L 6 U 4237/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1649/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4237/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.07.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung einer Meniskuserkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1936 geborene Kläger hat den Beruf des Stuckateurs erlernt und die Meisterprüfung abgelegt. Er war von 1950 bis 1990 als Stuckateur bzw. Stuckateurmeister in dem von ihm übernommenen elterlichen Betrieb tätig. Von 1990 bis November 1995 war er bei der Firma S. in F. als angestellter Stuckateurmeister tätig. Seit 05.11.1995 war er wegen Beschwerden der Kniegelenke und der Wirbelsäule arbeitsunfähig und bezog Krankengeld sowie anschließend eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Mit Schreiben vom 28.04.1997 zeigte der Arbeitgeber des Klägers bei der Beklagten den Verdacht auf das Vorliegen einer BK an. Der Kläger leide seit ca. 15 Jahren unter Knie- und Rückenschmerzen. Als BK werde eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule angenommen. In dem daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV zog die Beklagte medizinische Unterlagen von der damaligen Landesversicherungsanstalt Württemberg bei. Nach dem sozialmedizinischen Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin G. vom 18.11.1996 bestand u. a. eine fortgeschrittene Verschleißerscheinung der Wirbelsäule mit schmerzhafter Funktionseinschränkung sowie eine Gonarthrose beidseits mit linksseitiger Knieinstabilität und Meniskopathie. Vorrangig aufgrund dieser orthopädischen Gesundheitsstörungen könne der Kläger die Tätigkeit als Gipser und Stuckateur nicht mehr verrichten. Weiterhin lagen Entlassungsberichte der Rehabilitationsmaßnahmen vom 30.01.1992 bis 27.02.1992 in der F.klinik B. B. (Chondropathia patellae beidseits, tendomyotisches Cervicalsyndrom, lokales Lumbalsyndrom) sowie vom 26.06.1996 bis 05.07.1996 in der Rheintalklinik B. K. (u. a. Gonarthrose beidseits mit Knieinstabilität links und Verdacht auf Meniskopathie links) vor. Vom Versorgungsamt Heilbronn wurde außerdem der Befundschein von Dr. W. vom Juli 1996 über die Behandlung des Klägers vom 27.11.1995 bis 13.06.1996 beigezogen. Danach bestanden im Bereich des rechten Kniegelenkes röntgenologisch normal weite Gelenkspalte, retropatellar eine osteophytäre Ausziehung, im Bereich des linken Kniegelenkes eine Kalzifikation der Menisci beidseits sowie ebenfalls retropatellar osteophytäre Ausziehungen.

Dr. E. erstattete dann für die Beklagte das Gutachten vom 07.12.1997. In Bezug auf die Kniegelenke stellte Dr. E. darin folgende Diagnose: "Bei O-Bein-Fehlstellung Knorpelabnutzungen der Kniescheibenrückflächen beidseits mit Bandlockerungen und klinischen Zeichen für Meniskusabnutzungen und leichter Beugungseinschränkung". Außerdem vertrat Dr. E. die Auffassung, beim Kläger bestehe eine schicksalhafte bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule, die nicht durch die berufliche Tätigkeit ausgelöst oder verschlimmert worden sei. Daraufhin lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV mit Bescheid vom 28.07.1998 ab. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen blieben erfolglos.

Während des Berufungsverfahrens L 10 U 5034/00 stellte der Kläger unter dem 22.04.2001 den Antrag, ein Ermittlungsverfahren wegen einer BK Nr. 2102 der Anlage zur BKV einzuleiten.

