Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 V 6353/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 5170/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.10.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen einer bei ihm bestehenden Asthmaerkrankung.
Der 1926 geborene, in Polen wohnhafte Kläger beantragte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 12.02.2002 beim Versorgungsamt Ravensburg (VA) die Gewährung von Entschädigungsleistungen. Auf Anforderung des VA übersandte er das ausgefüllte Antragsformular vom 25.04.2002. Er gab an, er sei vom 01.02.1944 bis "Ende 1945" als Matrose auf einem Minensuchboot eingesetzt gewesen. Vom 30.05.1945 bis August 1945 sei er im Kriegslazarett in E. stationär behandelt worden. Von August 1945 bis Dezember 1946 sei er in britischer Kriegsgefangenschaft gewesen. Seit 1947 sei er wegen des Asthma bronchiale in einem "Spezialistischen Krankenhaus" in D. in Behandlung. Er beziehe keine polnische Kriegsinvalidenrente, jedoch eine allgemeine polnische Invalidenrente. Dem Antragsformular waren u. a. beigefügt: - Bescheinigung der Deutschen Dienststelle B. mit Anschreiben an den Kläger vom 22.04.1993 Darin wird der Diensteintritt in die Kriegsmarine am 01.02.1944 und die Abkommandierung zur 1. Minensuchflottille am 04.12.1944 bescheinigt und mitgeteilt, Aufzeichnungen über den Aufenthalt des Klägers in britischem Gewahrsam und über kriegsbedingte Schädigungen lägen nicht vor. - Schreiben des Kreiskrankenhauses E. vom 11.03.2002 Danach verfügt das Archiv des Krankenhauses nicht mehr über Patientenunterlagen aus dem Jahr 1945. - Schreiben der AOK S.-H. vom 21.03.2002 Danach liegen für den angegebenen Zeitraum keine Unterlagen mehr vor. - Schreiben des britischen Generalkonsulats vom 12.03.2002, wonach keine Unterlagen über die damaligen Kriegsgefangenen vorliegen. - Ärztliche Bescheinigung der allgemeinen Beratungsstelle D. vom 16.04.2002, wonach der Kläger seit 1947 wegen Bronchialasthma in Behandlung ist.
Das Krankenbuchlager Berlin teilte auf Anfrage des VA unter dem 16.05.2002 mit, für den Kläger hätten keine Unterlagen aufgefunden werden können. Eine nochmalige Anfrage des VA bei der Deutschen Dienststelle B. erbrachte keine weiteren Erkenntnisse. Der polnische Sozialversicherungsträger ZUS übersandte auf Anforderung des VA ärztliche Behandlungsunterlagen aus der Zeit seit 1955 sowie das Gutachten der Bezirks-Ärztekommission für Invalidität und Arbeit vom 12.01.1982. Nach der auszugsweisen Übersetzung berichtete der Kläger über seit vielen Jahren bestehende Atemnot und eine Behandlung wegen Asthma seit 1972. Wegen der Diagnosen "Bronchialasthma mit Ventilationsbeeinträchtigung" und "Geschwürkrankheit - Magenkatarrh" wurde der Kläger in die 2. Invalidengruppe eingestuft. Der Bevollmächtigte des Klägers übersandte noch eine Kopie des polnischen Militärbuchs, das unter dem 01.10.1958 die Feststellung "völlig wehrdienstuntauglich" enthält, die Kopie eines losen Krankenblattes vom 04.02.1948 mit der Diagnose Asthma bronchiale und eine Bescheinigung über benötigte Medikamente, auf deren Rückseite die Daten 22.11.1947 und 25.11.1947 zu erkennen sind.
Eine Anfrage des VA an das Britische Verteidigungsministerium ergab, dass dort ebenfalls keine Unterlagen mehr vorliegen (Schreiben vom 21.10.2002).
Zur Entstehung der Erkrankung übersandte der Kläger noch einen Brief, den er an Bekannte unter dem 10.12.2002 geschrieben hatte. Danach war das Minensuchboot, auf dem der Kläger eingesetzt war, mehrfach an der Evakuierung von Verwundeten und Flüchtlingen - u. a. an der Bergung von Leichen nach dem Schiffbruch der "W. G." beteiligt. Die Kojen seien besetzt gewesen, sodass die Besatzung im Maschinenraum habe schlafen müssen. Unter diesen Verhältnissen sei er krank geworden und ins Lazarett in E. gekommen. Nach der ebenfalls vom Kläger vorgelegten Bescheinigung der Internistin D. G., Fachärztliches Krankenhaus der Allgemeinen Beratungsstelle in D. vom 04.12.2002 war der Kläger dort seit 1948 in Behandlung. Die Asthmaerkrankung habe er sich höchstwahrscheinlich während der Arbeit in den Jahren 1940 bis 1943 zugezogen, als er in der Schiffswerft in G. gearbeitet habe. Auch 1947 habe eine ambulante Behandlung wegen Asthma stattgefunden.
Zu sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen, die auszugsweise übersetzt wurden, holte das VA die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme des Internisten Dr. E. vom 18.03.2003 ein. Dieser führte aus, es sei aus ärztlicher Sicht nicht möglich, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen möglichen wehrdienstlichen Belastungen und der sich in späteren Jahren entwickelten obstruktiven Atemwegserkrankung aufgrund der vorliegenden Unterlagen zu bejahen.
Mit Bescheid vom 01.04.2003 lehnte das VA den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Beschädigtenrente ab. Zur Begründung wird ausgeführt, eine Anerkennung sei schon deshalb nicht möglich, da hinsichtlich der schädigenden Ereignisse keinerlei Beweisunterlagen vorliegen würden. Im Übrigen sei der medizinische Zusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich. Hierzu wird auf die aus versorgungsärztlicher Sicht bestehende Lückenhaftigkeit und teilweise Widersprüchlichkeit der ärztlichen Unterlagen hingewiesen.
Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 21.05.2003 Widerspruch ein. Er führte in seinem ausführlichen Widerspruchsschreiben aus, er sei im Alter von 14 Jahren gezwungen worden, beim Deutschen Werk K. - Werk G. - zu arbeiten. Ab 22.08.1940 sei er als Jungarbeiter bei der Instandsetzung von Akku-Batterien für Kriegsschiffe eingesetzt gewesen. Während einer ab 14.02.1942 absolvierten Lehre sei er 1943 zur Umschulung zum Reichsarbeitsdienst geschickt worden. Anschließend sei er auf dem Flugplatz in O. beschäftigt gewesen, wo er Arbeiten im feuchten Gebiet habe durchführen müssen. Er habe deshalb nach kurzer Zeit Gelenkrheuma bekommen und sei ins Flughafenlazarett gekommen. Am 01.02.1944 sei er zur Kriegsmarine einberufen und auf dem Minensuchschiff eingesetzt worden. Ende Juni 1945 sei er wegen hohen Fiebers und Asthmaanfällen ins Lazarett E. gekommen. Dort sei er in englische Kriegsgefangenschaft geraten und ins Gefangenenlager nach M. gebracht worden. Im Dezember 1946 sei er nach D. entlassen worden, wo er sich wegen seines Dienstes bei der Kriegsmarine bis Ende 1947 versteckt gehalten habe. Dem Schreiben waren weitere Anlagen beigefügt. Nach der vä Stellungnahme der Medizinaldirektorin K. vom 10.07.2003 ergaben sich aus den Unterlagen keine neuen Beurteilungskriterien. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2003 zurückgewiesen.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 28.08.2003 an den in Deutschland lebenden Bevollmächtigten des Klägers abgesandt. Dieser bestätigte mit Schreiben vom 29.08.2003 den Empfang des Widerspruchsbescheids und bat sinngemäß um eine Verlängerung der Klagefrist, da er ab 06.09.2003 eine Kur antreten müsse. Mit dem am 30.10.2003 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) eingegangenen Schriftsatz vom 25.10.2003 erhob der Bevollmächtigte des Klägers ausdrücklich Klage bei diesem Gericht. Zur weiteren Begründung legte er die Erklärung des H. S. vom 29.09.2003 vor. Dieser bestätigt darin, dass er in den Jahren 1946/1947 dem Kläger Zuflucht vor den polnischen Behörden gewährt habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger unter schwerwiegendem Asthma gelitten. Das SG erhob Beweis durch Einholung von Auskünften des Bundesarchivs - Militärarchiv - vom 16.09.2004 und 09.11.2004 sowie durch Einholung des militärhistorischen Gutachtens von Dr. G. vom 31.05.2005. Dieser Sachverständige führte aus, obwohl Kriegstagebücher für die Zeit ab 15.01.1945 fehlten, sei anhand der Angaben des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieser bis zum Ende des Krieges auf dem Minensucher M-3 im Maschinenraum gedient habe. Weiter führte der Sachverständige aus, der Kläger habe sich dort aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen eine Erkrankung der Atemwege zugezogen.
Der Beklagte vertrat weiterhin die Auffassung, die Kausalität sei nicht nachgewiesen und verwies auf die vä Stellungnahme vom 18.03.2003.
