Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3043/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1976/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05. April 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte dem Kläger Kosten in Höhe von EUR 2.728,65 für privatärztlich durchgeführte augenärztliche Behandlungen vom 30. Juni bis 06. September 2005, insbesondere für die Implantation einer intraokularen Kontaktlinse am rechten Auge, durch Prof. Dr. W. zu erstatten hat.
Der am 1971 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Er leidet an einer Vorwölbung der Hornhaut an beiden Augen (Keratokonus). Es bestand nach einer 1993 durchgeführten Hornhautübertragung am linken Auge zuletzt ein ausgeprägter Bildgrößenunterschied zwischen rechtem und linkem Auge (Anisometropie), überwiegend bedingt durch eine hohe Kurzsichtigkeit am rechten Auge von ungefähr - 9,5 dpt gegenüber ungefähr 1,0 dpt am linken Auge. Der Kläger befand sich seit 1993 insoweit in privatärztlicher Behandlung des Prof. Dr. W., der kein Vertragsarzt ist. Wegen der Kostenübernahme privatärztlicher Behandlungen durch Prof. Dr. W. wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 2003, bei der Beklagten am 02. Januar 2004 eingegangen, an die Beklagte. Er machte geltend, aufgrund seiner Augenerkrankung sei er in regelmäßiger Behandlung bei Prof. Dr. W ... Da jener nur Privatbehandlungen durchführe, bitte er die Beklagte, einen Teil der Behandlungskosten zu tragen. Die Art der Erkrankung erfordere eine qualifizierte Kontrolle, weshalb ein Wechsel zu einer kassenärztlichen Behandlung nicht möglich sei. Dazu teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02. Januar 2004 mit, Kosten für privatärztliche Behandlungen durch Prof. Dr. W. könnten nicht übernommen werden. Mit einem weiteren Schreiben vom 12. Januar 2004, bei der Beklagten am 14. Januar 2004 eingegangen, wandte sich der Kläger an die Beklagte wegen der Übernahme der Kosten einer Voruntersuchung zu einer Lasik-Operation. Prof. Dr. W. habe im Hinblick auf eine Verschlechterung der Sehschärfe auf dem rechten Auge zu einer Lasik-Operation geraten. Er bat die Beklagte, sich an den Kosten zur Voruntersuchung zu beteiligen, was die Beklagte gegenüber dem Kläger am 16. Januar 2004 durch telefonische Mitteilung ablehnte. Ebenfalls telefonisch lehnte die Beklagte am 02. August 2004 den vom Kläger am 28. Juli 2004 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für Untersuchungen durch Prof. Dr. Dr. S. in Z. ab, an den ihn Prof. Dr. W. überwiesen habe.
Am 11. Juli 2005 ging bei der Beklagten eine "Leistungsbeschreibung intraokularer Kontaktlinse ggfs. mit Lasik an 1 Auge" des Prof. Dr. W. vom 07. Juli 2005 ein, in dem die Kosten für die Implantation der Kontaktlinse, d.h. Voruntersuchung, Operation und notwendige Nachuntersuchungen, mit EUR 2.450,- angegeben waren. Beigefügt war auch eine augenärztliche Bescheinigung des Prof. Dr. W. vom 07. Juli 2005. Darin nannte der Arzt die derzeitige Sehschärfe des Klägers. Die extrem hohe Anisometropie von 8,5 dpt könne weder mit Brille noch mit Kontaktlinsenanpassung am rechten Auge korrigiert werden. Es bestehe somit eine medizinische Indikation zur Implantation einer intraokularen Kontaktlinse, die ohne Veränderung der Bildgröße am rechten Auge die Myopie von - 9,0 dpt korrigieren könne. Die verbleibenden Hornhautverkrümmungen beider Augen könnten mit einer Brille komplikationslos korrigiert werden. Die vorgeschlagene Implantation sei die einzige medizinische Möglichkeit, die hohe Fehlsichtigkeit des rechten Auges zu korrigieren und beidäugiges räumliches Sehen unter Erhaltung der Akkomodation zu erreichen. Der Kläger begehrte die Übernahme der Kosten für die Behandlung. Nachdem vor ungefähr zehn Jahren auf dem linken Auge eine Hornhauttransplantation durchgeführt worden sei, müsse nun der Unterschied in der Sehschärfe zum rechten Auge ausgeglichen werden, weshalb die künstliche Linse erforderlich sei. Kontaktlinsen könne er nicht vertragen. Eine Brille müsse er seit dem 12. Lebensjahr tragen. Hinzu komme, dass er als promovierter Physiker täglich zehn Stunden am Computer sitze, wobei er auf ein ordnungsgemäßes und einwandfreies Sehen angewiesen sei. Es handle sich um eine medizinisch notwendige Behandlung. Nach der Rechnung des Prof. Dr. W. vom 17. September 2005 und dessen Auskunft vom 02. August 2006 waren die Voruntersuchungen des Prof. Dr. W. im Hinblick auf die geplante Operation bereits am 30. Juni 2005 durchgeführt worden. Am 29. August 2005 erfolgte dann die Implantation. Nachuntersuchungen wurden noch am 30. August sowie am 01. und 06. September 2005 durchgeführt. Für die Behandlungen stellte Prof. Dr. W. dem Kläger am 17. September 2005 insgesamt EUR 2.728,65 in Rechnung, die der Kläger auch bezahlte. Die Beklagte erhob im Hinblick auf den Antrag vom 11. Juli 2005 eine Stellungnahme des Dr. G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in F. vom 26. Juli 2005, der ausführte, vorliegend handle es sich um ein Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, welches sich in der Anlage B Nr. 13 der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) finde. Es dürfe daher nach § 135 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden. Gutachterlich könne davon nicht abgewichen werden, auch nicht unter Berücksichtigung eines Einzelfalls, selbst dann nicht, wenn im Einzelfall durch den Einsatz der Methode eine Linderung oder Heilung eintreten würde bzw. sie medizinisch nachvollziehbar wäre. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2005 die Übernahme der Kosten für die Implantation einer intraokularen Linse ab. Dagegen legte der Kläger am 08. August 2005 Widerspruch ein. Er machte nun geltend, am 29. August 2005 sei die Operation mit Erfolg durchgeführt worden. Sein Sehvermögen habe nur drei Tage nach der Operation bei über 80 vom Hundert (v.H.) gelegen und verbessere sich weiter. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 13. Oktober 2005). Der Widerspruchsausschuss nahm zur Begründung Bezug auf den Bescheid vom 29. Juli 2005.
Deswegen erhob der Kläger am 20. Oktober 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Er trug vor, die völlig außergewöhnlichen Dioptrien-Werte hätten es ihm unmöglich gemacht, auf Dauer Sehhilfen in Anspruch zu nehmen, ohne mit unvermeidlicher ständiger Sehverschlechterung rechnen zu müssen. Es habe keine Alternative zu dem kleinen harmlosen ambulanten Eingriff, der am 29. August 2005 durchgeführt worden sei, bestanden. Die Implantation sei mit vollem Erfolg durchgeführt worden. Er könne nunmehr auf Sehhilfen verzichten. Weitere Kosten entstünden für die Beklagte in der Zukunft nicht. Auch eine Sehverschlechterung sei ausgeschlossen. Zu der vorliegenden medizinischen Indikation, auf die die Beklagte nicht eingegangen sei, müsse ein Sachverständigengutachten erhoben werden. Es bestehe ein gravierender Mangel im gesetzlichen Leistungssystem; die Implantation müsse zugelassen werden, wenn es keine andere Möglichkeit gebe, einem Patienten zu helfen. Die BUB-Richtlinien könnten es nicht ausschließen, dass eine neue anerkannte Behandlungsmethode, zumal bei Gefahr im Verzug, nicht zur Anwendung kommen könne. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Implantation einer Kunstlinse erst seit wenigen Jahren durchgeführt werde; mittlerweile sei die Methode jedoch ständig verfeinert und verbessert worden, sodass keine nachhaltige Schädigung der Hornhaut entstehe, auch keine Narbenbildung, was sich daraus ergebe, dass unzählige Menschen sich zwischenzeitlich dieser Operation unterzogen hätten. Der GBA müsse selbst eine Überprüfung der Behandlungsmethode vornehmen; er könne sich nicht darauf berufen, dass insoweit ein neuer Antrag zur Überprüfung nicht gestellt worden sei. Auf die ablehnende Entscheidung vom Jahre 1993 könne sich der GBA jetzt nicht mehr berufen. Er hätte zum Ausgleich des großen Sehschärfenunterschieds auch nicht auf das Tragen hartflexibler Kontaktlinsen bzw. auf die Durchführung einer Hornhauttransplantation auch rechts verwiesen werden können. Im Hinblick auf die Narben auf der Hornhaut links sei ihm das Tragen von Kontaktlinsen immer nur für einige Stunden möglich gewesen, bis starkes Brennen und zum Teil auch Schmerzen ihn gezwungen hätten, die Linsen wieder zu entfernen. Der Kläger benannte auch die Augenärzte, die ihn seit 1992 behandelt hätten. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Bei der hier streitigen Implantation einer Intraokularlinse handle es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom GBA bisher nicht bewertet worden sei. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nur dann über die gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Die Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sei grundsätzlich ausgeschlossen, solange sich der GBA nur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht geäußert habe. Das SG erhob eine Auskunft des GBA vom 21. Dezember 2005 sowie eine weitere Auskunft der Kommission Refraktive Chirurgie der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft und des Bundesverbands der Augenärzte Deutschlands (Prof. Dr. K.) vom 03. Februar 2006, auf die Bezug genommen wird. Mit Urteil vom 05. April 2006, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 11. April 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kostenerstattungsanspruch sei nicht begründet. Die Implantation von Intraokularlinsen zum Ausgleich hoher Kurzsichtigkeiten bzw. einer bestehenden Asinometropie zähle nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen, die die Beklagte schulde. Außerhalb eines grauen Stars handle es sich bei der Implantation um ein neues Behandlungsverfahren. Die deswegen für eine Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung notwendige Empfehlung durch den GBA liege nicht vor. Diese Therapie sei unter dem Oberbegriff der refraktiven Augenchirurgie durch Beschluss des früheren Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 11. Mai 1993 aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden. Der Anspruch des Klägers bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens. Ein solches Systemversagen würde auch voraussetzen, dass eine neue Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken in ihrer Wirksamkeit belegt sei. Ein solcher Wirksamkeitsnachweis liege hier noch nicht vor. Die Langzeitverträglichkeit der Implantation einer intraokularen Kontaktlinse lasse sich noch nicht abschätzen, zumal in den bisherigen Studien in vielen Fällen als Nebenwirkung eine Linsentrübung aufgetreten sei, wie der Stellungnahme der Kommission Refraktive Chirurgie vom 03. Februar 2006 zu entnehmen sei. Es bestünden danach die in der augenärztlichen Wissenschaft geäußerten Bedenken in den Stellungnahmen aus dem Jahre 1998 und 2002 fort.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 18. April 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat die Rechnung des Prof. Dr. W. vom 17. September 2005 eingereicht und trägt vor, für die durchgeführte Operation habe eine klare medizinische Indikation vorgelegen, zumal Prof. Dr. W. auf eine sonst unvermeidliche dauernde Sehverschlechterung hingewiesen habe, wenn Kontaktlinsen weiter getragen würden. Die Operation sei auch zweckmäßig gewesen. Sie sei mit Erfolg durchgeführt worden und Kontaktlinsen sowie eine Brille seien nicht mehr nötig. Die früher bestehenden Beschwerden seien beseitigt worden und eine Verschlechterung des Sehvermögens könne ausgeschlossen werden. Dazu müsse ein Sachverständigengutachten erhoben werden. Eine Einzelfallprüfung sei hier erforderlich. Eine Untersuchung am 30. Juni 2005 sei erforderlich gewesen, um zu prüfen, ob das Einsetzen einer Kunstlinse möglich gewesen sei. Erst danach habe er den Antrag bei der Krankenkasse stellen können. Er habe insoweit den Beschaffungsweg eingehalten, weil die Operation erst nach Bescheiderlass am 29. August 2005 durchgeführt worden sei. Er habe sich bereits vor dem Bescheid vom 29. Juli 2005 bei Prof. Dr. W. vorstellen und voruntersuchen lassen können. Insoweit habe es einer vorherigen Information der Krankenkasse nicht bedurft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm EUR 2.728,65 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Der Kläger habe auch mit der Behandlung begonnen, ohne sich vorher mit ihr ins Benehmen zu setzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gewähre § 13 Abs. 3 SGB V einen Kostenerstattungsanspruch nur für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels des Leistungssystems von der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden könne. Die Kosten müssten dadurch entstanden sein, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder dass sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. An dem erforderlichen Kausalzusammenhang fehle es regelmäßig dann, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Sachleistungsbegehren gar nicht befasst worden sei und auch vor Beginn der Behandlung die Verwaltungsentscheidung der Kasse nicht abgewartet worden sei, obwohl dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Erst die Weigerung der Kasse gebe dem Versicherten das Recht, sich die benötigte Behandlung selbst zu beschaffen und die Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten zu verlangen. Dies gelte auch dann, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens von vornherein feststehe. Da hier die Behandlung bereits vor dem Antrag auf Kostenübernahme begonnen worden sei, seien die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt.
Der Berichterstatter des Senats hat eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Prof. Dr. W. vom 02. August 2006 eingeholt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr.1, 13 Abs. 3 SGB V zu beurteilenden Anspruch auf Zahlung von Kosten in Höhe von EUR 2.728,65, die ihm für Behandlungen vom 30. Juni bis 06. September 2005 durch Prof. Dr. W., der kein Vertragsarzt ist, im Zusammenhang mit einer am 29. August 2005 durchgeführten Implantation einer intraokularen Kontaktlinse am rechten Auge entstanden sind und die er selbst getragen hat.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V ist bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung (hier ärztliche Behandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V, wobei der Sachleistungsanspruch auf ärztliche Behandlung sich nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich auf die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte bezieht. Der Kostenerstattungsanspruch setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte ärztliche Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben.
