L 1 U 5241/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 1746/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5241/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. September 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab dem 13.12.2001 Folge der Arbeitsunfälle vom 17.03., 21.04.1987, 01.06.1990, 30.03.1993 und 02.02.1999 ist und der Kläger daher Anspruch auf Verletztengeld und Erstattung der Kosten der Heilbehandlung hat.

Der 1956 geborene Kläger zog sich am 17.3. und am 21.4.1987 bei Verkehrsunfällen jeweils eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) zu, wofür die Beklagte ihm zuletzt Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 v.H. für jeden der beiden Unfälle ab 12.09.1990 bis auf weiteres gewährte (Bescheide vom 23.06.1993). Auf Antrag des Klägers hat die Beklagte die beiden Renten abgefunden (Bescheide vom 22.06.1999). Die Rentenbescheide der Beklagten stützten sich auf das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. H. vom 12.02.1991 und auf das nervenärztliche Gutachten von Dr. H. vom 19.03.1991. Darin waren als gesundheitliche Folgen der erlittenen Schleudertrauma beschrieben worden eine mittlere Bewegungseinschränkung der HWS bei Drehung und Seitneigung nach rechts, erhebliche Verspannungen und Verhärtungen der Muskeln der Schulter-Nacken-Region, chronischer Reizzustand am rechten großen Hinterhauptnerv, dumpf-drückende Nacken-Hinterkopf-Schmerzen rechts, Stunden bis Tage anhaltend, durch Kopfbewegungen auszulösen bzw. zu verstärken, Sensibilitätsminderungen der rechten Hals-/Schulterpartie. Röntgenologisch und computertomografisch hatten die Gutachter nach Auswertung eigener und Fremdbefunde keine Hinweise für knöcherne Verletzungen oder sonstige posttraumatische Veränderungen bei unauffälliger Darstellung der HWS-Segmente gefunden.

Bei den Unfällen am 01.06.1990, am 30.03.1993 und am 02.02.1999 kam es erneut zu HWS-Distorsionen, für die keine weitere Rente nach einer MdE um mindestens 10 v.H. zusätzlich gewährte wurde (Bescheide vom 17.04.2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.05.2000, die Unfälle am 01.06.1990 und 30.03.1993 betreffend). Die hiergegen erhobene Klage beim Sozialgericht K. (S 4 U 2175/00) wurde mit Urteil vom 27.04.2004, gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. C. vom 13.11.2002, abgewiesen. Über die Berufung des Klägers (L 10 U 4641/04) ist noch nicht entschieden, weil das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist (Beschluss vom 06.04.2005).

Ab 13.12.2001 war der Kläger jeweils mit kurzen Unterbrechungen arbeitsunfähig (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. N. vom 13.12.2001 und folgende). Die Beklagte gewährte dem Kläger Verletztengeld bis 24.09.2002, ab 03.01.2002 nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung wegen Zweifel am Zusammenhang der Arbeitsunfähigkeit mit den genannten Arbeitsunfällen.

In dem ebenfalls beim Senat anhängigen Rechtsstreit des Klägers gegen die Beklagte (L 1 U 2613/06) macht er für die Zeit einer Arbeitsunfähigkeit ab 25.10.2001 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend und beruft sich hierfür auf ein Ereignis am 16.10.2001 als ursächlichen Arbeitsunfall, bei dem es zu einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten gekommen sei. Insoweit wird wegen weiterer Einzelheiten auf das Urteil des Senats vom heutigen Tag verwiesen.

In dem Gutachten vom 12.09.2002 kam Prof. Dr. O. zu dem Ergebnis, bezüglich jedes einzelnen der fünf Unfallereignisse habe allenfalls vier bis sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit wie auch Behandlungsbedürftigkeit bestanden. Mit Ausnahme von geringen, das altersentsprechende Ausmaß nicht überschreitenden, degenerativen Anbaureaktionen an den Halswirbelkörpern sowie funktionellen Defiziten der HWS-Beweglichkeit seien von keinem Gutachter auch nur ansatzweise Pathologien gefunden worden. Mit Bescheid vom 20.11.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld und Heilbehandlung für die Zeit ab 13.12.2001 ab, denn die ab diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitsunfähigkeit sei keine Folge der geltend gemachten Arbeitsunfälle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers hiergegen zurück.

Der Kläger hat am 18.2.2003 Klage beim Sozialgericht K. erhoben (S 8 U 509/03), das mit Beschluss vom 25.06.2003 das Ruhen des Verfahrens angeordnet hat. Nach Wiederanruf des Verfahrens durch den Kläger am 03.05.2004 ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 8 U 1746/04 fortgesetzt worden. Das Sozialgericht hat von Amts wegen das orthopädische Gutachten vom 18.05.2005 eingeholt. Darin hat der Sachverständige Dr. T. der Einstufung der genannten Unfälle im Gutachten von Prof. Dr. O. wie auch von Prof. Dr. C. zugestimmt, dass es sich jeweils um Beschleunigungstraumen des Schweregrads I nach Erdmann gehandelt habe. Entsprechend bestehe nach traumatologischer Erfahrung eine Behandlungsbedürftigkeit zwischen drei Wochen bis maximal drei Monaten. Bei den zwei in sehr kurzen Abständen hintereinander auftretenden Beschleunigungsverletzungen der HWS könne eine gewisse Aufstockung der Beschwerden eintreten mit stärker anhaltender Beschwerdesymptomatik, dem aber durch die Anerkennung einer MdE um 20 v.H. Rechnung getragen sei. Eine Veränderung des Befundes habe sich röntgenologisch, kernspintomographisch und computertomografisch in der Zeit von 1987 bis 2002 nicht nachweisen lassen, strukturelle Schäden an den knöchernen Strukturen wie auch an den Bandstrukturen der Halswirbelsäule hätten sich nicht ergeben. Ein von der behandelnden Psychiaterin W.-F. diagnostizierter reaktiver depressiver Erschöpfungszustand mit ausgeprägter psychosomatischer Begleitsymptomatik in einer beruflichen Konfliktsituation stehe nicht im Zusammenhang mit den Beschleunigungsverletzungen. In dem seinem Gutachten beigefügten Gutachten von PD Dr. R. vom 15.05.2003, das dieser im Rahmen des Zivilrechtsstreits des Klägers vor dem Landgericht Karlsruhe (2 O 355/00) erstattet hat, werde seine Einschätzung bestätigt, dass in der Vielzahl der durchgeführten klinischen und bildtechnischen Untersuchungen keine strukturellen Schäden im Bereich des Hals-Kopf-Übergangs wie auch der oberen Anteile der HWS nachgewiesen seien.

Mit Urteil vom 29.09.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich in den Entscheidungsgründen auf das Gutachten von Dr. T. gestützt. Der letzte im Streit stehende Unfall vom 02.02.1999 liege mehrere Jahre vor Beginn der streitigen Arbeitsunfähigkeit, weshalb ein Zusammenhang nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu begründen sei. Die Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit beruhe nach Überzeugung des Gerichts vielmehr auf der depressiven Störung des Klägers, die durch berufliche Konflikte und starkes Mobbing an seinem Arbeitsplatz hervorgerufen worden sei.

Gegen das am 10.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.12.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Sozialgericht habe die inzwischen allgemeinen psychischen Auswirkungen von chronifizierten HWS-Schleuderverletzungen verkannt, indem es die Beschwerden allein auf die berufliche Konfliktsituation zurückführe. Posttraumatische Belastungszustände, Angstzustände und depressive Symptome seien ebenfalls auf Schleudertraumen zurückzuführen. Die Beurteilung des Sachverständigen Dr. T. stehe im Widerspruch zu den diagnostizierten Funktionsstörungen im Kopf-Hals-Gelenk. Es könne durchaus zu so genannten Langzeitschäden kommen. Es bestehe auch eine Somatisierungsstörung. Während der stationären Behandlung in der H. Klinik seien nicht psychische, sondern auch körperliche Beschwerden, nämlich die HWS-Beschwerden, behandelt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts K. vom 29.09.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, wegen der gesundheitlichen Folgen der Unfälle vom 17.03., 21.04.1987, 01.06.1990, 30.03.1993 und 02.02.1999 Verletztengeld für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ab dem 13.12.2001 zu gewähren und die Kosten der Heilbehandlung zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die für zutreffend erachteten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Der Senat hat 10 Bände Verwaltungsakten der Beklagten betreffend die genannten Unfälle, die Akten des Sozialgerichts K. (S 8 U 509/03, -1746/04, -1939/04) sowie die Akten des Landessozialgerichts L 1 U 5041/00 und L 10 U 4641/04 beigezogen. Auf diese Unterlagen sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld und Heilbehandlung für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ab 13.12.2001.

Verletztengeld wird erbracht, wenn der Versicherte infolge eines Versicherungsunfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte (§ 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) ). Es wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt ist und endet u.a. mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Arbeitsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Arbeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann.

Versicherte haben Anspruch auf Heilbehandlung, um den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (§ 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VII). Die Heilbehandlung umfasst insbesondere die ärztliche Behandlung sowie Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 6 SGB VII).

Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht. Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr. 69 zu § 542 aF RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 1.3.6.1, S 80 f). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 11; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).

Nach diesen Grundsätzen ist ein Zusammenhang der geltend gemachten Beschwerden mit den genannten Ereignissen, bei denen es zu HWS-Distorsionen gekommen ist, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu begründen.

