Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 2668/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4232/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juli 2006 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1962 geborene Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Rückforderung erbrachter Leistungen durch das Arbeitsamt Mannheim, jetzt Agentur für Arbeit (AA).
Der Kläger befand sich vom 30.09.1993 bis 18.12.2000 in der Justizvollzugsanstalt D./L. in Strafhaft. Er meldete sich am 03.01.2001 beim AA arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Als Wohnanschrift gab der Kläger P.str. 34 in M. an. Er bestätigte im Antrag mit seiner Unterschrift, vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 01.02.2001 bewilligte ihm das AA Alg ab 03.01.2001 in Höhe von wöchentlich 257,53 DM (Bemessungsentgelt 600 DM, Leistungstabelle 2001, Leistungsgruppe A/0, Prozentsatz 60, Anspruchsdauer 360 Tage). Für die Zeit vom 19.06.2001 bis 10.09.2001 wurden wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen (Bescheid vom 17.07.2001) an den Kläger keine Leistungen erbracht. Ab 29.12.2001 war der Anspruch des Klägers auf Alg erschöpft.
Am 06.12.2001 beantragte der Kläger die Zahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Er gab die bisher genannte Anschrift als Wohnanschrift an. Er bestätigte wiederum im Antrag mit seiner Unterschrift, vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 19.12.2001 bewilligte ihm das AA Alhi ab 29.12.2001 in Höhe von wöchentlich 227,43 DM (Bemessungsentgelt wöchentlich 600 DM, Leistungstabelle 2001, Leistungsgruppe A/0, Prozentsatz 53). Ab 01.01.2002 betrug der wöchentliche Leistungssatz 116,34 EUR.
Am 12.04.2002 wurde gegen den Kläger vom Polizeipräsidium M. - Kriminalpolizei - ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der vorsätzlichen schweren Brandstiftung eingeleitet und der Kläger am 12.04.2002 in Untersuchungshaft genommen. Am 29.04.2002 teilte der Kläger dem AA unter Vorlage einer Bescheinigung mit, dass er sich seit 12.04.2002 in Untersuchungshaft befinde. Mit dem vorliegend nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 10.05.2002 hob das AA daraufhin die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 12.04.2002 bis 30.04.2002 auf und forderte vom Kläger eine eingetretene Überzahlung von Alhi in Höhe von 315,78 EUR zurück.
Bei seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei am 12.04.2002 gab der Kläger - so weit vorliegend relevant - ausweislich der erstellten Niederschrift vom 12.04.2002 an, nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt D. habe er in M. die Wohnung P.str. 34 angemietet. Diese Wohnung habe er jedoch kaum genutzt. Er sei alle drei bis vier Wochen einmal in der Wohnung gewesen. Mit seinem Einverständnis habe ein Freund von ihm, dessen Namen er jetzt nicht angeben wolle, in dieser Wohnung gewohnt. Sein Freund habe die eingehende Post für ihn erledigen und ihn in dringenden Fällen von der Post verständigen sollen. Er selbst habe sich bei wechselnden Freunden und Bekannten aufgehalten. Die Mietzahlung habe sein in der Wohnung wohnender Kumpel für ihn übernehmen sollen. Von der Miete habe er seinem Kumpel regelmäßig die Hälfte davon gegeben. Die Wohnung sei geräumt worden. Herüber sei er verärgert gewesen. Er habe erfolglos seinem Kumpel gesucht und sich betrunken. Anschließend sei er wieder zum Anwesen seiner Wohnung zurückgekehrt. Da ihn die Sache richtig "angekotzt" habe, habe er im Kellerraumfeuer gelegt. Der Kläger genehmigte mit seiner Unterschrift die protokollierten Angaben. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 (4 KLs 900 Js 10886/02) wurde der Kläger wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. In dem Urteil wird zum Tatgeschehen weiter festgestellt, dass der Kläger als Eisenflechter auf einer auswärtigen Baustelle aushilfsweise - nicht gemeldet - beschäftigt gewesen sei.
Von dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 und den vom Kläger im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gemachten Angaben erhielt das AA am 25.06.2003 Kenntnis und ordnete amtintern am 01.08.2003 die Rückforderung der ab Januar 2001 an den Kläger erbrachten Leistungen an.