Soweit der Kläger die Erstattung von in der Rechnung vom 17. September 2005 aufgeführten Kosten für die Untersuchung am 30. Juni 2005 begehrt, nämlich insgesamt EUR 372,96, fehlt es schon an der Voraussetzung, dass dem Kläger dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung mit Bescheid vom 29. Juli 2005 abgelehnt hat. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat angeschlossen hat, aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung zwecks Beratung des Versicherten über ein eventuelles Kostenrisiko mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl. zuletzt Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - RdNr.10 ff. m. w. N.). Der Kläger hat bereits am 30. Juni 2005 privatärztliche Behandlungen durch Prof. Dr. W., der kein zugelassener Vertragsarzt ist, in Anspruch genommen. Die am 30. Juni 2005 durchgeführten Behandlungen und Untersuchungen hatten nach der Auskunft des Prof. Dr. W. vom 02. August 2006 vor allem den Zweck, lange wegen Studium und Examensvorbereitung des Klägers hinausgeschobene notwendige operative Maßnahmen zu klären und eine sinnvolle Behandlung vorzubereiten. Sie standen somit in unmittelbarem Zusammenhang mit der auf den 29. August 2005 angesetzten Operation, zumal Prof. Dr. W. auch von einer speziellen operationsbezogenen Datenerfassung und Befunderhebung zur Durchführung der Implantation spricht, da am 30. Juni 2005 auch die Daten für die zu bestellende Intraokularlinse bestimmt wurden. Da sich der Kläger erst am 11. Juli 2005 wegen der Kostenerstattung an die Beklagte gewandte hat, ihr also vor Durchführung der operationsbezogenen Untersuchungen am 30. Juni 2005 nicht die Möglichkeit gegeben hatte, den Kläger zu beraten, scheidet insoweit ein Kostenerstattungsanspruch aus. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass am 30. Juni 2005 ein im Sinne eines Notfalls unvermittelt auftretender Behandlungsbedarf sofort durch Prof. Dr. W. befriedigt werden musste, also dem Kläger eine vorherige Antragstellung sowie das Abwarten der Entscheidung der Beklagten nicht zumutbar war.
Auch der Anspruch auf Erstattung von EUR 2.405,69 ist nicht begründet. Zwar wurde die ambulant vorgenommene Implantation der intraokularen Kontaktlinse dann am 29. August 2005 zeitlich nach der Antragstellung (11. Juli 2005) und der am 01. August 2005 zur Post gegebenen ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 29. Juli 2005 durchgeführt, wofür einschließlich der Nachuntersuchungen am 30. August sowie am 01. und 06. September 2005 Kosten in Höhe von EUR 2.405,69, dabei EUR 1.276,00 für die Linse, entstanden sind. Der Senat geht jedoch davon aus, dass hier im Hinblick darauf, dass die Behandlungen und Untersuchungen am 30. Juni 2005 in unmittelbarer Vorbereitung auf die dann durchgeführte Implantation erfolgt sind, keine Trennung zwischen den vor und nach Bescheiderlass entstandenen Kosten vorzunehmen ist. Die am 29. August 2005 realisierte Operation war ersichtlich ohne die Voruntersuchungen vom 30. Juni 2005, auch zur Bestimmung der Daten für die zu bestellende und dann zu implantierende Linse, nicht durchzuführen, wobei der Senat auch davon ausgeht, dass der Kläger bereits am 30. Juni 2005 zur Durchführung der Operation, die selbst ebenfalls nicht als Notoperation erscheint, entschlossen war. Damit war mit dem Beginn der operationsvorbereitenden Behandlungen und Untersuchungen am 30. Juni 2005 das weitere Vorgehen bereits endgültig festgelegt, weshalb die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 29. Juli 2005 nicht geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. Mithin fehlte der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung der Kasse und der Kostenbelastung des Versicherten auch für den Teil der Behandlungen, der zeitlich nach dem ablehnenden Bescheid lag (vgl. BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6).
Selbst wenn aber eine Aufspaltung der Kosten, die nach dem Zugang der Ablehnungsentscheidung entstanden sind, vorgenommen würde, scheidet ein Anspruch auf Erstattung von EUR 2.405,69 aus, weil die durchgeführte Implantation der intraokularen Kontaktlinse nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen gehört hatte, wie das SG zutreffend dargelegt hat. Insoweit wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Soweit der Kläger auf einen (kurzfristigen) Erfolg der durchgeführten Implantation hingewiesen hat, rechtfertigt dies einen Kostenerstattungsanspruch nicht. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass beim Kläger die allein von Prof. Dr. W. befürwortete Implantation wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Extremsituation im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06. Dezember 2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) und der nachfolgenden Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/04 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7 und B 1 KR 7/05 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 9 und § 31 Nr. 4; Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 10), weil für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig in naher Zukunft zum Tode führende Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stand, geboten war. Darauf, ob der Kläger überhaupt einem wirksamen Zahlungsanspruch des Behandlers ausgesetzt war, obwohl Prof. Dr. W., der dem Kläger zwar eine Leistungsbeschreibung intraokularer Kontaktlinse vom 07. Juli 2005 übermittelt hatte und auch eine Rechnung über erbrachte Leistungen ausgestellt hat, in seiner Auskunft vom 02. August 2006 den Abschluss einer Honorarvereinbarung verneint hat, kommt es nicht an. Die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht geboten.
