L 5 R 2856/07 KO-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2995/06 KO-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2856/07 KO-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) machte die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung geltend. Die Voraussetzungen für diesen Anspruch mussten nach der später vom Landessozialgericht Baden-Württemberg im Berufungsverfahren L 13 R 3961/06 bestätigten Rechtsauffassung der Beklagten dabei zum 31.01.2002 vorliegen, weil die Klägerin ab 01.02.2002 nicht mehr die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für die begehrte Rente erfüllt.

Der Rentenantrag der Klägerin vom 14.10.2002 war nach orthopädischer Begutachtung durch Dr. K. (Gutachten vom 20.02.2003) mit Bescheid vom 26.02.2003 und Widerspruchsbescheid vom 29.04.2003 abgelehnt worden. Im anschließenden Klageverfahren holte das SG

- gemäß § 109 SGG bei dem Direktor der Klinik für Neurochirurgie des Klinikums der Stadt V.-S, Prof. O, das neurochirurgische Gutachten vom 18.03.2004, - gemäß § 109 SGG das psychosomatische Gutachten Dr. Ki. vom 07.06.2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 25.08.2004, - von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. St. vom 04.03.2005, - von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Schmerztherapie Dr. W. vom 14.11.2005 sowie - gemäß § 109 SGG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Rheumatologie Dr. R. vom 15.02.2006

ein.

Mit Urteil vom 29.06.2006 wies das SG die Klage ab. Die hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos (Urteil vom 30.01.2007 - L 13 R 3961/06). Der 13. Senat des LSG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, die Klägerin sei seit frühestens Januar 2004 teilweise erwerbsgemindert. Im Fünfjahreszeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung seien jedoch für die Klägerin keine Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit entrichtet worden. Ein früherer Eintritt des Versicherungsfalls sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin hat am 14.08.2006 beantragt, die Kosten des Gutachtens Dr. R. auf die Staatskasse zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte das SG mit Beschluss vom 22.08.2006 ab. Das Gutachten habe hinsichtlich der Frage des Eintritts des Leistungsfalls letztendlich lediglich die bereits zuvor eingeholten Gutachten von Dr. St. und Dr. W. bestätigt, die den Eintritt des Leistungsfalls bis spätestens 31.01.2002 für nicht nachgewiesen erachteten. Sonstige weitergehende Erkenntnisse im Hinblick auf das Klageziel enthalte das Gutachten nicht.

Gegen den am 25.08.2006 ihren Bevollmächtigten zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 31.08.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 31.05.2007). Die Klägerin meint, das Gutachten habe insofern zur Sachaufklärung beigetragen, als dort ihr untervollschichtiges Leistungsvermögen nachvollziehbar bestätigt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 22. August 2006 aufzuheben und die Kosten des Gutachtens Dr. R. auf die Staatskasse zu übernehmen.

Die Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden zwei Band SG-Akten sowie die Verfahrensakten des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Gem. § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten, Behinderten, Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Ob und in welchem Umfang die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt werden, steht im Ermessen des Gerichts. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines gem. § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht und diese damit objektiv gefördert hat (vgl. Meyer Ladewig, SGG, § 109 Rdnr. 16a). Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Das bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für den Kläger günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für den Kläger günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Durch die Anbindung an das Prozessziel des Klägers wird lediglich verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von Dr. R. vom 15.02.2006 auf die Staatskasse zu übernehmen. Dieses Gutachten hat keine für die Sachaufklärung bedeutsamen Gesichtspunkte erbracht. Insbesondere der Umstand, dass die Klägerin nach Auffassung des Sachverständigen zum Untersuchungszeitpunkt im Februar 2006 nur noch untervollschichtig einsatzfähig gewesen sein soll, ist für die Sachaufklärung ohne Bedeutung gewesen. Denn darauf kam es entscheidungserheblich nicht an. Zu der nach Auffassung des entscheidenden 13. Senats maßgeblichen Frage des Zeitpunkts des Eintritts des Versicherungsfalls zum 01.02.2002 lassen sich dem Gutachten keine neuen Erkenntnisse entnehmen. Soweit Dr. R. eine rückblickende Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin vorgenommen hat, kam er zu der Einschätzung, dass das gegenwärtige Leistungsvermögen wenigstens rückblickend zwei Jahre bestanden habe. Er hat in diesem Zusammenhang dargelegt, dass einschneidende Ergebnisse ebenso wenig dokumentiert seien wie konkrete Zeitangaben für diverse Erscheinungen. Mit seinen Vermutungen zu einem früheren Eintritt eines weniger als sechsstündigen Leistungsvermögens bewegt er sich aber in dem Rahmen, von dem auch die übrigen Sachverständigen ausgegangen sind. So hat Dr. W. im Gutachten vom 14.11.2005 ebenfalls hinsichtlich der langsam feststellbaren Verschlechterung die Auffassung vertreten, dass die Klägerin zum 31.01.2002 noch vollschichtig einsatzfähig war. Derselben Meinung war auch der Sachverständige Dr. St ... Der Vergleich der rückblickenden Schätzung von Dr. R. mit den Beurteilungen der anderen Sachverständigen zeigt, dass ohne das Gutachten Dr. R. der Rechtsstreit in gleicher Weise hätte entschieden werden müssen. Somit hat das Gutachten in Bezug auf das Prozessziel gerade keinen bedeutsamen Beitrag zur Sachaufklärung gebracht.

Die Übernahme der Kosten des Gutachtens Dr. R. auf Staatskasse erweist sich somit als nicht gerechtfertigt. Der Senat kann dabei offenlassen, ob es überhaupt sinnvoll war, ein Gutachten mit persönlicher Untersuchung zum Zeitpunkt 15.02.2006 in Auftrag zu geben, weil erfahrungsgemäß daraus auf einen vier Jahre zurückliegenden Gesundheitszustand keine überzeugenden Rückschlüsse gezogen werden können.

Nach alledem muss die Beschwerde des Klägers ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved