L 5 KR 2782/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3337/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2782/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.4.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin bei der Beigeladenen Nr. 4 seit dem 9.4.1997 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt.

Die 1965 geborene Klägerin ist gelernte Arzthelferin. Außerdem absolvierte sie eine kaufmännische Fortbildung und nahm an Seminaren (wie einem zweitägigen Manager-Seminar) sowie an eintägigen Schulungsveranstaltungen (etwa in "Garantie", "professionellem Telefonieren", "Unfallschadensabwicklung", "Grundlagen der Autovermietung", "Serviceberatung" u.a.) teil.

Am 1.1.1993 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen Nr. 4, die eine Kfz-Reparaturwerkstatt, einen kleinen Kfz-Handel und eine Tankstelle betreibt, einen Anstellungsvertrag. Die Klägerin wurde zum 1.1.1993 als Bürokauffrau (Beschäftigungsgruppe K 1; Monatsgehalt 1.440 DM, wöchentliche Arbeitszeit 17,5 Stunden) eingestellt. Am 23.1.1997 heiratete die Klägerin den (jetzigen) Geschäftsführer und (Mit-)Gesellschafter der Beigeladenen Nr. 4 (Geschäftsführerbestellung zum 21.3.1997). Am Kapital der Gesellschaft ist die Klägerin nicht beteiligt; Gesellschafter der GmbH sind der Ehemann der Klägerin und dessen Vater (SG-Akte S. 10).

Unter dem 3.1.1994 und 1.8.2001 wurde der Anstellungsvertrag vom 1.1.1993 geändert; das Gehalt wurde unter Zugrundelegung der gesetzlichen bzw. tariflichen Arbeitszeit ab 1.1.1994 zunächst auf 3.305 DM, sodann ab 1.8.2001 auf 4.148 DM monatlich erhöht. Am 17.11.2004 erklärte sich die Klägerin wegen der wirtschaftlich schlechten Lage des Unternehmens bereit, die jährliche Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2004 auszusetzen. Ausweislich der Lohn- und Gehaltsabrechnungen erhielt die Klägerin für die Monate Januar bis März 2005 ein Monatsgehalt von 2.571,79 EUR bzw. 2.269,39 EUR. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge wurden regelmäßig abgeführt, das Gehalt der Klägerin wurde als Betriebsaugabe verbucht. Am 9.4.1997 wurde der Klägerin eine Bankvollmacht für das Betriebskonto der Beigeladenen Nr. 4 erteilt.

Unter dem 10.5.2005 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen und einer Aufgabenbeschreibung, ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen Nr. 4 für die Zeit ab 9.4.1997 sozialversicherungsrechtlich zu bewerten. Sie gab an, seit diesem Zeitpunkt sei sie mit allen Vollmachten ausgestattet, die ihrer Verantwortung für das Unternehmen gerecht würden. Der Anstellungsvertrag vom 1.1.1993 werde nicht praktiziert. Sie sei eher unternehmerisch tätig. Weisungen würden ihr nicht erteilt. Auch Ort, Art und Zeit der Aufgabenerledigung könne sie frei bestimmen.

Der Ehemann der Klägerin (Geschäftsführer der Beigeladenen Nr. 4) gab an, die Klägerin leite in ihrer Funktion als mitarbeitende Ehefrau die Esso-Tankstelle des Betriebs in eigener Verantwortung und ohne Bindung an Weisungen. Hierfür bekomme sie kein Gehalt, da dieser Arbeitsaufwand bereits mit ihrem Gehalt als Angestellte des Autohauses abgegolten sei.