Danach war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte dem Kläger Kosten in Höhe von EUR 2.728,65 für privatärztlich durchgeführte augenärztliche Behandlungen vom 30. Juni bis 06. September 2005, insbesondere für die Implantation einer intraokularen Kontaktlinse am rechten Auge, durch Prof. Dr. W. zu erstatten hat.
Der am 1971 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Er leidet an einer Vorwölbung der Hornhaut an beiden Augen (Keratokonus). Es bestand nach einer 1993 durchgeführten Hornhautübertragung am linken Auge zuletzt ein ausgeprägter Bildgrößenunterschied zwischen rechtem und linkem Auge (Anisometropie), überwiegend bedingt durch eine hohe Kurzsichtigkeit am rechten Auge von ungefähr - 9,5 dpt gegenüber ungefähr 1,0 dpt am linken Auge. Der Kläger befand sich seit 1993 insoweit in privatärztlicher Behandlung des Prof. Dr. W., der kein Vertragsarzt ist. Wegen der Kostenübernahme privatärztlicher Behandlungen durch Prof. Dr. W. wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 2003, bei der Beklagten am 02. Januar 2004 eingegangen, an die Beklagte. Er machte geltend, aufgrund seiner Augenerkrankung sei er in regelmäßiger Behandlung bei Prof. Dr. W ... Da jener nur Privatbehandlungen durchführe, bitte er die Beklagte, einen Teil der Behandlungskosten zu tragen. Die Art der Erkrankung erfordere eine qualifizierte Kontrolle, weshalb ein Wechsel zu einer kassenärztlichen Behandlung nicht möglich sei. Dazu teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02. Januar 2004 mit, Kosten für privatärztliche Behandlungen durch Prof. Dr. W. könnten nicht übernommen werden. Mit einem weiteren Schreiben vom 12. Januar 2004, bei der Beklagten am 14. Januar 2004 eingegangen, wandte sich der Kläger an die Beklagte wegen der Übernahme der Kosten einer Voruntersuchung zu einer Lasik-Operation. Prof. Dr. W. habe im Hinblick auf eine Verschlechterung der Sehschärfe auf dem rechten Auge zu einer Lasik-Operation geraten. Er bat die Beklagte, sich an den Kosten zur Voruntersuchung zu beteiligen, was die Beklagte gegenüber dem Kläger am 16. Januar 2004 durch telefonische Mitteilung ablehnte. Ebenfalls telefonisch lehnte die Beklagte am 02. August 2004 den vom Kläger am 28. Juli 2004 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für Untersuchungen durch Prof. Dr. Dr. S. in Z. ab, an den ihn Prof. Dr. W. überwiesen habe.
Am 11. Juli 2005 ging bei der Beklagten eine "Leistungsbeschreibung intraokularer Kontaktlinse ggfs. mit Lasik an 1 Auge" des Prof. Dr. W. vom 07. Juli 2005 ein, in dem die Kosten für die Implantation der Kontaktlinse, d.h. Voruntersuchung, Operation und notwendige Nachuntersuchungen, mit EUR 2.450,- angegeben waren. Beigefügt war auch eine augenärztliche Bescheinigung des Prof. Dr. W. vom 07. Juli 2005. Darin nannte der Arzt die derzeitige Sehschärfe des Klägers. Die extrem hohe Anisometropie von 8,5 dpt könne weder mit Brille noch mit Kontaktlinsenanpassung am rechten Auge korrigiert werden. Es bestehe somit eine medizinische Indikation zur Implantation einer intraokularen Kontaktlinse, die ohne Veränderung der Bildgröße am rechten Auge die Myopie von - 9,0 dpt korrigieren könne. Die verbleibenden Hornhautverkrümmungen beider Augen könnten mit einer Brille komplikationslos korrigiert werden. Die vorgeschlagene Implantation sei die einzige medizinische Möglichkeit, die hohe Fehlsichtigkeit des rechten Auges zu korrigieren und beidäugiges räumliches Sehen unter Erhaltung der Akkomodation zu erreichen. Der Kläger begehrte die Übernahme der Kosten für die Behandlung. Nachdem vor ungefähr zehn Jahren auf dem linken Auge eine Hornhauttransplantation durchgeführt worden sei, müsse nun der Unterschied in der Sehschärfe zum rechten Auge ausgeglichen werden, weshalb die künstliche Linse erforderlich sei. Kontaktlinsen könne er nicht vertragen. Eine Brille müsse er seit dem 12. Lebensjahr tragen. Hinzu komme, dass er als promovierter Physiker täglich zehn Stunden am Computer sitze, wobei er auf ein ordnungsgemäßes und einwandfreies Sehen angewiesen sei. Es handle sich um eine medizinisch notwendige Behandlung. Nach der Rechnung des Prof. Dr. W. vom 17. September 2005 und dessen Auskunft vom 02. August 2006 waren die Voruntersuchungen des Prof. Dr. W. im Hinblick auf die geplante Operation bereits am 30. Juni 2005 durchgeführt worden. Am 29. August 2005 erfolgte dann die Implantation. Nachuntersuchungen wurden noch am 30. August sowie am 01. und 06. September 2005 durchgeführt. Für die Behandlungen stellte Prof. Dr. W. dem Kläger am 17. September 2005 insgesamt EUR 2.728,65 in Rechnung, die der Kläger auch bezahlte. Die Beklagte erhob im Hinblick auf den Antrag vom 11. Juli 2005 eine Stellungnahme des Dr. G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in F. vom 26. Juli 2005, der ausführte, vorliegend handle es sich um ein Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, welches sich in der Anlage B Nr. 13 der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) finde. Es dürfe daher nach § 135 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden. Gutachterlich könne davon nicht abgewichen werden, auch nicht unter Berücksichtigung eines Einzelfalls, selbst dann nicht, wenn im Einzelfall durch den Einsatz der Methode eine Linderung oder Heilung eintreten würde bzw. sie medizinisch nachvollziehbar wäre. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2005 die Übernahme der Kosten für die Implantation einer intraokularen Linse ab. Dagegen legte der Kläger am 08. August 2005 Widerspruch ein. Er machte nun geltend, am 29. August 2005 sei die Operation mit Erfolg durchgeführt worden. Sein Sehvermögen habe nur drei Tage nach der Operation bei über 80 vom Hundert (v.H.) gelegen und verbessere sich weiter. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 13. Oktober 2005). Der Widerspruchsausschuss nahm zur Begründung Bezug auf den Bescheid vom 29. Juli 2005.
Deswegen erhob der Kläger am 20. Oktober 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim. Er trug vor, die völlig außergewöhnlichen Dioptrien-Werte hätten es ihm unmöglich gemacht, auf Dauer Sehhilfen in Anspruch zu nehmen, ohne mit unvermeidlicher ständiger Sehverschlechterung rechnen zu müssen. Es habe keine Alternative zu dem kleinen harmlosen ambulanten Eingriff, der am 29. August 2005 durchgeführt worden sei, bestanden. Die Implantation sei mit vollem Erfolg durchgeführt worden. Er könne nunmehr auf Sehhilfen verzichten. Weitere Kosten entstünden für die Beklagte in der Zukunft nicht. Auch eine Sehverschlechterung sei ausgeschlossen. Zu der vorliegenden medizinischen Indikation, auf die die Beklagte nicht eingegangen sei, müsse ein Sachverständigengutachten erhoben werden. Es bestehe ein gravierender Mangel im gesetzlichen Leistungssystem; die Implantation müsse zugelassen werden, wenn es keine andere Möglichkeit gebe, einem Patienten zu helfen. Die BUB-Richtlinien könnten es nicht ausschließen, dass eine neue anerkannte Behandlungsmethode, zumal bei Gefahr im Verzug, nicht zur Anwendung kommen könne. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Implantation einer Kunstlinse erst seit wenigen Jahren durchgeführt werde; mittlerweile sei die Methode jedoch ständig verfeinert und verbessert worden, sodass keine nachhaltige Schädigung der Hornhaut entstehe, auch keine Narbenbildung, was sich daraus ergebe, dass unzählige Menschen sich zwischenzeitlich dieser Operation unterzogen hätten. Der GBA müsse selbst eine Überprüfung der Behandlungsmethode vornehmen; er könne sich nicht darauf berufen, dass insoweit ein neuer Antrag zur Überprüfung nicht gestellt worden sei. Auf die ablehnende Entscheidung vom Jahre 1993 könne sich der GBA jetzt nicht mehr berufen. Er hätte zum Ausgleich des großen Sehschärfenunterschieds auch nicht auf das Tragen hartflexibler Kontaktlinsen bzw. auf die Durchführung einer Hornhauttransplantation auch rechts verwiesen werden können. Im Hinblick auf die Narben auf der Hornhaut links sei ihm das Tragen von Kontaktlinsen immer nur für einige Stunden möglich gewesen, bis starkes Brennen und zum Teil auch Schmerzen ihn gezwungen hätten, die Linsen wieder zu entfernen. Der Kläger benannte auch die Augenärzte, die ihn seit 1992 behandelt hätten. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Bei der hier streitigen Implantation einer Intraokularlinse handle es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom GBA bisher nicht bewertet worden sei. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nur dann über die gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Die Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sei grundsätzlich ausgeschlossen, solange sich der GBA nur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht geäußert habe. Das SG erhob eine Auskunft des GBA vom 21. Dezember 2005 sowie eine weitere Auskunft der Kommission Refraktive Chirurgie der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft und des Bundesverbands der Augenärzte Deutschlands (Prof. Dr. K.) vom 03. Februar 2006, auf die Bezug genommen wird. Mit Urteil vom 05. April 2006, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 11. April 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kostenerstattungsanspruch sei nicht begründet. Die Implantation von Intraokularlinsen zum Ausgleich hoher Kurzsichtigkeiten bzw. einer bestehenden Asinometropie zähle nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen, die die Beklagte schulde. Außerhalb eines grauen Stars handle es sich bei der Implantation um ein neues Behandlungsverfahren. Die deswegen für eine Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung notwendige Empfehlung durch den GBA liege