Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 4491/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5463/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker. Er bezog von der Beklagten ab 1. Oktober 2002 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 23. September 2003), die in der Folgezeit wegen Einkommensanrechnung zeitweise ruhte. Er verfügt über einen Führerschein und einen Pkw.
Seinen Antrag vom 24. Januar 2005 auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2005 und Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 ab. Grundlage hierfür war die Gutachten des Orthopäden Dr. Ro. (Diagnosen: wiederkehrendes Lendenwirbelsäulen-[LWS-]Syndrom bei Verschleiß, Verschleiß beider Hüftgelenke mit Zustand nach Totalendoprothese [TEP], Schulter-Arm-Syndrom rechts; Leistungseinschätzung: leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über sechs Stunden zumutbar, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne häufiges Klettern und Steigen; die Wegefähigkeit sei gegeben) und des Internisten Dr. C. (Diagnosen: behandelter Bluthochdruck ohne Folgeschäden, gut eingestellter Diabetes mellitus Typ II b ohne Folgeschäden, operationsfähiger Katarakt am rechten Auge; Leistungseinschätzung: keine über das orthopädische Gutachten ausgelegte Einschränkungen mit Ausnahme eines zur Zeit eingeschränkten Sehvermögens rechts).
Der Kläger hat hiergegen am 27. Oktober 2005 Klage bei dem Sozialgericht Freiburg erhoben. Dieses hat sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte und - nachdem diese ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen angegeben hatten - ein Gutachten des Orthopäden Dr. St. eingeholt. Dr. St. hat auf seinem Fachgebiet einen Zustand nach beidseitiger Hüft-TEP mit guter Funktion, ohne Zeichen einer Prothesenlockerung oder prothesennahen Weichteilverknöcherung, ein rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne radikulärere Symptomatik bei degenerativen Veränderungen am thorako-lumbalen Übergang und an der distalen LWS im Sinne einer Spondylose, Spondylarthrose und Osteochondrose mit beginnendem osteochondrotischem Wirbelgleiten L 4/5, nichtkontrakte Knicksenkspreizfüße beidseitig und ein erhebliches Übergewicht diagnostiziert. Der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten bis sechs Stunden täglich ausüben, unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne dauerndes Stehen, Gehen, Sitzen, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen, Akkord-, Fließbandarbeit, bei Vermeidung von Arbeiten in kühl-feuchter, zugiger Umgebung, ohne mittelschwierige/schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung. Bei dem erheblichen Übergewicht und im Hinblick auf die beidseitige TEP solle die Wegstrecke zur Arbeit zu Fuß unter 500 m liegen. Für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ergebe sich keine Einschränkung.
Mit Urteil vom 21. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Rentenanspruch bestehe nicht, da der Kläger nicht voll erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) sei. Der Kläger sei unter Beachtung der Einschränkungen, die der Sachverständige dargelegt habe, in der Lage noch sechs Stunden arbeitstäglich tätig zu sein.
Der Kläger hat gegen das ihm am 2. Oktober 2006 zugestellte Urteil am 31. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er insbesondere auf eine Einschränkung der Gehstrecke zur Arbeit und auf die fehlende Berücksichtigung seiner internistischen Erkrankungen verwiesen. Zwischenzeitlich habe er auch bei geringer Belastung zunehmende Schmerzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. September 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hat als sachverständiger Zeuge erklärt, der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus habe sich seit Februar 2006 zunächst verschlechtert, dann habe durch eine medikamentöse Neueinstellung eine deutliche Besserung erreicht werden können. Der Bluthochdruck sei gleich geblieben und gut eingestellt. Nach der Versorgung mittels TEP bestehe soweit eine gute Beweglichkeit, jedoch noch ein humpelndes Gangbild; längere Belastungen seien nicht möglich. Ob der Kläger in der Lage sei über 500 m in höchstens 20 Minuten zurückzulegen, müsse durch eine gutachtliche Gehstreckenbestimmung geklärt werden. Sicherlich sei er noch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zweimal täglich zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Es spreche auch nichts dagegen, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug führe.
Dr. St. hat auf Anfrage des Senats ausgeführt, der Kläger könne arbeitstäglich viermal 500 m arbeitstäglich zurücklegen. Um jedoch weitere, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auftretende Risiken soweit als möglich zu minimieren, könne ihm nicht zu einer solchen täglichen Gehstrecke geraten werden; der Arbeitsweg zu Fuß sollte unter 500 m liegen. Es spreche nichts dagegen, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug führe. Die vorliegenden internistischen Gutachten erschienen ihm schlüssig und die entsprechenden Erkrankungen des Klägers seien, auch im Hinblick auf die Äußerung von Dr. R., soweit gut und stabil eingestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Es bleibt dabei, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. St. genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben kann. Auch der Senat folgt der gutachtlichen Einschätzung von Dr. St. Das Gutachten von Dr. Ca., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, auf welches der Kläger im Berufungsverfahren hingewiesen hat, ist nicht aktuell (Begutachtung am 12. August 2002, vor beiden TEP, außerdem Hinweis, diese müssten abgewartet werden) und setzt sich, anders als das gerichtliche Gutachten, auch nicht mit den einzelnen Diagnosen auseinander. Der bloße Hinweis auf eine Zunahme der Schmerzen, wobei unklar ist, wo, wann und in welcher Intensität gibt - auch im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. R., es habe sich seit seiner Aussage vor dem Sozialgericht im Wesentlichen nichts geändert - keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen des Senats.
