L 2 R 4989/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2515/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 4989/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die am 17.12.1957 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Im Jahre 1979 siedelte sie aus der Türkei nach Deutschland über und übte verschiedene ungelernte Tätigkeiten (Zimmermädchen, Hilfskraft in einer Küche, Maschinenbedienerin, Reinigungskraft) aus. Das letzte Arbeitsverhältnis als Reinigungskraft wurde arbeitgeberseitig aus verhaltensbedingten Gründen zum 15.05.2006 gekündigt

Am 11.11.2003 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste die Begutachtung der Klägerin durch den Internisten Dr. D. Dieser diagnostizierte eine Adipositas, eine somatoforme Schmerzstörung, eine reaktive depressive Störung, ein chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom, belastungsabhängige Gonalgien beidseits, eine Taubheit rechts und Innenohrschwerhörigkeit links (mit Hörgeräteversorgung links kompensiert). In ihrer bisherigen Tätigkeit sei die Klägerin zeitlich uneingeschränkt leistungsfähig, ebenso für leichte und mittelschwere Arbeiten (Gutachten vom 10.02.2004). Mit Bescheid vom 20.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2004 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab.

Hiergegen erhob die Klägerin am 19.08.2004 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG).

Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin. Der Orthopäde Dr. R hat die Klägerin insbesondere wegen der Adipositas per Magna nur noch für leichte Arbeiten vier Stunden täglich für einsetzbar gehalten (Aussage vom 26.10.2004). Der Facharzt für Augenheilkunde Dr. B teilte mit, aus augenärztlicher Sicht könne sie alle Tätigkeiten verrichten (Aussage vom 15.11.2004). Der HNO-Arzt Dr. S teilte unter dem 21.11.2004 mit, die Klägerin könne die Arbeiten verrichten, die sie ohne akustische Zusatzinformationen ausführen könne. Mit Schreiben vom 14.12.2004 hat der Internist Dr. B mitgeteilt, die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei insbesondere durch Leiden auf orthopädischem Gebiet eingeschränkt, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zwangshaltungen seien möglich. Der Neurologe und Psychiater Dr. G hat in seinen Auskünften vom 26.12.2005 und 01.04.2005 mitgeteilt, er sei nicht in der Lage (auf Grund der kurzen Behandlungsdauer) zur Frage der Leistungsfähigkeit Stellung zu nehmen, die Klägerin befinde sich wegen einer Depression mit Somatisierungsstörung in seiner Behandlung. Der Neurologe und Psychiater Dr. A hat unter dem 21.03.2005 mitgeteilt, er könne keine Angaben zur Leistungsfähigkeit der Klägerin machen, da er die Klägerin zuletzt am 05.06.2002 gesehen habe. Das SG hat daraufhin den Orthopäden Dr. W zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 19.05.2005 hat dieser auf seinem Fachgebiet ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei zufriedenstellender Beweglichkeit, ohne periphere Nervenwurzelsymptomatik, eine leichte Funktionsstörung mehr des linken als des rechten Kniegelenks bei mäßiger Knorpelerweichung und degenerativer Meniskopathie ohne Bewegungseinschränkung bei äußerlich reizerscheinungsfreien Kniegelenken diagnostiziert. Auf orthopädischem Gebiet sei keine konkrete Einschränkung der Leistungsfähigkeit gegeben. Fachübergreifend (u. a. wegen Hörminderung, der reaktiven depressiven Störung, der somatoformen Schmerzstörung und massivem Übergewicht) sollten schwere und mittelschwere Arbeiten ausgeschlossen werden. Nachdem die Klägerin hierzu mitgeteilt hatte, dass der Orthopäde Dr. R eine Gonarthrose diagnostiziert und eine Operation für unumgänglich erklärt habe, teilte dieser auf Anfrage des SG mit, sich zur Leistungsfähigkeit nicht äußern zu können. Das SG befragte daraufhin nochmals den Sachverständigen Dr. W, der unter dem 07.09.2005 u. a. ausgeführt hat, auf Grund der orthopädischen Erkrankungen könne kein objektiver Grund nachgewiesen werden, der es der Klägerin nicht ermöglichen würde, Treppen zu steigen, ebenso sei es nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin angebe, mehr als 500 Metern nicht gehen zu können. Dr. R hat auf ein erneutes Befragen durch das SG mit Schreiben vom 26.09.2005 nochmals Stellung genommen und u. a. mitgeteilt, dass die Klägerin nach der ersten Vorstellung im Juli 2005 einen Türkei-Urlaub absolviert habe und dann nochmals im September 2005 vorgesprochen habe. Hierbei habe sie von belastungsabhängigen Beschwerden des linken Kniegelenk berichtet, sodass er sie an die Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg überwiesen habe. Das SG hat weiter die Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Psychiatrie Dr. S veranlasst. In seinem Gutachten vom 27.03.2006 hat Dr. S mitgeteilt, er habe eine dysthyme Störung und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Die Klägerin sei in der Lage, Tätigkeiten ohne unmittelbaren Kundenkontakt 8 Stunden täglich zu verrichten. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hat, sie habe eine Arthroskopie durchführen lassen, veranlasste das SG die erneute Begutachtung durch den Orthopäden Dr. T. Auf seinem Fachgebiet diagnostizierte dieser myostatische Beschwerden in der Nacken-Schulterregion, bei geringer Fehlstellung der Halswirbelsäule ohne Zeichen einer Wurzelreizung, einen Hohlrundrücken, der statisch muskulär ausreichend kompensiert sei, gehäufte Hinterhauptkopfschmerzen, Funktionsstörungen beider Hüftgelenke mit Bewegungsschmerzen bei röntgenologisch unauffälligem Befund, eine mittelgradig deutliche Gonarthrose links, geringer rechts, bei Arthroskopien nachgewiesene Chondromalazie medial und retropatellar des linken Kniegelenks, statische Beschwerden beider Sprunggelenke links betont sowie einen Fersensporn beidseits. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne zeitliche Einschränkung zu verrichten. Mit Urteil vom 17.08.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die Klägerin sei in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen, die jedoch eine Benennungspflicht konkreter Verweisungstätigkeiten nicht nach sich zögen, mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weil sie als ungelernte Arbeiterin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen sei.