Mit Urteil vom 17.10.2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne trotz der durchgeführten Ermittlungen den Beweis, dass seine Asthmaerkrankung Folge einer Kriegsbeschädigung im Sinne des § 1 BVG sei, nicht erbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das am 22.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.12.2005 Berufung eingelegt und diese mit Schreiben vom 20.12.2005 ausführlich begründet. U. a. führt er aus, die Erklärung des H. S. sei nicht berücksichtigt worden. Aufgrund des Gutachtens von Dr. G. und seiner eigenen detaillierten Angaben sei der Anspruch anzuerkennen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.10.2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.2003 zu verurteilen, seine Atemwegserkrankung als Schädigungsfolge im Sinne des § 1 BVG anzuerkennen und ihm Beschädigtenrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 SGG entschieden hat, ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen nach dem BVG, da die bei ihm bestehende Asthmaerkrankung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine kriegsbedingte Schädigung im Sinne von § 1 BVG zurückzuführen ist. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Berufung ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klage verspätet erhoben wurde. Zwar hat der in Deutschland wohnhafte Bevollmächtigte des Klägers die Klagefrist des § 87 SGG, wonach die Klage bei Zustellung im Inland binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (hier Widerspruchsbescheides) zu erheben ist, nicht eingehalten. Dennoch ist die Klage zulässig. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG zu gewähren. Mit Erhebung der Klage hat der Bevollmächtigte des Klägers auf seine Krankenhausaufenthalte vom 06.09. bis 18.10.2003 sowie vom 20.10. bis 24.10.2003 unter Vorlage von entsprechenden Nachweisen hingewiesen und sinngemäß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG beantragt. Das SG hat hierüber nicht entschieden, sondern die Klage stillschweigend als zulässig angesehen. Da jedoch eine stillschweigende Wiedereinsetzung nicht möglich ist (Meyer-Ladewig § 67 SGG Randnr. 18), hatte nunmehr der Senat über den Wiedereinsetzungsantrag zu befinden. Dem Antrag war stattzugeben, weil der Kläger ohne Verschulden gehindert war, die Klagefrist einzuhalten. Ein Verschulden des Bevollmächtigten des Klägers an der Versäumung der Klagefrist, das sich dieser zurechnen lassen müsste, liegt nicht vor. Ursächlich für die Versäumung des Klagefrist war eine fehlerhafte Beratung durch den Beklagten. Der nicht rechtskundige Vertreter des Klägers hat mit seinem Schreiben vom 29.08.2003 bei dem Beklagten die Verlängerung der Klagefrist beantragt, da er am 06.09.2003 eine Kur antreten müsse. Am 02.09.2003 wandte er sich nach dem Aktenvermerk von diesem Tag telefonisch an den Beklagten und teilte mit, ihm würde die Zeit nicht ausreichen, um sich direkt an das SG zu wenden. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine endgültige Entscheidung nur das SG Stuttgart treffen könne, er solle die Gründe für die Klagefristverlängerung, die für plausibel gehalten würden, bei der Klageerhebung erläutern. Hierin liegt eine fehlerhafte Beratung, da eine Verlängerung der Klagefrist im SGG nicht vorgesehen ist und der bevorstehende Antritt einer Kur den Prozessbevollmächtigen des Klägers nicht daran gehindert hätte, die Klage vorsorglich fristwahrend einzulegen. Ihm ist jedoch nicht vorzuwerfen, dass er sich auf die falsche Auskunft verlassen hat. Demnach war die Klage zulässig.
Wie das SG zutreffend entschieden hat, war diese jedoch nicht begründet. Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung, einen Unfall während der Ausübung dieses Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach § 1 Abs. 1 BVG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung. Dabei müssen das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während nach § 1 Abs. 3 Satz 3 BVG für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19. März 1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Aufgrund der glaubhaften Angaben des Klägers, der Auskünfte der Deutschen Dienststelle sowie des Gutachtens des Militärhistorikers Dr. G. für das SG, das der Senat urkundsbeweislich verwertet hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger vom 01.02.1944 bis Mai 1945 als Maschinisthelfer auf dem Minensucher M 3 militärischen Dienst geleistet hat. Nachgewiesen ist damit auch, dass dieses Schiff bis Kriegsende im Einsatz war, auch zum Transport von Flüchtlingen eingesetzt wurde und dass der Kläger sich auch aus diesem Grund häufig im Maschinenraum aufhalten musste. Eine gewisse Exposition gegenüber Öldünsten kann unter diesen Umständen ebenfalls als nachgewiesen angesehen werden. Welchen Einwirkungen der Kläger im Einzelnen durch die von ihm beschriebenen schlechten Bedingungen auf dem Minensucher ausgesetzt war, kann jedoch aufgrund des Zeitablaufes nicht mehr mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Hierauf hat bereits Dr. E. in seiner vä Stellungnahme vom 18.03.2003, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag gewürdigt wird, hingewiesen.