Die Beklagte holte hierzu die Auskunft ihres Technischen Aufsichtsdienstes vom 13.12.2001 ein. Dipl.-Ing. H. und Dipl.-Ing. F. vertraten darin nach einer persönlichen Anhörung des Klägers die Auffassung, die Tätigkeiten als Stuckateur seien größtenteils in andauernder kniender bzw. hockender Körperhaltung ausgeführt worden. Der Umfang der kniebelastenden Tätigkeiten sei vom Kläger mit 70% der Gesamtarbeitszeit angegeben worden. Die daraus resultierende Expositionszeit für meniskusbelastende Tätigkeiten betrage ca. 25% der Gesamtarbeitszeit. Weiterhin befragte die Beklagte die behandelnden Ärzte des Klägers, den Orthopäden Dr. H. und den Allgemeinmediziner Dr. H ... Dr. H. teilte unter dem 08.02.2002 mit, der Kläger leide unter einer Gonarthrose mit Meniskopathie beidseits. Dr. H. berichtete unter dem 21.03.2002, der Kläger habe am 23.10.1991 beim Aufstehen aus der Hocke plötzlich einen starken Schmerz im linken Kniegelenk gehabt. Ein pathologischer Befund sei nicht erhoben worden. Er legte hierzu den Arztbrief des Kreiskrankenhauses G. vom 25.10.1991 vor. Danach bestand ein deutliches retropatellares Reibegeräusch und ein stark positives Zohlen’sches Zeichen. Meniskuszeichen fanden sich nicht, der Bandapparat war intakt. Es wurde die Auffassung vertreten, es handle sich um eine schon länger bestehende Retropatellararthrose, die zur Einklemmung eines Knorpelstückes geführt habe, wodurch die plötzlichen Schmerzen erklärt würden. Die Ärztin für Arbeitsmedizin G. vertrat hierzu in ihrer gewerbeärztlichen Feststellung vom 28.10.2002 die Auffassung, die haftungsausfüllende Kausalität könne nicht nachgewiesen werden. Bei der Berufskrankheit nach Nr. 2102 "Meniskusschäden" würden nur primäre Meniskuserkrankungen berücksichtigt und entschädigt. Sekundäre Meniskopathien und degenerative Veränderungen am Kniegelenk oder Reizzustände würden weder berücksichtigt noch entschädigt. Beim Kläger sei trotz der starken Schmerzen in beiden Kniegelenken nie die Notwendigkeit einer Meniskusentfernung in Erwägung gezogen worden. Eine histologische Untersuchung des Meniskus, die eine genaue Diagnosestellung erlauben würde, sei nie durchgeführt worden. Die medizinischen Befunde sprächen für eine Erkrankung beider Kniegelenke überwiegend als Folge der Retropatellararthrose beidseits. Die geringe Meniskusdegeneration hänge mit der anlagebedingten Fehlhaltung der Beine zusammen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 2102 seien nicht erfüllt.

Mit Bescheid vom 12.12.2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2003 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 01.07.2003 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung wies er auf die Vermutung des § 9 Abs. 3 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) hin und vertrat die Auffassung, auch bei einer Expositionszeit für meniskusbelastende Tätigkeiten von weniger als 30% der Gesamtarbeitszeit, wie sie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid angenommen worden sei, seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten BK erfüllt.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 22.07.2005 ab. Zur Begründung führte es aus, es liege bereits keine die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit im Sinne der BK 2102 der Anlage zur BKV vor. Darüber hinaus sei auch der medizinische Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Das Bestehen einer primären Meniskuserkrankung ergebe sich aus den medizinischen Unterlagen nicht. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.10.2005 zugestellt.

Der Kläger hat am 14.10.2005 gegen das Urteil Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er macht geltend, die Begründung des Urteils sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei eine vom SG herangezogene Entscheidung des LSG Nordhrein-Westfalen nicht "bindend für ganz Deutschland". Aus medizinischer Sicht spreche eine gleichzeitig mit der Meniskopathie vorhandene Arthropathie nicht gegen das Vorliegen einer BK. Ein chronischer Meniskusschaden könne lange Zeit unbemerkt verlaufen.

Die Beklagte ist der Berufung mit der Begründung entgegengetreten, es lägen weder die arbeitstechnischen noch die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.07.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Kniegelenkserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hingewiesen. Der Kläger hat sich damit einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 SGG statthafte und gem. § 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Der Vertreter des Kläger hat sich hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt.

Das SG ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Meniskopathie als BK im Fall des Klägers nicht vorliegen und hat den geltend gemachten Rentenanspruch zutreffend verneint.

Der Kläger hat seine Tätigkeit im Jahr 1995 wegen Kniegelenksbeschwerden aufgegeben. Daraus ergibt sich, dass der von ihm angenommene Versicherungsfall einer BK Nr. 2102 vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 lag. Auf den Anspruch des Klägers sind somit noch die Vorschriften der zu diesem Zeitpunkt geltenden Reichsversicherungsordnung (RVO) anwendbar (§ 212 SGB VII).

Gem. §§ 580, 581 RVO wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter infolge eines Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 1/5 (20 vom Hundert [v.H.]) gemindert ist. Als Arbeitsunfall gilt gem. § 551 Abs. 1 RVO auch eine BK. Dies sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Dabei wird die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass beim Versicherten zum einen die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, das heißt, dass er im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt war, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, müssen erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 19, 52; 42, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286; 60, 58 mwN).

Nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV sind Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten eine BK. Die Voraussetzungen für die Anerkennung und Entschädigung einer solchen BK liegen im Fall des Klägers nach den genannten Kriterien nicht vor.

Ebenso wie die Beklagte und das SG kommt der Senat nach nochmaliger Überprüfung zu der Überzeugung, dass für die typische Tätigkeit eines Stuckateurs nicht davon auszugehen ist, dass die sog. "arbeitstechnischen Voraussetzungen" für die Anerkennung der BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV vorliegen. Bei der typischen Tätigkeit des Stuckateurs kommen die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Arbeiten nicht in dem für die Anerkennung einer BK nach Nr. 2102 zu fordernden Ausmaß vor.

Nach dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK 2102 (Bekanntmachung des BMA vom 11. Oktober 1989, BABl. 2/1990) ist eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke biomechanisch gebunden an eine

- Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung oder - häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage.

Nicht meniskusbelastend im Sinne der BK Nr. 2102 sind:

- kniende Positionen (rechtwinklige Beugung des Kniegelenkes, da die Menisken weder stark verschoben, noch stark verformt, noch erheblich druckbelastet sind - Einzeltätigkeiten, die als kurzfristige Arbeiten grundsätzlich nicht meniskusbelastend sind (keine Dauerzwangshaltung).

Als belastende Dauerzwangshaltung sind vor allem Belastungen durch Fersensitz, Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung anzusehen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 708).

Die BK Nr. 2102 ist nach ihrer historischen Entwicklung auf die Arbeit von Bergleuten unter Tage gegründet. Diese war durch Dauerzwangshaltungen in physiologisch ungünstiger Position der Kniegelenke unter räumlich eng begrenzten Verhältnissen charakterisiert. Ähnliche Belastungen kommen vor allem bei Tätigkeiten folgender Berufsgruppen vor:

- überwiegend im Knien: Fußboden-, Teppich- und Fliesenleger, Gärtner - unter räumlich eng begrenzten Verhältnissen: Ofenbauer, gelegentlich auch Monteure, Maurer, Schreiner, Anstreicher - in Zwangshaltung: Dachdecker, Bodenleger, Ofenbauer

Die Tätigkeit des Klägers als Stuckateur gehört somit nicht zu den Tätigkeiten, bei denen typischerweise eine überdurchschnittliche Belastung der Menisken regelmäßig auftritt. Vielmehr wechseln sich hierbei knie- bzw. meniskusbelastende Tätigkeiten mit anderen Tätigkeiten ab, so dass von einer Dauerbelastung der Kniegelenke nicht ausgegangen werden kann. Der Senat verkennt dabei nicht, dass es keine abschließende Aufzählung der Berufe gibt, bei denen die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 2102 zu bejahen sind. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass auch im Beruf des Stuckateurs im Einzelfall kniebelastende bzw. meniskusbelastende Tätigkeiten in einem Umfang auftreten, der für die Entstehung einer Meniskuserkrankung ursächlich sein kann. Anhaltspunkte dafür liegen im Fall des Klägers jedoch nicht vor. Der Kläger hat während seines gesamten Berufslebens die Tätigkeit eines Stuckateurs verrichtet. Entsprechend den Angaben des Klägers geht der Senat davon aus, dass der Kläger auch als Stuckateurmeister überwiegend im Betrieb körperlich mitgearbeitet hat. Er hat somit jahrzehntelang schwere körperliche Tätigkeiten verrichtet. Nicht nachvollziehbar ist es jedoch, dass der Kläger zu 70% der Gesamtarbeitszeit kniebelastende und davon 25 % meniskusbelastende Tätigkeiten durchgeführt haben soll, wie dies der Technische Aufsichtsdienst in seiner Stellungnahme vom 13.12.2001 annimmt (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.09.2001, L 17 U 26/01).

Im Übrigen sind auch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2102 nicht gegeben. Ein der BK 2102 entsprechender Meniskusschaden ergibt sich aus den ärztlichen Unterlagen nicht. Trotz der starken Kniegelenkesbeschwerden des Klägers, die zur Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit geführt haben, wurde zu keinem Zeitpunkt eine Meniskusoperation durchgeführt bzw. in Erwägung gezogen. Im Vordergrund der ärztlichen Diagnosen im Bereich der Kniegelenke standen immer arthrotische Veränderungen im Sinne einer Gonarthrose bzw. Retropatellararthrose beidseits. In diesem Zusammenhang wurde anlässlich des Heilverfahrens in der R.klinik B. K. 1996 zwar auch der Verdacht auf eine Meniskopathie geäußert. Im Rahmen der BK Nr. 2102 ist aber der Nachweis einer primären Meniskopathie, d. h. eines vorzeitigen Verschleißes im Bereich des Meniskusgewebes erforderlich. Eine sekundäre Meniskopathie, bei der zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk erscheinen, stellt keine Berufserkrankung dar (Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO S. 706 f.).

Der Senat kommt bei nochmaliger kritischer Würdigung der medizinischen Unterlagen zu der Überzeugung, dass beim Kläger zunächst Knorpelschäden im Bereich der Kniegelenke vorlagen und anschließend möglicherweise auch degenerative Veränderungen im Bereich der Menisken auftraten, worauf der röntgenologische Nachweis von Kalzifikationen im Meniskusbereich hindeutet. Hierbei stützt sich der Senat vor allem auf den Bericht des Kreiskrankenhauses G. vom 25.10.1991. Zu diesem Zeitpunkt fanden sich keine Meniskuszeichen, jedoch ein deutliches retropatellares Reibegeräusch als Hinweis auf eine schon länger bestehende Retropatellararthrose. Weiter stützt sich der Senat auf den Bericht über das Heilverfahren in B. B. im Jahr 1992. Dort wurde eine Chondropathia patellae beidseits als Vorstufe einer Arthrose diagnostiziert, wobei röntgenologisch noch keine Arthrose festzustellen war. Eine Meniskuserkrankung wird in diesem Bericht an keiner Stelle erwähnt. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Knorpelveränderungen Jahre vor der Meniskopathie aufgetreten sind. Eine primäre Meniskopathie liegt somit nicht vor.

Hinzu kommt, dass die Kniegelenksbeschwerden beim Kläger erst in einem höheren Lebensalter aufgetreten sind. Nach den Angaben in der Anzeige über eine BK vom 28.04.1997 traten die Beschwerden erstmals 1982 auf, als der Kläger bereits 46 Jahre alt war. In dem Bericht der F.klinik B. B. aus dem Jahr 1992 wird über belastungsabhängige Schmerzen seit 5 Jahren - also seit ca. 1987 - berichtet. Ein höheres Lebensalter (45 Jahre) beim Auftreten von Beschwerden spricht jedoch eher gegen den Kausalzusammenhang von Meniskusschäden und einer beruflichen Tätigkeit (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2102 Randnr. 6).

Aus den genannten Gründen folgt der Senat der nachvollziehbaren gewerbeärztlichen Stellungnahme der Ärztin für Arbeitsmedizin G., wonach eine etwa bestehende Meniskusdegeneration nicht als BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV anerkannt werden kann.

Die Frage, ob beim Kläger eine Gonarthrose vorliegt, die möglicherweise als BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII bzw. § 551 Abs. 2 RVO anzuerkennen wäre (vgl. die Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung, Sektion "Berufskrankheiten" in BABl. Nr. 10/2005) ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hierüber hat die Beklagte nicht entschieden. Es fehlt somit an dem Verwaltungsverfahren als Voraussetzung für eine Klage. In diesem Verfahren wären ebenfalls arbeitstechnische Voraussetzungen zu prüfen (Tätigkeiten im Knien oder vergleichbarer Kniebelastung bei einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 130 000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt 1 Stunde pro Schicht). Auch in diesem Zusammenhang dürfte sich im Übrigen die Frage stellen, ob beim Kläger eine beruflich bedingte Kniegelenkserkrankung nachzuweisen ist, oder ob es sich um altersbedingte Verschleißerscheinungen handelt.

Aus den genannten Gründen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
Saved