Mit Bescheid vom 02.01.2004 hob das AA die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 03.01.2001 auf und forderte vom Kläger das in der Zeit vom 03.01.2001 bis 28.12.2001 gezahlte Alg in Höhe von 5191,68 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1334,10 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 164,62 EUR im Gesamtbetrag von 6690,40 EUR zurück. Mit dem weiteren Bescheid vom 02.01.2004 hob das AA außerdem die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 29.12.2001 auf und forderte vom Kläger die in der Zeit vom 29.12.2001 bis 11.04.2002 gezahlte Alhi in Höhe von 1728,46 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 375,66 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 29,37 EUR im Gesamtbetrag von 2133,49 EUR zurück. Die Bescheide ergingen jeweils ohne vorherige Anhörung des Klägers und wurden ihm wegen unbekannter Anschrift durch Benachrichtigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz bekannt gegeben.
Zwischenzeitlich erhielt der Kläger Kenntnis von den Rückforderungsbescheiden. Am 11.02.2004 erhob der Kläger gegen die beiden Rückforderungsbescheide Widerspruch. Er machte geltend, in den fraglichen Zeiträumen den Vermittlungsbemühungen des AA zur Verfügung gestanden zu haben.
Mit Schreiben vom 12.05.2004 teilte die AA dem Kläger mit, die von ihm angegriffenen Entscheidungen beruhten auf den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren gegen ihn. Danach habe er sich meistens nicht unter der von ihm angegebenen Anschrift aufgehalten. Außerdem habe er unangemeldet gearbeitet und sich auch dabei auswärts aufgehalten. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen (Arbeitslosigkeit und/oder Verfügbarkeit) von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Dem Kläger wurde gem. § 24 SGB X Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt. Das Schreiben war an die vom Kläger in seinem Widerspruchsschreiben benannte Anschrift (Justizvollzugsanstalt M.) adressiert. Am 28.07.2004 rügte der Kläger unter der benannten Anschrift schriftlich beim AA, seit seinem Widerspruch keine weitere Nachricht erhalten zu haben.
Mit Widerspruchsbescheid der AA vom 02.08.2004 wurde der Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 02.01.2004 zurückgewiesen. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren gegen den Kläger müsse zwingend davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen (Arbeitslosigkeit und Verfügbarkeit) für den Bezug von Alg und Alhi ab 03.01.2001 nicht vorgelegen hätten.
Hiergegen erhob der Kläger am 01.09.2004 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte geltend, es sei nicht begründet worden, warum die AA nach so langer Zeit davon ausgehe, er habe in der Zeit vom 03.01.2001 bis 12.04.2002 zu Unrecht Leistungen bezogen und wieso er in dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen der AA nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Feststellungen der Staatsanwaltschaft Mannheim, er hätte seine Wohnung nicht selbst genutzt, entsprächen nicht der Wahrheit. Zwar habe er solche Angaben gegenüber der Staatsanwaltschaft gemacht. Diese seien jedoch eine reine Schutzbehauptung gewesen. Er habe sich im streitigen Zeitraum in der P.str. 34 aufgehalten und sei dort ordnungsgemäß gemeldet gewesen. Dies werde durch regelmäßige Barabhebungen bei der Stadtsparkasse M., regelmäßige Abholung der Post, regelmäßiges Aufsuchen des Krankenhauses M., ärztliche Arbeitsunfähigkeitsatteste, Polizeibesuche in seiner Wohnung, einen Diebstahl im Supermarkt, Telefonaten mit potenziellen Arbeitgebern, einer Strafanzeige, dem Verkauf eines Staubsaugers und dem Versetzen von 20 CD belegt. Er sei auch allen Aufforderungen der AA nachgekommen. Hätte das AA seine Forderung schon im Januar ihm gegenüber klar begründet, wäre diese schon längst geklärt. Durch das anfängliche Nichtbegründen der Forderungen versuche das AA, ihm seine Rechte vorzuenthalten. Das Verhalten der AA sei dahingehend zu werten, dass versucht werde, Geld einzutreiben, um in der Statistik besser dazustehen. Das AA habe es versäumt, ihm nur einen der angeblichen Arbeitgeber zu benennen oder sonst etwas Konkretes vorzubringen. In der Justizvollzugsanstalt erhalte er Schreiben nicht immer oder verspätet.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.07.2006 wies das SG die Klage gestützt auf § 45 SGB X ab. Einen Anspruch auf Alg habe nur, wer den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehe. Diese setzte u. a. voraus, dass der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Auf Grund der Aussage des Klägers im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung vom 12.04.2002 gelange das Gericht zu der Überzeugung, dass dies beim Kläger nicht zutreffe. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass er an der von ihm angegebenen Adresse täglich postalisch erreichbar gewesen sei, weshalb die Verfügbarkeit für den gesamten Zeitraum entfalle. Der Kläger habe die von ihm in Strafverfahren gemachten Angaben nicht überzeugend widerlegen können. Der Gerichtsbescheid wurde mit Übergabeeinschreiben gegen Rückschein an den Kläger an die Anschrift eines Übernachtungsheims zugestellt und dort am 17.07.2006 T. L. W. ausgehändigt.