Weiterhin steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger seit Jahren an einer Asthmaerkrankung leidet. Diese Überzeugung stützt sich auf die vorliegenden ärztlichen Behandlungsunterlagen, insbesondere auf das Gutachten der polnischen Bezirksärzte-Kommission für Invalidität und Arbeit vom 12.01.1982. Obwohl die fortlaufende medizinische Dokumentation der Erkrankung erst ab 1955 beginnt, hält es der Senat für nachgewiesen, dass der Kläger bereits im Jahr 1947 an der Asthmaerkrankung litt. Neben den eigenen insoweit widerspruchsfreien Angaben des Klägers ist dies insbesondere aus der Arzneimittelverordnung vom 22.10.1947, die dem Beklagten im Original vorgelegen hat, zu schließen. Danach wurde dem Kläger das Medikament Euphyllin verschrieben, wobei es sich um ein Mittel gegen obstruktive Atemwegserkrankungen handelt. Die eidesstattliche Versicherung von H. S. bestätigt die Angaben des Klägers, dass er sich Ende 1946 bis Ende 1947 in Danzig versteckt halten musste und damals bereits an behandlungsbedürftigem Asthma litt. Hierfür spricht auch die Kopie des Krankenblattes vom 16.02.1948, das der Kläger allerdings trotz Aufforderung durch den Beklagten nicht im Original vorgelegt hat.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Erkrankung und dem Einsatz des Klägers auf dem Minensuchboot M 3 vom 01.02.1944 bis Mai 1945 ist dagegen nicht hinreichend wahrscheinlich. Aussagekräftige Unterlagen, die als Grundlage für eine gutachtliche Beurteilung dieses Zusammenhanges dienen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere fehlt der Bericht über die vom Kläger angegebene Klinikbehandlung im Krankenhaus E. im Jahr 1945. Über den Beginn der Erkrankung und insbesondere über Zusammenhänge zwischen der Erkrankung und der Exposition gegenüber Öldämpfen im Maschinenraum des Minensuchbootes fehlen jegliche medizinische Unterlagen. Überlegungen zur Entstehung der Erkrankung müssen daher heute im Bereich der Spekulation bleiben.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht aus dem Jahr 2004 (AP), die das Gericht als antizipierte Sachverständigengutachten bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt, beruht das anfallsartig auftretende Asthma bronchiale entweder auf einer angeborenen oder auf einer erworbenen abnormen Reaktionsbereitschaft. Äußere Einflüsse können im Wege einer Umstimmung ursächlich wirksam werden. Es kommen hierfür in Betracht: entzündliche Erkrankungen der Lungen- und Atemwege, pflanzliche und tierische Allergene sowie bestimmte chemische Stoffe. Eine enge zeitliche Verbindung zwischen dem schädigenden Ereignis und der Manifestation des Leidens ist für die Annahme des ursächlichen Zusammenhanges zu fordern (AP S. 223).
In Übereinstimmung mit der von Dr. E. in seiner vä Stellungnahme vom 11.11.2002 vertretenen Auffassung hält es der Senat für möglich, dass die Exposition gegenüber schädlichen Dämpfen während des militärischen Dienstes des Klägers die Erkrankung ausgelöst hat. Möglich ist aber auch, dass die rechtlich wesentliche Ursache der Erkrankung vor oder nach Beendigung dieses Dienstes lag. Schließlich ist auch möglich, dass es sich um eine schicksalsbedingte Erkrankung handelt, bei deren Entstehung äußere Einflüsse keine rechtlich wesentliche Rolle gespielt haben. Eine Manifestation der Asthmaerkrankung des Klägers in engem zeitlichen Zusammenhang mit den schädigenden Kriegseinwirkungen, die nach den AP Voraussetzung für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges wäre, ist nicht dokumentiert. Die Internistin G. vertrat in der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung vom 04.12.2002 die Auffassung, der Kläger habe sich die Erkrankung höchstwahrscheinlich bereits in den Jahren 1940 bis 1943 während der Arbeit in der Schiffswerft in G. zugezogen. Die Erkrankung könnte jedoch auch erst in der Zeit nach Kriegsende aufgetreten sein, worauf insbesondere das SG in den Gründen der angefochtenen Entscheidung hingewiesen hat.
Es kann auch nicht dahingestellt bleiben, ob sich die Erkrankung während der Tätigkeit des Klägers in der Schiffswerft, während der Tätigkeit auf dem Minensuchboot oder in der Zeit nach Kriegsende erstmals manifestiert hat. Weder für die Zeit vor der militärischen Einberufung am 01.02.1944 noch für die Zeit nach Kriegsende ist mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der Kläger militärähnlichen Dienst verrichtet hat oder ein Tatbestand vorliegt, der einer Schädigung während eines militärischen oder militärähnlichen Dienstes nach § 1 Abs. 2 BVG gleichsteht. Insbesondere fehlen Unterlagen über eine etwaige Zugehörigkeit des Klägers zum Reichsarbeitsdienst vor 1944 bzw. über die vom Kläger angegebene britische Kriegsgefangenschaft von Mai 1945 bis Dezember 1946.
Zugunsten des Klägers konnte für den Nachweis von Schädigungstatbeständen auch nicht die Beweiserleichterung des § 15 Kriegsopferverwaltungsverfahrensgesetz (KOVVfG) angewandt werden. Danach sind Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers verloren gegangen sind. Wesentliche Ursache für die Beweisnot des Klägers ist hier die Tatsache, dass er erst im Jahr 2002 - also 57 Jahre nach der geltend gemachten Schädigung - den Antrag auf Beschädigtenversorgung gestellt hat. Vor allem wegen des Zeitablaufes sind weitere Unterlagen zur Bestätigung der Angaben des Klägers nicht mehr zu erlangen. Eine frühere Antragstellung hätte die Beweisnot wahrscheinlich lindern können. Da keine kriegsbedingte Beweisnot vorliegt, kommt eine Beweiserleichterung nicht in Betracht (BSG SozR 3-3100 § 5 Nr. 2, LSG Niedersachsen, Urteil vom 28.02.2006, L 5 V 20/03).
Der Beurteilung des Militärhistorikers Dr. G. ist nicht zu folgen, wenn er postuliert, der Kläger habe sich die Erkrankung der Atemwege aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen auf dem Minensucher zugezogen. Dr. G. fehlt zur Beurteilung dieses Zusammenhangs bereits die erforderliche medizinische Sachkunde. Stichhaltige Gründe für seine Beurteilung hat der Gutachter im Übrigen nicht vorgetragen.