Mit Bescheid vom 19.7.2005 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin als kaufmännische Angestellte der Beigeladenen Nr. 4 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Am Stammkapital der Gesellschaft sei sie nicht beteiligt; die Klägerin habe auch nicht die Funktion einer Geschäftsführerin. Mangels Gesellschaftsanteils könne sie auf die Geschäfte des Unternehmens keinen Einfluss ausüben; auch ein Unternehmerrisiko trage sie nicht. Im Anstellungsvertrag seien auch die tariflichen Kündigungsfristen vereinbart. Dass sie die ihr zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich und weisungsfrei erledige, genüge für die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht. Die Klägerin bekomme schließlich ein Bruttomonatsgehalt von 2.269,- EUR, das über der Hälfte des einschlägigen Tariflohns bzw. des ortsüblichen Arbeitsentgelts liege und deshalb einen angemessenen Gegenwert für die Arbeitsleistung darstelle.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie leite die zum Autohaus der Beigeladenen Nr. 4 gehörende Esso-Station eigenständig und sei keiner Direktionsbefugnis unterworfen. Sie erledige den gesamten kaufmännischen Bereich einschließlich des Kostencontrollings, der Warenbestellungen, der Lieferreklamationen, der Tages- und Monatsabrechnungen, der Jahresabschlüsse und des Personalwesens. Außerdem sei sie für die Auftragsannahme im Bereich der Marke Ford und die allgemeine Kundenbetreuung sowie die gesamte Buchhaltung verantwortlich. Sie handele insoweit nicht wie eine kaufmännische Angestellte, die als fremde Arbeitskraft in den Familienbetrieb eingegliedert sei, sondern als "maßgeblicher Pfeiler des Gesamtunternehmens". Die betrieblichen Angelegenheiten des Familienunternehmens erledigten sie und ihr Ehemann gleichberechtigt in gegenseitiger Abstimmung. Weisungen würden nicht erteilt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.9.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend führte sie aus, auch die der Klägerin am 9.4.1997 erteilte Bankvollmacht für das Betriebskonto der Beigeladenen Nr. 4 verleihe ihr nicht den Status einer Mitunternehmerin. Bis heute sei sie weder Geschäftsführerin noch Gesellschafterin der GmbH, was absoluter Weisungsfreiheit entgegen stehe. Die Klägerin sei hinsichtlich ihres Arbeitsgebiets auch in den Betrieb der Beigeladenen Nr. 4 eingegliedert. Ein Unternehmerrisiko trage sie nicht. All das spreche für das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.

Am 13.10.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn. Dieses hörte die Klägerin und deren Ehemann in der Erörterungsverhandlung vom 1.3.2006.

Die Klägerin gab an, es gebe mehrere Bereiche, die sie alleinverantwortlich ohne Absprache mit ihrem Ehemann betreue. Dabei handele es sich insbesondere um die Esso-Tankstelle, die zum Betrieb gehöre und die sie alleinverantwortlich betreibe. Damit kenne sich ihr Ehemann auch relativ wenig aus. Außerdem erledige sie den ganzen administrativen Bereich des Autohauses, das Personalwesen, das Lohnbüro und die Schnittstelle zum Steuerberater. Hinsichtlich der Tankstelle sprächen sie und ihr Ehemann sich gar nicht ab. Zum administrativen Bereich gebe es wenige Absprachen; ihr Ehemann kümmere sich um die technischen Aufgaben. Sie habe auch an Seminaren über Mitarbeiterführung, Rhetorik und Verkaufstraining teilgenommen. Ihre Tätigkeit könnte von einer anderen Person im Betrieb nicht übernommen werden. Entscheidungen über Investitionen, die Organisation des Betriebes und die Produkte träfen sie und ihr Ehemann gemeinsam; dieser würde nie etwas ohne sie entscheiden. Die Stellung einer Prokuristin habe sie nicht; auch über eine Handlungsvollmacht verfüge sie nicht. Die Vollmachten seien so ausgestaltet, dass ihr Ehemann ihr die Leitung des Restbetriebes übergebe, wenn er die Firma verlasse. Bürgschaften oder Sicherheiten für das Unternehmen habe sie nicht gegeben.