Der Kläger ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist.
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm, auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger noch in der Lage ist, vier mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten zu Fuß bewältigen. Dr. St. hat dies zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme bejaht, jedoch auch "geraten" hiervon abzusehen, um etwaige Risiken möglichst zu minimieren. Der Kläger ist aber jedenfalls noch in der Lage, einen Arbeitsplatz mit seinem vorhandenen Kraftfahrzeug zu erreichen; über einen Führerschein verfügt er ebenfalls. Damit ist die Wegefähigkeit gegeben.
Die Leistungsfähigkeit des Klägers ist auch nicht im Hinblick auf seine internistischen Erkrankungen weitergehend eingeschränkt. Dies folgt aus dem Gutachten von Dr. C. Auch Dr. St. hat, wie er in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme für den Senat klargestellt hat, diese Gesundheitsbeeinträchtigungen berücksichtigt und in seine Beurteilung miteinbezogen.
Der bereits in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht geäußerte Einschätzung von Dr. R., der Kläger könne keine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr verrichten, folgt der Senat nicht, da es hierfür an einer nachvollziehbaren Begründung mangelt. Gleiches gilt für die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäde Dr. M.-S. vor dem Sozialgericht, der Kläger könne täglich höchstens vier bis fünf Stunden arbeiten. Dies ist, soweit der orthopädische Bereich betroffen ist, zudem durch das Gutachten von Dr. St. widerlegt.
Hinsichtlich der von Dr. C. festgestellten Sehstörung wegen eines Katarakts am rechten Auge ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, das diese Störung zwischenzeitlich operiert worden ist. Hinweise darauf, dass nach dieser Operation relevante Störungen fortbestehen liegen nicht vor. Der Kläger hat hierzu auch nichts Substanzielles vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker. Er bezog von der Beklagten ab 1. Oktober 2002 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 23. September 2003), die in der Folgezeit wegen Einkommensanrechnung zeitweise ruhte. Er verfügt über einen Führerschein und einen Pkw.
Seinen Antrag vom 24. Januar 2005 auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2005 und Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 ab. Grundlage hierfür war die Gutachten des Orthopäden Dr. Ro. (Diagnosen: wiederkehrendes Lendenwirbelsäulen-[LWS-]Syndrom bei Verschleiß, Verschleiß beider Hüftgelenke mit Zustand nach Totalendoprothese [TEP], Schulter-Arm-Syndrom rechts; Leistungseinschätzung: leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über sechs Stunden zumutbar, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne häufiges Klettern und Steigen; die Wegefähigkeit sei gegeben) und des Internisten Dr. C. (Diagnosen: behandelter Bluthochdruck ohne Folgeschäden, gut eingestellter Diabetes mellitus Typ II b ohne Folgeschäden, operationsfähiger Katarakt am rechten Auge; Leistungseinschätzung: keine über das orthopädische Gutachten ausgelegte Einschränkungen mit Ausnahme eines zur Zeit eingeschränkten Sehvermögens rechts).
Der Kläger hat hiergegen am 27. Oktober 2005 Klage bei dem Sozialgericht Freiburg erhoben. Dieses hat sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte und - nachdem diese ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen angegeben hatten - ein Gutachten des Orthopäden Dr. St. eingeholt. Dr. St. hat auf seinem Fachgebiet einen Zustand nach beidseitiger Hüft-TEP mit guter Funktion, ohne Zeichen einer Prothesenlockerung oder prothesennahen Weichteilverknöcherung, ein rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne radikulärere Symptomatik bei degenerativen Veränderungen am thorako-lumbalen Übergang und an der distalen LWS im Sinne einer Spondylose, Spondylarthrose und Osteochondrose mit beginnendem osteochondrotischem Wirbelgleiten L 4/5, nichtkontrakte Knicksenkspreizfüße beidseitig und ein erhebliches Übergewicht diagnostiziert. Der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten bis sechs Stunden täglich ausüben, unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne dauerndes Stehen, Gehen, Sitzen, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen, Akkord-, Fließbandarbeit, bei Vermeidung von Arbeiten in kühl-feuchter, zugiger Umgebung, ohne mittelschwierige/schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung. Bei dem erheblichen Übergewicht und im Hinblick auf die beidseitige TEP solle die Wegstrecke zur Arbeit zu Fuß unter 500 m liegen. Für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ergebe sich keine Einschränkung.