Aus den genannten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen einer bei ihm bestehenden Asthmaerkrankung.
Der 1926 geborene, in Polen wohnhafte Kläger beantragte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 12.02.2002 beim Versorgungsamt Ravensburg (VA) die Gewährung von Entschädigungsleistungen. Auf Anforderung des VA übersandte er das ausgefüllte Antragsformular vom 25.04.2002. Er gab an, er sei vom 01.02.1944 bis "Ende 1945" als Matrose auf einem Minensuchboot eingesetzt gewesen. Vom 30.05.1945 bis August 1945 sei er im Kriegslazarett in E. stationär behandelt worden. Von August 1945 bis Dezember 1946 sei er in britischer Kriegsgefangenschaft gewesen. Seit 1947 sei er wegen des Asthma bronchiale in einem "Spezialistischen Krankenhaus" in D. in Behandlung. Er beziehe keine polnische Kriegsinvalidenrente, jedoch eine allgemeine polnische Invalidenrente. Dem Antragsformular waren u. a. beigefügt: - Bescheinigung der Deutschen Dienststelle B. mit Anschreiben an den Kläger vom 22.04.1993 Darin wird der Diensteintritt in die Kriegsmarine am 01.02.1944 und die Abkommandierung zur 1. Minensuchflottille am 04.12.1944 bescheinigt und mitgeteilt, Aufzeichnungen über den Aufenthalt des Klägers in britischem Gewahrsam und über kriegsbedingte Schädigungen lägen nicht vor. - Schreiben des Kreiskrankenhauses E. vom 11.03.2002 Danach verfügt das Archiv des Krankenhauses nicht mehr über Patientenunterlagen aus dem Jahr 1945. - Schreiben der AOK S.-H. vom 21.03.2002 Danach liegen für den angegebenen Zeitraum keine Unterlagen mehr vor. - Schreiben des britischen Generalkonsulats vom 12.03.2002, wonach keine Unterlagen über die damaligen Kriegsgefangenen vorliegen. - Ärztliche Bescheinigung der allgemeinen Beratungsstelle D. vom 16.04.2002, wonach der Kläger seit 1947 wegen Bronchialasthma in Behandlung ist.
Das Krankenbuchlager Berlin teilte auf Anfrage des VA unter dem 16.05.2002 mit, für den Kläger hätten keine Unterlagen aufgefunden werden können. Eine nochmalige Anfrage des VA bei der Deutschen Dienststelle B. erbrachte keine weiteren Erkenntnisse. Der polnische Sozialversicherungsträger ZUS übersandte auf Anforderung des VA ärztliche Behandlungsunterlagen aus der Zeit seit 1955 sowie das Gutachten der Bezirks-Ärztekommission für Invalidität und Arbeit vom 12.01.1982. Nach der auszugsweisen Übersetzung berichtete der Kläger über seit vielen Jahren bestehende Atemnot und eine Behandlung wegen Asthma seit 1972. Wegen der Diagnosen "Bronchialasthma mit Ventilationsbeeinträchtigung" und "Geschwürkrankheit - Magenkatarrh" wurde der Kläger in die 2. Invalidengruppe eingestuft. Der Bevollmächtigte des Klägers übersandte noch eine Kopie des polnischen Militärbuchs, das unter dem 01.10.1958 die Feststellung "völlig wehrdienstuntauglich" enthält, die Kopie eines losen Krankenblattes vom 04.02.1948 mit der Diagnose Asthma bronchiale und eine Bescheinigung über benötigte Medikamente, auf deren Rückseite die Daten 22.11.1947 und 25.11.1947 zu erkennen sind.
Eine Anfrage des VA an das Britische Verteidigungsministerium ergab, dass dort ebenfalls keine Unterlagen mehr vorliegen (Schreiben vom 21.10.2002).
Zur Entstehung der Erkrankung übersandte der Kläger noch einen Brief, den er an Bekannte unter dem 10.12.2002 geschrieben hatte. Danach war das Minensuchboot, auf dem der Kläger eingesetzt war, mehrfach an der Evakuierung von Verwundeten und Flüchtlingen - u. a. an der Bergung von Leichen nach dem Schiffbruch der "W. G." beteiligt. Die Kojen seien besetzt gewesen, sodass die Besatzung im Maschinenraum habe schlafen müssen. Unter diesen Verhältnissen sei er krank geworden und ins Lazarett in E. gekommen. Nach der ebenfalls vom Kläger vorgelegten Bescheinigung der Internistin D. G., Fachärztliches Krankenhaus der Allgemeinen Beratungsstelle in D. vom 04.12.2002 war der Kläger dort seit 1948 in Behandlung. Die Asthmaerkrankung habe er sich höchstwahrscheinlich während der Arbeit in den Jahren 1940 bis 1943 zugezogen, als er in der Schiffswerft in G. gearbeitet habe. Auch 1947 habe eine ambulante Behandlung wegen Asthma stattgefunden.
Zu sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen, die auszugsweise übersetzt wurden, holte das VA die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme des Internisten Dr. E. vom 18.03.2003 ein. Dieser führte aus, es sei aus ärztlicher Sicht nicht möglich, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen möglichen wehrdienstlichen Belastungen und der sich in späteren Jahren entwickelten obstruktiven Atemwegserkrankung aufgrund der vorliegenden Unterlagen zu bejahen.