nicht vor. Diese Therapie sei unter dem Oberbegriff der refraktiven Augenchirurgie durch Beschluss des früheren Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 11. Mai 1993 aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden. Der Anspruch des Klägers bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens. Ein solches Systemversagen würde auch voraussetzen, dass eine neue Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken in ihrer Wirksamkeit belegt sei. Ein solcher Wirksamkeitsnachweis liege hier noch nicht vor. Die Langzeitverträglichkeit der Implantation einer intraokularen Kontaktlinse lasse sich noch nicht abschätzen, zumal in den bisherigen Studien in vielen Fällen als Nebenwirkung eine Linsentrübung aufgetreten sei, wie der Stellungnahme der Kommission Refraktive Chirurgie vom 03. Februar 2006 zu entnehmen sei. Es bestünden danach die in der augenärztlichen Wissenschaft geäußerten Bedenken in den Stellungnahmen aus dem Jahre 1998 und 2002 fort.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 18. April 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat die Rechnung des Prof. Dr. W. vom 17. September 2005 eingereicht und trägt vor, für die durchgeführte Operation habe eine klare medizinische Indikation vorgelegen, zumal Prof. Dr. W. auf eine sonst unvermeidliche dauernde Sehverschlechterung hingewiesen habe, wenn Kontaktlinsen weiter getragen würden. Die Operation sei auch zweckmäßig gewesen. Sie sei mit Erfolg durchgeführt worden und Kontaktlinsen sowie eine Brille seien nicht mehr nötig. Die früher bestehenden Beschwerden seien beseitigt worden und eine Verschlechterung des Sehvermögens könne ausgeschlossen werden. Dazu müsse ein Sachverständigengutachten erhoben werden. Eine Einzelfallprüfung sei hier erforderlich. Eine Untersuchung am 30. Juni 2005 sei erforderlich gewesen, um zu prüfen, ob das Einsetzen einer Kunstlinse möglich gewesen sei. Erst danach habe er den Antrag bei der Krankenkasse stellen können. Er habe insoweit den Beschaffungsweg eingehalten, weil die Operation erst nach Bescheiderlass am 29. August 2005 durchgeführt worden sei. Er habe sich bereits vor dem Bescheid vom 29. Juli 2005 bei Prof. Dr. W. vorstellen und voruntersuchen lassen können. Insoweit habe es einer vorherigen Information der Krankenkasse nicht bedurft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm EUR 2.728,65 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Der Kläger habe auch mit der Behandlung begonnen, ohne sich vorher mit ihr ins Benehmen zu setzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gewähre § 13 Abs. 3 SGB V einen Kostenerstattungsanspruch nur für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels des Leistungssystems von der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden könne. Die Kosten müssten dadurch entstanden sein, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder dass sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. An dem erforderlichen Kausalzusammenhang fehle es regelmäßig dann, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Sachleistungsbegehren gar nicht befasst worden sei und auch vor Beginn der Behandlung die Verwaltungsentscheidung der Kasse nicht abgewartet worden sei, obwohl dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Erst die Weigerung der Kasse gebe dem Versicherten das Recht, sich die benötigte Behandlung selbst zu beschaffen und die Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten zu verlangen. Dies gelte auch dann, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens von vornherein feststehe. Da hier die Behandlung bereits vor dem Antrag auf Kostenübernahme begonnen worden sei, seien die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt.
Der Berichterstatter des Senats hat eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Prof. Dr. W. vom 02. August 2006 eingeholt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr.1, 13 Abs. 3 SGB V zu beurteilenden Anspruch auf Zahlung von Kosten in Höhe von EUR 2.728,65, die ihm für Behandlungen vom 30. Juni bis 06. September 2005 durch Prof. Dr. W., der kein Vertragsarzt ist, im Zusammenhang mit einer am 29. August 2005 durchgeführten Implantation einer intraokularen Kontaktlinse am rechten Auge entstanden sind und die er selbst getragen hat.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V ist bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung (hier ärztliche Behandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V, wobei der Sachleistungsanspruch auf ärztliche Behandlung sich nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich auf die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte bezieht. Der Kostenerstattungsanspruch setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte ärztliche Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben.