Gegen den am 17.07.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit einem an das "Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart" adressierten Schreiben (Briefumschlag) Berufung gegen die "Entscheidung des SG Mannheim" eingelegt, die am 15.08.2006 beim Amtsgericht Stuttgart, am 16.08.2006 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und am 22.08.2006 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Der Kläger hat angegeben, dass ihm der Gerichtsbescheid am 19.07.2006 zugegangen sei. Im Übrigen hat er seine Berufung nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juli 2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Kläger ist durch die mit Beschluss des Senats vom 24.05.2007 bewilligte öffentliche Zustellung zum Termin am 13.07.2007 durch Aushang einer entsprechenden Benachrichtigung an der Gerichtstafel in der Zeit vom 30.05.2007 bis 02.07.2007 geladen worden.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, einer Band Akten der Beklagten sowie die beigezogenen Strafakten des Klägers bei der Staatsanwaltschaft Mannheim Az.: 900 JS 10886/02 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist nicht fristgerecht eingelegt worden. Sie ist daher nach § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die innerhalb dieser Frist beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Hierauf ist der Kläger in der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Gerichtsbescheides ausdrücklich hingewiesen worden.
Der angefochtene Gerichtsbescheid ist dem Kläger vom SG mit Übergabeeinschreiben gegen Rückschein am 17.07.2006 durch Aushändigung an Herrn W. ordnungsgemäß zugestellt worden. Damit lief die Berufungsfrist von einem Monat am 17.08.2006 ab. Die vom Kläger an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg adressierte Berufung ist dem Landessozialgericht Baden-Württemberg über das Amtsgericht Stuttgart und das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg jedoch erst am 22.08.2006, also nach Ablauf der Berufungsfrist zugegangen. Zwar ist die Berufung zunächst dem Amtsgericht Stuttgart am 15.08.2006 und dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 16.08.2006 jeweils innerhalb der Berufungsfrist zugegangen. Das Einlegen der Berufung bei anderen Behörden oder bei einem anderen Gericht wahrt die Frist jedoch nicht (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl. Rdnr. 2a zu § 151 SGG). Die Berufungsfrist ist auch dann versäumt, wenn mit dem Vorbringen des Klägers davon ausgegangen wird, dass er den angefochtenen Gerichtsbescheid erst am 19.07.2006 erhalten hat. In diesem Fall endete die Berufungsfrist vor dem Eingang der Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg am Montag, den 21.08.2006.
Dem Kläger kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert gewesen ist, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Dies trifft beim Kläger nicht zu. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht ausschließlich darauf, dass der Kläger seine Berufung an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg adressiert hat. Zwar hat er dabei die Adresse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart) angegeben. Dies ist aber gleichzeitig auch die Anschrift des Amtsgerichts Stuttgart. Dementsprechend ist die Berufung zunächst auch beim Amtsgericht eingegangen, das sie dann entsprechend der Adressierung des Klägers an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg weitergeleitet hat. Damit beruht die Fristversäumnis alleine auf einem Versehen des Klägers, das er im Hinblick auf die ihm erteilte Rechtsmittelbelehrung ohne weiteres hätte vermieden können. Dass die Versäumung der Berufungsfrist auf eine fehlerhafte Bearbeitung durch das Amtsgericht Stuttgart oder das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zurückgeht, ist nicht ersichtlich.