Mit Bescheid vom 01.04.2003 lehnte das VA den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Beschädigtenrente ab. Zur Begründung wird ausgeführt, eine Anerkennung sei schon deshalb nicht möglich, da hinsichtlich der schädigenden Ereignisse keinerlei Beweisunterlagen vorliegen würden. Im Übrigen sei der medizinische Zusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich. Hierzu wird auf die aus versorgungsärztlicher Sicht bestehende Lückenhaftigkeit und teilweise Widersprüchlichkeit der ärztlichen Unterlagen hingewiesen.
Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 21.05.2003 Widerspruch ein. Er führte in seinem ausführlichen Widerspruchsschreiben aus, er sei im Alter von 14 Jahren gezwungen worden, beim Deutschen Werk K. - Werk G. - zu arbeiten. Ab 22.08.1940 sei er als Jungarbeiter bei der Instandsetzung von Akku-Batterien für Kriegsschiffe eingesetzt gewesen. Während einer ab 14.02.1942 absolvierten Lehre sei er 1943 zur Umschulung zum Reichsarbeitsdienst geschickt worden. Anschließend sei er auf dem Flugplatz in O. beschäftigt gewesen, wo er Arbeiten im feuchten Gebiet habe durchführen müssen. Er habe deshalb nach kurzer Zeit Gelenkrheuma bekommen und sei ins Flughafenlazarett gekommen. Am 01.02.1944 sei er zur Kriegsmarine einberufen und auf dem Minensuchschiff eingesetzt worden. Ende Juni 1945 sei er wegen hohen Fiebers und Asthmaanfällen ins Lazarett E. gekommen. Dort sei er in englische Kriegsgefangenschaft geraten und ins Gefangenenlager nach M. gebracht worden. Im Dezember 1946 sei er nach D. entlassen worden, wo er sich wegen seines Dienstes bei der Kriegsmarine bis Ende 1947 versteckt gehalten habe. Dem Schreiben waren weitere Anlagen beigefügt. Nach der vä Stellungnahme der Medizinaldirektorin K. vom 10.07.2003 ergaben sich aus den Unterlagen keine neuen Beurteilungskriterien. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2003 zurückgewiesen.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 28.08.2003 an den in Deutschland lebenden Bevollmächtigten des Klägers abgesandt. Dieser bestätigte mit Schreiben vom 29.08.2003 den Empfang des Widerspruchsbescheids und bat sinngemäß um eine Verlängerung der Klagefrist, da er ab 06.09.2003 eine Kur antreten müsse. Mit dem am 30.10.2003 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) eingegangenen Schriftsatz vom 25.10.2003 erhob der Bevollmächtigte des Klägers ausdrücklich Klage bei diesem Gericht. Zur weiteren Begründung legte er die Erklärung des H. S. vom 29.09.2003 vor. Dieser bestätigt darin, dass er in den Jahren 1946/1947 dem Kläger Zuflucht vor den polnischen Behörden gewährt habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger unter schwerwiegendem Asthma gelitten. Das SG erhob Beweis durch Einholung von Auskünften des Bundesarchivs - Militärarchiv - vom 16.09.2004 und 09.11.2004 sowie durch Einholung des militärhistorischen Gutachtens von Dr. G. vom 31.05.2005. Dieser Sachverständige führte aus, obwohl Kriegstagebücher für die Zeit ab 15.01.1945 fehlten, sei anhand der Angaben des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieser bis zum Ende des Krieges auf dem Minensucher M-3 im Maschinenraum gedient habe. Weiter führte der Sachverständige aus, der Kläger habe sich dort aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen eine Erkrankung der Atemwege zugezogen.
Der Beklagte vertrat weiterhin die Auffassung, die Kausalität sei nicht nachgewiesen und verwies auf die vä Stellungnahme vom 18.03.2003.