Nachdem die Klägerin abschließend Stellung genommen hatte (Schriftsatz vom 13.3.2006), wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20.4.2006 ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei bei der Beigeladenen Nr. 4 abhängig beschäftigt, da sie kein Unternehmerrisiko trage, keine Kapitalanteile des Unternehmens halte und weder Darlehen gegeben noch Bürgschaften oder Sicherheiten übernommen habe. Ihr Gehalt sei vom Unternehmenserfolg auch nicht unmittelbar abhängig. All das spreche gegen eine selbstständige Erwerbstätigkeit. Die Klägerin werde wie eine Angestellte unter Abführung der Lohnsteuer entlohnt, wobei das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht werde. Auch der einmalige Verzicht auf das Weihnachtsgeld sei bei wirtschaftlich schwieriger Lage des Beschäftigungsbetriebs nicht ungewöhnlich. Bei Arbeitsunfähigkeit werde das Gehalt fortgezahlt. Der Klägerin sei weder Prokura noch Handlungsvollmacht erteilt. Sie verfüge lediglich über eine Bankvollmacht für das Firmenkonto, was bei leitenden Angestellten nicht ungewöhnlich sei. Weitergehende Vertretungsbefugnisse seien ihr demgegenüber nicht eingeräumt worden. Letztendlich sei die Klägerin vom Geschäftsführer des Unternehmens (ihrem Ehemann) abhängig. Das gelte auch für den Betrieb der Esso-Tankstelle, wofür allenfalls mündliche oder konkludent erteilte Vollmachten vorliegen mögen. Im Übrigen sei die Klägerin für die Leitung des Betriebes nur dann verantwortlich, wenn ihr Ehemann die Firma verlasse. Die Tätigkeit in der Esso-Tankstelle gebe der Klägerin nicht die Stellung einer Mitunternehmerin. Bei der Tankstelle handele es sich nämlich um einen unselbstständigen Betriebsteil. Dass Investitionsentscheidungen oder Entscheidungen über Organisationsfragen und Produkte gemeinsam mit dem Ehemann getroffen würden, sei lediglich Ausdruck des partnerschaftlichen Miteinanders der Eheleute und kein Merkmal, das gegen eine abhängige Beschäftigung spreche.

Auf den ihr am 11.5.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31.5.2006 Berufung eingelegt. Ergänzend trägt sie vor, ihr Ehemann beschränke sich auf das Autohaus, also den Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen sowie die Leitung des Werkstattbetriebes. Sie kümmere sich hierneben allein und eigenständig um den gesamten Tankstellenbetrieb einschließlich des dazugehörigen Verkaufsshops. Sie verhandele mit den Lieferanten, gestalte die Preise und wickle auch die Besprechungen mit dem Mineralölkonzern ab. Außerdem unterweise sie die im Tankstellenbereich beschäftigten etwa 15 Aushilfskräfte, die sie einstelle und ggf. entlasse. Schließlich befasse sie sich mit dem Umsatz- und costcontrolling. Die tatsächliche Ausgestaltung ihrer Tätigkeit im Unternehmen schließe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus. In den Betrieb sei sie nicht wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert, da sie für die Betriebsordnung zumindest in gleichem Maße wie ihr Ehemann verantwortlich sei. Ob es sich bei der Tankstelle um einen unselbstständigen Betriebsteil handele oder nicht, sei nicht maßgeblich. Vielmehr werde der Gesamtbetrieb arbeitsteilig bewirtschaftet und geführt. Ihr Ehemann treffe anstehende Unternehmensentscheidungen nicht allein, zumal er vom Tankstellengewerbe nichts verstehe. Schon deshalb könne er sie insoweit nicht kontrollieren. Das Unternehmen laste gleichermaßen auf ihren wie auf ihres Ehemannes Schultern. Der Tankstellenbetrieb sei ihr von ihrem Ehemann auch nicht als Arbeitsplatz zugewiesen worden. Eine Subordinationsverhältnis bestehe nicht. Auch Weisungen würden nicht erteilt. Insgesamt sprächen die maßgeblichen Kriterien eher für eine selbstständige Erwerbstätigkeit. Demgegenüber sei nicht ausschlaggebend, dass bislang Lohnsteuer abgeführt worden sei und man das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht habe. Letzteres habe ohnehin auf der Unkenntnis der sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage beruht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.4.2006 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 19.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.9.2005 festzustellen, dass sie ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen Nr. 4 seit dem 9.4.1997 nicht im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat in der Sache zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen Nr. 4 während der streitigen Zeit ab 9.4.1997 im Rahmen eines dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt. Ob die Klage im Hinblick auf die Verjährung etwaiger Ansprüche auf Beitragsrückerstattung (vgl. § 27 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV) mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits (teilweise) als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen und die Berufung (insoweit) auch aus diesem Grund unbegründet ist (vgl. dazu LSG Bad.-Württ., Urt. v. 8.3.2005, - L 11 KR 2015/04 -), kann daher dahin stehen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen einer Beschäftigung im Rechtssinne, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann dieses auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).

