellt werden, dass die Vollziehung deshalb unterblieben ist, weil sie auf eine fernmündliche Zusage der Beklagten vom 29.01.2007, die einstweiligen Anordnungen nicht anfechten und hiernach verfahren zu wollen (Schreiben der Antragsteller vom 25.05.2007) vertraut haben. Dies erklärt noch nicht, warum die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen unterblieben ist, obwohl die Antragsgegnerin auch in der Folgezeit keine Leistungen erbracht hat. Daher kommen vorläufige Leistungen erst ab Mai 2007 in Betracht.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II sollen die Leistungen grundsätzlich jeweils für sechs Monate bewilligt werden. Dieser zeitliche Rahmen kann auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als Maßstab für eine zeitliche Begrenzung herangezogen werden, wobei eine längere Bewilligung als sechs Monate ab dem Datum der Beschlussfassung des Gerichts kaum in Betracht kommen dürfte, da Hilfebedürftigkeit für einen derart langen Zeitraum im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur in Ausnahmenfällen im Voraus wird festgestellt werden können. Dagegen kann es im Einzelfall sachgerecht sein, die Verpflichtung zur Leistungsgewährung nur für einen deutlich kürzeren Zeitraum auszusprechen. Damit wird sichergestellt, dass die Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung in regelmäßigeren Abständen neu überprüft werden können. Der Senat betrachtet es im vorliegenden Fall als angemessen, die einstweilige Anordnung bis 31.08.2007 zu begrenzen, weil bis dahin mit einem Abschluss des Berufungsverfahren gerechnet werden kann.
Die Leistungen sind vorläufig zu erbringen, aber nicht in der Form eines Darlehens. Der Senat hält die teilweise vertretene Auffassung, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Leistungen grundsätzlich auch als Darlehen gewährt werden können, in dieser Allgemeinheit nicht für zutreffend (Beschluss vom 05.12.2005 m.w.N.). Dies bedeutet, dass der Senat für die Zeit der vorläufigen Leistungserbringung die in § 5 Abs. 2a SGB V für das Bestehen einer Versicherungspflicht normierte Voraussetzung des Leistungsbezugs als erfüllt betrachtet. Daher besteht kein Grund, Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung zu übernehmen, deren Bestehen ohnedies nicht nachgewiesen ist.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass nach seiner Auffassung (Beschluss vom 05.12.2005 aaO) Bescheide, die die Antragsgegnerin in Ausführung der Entscheidung des Senats gegenüber den Antragstellern erlässt, gegenstandslos werden, soweit sie nur die gerichtliche Entscheidung ausführen, wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass den Antragstellern die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugesprochenen Leistungen nicht zustehen. Damit wären die Leistungen rechtsgrundlos erbracht worden und könnten von der Antragsgegnerin unter entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 2 SGB X zurückgefordert werden (Wiesner in von Wulffen, SGB X, § 50 RdNr. 14 m.w.N.; vgl. OVG Lüneburg 24.02.1993 - 4 L 151/92 - ; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 03.04.1992 - 16 E 363/91 -). Denn dem Leistungsempfänger ist grundsätzlich kein Vertrauensschutz zuzubilligen, da er mit dem Wegfall der einstweiligen Anordnung durch die Entscheidung in der Hauptsache rechnen muss. Erst recht kein Vertrauensschutz besteht, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung auf Angaben beruht, die die Antragsteller vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht haben (vgl. §§ 50 Abs. 2, 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 , 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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