Mit Urteil vom 17.10.2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne trotz der durchgeführten Ermittlungen den Beweis, dass seine Asthmaerkrankung Folge einer Kriegsbeschädigung im Sinne des § 1 BVG sei, nicht erbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das am 22.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.12.2005 Berufung eingelegt und diese mit Schreiben vom 20.12.2005 ausführlich begründet. U. a. führt er aus, die Erklärung des H. S. sei nicht berücksichtigt worden. Aufgrund des Gutachtens von Dr. G. und seiner eigenen detaillierten Angaben sei der Anspruch anzuerkennen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.10.2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.2003 zu verurteilen, seine Atemwegserkrankung als Schädigungsfolge im Sinne des § 1 BVG anzuerkennen und ihm Beschädigtenrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 SGG entschieden hat, ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen nach dem BVG, da die bei ihm bestehende Asthmaerkrankung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine kriegsbedingte Schädigung im Sinne von § 1 BVG zurückzuführen ist. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Berufung ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klage verspätet erhoben wurde. Zwar hat der in Deutschland wohnhafte Bevollmächtigte des Klägers die Klagefrist des § 87 SGG, wonach die Klage bei Zustellung im Inland binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (hier Widerspruchsbescheides) zu erheben ist, nicht eingehalten. Dennoch ist die Klage zulässig. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG zu gewähren. Mit Erhebung der Klage hat der Bevollmächtigte des Klägers auf seine Krankenhausaufenthalte vom 06.09. bis 18.10.2003 sowie vom 20.10. bis 24.10.2003 unter Vorlage von entsprechenden Nachweisen hingewiesen und sinngemäß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG beantragt. Das SG hat hierüber nicht entschieden, sondern die Klage stillschweigend als zulässig angesehen. Da jedoch eine stillschweigende Wiedereinsetzung nicht möglich ist (Meyer-Ladewig § 67 SGG Randnr. 18), hatte nunmehr der Senat über den Wiedereinsetzungsantrag zu befinden. Dem Antrag war stattzugeben, weil der Kläger ohne Verschulden gehindert war, die Klagefrist einzuhalten. Ein Verschulden des Bevollmächtigten des Klägers an der Versäumung der Klagefrist, das sich dieser zurechnen lassen müsste, liegt nicht vor. Ursächlich für die Versäumung des Klagefrist war eine fehlerhafte Beratung durch den Beklagten. Der nicht rechtskundige Vertreter des Klägers hat mit seinem Schreiben vom 29.08.2003 bei dem Beklagten die Verlängerung der Klagefrist beantragt, da er am 06.09.2003 eine Kur antreten müsse. Am 02.09.2003 wandte er sich nach dem Aktenvermerk von diesem Tag telefonisch an den Beklagten und teilte mit, ihm würde die Zeit nicht ausreichen, um sich direkt an das SG zu wenden. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine endgültige Entscheidung nur das SG Stuttgart treffen könne, er solle die Gründe für die Klagefristverlängerung, die für plausibel gehalten würden, bei der Klageerhebung erläutern. Hierin liegt eine fehlerhafte Beratung, da eine Verlängerung der Klagefrist im SGG nicht vorgesehen ist und der bevorstehende Antritt einer Kur den Prozessbevollmächtigen des Klägers nicht daran gehindert hätte, die Klage vorsorglich fristwahrend einzulegen. Ihm ist jedoch nicht vorzuwerfen, dass er sich auf die falsche Auskunft verlassen hat. Demnach war die Klage zulässig.
Wie das SG zutreffend entschieden hat, war diese jedoch nicht begründet. Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung, einen Unfall während der Ausübung dieses Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach § 1 Abs. 1 BVG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung. Dabei müssen das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während nach § 1 Abs. 3 Satz 3 BVG für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19. März 1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Aufgrund der glaubhaften Angaben des Klägers, der Auskünfte der Deutschen Dienststelle sowie des Gutachtens des Militärhistorikers Dr. G. für das SG, das der Senat urkundsbeweislich verwertet hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger vom 01.02.1944 bis Mai 1945 als Maschinisthelfer auf dem Minensucher M 3 militärischen Dienst geleistet hat. Nachgewiesen ist damit auch, dass dieses Schiff bis Kriegsende im Einsatz war, auch zum Transport von Flüchtlingen eingesetzt wurde und dass der Kläger sich auch aus diesem Grund häufig im Maschinenraum aufhalten musste. Eine gewisse Exposition gegenüber Öldünsten kann unter diesen Umständen ebenfalls als nachgewiesen angesehen werden. Welchen Einwirkungen der Kläger im Einzelnen durch die von ihm beschriebenen schlechten Bedingungen auf dem Minensucher ausgesetzt war, kann jedoch aufgrund des Zeitablaufes nicht mehr mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Hierauf hat bereits Dr. E. in seiner vä Stellungnahme vom 18.03.2003, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag gewürdigt wird, hingewiesen.