Soweit der Kläger die Erstattung von in der Rechnung vom 17. September 2005 aufgeführten Kosten für die Untersuchung am 30. Juni 2005 begehrt, nämlich insgesamt EUR 372,96, fehlt es schon an der Voraussetzung, dass dem Kläger dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung mit Bescheid vom 29. Juli 2005 abgelehnt hat. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat angeschlossen hat, aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung zwecks Beratung des Versicherten über ein eventuelles Kostenrisiko mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl. zuletzt Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - RdNr.10 ff. m. w. N.). Der Kläger hat bereits am 30. Juni 2005 privatärztliche Behandlungen durch Prof. Dr. W., der kein zugelassener Vertragsarzt ist, in Anspruch genommen. Die am 30. Juni 2005 durchgeführten Behandlungen und Untersuchungen hatten nach der Auskunft des Prof. Dr. W. vom 02. August 2006 vor allem den Zweck, lange wegen Studium und Examensvorbereitung des Klägers hinausgeschobene notwendige operative Maßnahmen zu klären und eine sinnvolle Behandlung vorzubereiten. Sie standen somit in unmittelbarem Zusammenhang mit der auf den 29. August 2005 angesetzten Operation, zumal Prof. Dr. W. auch von einer speziellen operationsbezogenen Datenerfassung und Befunderhebung zur Durchführung der Implantation spricht, da am 30. Juni 2005 auch die Daten für die zu bestellende Intraokularlinse bestimmt wurden. Da sich der Kläger erst am 11. Juli 2005 wegen der Kostenerstattung an die Beklagte gewandte hat, ihr also vor Durchführung der operationsbezogenen Untersuchungen am 30. Juni 2005 nicht die Möglichkeit gegeben hatte, den Kläger zu beraten, scheidet insoweit ein Kostenerstattungsanspruch aus. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass am 30. Juni 2005 ein im Sinne eines Notfalls unvermittelt auftretender Behandlungsbedarf sofort durch Prof. Dr. W. befriedigt werden musste, also dem Kläger eine vorherige Antragstellung sowie das Abwarten der Entscheidung der Beklagten nicht zumutbar war.
Auch der Anspruch auf Erstattung von EUR 2.405,69 ist nicht begründet. Zwar wurde die ambulant vorgenommene Implantation der intraokularen Kontaktlinse dann am 29. August 2005 zeitlich nach der Antragstellung (11. Juli 2005) und der am 01. August 2005 zur Post gegebenen ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 29. Juli 2005 durchgeführt, wofür einschließlich der Nachuntersuchungen am 30. August sowie am 01. und 06. September 2005 Kosten in Höhe von EUR 2.405,69, dabei EUR 1.276,00 für die Linse, entstanden sind. Der Senat geht jedoch davon aus, dass hier im Hinblick darauf, dass die Behandlungen und Untersuchungen am 30. Juni 2005 in unmittelbarer Vorbereitung auf die dann durchgeführte Implantation erfolgt sind, keine Trennung zwischen den vor und nach Bescheiderlass entstandenen Kosten vorzunehmen ist. Die am 29. August 2005 realisierte Operation war ersichtlich ohne die Voruntersuchungen vom 30. Juni 2005, auch zur Bestimmung der Daten für die zu bestellende und dann zu implantierende Linse, nicht durchzuführen, wobei der Senat auch davon ausgeht, dass der Kläger bereits am 30. Juni 2005 zur Durchführung der Operation, die selbst ebenfalls nicht als Notoperation erscheint, entschlossen war. Damit war mit dem Beginn der operationsvorbereitenden Behandlungen und Untersuchungen am 30. Juni 2005 das weitere Vorgehen bereits endgültig festgelegt, weshalb die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 29. Juli 2005 nicht geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. Mithin fehlte der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung der Kasse und der Kostenbelastung des Versicherten auch für den Teil der Behandlungen, der zeitlich nach dem ablehnenden Bescheid lag (vgl. BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6).
Selbst wenn aber eine Aufspaltung der Kosten, die nach dem Zugang der Ablehnungsentscheidung entstanden sind, vorgenommen würde, scheidet ein Anspruch auf Erstattung von EUR 2.405,69 aus, weil die durchgeführte Implantation der intraokularen Kontaktlinse nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen gehört hatte, wie das SG zutreffend dargelegt hat. Insoweit wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Soweit der Kläger auf einen (kurzfristigen) Erfolg der durchgeführten Implantation hingewiesen hat, rechtfertigt dies einen Kostenerstattungsanspruch nicht. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass beim Kläger die allein von Prof. Dr. W. befürwortete Implantation wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Extremsituation im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06. Dezember 2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) und der nachfolgenden Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/04 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7 und B 1 KR 7/05 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 9 und § 31 Nr. 4; Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 10), weil für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig in naher Zukunft zum Tode führende Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stand, geboten war. Darauf, ob der Kläger überhaupt einem wirksamen Zahlungsanspruch des Behandlers ausgesetzt war, obwohl Prof. Dr. W., der dem Kläger zwar eine Leistungsbeschreibung intraokularer Kontaktlinse vom 07. Juli 2005 übermittelt hatte und auch eine Rechnung über erbrachte Leistungen ausgestellt hat, in seiner Auskunft vom 02. August 2006 den Abschluss einer Honorarvereinbarung verneint hat, kommt es nicht an. Die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht geboten.
Danach war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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