Mit Urteil vom 21. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Rentenanspruch bestehe nicht, da der Kläger nicht voll erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) sei. Der Kläger sei unter Beachtung der Einschränkungen, die der Sachverständige dargelegt habe, in der Lage noch sechs Stunden arbeitstäglich tätig zu sein.
Der Kläger hat gegen das ihm am 2. Oktober 2006 zugestellte Urteil am 31. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er insbesondere auf eine Einschränkung der Gehstrecke zur Arbeit und auf die fehlende Berücksichtigung seiner internistischen Erkrankungen verwiesen. Zwischenzeitlich habe er auch bei geringer Belastung zunehmende Schmerzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. September 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hat als sachverständiger Zeuge erklärt, der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus habe sich seit Februar 2006 zunächst verschlechtert, dann habe durch eine medikamentöse Neueinstellung eine deutliche Besserung erreicht werden können. Der Bluthochdruck sei gleich geblieben und gut eingestellt. Nach der Versorgung mittels TEP bestehe soweit eine gute Beweglichkeit, jedoch noch ein humpelndes Gangbild; längere Belastungen seien nicht möglich. Ob der Kläger in der Lage sei über 500 m in höchstens 20 Minuten zurückzulegen, müsse durch eine gutachtliche Gehstreckenbestimmung geklärt werden. Sicherlich sei er noch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zweimal täglich zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Es spreche auch nichts dagegen, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug führe.
Dr. St. hat auf Anfrage des Senats ausgeführt, der Kläger könne arbeitstäglich viermal 500 m arbeitstäglich zurücklegen. Um jedoch weitere, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auftretende Risiken soweit als möglich zu minimieren, könne ihm nicht zu einer solchen täglichen Gehstrecke geraten werden; der Arbeitsweg zu Fuß sollte unter 500 m liegen. Es spreche nichts dagegen, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug führe. Die vorliegenden internistischen Gutachten erschienen ihm schlüssig und die entsprechenden Erkrankungen des Klägers seien, auch im Hinblick auf die Äußerung von Dr. R., soweit gut und stabil eingestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Es bleibt dabei, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. St. genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben kann. Auch der Senat folgt der gutachtlichen Einschätzung von Dr. St. Das Gutachten von Dr. Ca., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, auf welches der Kläger im Berufungsverfahren hingewiesen hat, ist nicht aktuell (Begutachtung am 12. August 2002, vor beiden TEP, außerdem Hinweis, diese müssten abgewartet werden) und setzt sich, anders als das gerichtliche Gutachten, auch nicht mit den einzelnen Diagnosen auseinander. Der bloße Hinweis auf eine Zunahme der Schmerzen, wobei unklar ist, wo, wann und in welcher Intensität gibt - auch im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. R., es habe sich seit seiner Aussage vor dem Sozialgericht im Wesentlichen nichts geändert - keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen des Senats.
Der Kläger ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist.
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm, auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger noch in der Lage ist, vier mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten zu Fuß bewältigen. Dr. St. hat dies zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme bejaht, jedoch auch "geraten" hiervon abzusehen, um etwaige Risiken möglichst zu minimieren. Der Kläger ist aber jedenfalls noch in der Lage, einen Arbeitsplatz mit seinem vorhandenen Kraftfahrzeug zu erreichen; über einen Führerschein verfügt er ebenfalls. Damit ist die Wegefähigkeit gegeben.
Die Leistungsfähigkeit des Klägers ist auch nicht im Hinblick auf seine internistischen Erkrankungen weitergehend eingeschränkt. Dies folgt aus dem Gutachten von Dr. C. Auch Dr. St. hat, wie er in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme für den Senat klargestellt hat, diese Gesundheitsbeeinträchtigungen berücksichtigt und in seine Beurteilung miteinbezogen.
Der bereits in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht geäußerte Einschätzung von Dr. R., der Kläger könne keine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr verrichten, folgt der Senat nicht, da es hierfür an einer nachvollziehbaren Begründung mangelt. Gleiches gilt für die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäde Dr. M.-S. vor dem Sozialgericht, der Kläger könne täglich höchstens vier bis fünf Stunden arbeiten. Dies ist, soweit der orthopädische Bereich betroffen ist, zudem durch das Gutachten von Dr. St. widerlegt.
Hinsichtlich der von Dr. C. festgestellten Sehstörung wegen eines Katarakts am rechten Auge ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, das diese Störung zwischenzeitlich operiert worden ist. Hinweise darauf, dass nach dieser Operation relevante Störungen fortbestehen liegen nicht vor. Der Kläger hat hierzu auch nichts Substanzielles vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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