Weiterhin steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger seit Jahren an einer Asthmaerkrankung leidet. Diese Überzeugung stützt sich auf die vorliegenden ärztlichen Behandlungsunterlagen, insbesondere auf das Gutachten der polnischen Bezirksärzte-Kommission für Invalidität und Arbeit vom 12.01.1982. Obwohl die fortlaufende medizinische Dokumentation der Erkrankung erst ab 1955 beginnt, hält es der Senat für nachgewiesen, dass der Kläger bereits im Jahr 1947 an der Asthmaerkrankung litt. Neben den eigenen insoweit widerspruchsfreien Angaben des Klägers ist dies insbesondere aus der Arzneimittelverordnung vom 22.10.1947, die dem Beklagten im Original vorgelegen hat, zu schließen. Danach wurde dem Kläger das Medikament Euphyllin verschrieben, wobei es sich um ein Mittel gegen obstruktive Atemwegserkrankungen handelt. Die eidesstattliche Versicherung von H. S. bestätigt die Angaben des Klägers, dass er sich Ende 1946 bis Ende 1947 in Danzig versteckt halten musste und damals bereits an behandlungsbedürftigem Asthma litt. Hierfür spricht auch die Kopie des Krankenblattes vom 16.02.1948, das der Kläger allerdings trotz Aufforderung durch den Beklagten nicht im Original vorgelegt hat.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Erkrankung und dem Einsatz des Klägers auf dem Minensuchboot M 3 vom 01.02.1944 bis Mai 1945 ist dagegen nicht hinreichend wahrscheinlich. Aussagekräftige Unterlagen, die als Grundlage für eine gutachtliche Beurteilung dieses Zusammenhanges dienen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere fehlt der Bericht über die vom Kläger angegebene Klinikbehandlung im Krankenhaus E. im Jahr 1945. Über den Beginn der Erkrankung und insbesondere über Zusammenhänge zwischen der Erkrankung und der Exposition gegenüber Öldämpfen im Maschinenraum des Minensuchbootes fehlen jegliche medizinische Unterlagen. Überlegungen zur Entstehung der Erkrankung müssen daher heute im Bereich der Spekulation bleiben.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht aus dem Jahr 2004 (AP), die das Gericht als antizipierte Sachverständigengutachten bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt, beruht das anfallsartig auftretende Asthma bronchiale entweder auf einer angeborenen oder auf einer erworbenen abnormen Reaktionsbereitschaft. Äußere Einflüsse können im Wege einer Umstimmung ursächlich wirksam werden. Es kommen hierfür in Betracht: entzündliche Erkrankungen der Lungen- und Atemwege, pflanzliche und tierische Allergene sowie bestimmte chemische Stoffe. Eine enge zeitliche Verbindung zwischen dem schädigenden Ereignis und der Manifestation des Leidens ist für die Annahme des ursächlichen Zusammenhanges zu fordern (AP S. 223).
In Übereinstimmung mit der von Dr. E. in seiner vä Stellungnahme vom 11.11.2002 vertretenen Auffassung hält es der Senat für möglich, dass die Exposition gegenüber schädlichen Dämpfen während des militärischen Dienstes des Klägers die Erkrankung ausgelöst hat. Möglich ist aber auch, dass die rechtlich wesentliche Ursache der Erkrankung vor oder nach Beendigung dieses Dienstes lag. Schließlich ist auch möglich, dass es sich um eine schicksalsbedingte Erkrankung handelt, bei deren Entstehung äußere Einflüsse keine rechtlich wesentliche Rolle gespielt haben. Eine Manifestation der Asthmaerkrankung des Klägers in engem zeitlichen Zusammenhang mit den schädigenden Kriegseinwirkungen, die nach den AP Voraussetzung für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges wäre, ist nicht dokumentiert. Die Internistin G. vertrat in der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung vom 04.12.2002 die Auffassung, der Kläger habe sich die Erkrankung höchstwahrscheinlich bereits in den Jahren 1940 bis 1943 während der Arbeit in der Schiffswerft in G. zugezogen. Die Erkrankung könnte jedoch auch erst in der Zeit nach Kriegsende aufgetreten sein, worauf insbesondere das SG in den Gründen der angefochtenen Entscheidung hingewiesen hat.
Es kann auch nicht dahingestellt bleiben, ob sich die Erkrankung während der Tätigkeit des Klägers in der Schiffswerft, während der Tätigkeit auf dem Minensuchboot oder in der Zeit nach Kriegsende erstmals manifestiert hat. Weder für die Zeit vor der militärischen Einberufung am 01.02.1944 noch für die Zeit nach Kriegsende ist mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der Kläger militärähnlichen Dienst verrichtet hat oder ein Tatbestand vorliegt, der einer Schädigung während eines militärischen oder militärähnlichen Dienstes nach § 1 Abs. 2 BVG gleichsteht. Insbesondere fehlen Unterlagen über eine etwaige Zugehörigkeit des Klägers zum Reichsarbeitsdienst vor 1944 bzw. über die vom Kläger angegebene britische Kriegsgefangenschaft von Mai 1945 bis Dezember 1946.
Zugunsten des Klägers konnte für den Nachweis von Schädigungstatbeständen auch nicht die Beweiserleichterung des § 15 Kriegsopferverwaltungsverfahrensgesetz (KOVVfG) angewandt werden. Danach sind Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers verloren gegangen sind. Wesentliche Ursache für die Beweisnot des Klägers ist hier die Tatsache, dass er erst im Jahr 2002 - also 57 Jahre nach der geltend gemachten Schädigung - den Antrag auf Beschädigtenversorgung gestellt hat. Vor allem wegen des Zeitablaufes sind weitere Unterlagen zur Bestätigung der Angaben des Klägers nicht mehr zu erlangen. Eine frühere Antragstellung hätte die Beweisnot wahrscheinlich lindern können. Da keine kriegsbedingte Beweisnot vorliegt, kommt eine Beweiserleichterung nicht in Betracht (BSG SozR 3-3100 § 5 Nr. 2, LSG Niedersachsen, Urteil vom 28.02.2006, L 5 V 20/03).
Der Beurteilung des Militärhistorikers Dr. G. ist nicht zu folgen, wenn er postuliert, der Kläger habe sich die Erkrankung der Atemwege aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen auf dem Minensucher zugezogen. Dr. G. fehlt zur Beurteilung dieses Zusammenhangs bereits die erforderliche medizinische Sachkunde. Stichhaltige Gründe für seine Beurteilung hat der Gutachter im Übrigen nicht vorgetragen.
Aus den genannten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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