Nach diesen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Ist dieser zugleich Gesellschafter, schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urt. v. vom 23. Juni 1994, -B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.1.2006,. B 12 KR 30/04 R -; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hess LSG, Urt. v. 23.11.2006, L 1 KR 763/03 - m.N. zur Rspr des BSG). Demgegenüber steht ein Geschäftsführer, der am Kapital der Gesellschaft gar nicht beteiligt ist, regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der Gesellschaft, es sei denn, er kann in der GmbH "schalten und walten", wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -).

Familiäre Bindungen, auch zwischen Ehegatten, schließen ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus. Unschädlich ist insbesondere, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und das Weisungsrecht deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSG, Urt. v. 17.12.2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle gesamten Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5.4.1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).

Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinaus gehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23.6.1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17.12.2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Ehegatten ein Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12.9.1996 - 7 RAR 120/95 - ).

Davon ausgehend kann die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen Nr. 4 nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Der Senat teilt die Würdigung des Sozialgerichts und verweist daher gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids (S. 6, 7 des Entscheidungsabdrucks). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Gegen die Einstufung der Klägerin als Mitunternehmerin neben ihrem Ehemann spricht zunächst maßgeblich, dass sie nicht Mitgesellschafterin des Unternehmens der Beigeladenen Nr. 4 ist und ein Unternehmerrisiko nicht trägt; das gilt für die gesamte hier streitige Zeit ab 9.4.1997. Vielmehr war und ist sie auf der Grundlage eines Anstellungsvertrags als Angestellte beschäftigt mit einem lohnsteuerpflichtigen und als Betriebsausgabe verbuchten Monatsgehalt, das angesichts der Größenordnung von über 3.300 DM bzw. 4.000 DM oder 2.000 EUR nicht als Taschengeld oder bloße Anerkennung für Gefälligkeitsleistungen im Familienbetrieb ihres Ehemannes abgetan werden kann. Die Klägerin hat auch nicht die Stellung einer Geschäftsführerin der Gesellschaft und verfügt weder über Handlungsvollmacht noch Prokura. Dass man ihr zum 9.4.1997 eine Bankvollmacht für das Firmenkonto eingeräumt hat, ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ihrer Tätigkeit nicht von Belang. Auch die eigenverantwortliche Führung des Betriebteils "Tankstelle mit Verkaufsshop" qualifiziert die Klägerin nicht zur Unternehmerin. Vielmehr nimmt sie insoweit Aufgaben einer leitenden Angestellten wahr, die im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R) naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen des Unternehmers erfüllt werden. Nichts anderes gilt für die Erledigung der administrativen Aufgaben im Unternehmen der Beigeladenen Nr. 4. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr ausschlaggebend darauf an, dass die Klägerin Ehegattin eines Gesellschafters der Beigeladenen Nr. 4 ist. Das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung schließt das, wie dargelegt, nicht aus.

Die Tätigkeit, die die Klägerin im Familienbetrieb ihres Ehemannes (und Schwiegervaters) ausübt bzw. ab 9.4.1997 ausgeübt hat, ist von der Beklagten und vom Sozialgericht nach ihrem Gesamtbild zutreffend als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eingestuft worden. Deshalb kann der Versuch, unter Berufung auf die der Klägerin am 9.4.1997 erteilte Bankvollmacht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge im Nachhinein (bei offenbar ausgebliebenem Versicherungsfall) wieder "zurückzuholen", nicht gelingen.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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