Die Berufung wäre unabhängig davon auch aus den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid dargestellten Gründen unbegründet.
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Der Senat gelangt mit dem SG nach eigener Prüfung ebenfalls zu der Überzeugung, dass die Bewilligung von Alg und von Alhi von Anfang an rechtswidrig gewesen ist, weil der Kläger den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes im gesamten streitigen Zeitraum vom 03.01.2001 bis 11.04.2002 nicht zur Verfügung stand, weil er den Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah deshalb keine Folge leisten konnte, weil er sich unter der von ihm genannten Anschrift häufig, regelmäßig und über einen längeren sich erstreckenden Zeitraum nicht aufgehalten hat, und dass dem Kläger (zumindest) grobe Fahrlässigkeit bezüglich der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung im streitigen Zeitraum vorzuwerfen ist, weshalb die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen erfüllt sind. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die hierzu im Gerichtsbescheid des SG gemachten Ausführungen vollinhaltlich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen können, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Unerheblich ist, ob der Kläger nicht angemeldeten Aushilfstätigkeiten nachgegangen ist und auch deshalb die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und Alhi im streitigen Zeitraum (ganz oder teilweise) nicht vorgelegen haben. Maßgeblich ist allein, dass sich der Kläger gemäß seinen Angaben bei der Kriminalpolizei M. am 12.04.2002 allenfalls gelegentlich in der von ihm bei den Antragstellungen auf Alg und Alhi benannten Wohnung aufgehalten hat. An der Richtigkeit dieser Angaben hat auch der Senat keinen Zweifel. Zwar hat sich der Kläger darauf berufen, es habe sich dabei um eine Schutzbehauptung gehandelt. Belege dafür, dass es sich bei seinen Angaben bei der Kriminalpolizei M. tatsächlich um eine Schutzbehauptung gehandelt, hat der Kläger aber nicht erbracht. Die von ihm in seinem Schreiben vom 21.02.2005 an das SG genannten Umstände sind zum Beleg dafür, dass sich der Kläger entgegen seiner Angaben bei der Kriminalpolizei M. im streitigen Zeitraum tatsächlich in seiner dem AA genannten Wohnung in M. aufgehalten hat, nicht geeignet. Sie belegen allenfalls, dass sich der Kläger im Raum M. und gelegentlich in seiner Wohnung aufgehalten hat, wie er im Wesentlichen auch bei seiner Vernehmung bei der Kriminalpolizei M. am 12.04.2002 angegeben hat. Dies reicht jedoch nicht aus, von einer Verfügbarkeit des Klägers für das AA auszugehen.
Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Von dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 und den vom Kläger im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gemachten Angaben hat das AA am 25.06.2003 Kenntnis erhalten und am 01.08.2003 amtintern die Rückforderung der ab Januar 2001 an den Kläger erbrachten Leistungen angeordnet. Die angefochtenen Bescheide vom 02.01.2004 sind damit vor Ablauf der Jahresfrist seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme der Leistungsbewilligung von Alg und Alhi für die Vergangenheit rechtfertigen, ergangen.
Die Höhe der Erstattungsbeträge hat die Beklagte zutreffend berechnet. Insbesondere ist der Zeitraum vom 19.06.2001 bis 10.09.2001 (Sperrzeit) bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages ausgenommen und der Rückforderungszeitraum unter Berücksichtigung des Bescheides vom 10.05.2002 auf die Zeit bis 11.04.2002 begrenzt worden.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind sich auch nicht als formell rechtswidrig. Zwar ist der Kläger vor Erlass der Bescheide vom 02.01.2004 nicht angehört worden. Eine solche Anhörung war vorliegend jedoch gem. § 24 Abs. 2 Nr. 2 SGB X (ausnahmsweise) entbehrlich, da die streitgegenständlichen Rückforderungsbescheide auf Angaben stützt sind, die der Kläger selbst bei seiner Vernehmung vor der Kriminalpolizei in M. am 12.04.2002 gemacht hat und hiervon nicht abgewichen wurde. Es kann deshalb offen bleiben, ob die zunächst unterbliebene Anhörung durch das Anhörungsschreiben der AA vom 12.05.2004 im Widerspruchsverfahren geheilt worden oder ob dem Kläger dieses Schreiben nicht zugegangen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1962 geborene Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Rückforderung erbrachter Leistungen durch das Arbeitsamt Mannheim, jetzt Agentur für Arbeit (AA).
Der Kläger befand sich vom 30.09.1993 bis 18.12.2000 in der Justizvollzugsanstalt D./L. in Strafhaft. Er meldete sich am 03.01.2001 beim AA arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Als Wohnanschrift gab der Kläger P.str. 34 in M. an. Er bestätigte im Antrag mit seiner Unterschrift, vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 01.02.2001 bewilligte ihm das AA Alg ab 03.01.2001 in Höhe von wöchentlich 257,53 DM (Bemessungsentgelt 600 DM, Leistungstabelle 2001, Leistungsgruppe A/0, Prozentsatz 60, Anspruchsdauer 360 Tage). Für die Zeit vom 19.06.2001 bis 10.09.2001 wurden wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen (Bescheid vom 17.07.2001) an den Kläger keine Leistungen erbracht. Ab 29.12.2001 war der Anspruch des Klägers auf Alg erschöpft.
Am 06.12.2001 beantragte der Kläger die Zahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Er gab die bisher genannte Anschrift als Wohnanschrift an. Er bestätigte wiederum im Antrag mit seiner Unterschrift, vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 19.12.2001 bewilligte ihm das AA Alhi ab 29.12.2001 in Höhe von wöchentlich 227,43 DM (Bemessungsentgelt wöchentlich 600 DM, Leistungstabelle 2001, Leistungsgruppe A/0, Prozentsatz 53). Ab 01.01.2002 betrug der wöchentliche Leistungssatz 116,34 EUR.
Am 12.04.2002 wurde gegen den Kläger vom Polizeipräsidium M. - Kriminalpolizei - ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der vorsätzlichen schweren Brandstiftung eingeleitet und der Kläger am 12.04.2002 in Untersuchungshaft genommen. Am 29.04.2002 teilte der Kläger dem AA unter Vorlage einer Bescheinigung mit, dass er sich seit 12.04.2002 in Untersuchungshaft befinde. Mit dem vorliegend nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 10.05.2002 hob das AA daraufhin die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 12.04.2002 bis 30.04.2002 auf und forderte vom Kläger eine eingetretene Überzahlung von Alhi in Höhe von 315,78 EUR zurück.
Bei seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei am 12.04.2002 gab der Kläger - so weit vorliegend relevant - ausweislich der erstellten Niederschrift vom 12.04.2002 an, nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt D. habe er in M. die Wohnung P.str. 34 angemietet. Diese Wohnung habe er jedoch kaum genutzt. Er sei alle drei bis vier Wochen einmal in der Wohnung gewesen. Mit seinem Einverständnis habe ein Freund von ihm, dessen Namen er jetzt nicht angeben wolle, in dieser Wohnung gewohnt. Sein Freund habe die eingehende Post für ihn erledigen und ihn in dringenden Fällen von der Post verständigen sollen. Er selbst habe sich bei wechselnden Freunden und Bekannten aufgehalten. Die Mietzahlung habe sein in der Wohnung wohnender Kumpel für ihn übernehmen sollen. Von der Miete habe er seinem Kumpel regelmäßig die Hälfte davon gegeben. Die Wohnung sei geräumt worden. Herüber sei er verärgert gewesen. Er habe erfolglos seinem Kumpel gesucht und sich betrunken. Anschließend sei er wieder zum Anwesen seiner Wohnung zurückgekehrt. Da ihn die Sache richtig "angekotzt" habe, habe er im Kellerraumfeuer gelegt. Der Kläger genehmigte mit seiner Unterschrift die protokollierten Angaben. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 (4 KLs 900 Js 10886/02) wurde der Kläger wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. In dem Urteil wird zum Tatgeschehen weiter festgestellt, dass der Kläger als Eisenflechter auf einer auswärtigen Baustelle aushilfsweise - nicht gemeldet - beschäftigt gewesen sei.
Von dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 und den vom Kläger im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gemachten Angaben erhielt das AA am 25.06.2003 Kenntnis und ordnete amtintern am 01.08.2003 die Rückforderung der ab Januar 2001 an den Kläger erbrachten Leistungen an.
Mit Bescheid vom 02.01.2004 hob das AA die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 03.01.2001 auf und forderte vom Kläger das in der Zeit vom 03.01.2001 bis 28.12.2001 gezahlte Alg in Höhe von 5191,68 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1334,10 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 164,62 EUR im Gesamtbetrag von 6690,40 EUR zurück. Mit dem weiteren Bescheid vom 02.01.2004 hob das AA außerdem die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 29.12.2001 auf und forderte vom Kläger die in der Zeit vom 29.12.2001 bis 11.04.2002 gezahlte Alhi in Höhe von 1728,46 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 375,66 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 29,37 EUR im Gesamtbetrag von 2133,49 EUR zurück. Die Bescheide ergingen jeweils ohne vorherige Anhörung des Klägers und wurden ihm wegen unbekannter Anschrift durch Benachrichtigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz bekannt gegeben.
Zwischenzeitlich erhielt der Kläger Kenntnis von den Rückforderungsbescheiden. Am 11.02.2004 erhob der Kläger gegen die beiden Rückforderungsbescheide Widerspruch. Er machte geltend, in den fraglichen Zeiträumen den Vermittlungsbemühungen des AA zur Verfügung gestanden zu haben.
Mit Schreiben vom 12.05.2004 teilte die AA dem Kläger mit, die von ihm angegriffenen Entscheidungen beruhten auf den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren gegen ihn. Danach habe er sich meistens nicht unter der von ihm angegebenen Anschrift aufgehalten. Außerdem habe er unangemeldet gearbeitet und sich auch dabei auswärts aufgehalten. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen (Arbeitslosigkeit und/oder Verfügbarkeit) von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Dem Kläger wurde gem. § 24 SGB X Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt. Das Schreiben war an die vom Kläger in seinem Widerspruchsschreiben benannte Anschrift (Justizvollzugsanstalt M.) adressiert. Am 28.07.2004 rügte der Kläger unter der benannten Anschrift schriftlich beim AA, seit seinem Widerspruch keine weitere Nachricht erhalten zu haben.
Mit Widerspruchsbescheid der AA vom 02.08.2004 wurde der Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 02.01.2004 zurückgewiesen. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren gegen den Kläger müsse zwingend davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen (Arbeitslosigkeit und Verfügbarkeit) für den Bezug von Alg und Alhi ab 03.01.2001 nicht vorgelegen hätten.
Hiergegen erhob der Kläger am 01.09.2004 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte geltend, es sei nicht begründet worden, warum die AA nach so langer Zeit davon ausgehe, er habe in der Zeit vom 03.01.2001 bis 12.04.2002 zu Unrecht Leistungen bezogen und wieso er in dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen der AA nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Feststellungen der Staatsanwaltschaft Mannheim, er hätte seine Wohnung nicht selbst genutzt, entsprächen nicht der Wahrheit. Zwar habe er solche Angaben gegenüber der Staatsanwaltschaft gemacht. Diese seien jedoch eine reine Schutzbehauptung gewesen. Er habe sich im streitigen Zeitraum in der P.str. 34 aufgehalten und sei dort ordnungsgemäß gemeldet gewesen. Dies werde durch regelmäßige Barabhebungen bei der Stadtsparkasse M., regelmäßige Abholung der Post, regelmäßiges Aufsuchen des Krankenhauses M., ärztliche Arbeitsunfähigkeitsatteste, Polizeibesuche in seiner Wohnung, einen Diebstahl im Supermarkt, Telefonaten mit potenziellen Arbeitgebern, einer Strafanzeige, dem Verkauf eines Staubsaugers und dem Versetzen von 20 CD belegt. Er sei auch allen Aufforderungen der AA nachgekommen. Hätte das AA seine Forderung schon im Januar ihm gegenüber klar begründet, wäre diese schon längst geklärt. Durch das anfängliche Nichtbegründen der Forderungen versuche das AA, ihm seine Rechte vorzuenthalten. Das Verhalten der AA sei dahingehend zu werten, dass versucht werde, Geld einzutreiben, um in der Statistik besser dazustehen. Das AA habe es versäumt, ihm nur einen der angeblichen Arbeitgeber zu benennen oder sonst etwas Konkretes vorzubringen. In der Justizvollzugsanstalt erhalte er Schreiben nicht immer oder verspätet.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.07.2006 wies das SG die Klage gestützt auf § 45 SGB X ab. Einen Anspruch auf Alg habe nur, wer den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehe. Diese setzte u. a. voraus, dass der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Auf Grund der Aussage des Klägers im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung vom 12.04.2002 gelange das Gericht zu der Überzeugung, dass dies beim Kläger nicht zutreffe. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass er an der von ihm angegebenen Adresse täglich postalisch erreichbar gewesen sei, weshalb die Verfügbarkeit für den gesamten Zeitraum entfalle. Der Kläger habe die von ihm in Strafverfahren gemachten Angaben nicht überzeugend widerlegen können. Der Gerichtsbescheid wurde mit Übergabeeinschreiben gegen Rückschein an den Kläger an die Anschrift eines Übernachtungsheims zugestellt und dort am 17.07.2006 T. L. W. ausgehändigt.
Gegen den am 17.07.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit einem an das "Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart" adressierten Schreiben (Briefumschlag) Berufung gegen die "Entscheidung des SG Mannheim" eingelegt, die am 15.08.2006 beim Amtsgericht Stuttgart, am 16.08.2006 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und am 22.08.2006 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Der Kläger hat angegeben, dass ihm der Gerichtsbescheid am 19.07.2006 zugegangen sei. Im Übrigen hat er seine Berufung nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juli 2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Kläger ist durch die mit Beschluss des Senats vom 24.05.2007 bewilligte öffentliche Zustellung zum Termin am 13.07.2007 durch Aushang einer entsprechenden Benachrichtigung an der Gerichtstafel in der Zeit vom 30.05.2007 bis 02.07.2007 geladen worden.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, einer Band Akten der Beklagten sowie die beigezogenen Strafakten des Klägers bei der Staatsanwaltschaft Mannheim Az.: 900 JS 10886/02 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist nicht fristgerecht eingelegt worden. Sie ist daher nach § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die innerhalb dieser Frist beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Hierauf ist der Kläger in der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Gerichtsbescheides ausdrücklich hingewiesen worden.
Der angefochtene Gerichtsbescheid ist dem Kläger vom SG mit Übergabeeinschreiben gegen Rückschein am 17.07.2006 durch Aushändigung an Herrn W. ordnungsgemäß zugestellt worden. Damit lief die Berufungsfrist von einem Monat am 17.08.2006 ab. Die vom Kläger an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg adressierte Berufung ist dem Landessozialgericht Baden-Württemberg über das Amtsgericht Stuttgart und das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg jedoch erst am 22.08.2006, also nach Ablauf der Berufungsfrist zugegangen. Zwar ist die Berufung zunächst dem Amtsgericht Stuttgart am 15.08.2006 und dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 16.08.2006 jeweils innerhalb der Berufungsfrist zugegangen. Das Einlegen der Berufung bei anderen Behörden oder bei einem anderen Gericht wahrt die Frist jedoch nicht (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl. Rdnr. 2a zu § 151 SGG). Die Berufungsfrist ist auch dann versäumt, wenn mit dem Vorbringen des Klägers davon ausgegangen wird, dass er den angefochtenen Gerichtsbescheid erst am 19.07.2006 erhalten hat. In diesem Fall endete die Berufungsfrist vor dem Eingang der Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg am Montag, den 21.08.2006.
Dem Kläger kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert gewesen ist, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Dies trifft beim Kläger nicht zu. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht ausschließlich darauf, dass der Kläger seine Berufung an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg adressiert hat. Zwar hat er dabei die Adresse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart) angegeben. Dies ist aber gleichzeitig auch die Anschrift des Amtsgerichts Stuttgart. Dementsprechend ist die Berufung zunächst auch beim Amtsgericht eingegangen, das sie dann entsprechend der Adressierung des Klägers an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg weitergeleitet hat. Damit beruht die Fristversäumnis alleine auf einem Versehen des Klägers, das er im Hinblick auf die ihm erteilte Rechtsmittelbelehrung ohne weiteres hätte vermieden können. Dass die Versäumung der Berufungsfrist auf eine fehlerhafte Bearbeitung durch das Amtsgericht Stuttgart oder das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zurückgeht, ist nicht ersichtlich.
Die Berufung wäre unabhängig davon auch aus den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid dargestellten Gründen unbegründet.
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Der Senat gelangt mit dem SG nach eigener Prüfung ebenfalls zu der Überzeugung, dass die Bewilligung von Alg und von Alhi von Anfang an rechtswidrig gewesen ist, weil der Kläger den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes im gesamten streitigen Zeitraum vom 03.01.2001 bis 11.04.2002 nicht zur Verfügung stand, weil er den Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah deshalb keine Folge leisten konnte, weil er sich unter der von ihm genannten Anschrift häufig, regelmäßig und über einen längeren sich erstreckenden Zeitraum nicht aufgehalten hat, und dass dem Kläger (zumindest) grobe Fahrlässigkeit bezüglich der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung im streitigen Zeitraum vorzuwerfen ist, weshalb die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen erfüllt sind. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die hierzu im Gerichtsbescheid des SG gemachten Ausführungen vollinhaltlich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen können, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Unerheblich ist, ob der Kläger nicht angemeldeten Aushilfstätigkeiten nachgegangen ist und auch deshalb die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und Alhi im streitigen Zeitraum (ganz oder teilweise) nicht vorgelegen haben. Maßgeblich ist allein, dass sich der Kläger gemäß seinen Angaben bei der Kriminalpolizei M. am 12.04.2002 allenfalls gelegentlich in der von ihm bei den Antragstellungen auf Alg und Alhi benannten Wohnung aufgehalten hat. An der Richtigkeit dieser Angaben hat auch der Senat keinen Zweifel. Zwar hat sich der Kläger darauf berufen, es habe sich dabei um eine Schutzbehauptung gehandelt. Belege dafür, dass es sich bei seinen Angaben bei der Kriminalpolizei M. tatsächlich um eine Schutzbehauptung gehandelt, hat der Kläger aber nicht erbracht. Die von ihm in seinem Schreiben vom 21.02.2005 an das SG genannten Umstände sind zum Beleg dafür, dass sich der Kläger entgegen seiner Angaben bei der Kriminalpolizei M. im streitigen Zeitraum tatsächlich in seiner dem AA genannten Wohnung in M. aufgehalten hat, nicht geeignet. Sie belegen allenfalls, dass sich der Kläger im Raum M. und gelegentlich in seiner Wohnung aufgehalten hat, wie er im Wesentlichen auch bei seiner Vernehmung bei der Kriminalpolizei M. am 12.04.2002 angegeben hat. Dies reicht jedoch nicht aus, von einer Verfügbarkeit des Klägers für das AA auszugehen.
Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Von dem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2002 und den vom Kläger im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gemachten Angaben hat das AA am 25.06.2003 Kenntnis erhalten und am 01.08.2003 amtintern die Rückforderung der ab Januar 2001 an den Kläger erbrachten Leistungen angeordnet. Die angefochtenen Bescheide vom 02.01.2004 sind damit vor Ablauf der Jahresfrist seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme der Leistungsbewilligung von Alg und Alhi für die Vergangenheit rechtfertigen, ergangen.
Die Höhe der Erstattungsbeträge hat die Beklagte zutreffend berechnet. Insbesondere ist der Zeitraum vom 19.06.2001 bis 10.09.2001 (Sperrzeit) bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages ausgenommen und der Rückforderungszeitraum unter Berücksichtigung des Bescheides vom 10.05.2002 auf die Zeit bis 11.04.2002 begrenzt worden.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind sich auch nicht als formell rechtswidrig. Zwar ist der Kläger vor Erlass der Bescheide vom 02.01.2004 nicht angehört worden. Eine solche Anhörung war vorliegend jedoch gem. § 24 Abs. 2 Nr. 2 SGB X (ausnahmsweise) entbehrlich, da die streitgegenständlichen Rückforderungsbescheide auf Angaben stützt sind, die der Kläger selbst bei seiner Vernehmung vor der Kriminalpolizei in M. am 12.04.2002 gemacht hat und hiervon nicht abgewichen wurde. Es kann deshalb offen bleiben, ob die zunächst unterbliebene Anhörung durch das Anhörungsschreiben der AA vom 12.05.2004 im Widerspruchsverfahren geheilt worden oder ob dem Kläger dieses Schreiben nicht zugegangen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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