Der Senat stützt seine Entscheidung ebenso wie das Sozialgericht auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. T., der in Übereinstimmung mit den gutachtlichen Bewertungen von Prof. Dr. O. und Professor Dr. C. den bildgebenden Diagnoseverfahren keine Hinweise auf Schädigungen des Bandapparats oder knöcherner Strukturen im Bereich der Halswirbelsäule oder des Hals-Kopf-Überganges hat entnehmen können. Aufgrund der erhobene Befunde geht er davon aus, dass die geltend gemachten 5 Unfälle mit möglichen Beschleunigungsverletzungen der HWS entsprechend des allgemein anerkannten traumatologischen Erfahrungswissens dem Schweregrad I nach Erdmann zuzuordnen waren und nur eine Behandlungsbedürftigkeit zwischen drei Wochen bis maximal drei Monaten und keine darüber hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit bedingt hatten. Eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit ab dem 13.12.2001 ist danach durch die Unfälle mit HWS-Beteiligung nicht zu begründen, denn der letzte geltend gemachte Unfall datiert vom 02.02.1999.

Diese Ausführungen sind für den Senat nachvollziehbar, denn sie stehen auch im Einklang mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. R., der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Gutachten vom 23.01.2004 im Verfahren des Sozialgerichts S 4 U 2175/00 erstattet hat. Dieser hat die Röntgen- und Kernspintomografie- und Computertomografie-Aufnahmen, die von Februar 1999 bis Dezember 2003 gefertigt worden sind, ausgewertet. Danach sind ihnen keine Zeichen knöcherner Verletzungsfolgen, Instabilitäten oder Bandverletzungen zu entnehmen. Die Aufnahme von Dr. M. aus U. vom 20.01.2003 zeigt nach Dr. R. eine physiologische Seitbewegung des Dens axis ohne Shift oder Verwerfung bei der Rotation und Kippung des Kopfes beidseits und ergibt keineswegs eine Instabilität zwischen Hinterhauptbasis und Atlas-Axiswirbel. Es ist nur eine Starre im Bewegungssegment des Halswirbelkörpers 4/5 ohne Instabilitätszeichen bei der Kopfvor- und -rückbeugung zu erkennen. Zeichen einer abgelaufenen knöchernen oder ligamentären Verletzungsfolge ergeben sich hieraus nicht. Gemessen am Alter des Klägers und bei den sechs berichteten Unfalleinwirkungen sind nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. R. erstaunlich intakte anatomische Strukturen sowohl im Bereich der Hals- als auch der Lendenwirbelsäule zu erkennen, ohne wesentlich dingfeste Zeichen einer Verschleißerkrankung von Bandscheiben- oder Wirbelgelenken. Auch nach Dr. R. lassen sich die Beschwerden weder nach dem klinischen Bild mit nur leichter Einschränkung der Kopfbeweglichkeit, noch nach dem erhobenen neurologischen Befund oder nach den radiologischen und Kernspintomografiebefunden der Halswirbelsäule und der zentralnervösen Strukturen erklären. Der CT-Funktionsbefund von Dr. Friedeburg und der Befund von Dr. H. aus der Positronenemissionstomografie (PET) weichen nach Dr. R. von diesem eigenen Befund nicht ab bzw. ergeben nur unspezifische Auffälligkeiten, da die Reduktion im Glukose-Stoffwechsel aus dem PET-Befund auch unter Berücksichtigung des hohen Nikotinkonsums des Klägers zu sehen ist. Dr. R. führt ebenso wie die vorgenannten gutachtlich tätigen Ärzte die geltend gemachten Beschwerden des Klägers auf Verarbeitungsprobleme im Rahmen einer psychosomatischen Erkrankung zurück. Diese Erkrankung ist aber nicht wesentlich durch die geringen funktionellen Einschränkungen der HWS-Beweglichkeit bedingt, sondern beruht auf hiervon unabhängigen Bedingungsgefügen. Professor Dr. Dr. M. hat in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 08.04.1999 unter Berücksichtigung des insoweit unauffälligen unfallchirurgischen und neurologischen Befunds, was in Übereinstimmung zu den später erhobenen Befunden von Dr. T. und Dr. R. und anderen Ärzten steht, aus nervenärztlicher Sicht darauf hingewiesen, dass die subjektiven Befindlichkeitsstörungen, wie sie von Dr. C. in ihrem Arztbrief vom 08.07.1998 umschrieben worden sind, Ausdruck und Folge einer Somatisierungsstörung sind oder anderweitig persönlichkeitsbedingt, erlebnisreaktiv und situativ bedingt zu erklären sind. Diese im Ausmaß und in qualitativer Ausprägung auch 2001 aufgetretene Symptomatik beruht aber im Wesentlichen auf der Persönlichkeitsstruktur des Klägers und seiner Reaktion in einer besonderen beruflichen, aber nicht unfallabhängingen Belastungssituation, wie sie dem Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Sache L 1 U 2613/06 zu entnehmen ist. Danach ist die beim Kläger zu diagnostizierende Somatisierungsstörung bzw. Anpassungsstörungen bei fraglicher Depression auf die Entwicklung familiärer Belastungen und einer beruflichen Konfliktsituation ab dem Jahr 2001 zurückzuführen. Ein wesentlicher Zusammenhang mit den in diesem Verfahren streitigen Unfällen scheidet zur Überzeugung des Senats aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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Rechtskraft
Aus
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