Gegen das am 05.09.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.10.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat zur Begründung u. a. auf die Aussage des Dr. R vom Oktober 2004 hingewiesen, der lediglich noch eine vierstündige Leistungsfähigkeit angenommen habe. Ferner hat die Klägerin den Arztbrief der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums H vom 29.09.2005 über die stationäre Behandlung vom 27.09.2005 bis 30.09.2005 vorgelegt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat weiter vorgetragen, die Klägerin sei zwar zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem SG in einem Unternehmen von 5:30 Uhr bis 11:00 Uhr täglich beschäftigt gewesen, es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass ihr diese Tätigkeiten sehr schwer fallen würden und sie finanziell auf die Arbeiten angewiesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim am 17. August 2006 sowie den Bescheid vom 20. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweise Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat darauf hingewiesen, dass der vorgelegte Arztbrief vom 29.09.2005 bereits erstinstanzlich eingebracht worden sei und danach die Untersuchungen des Dr. S und Dr. T stattgefunden hätten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Das SG hat in dem angefochtenen Urteil alle maßgeblichen Rechtsgrundlagen unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dargestellt und die Beweiswürdigung zutreffend durchgeführt. Danach ist die Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher Gesundheitsstörungen in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Diese Arbeiten sollten überwiegenden in sitzender Körperhaltung, ohne regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 8 bis 10 kg, ohne vermehrtes Steigen auf Treppen und Leitern sowie ohne Arbeiten in Hock- und Kniepositionen bzw. Zwangshaltungen oder auf Gerüsten ausgeführt werden. Ferner sind Überkopfarbeiten, erhöhter Zeitdruck, Arbeiten unter Kälte- und Nässebelastung, Akkord- und Schichtarbeiten und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Hörvermögen ausgeschlossen. Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren lässt Zweifel an der Richtigkeit des Beweisergebnisses und der rechtlichen Würdigung durch das SG nicht aufkommen. Damit ist die Klägerin, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, konkrete Verweisungstätigkeiten sind nicht zu benennen. Der Senat weist daher die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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