Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2442/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 251/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Oktober 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger Gerichtskosten in Höhe von 150,00 EUR nicht zu tragen hat.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente für die Folgen eines Wegeunfalls streitig.
Der 1949 geborene Kläger wurde am 26. Oktober 2000 auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause in einen Verkehrsunfall verwickelt. Er fuhr auf der A 81 zwischen den Abfahrten I. und U. an das Ende eines Staus heran und bremste sein Fahrzeug bis zum Stillstand ab. Dem Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs gelang es nicht mehr anzuhalten, worauf sein Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers auffuhr und dieses wiederum auf das davor stehende Fahrzeug aufgeschoben wurde.
Am Folgetag stellte sich der Kläger bei dem Durchgangsarzt Dr. S., Chefarzt der Unfallchirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses M., vor, wobei er ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 31. Oktober 2000 über Schmerzen und ein Sensibilitätsdefizit seit dem Aufstehen am 27. Oktober geklagt habe. Klinisch erhob Dr. S. einen Druckschmerz im oberen Halswirbelsäulen(HWS)-Bereich, einen leichten Klopfschmerz im oberen Scapulabereich rechts und einen geringen Druckschmerz über dem Acromion rechts. Die HWS-Beweglichkeit fand er uneingeschränkt, die Clavicula ebenso wie die übrige HWS klopfschmerzfrei; auch die Beweglichkeit der Schulter war ohne Befund. Der Kläger gab ein Taubheitsgefühl in den Fingern D I - D II rechts an. Der 2-Punkt-Discriminations-Test im chirurgischen Bereich war ebenfalls ohne Befund, gleichfalls die Sensibilität der rechten Hand. Die Röntgenuntersuchung ergab keinen Hinweis auf eine frische knöcherne Verletzung; ein Weichteilschatten war nicht festzustellen. Dr. S. diagnostizierte auf dieser Grundlage eine ein Tag alte HWS-Zerrung mit Sensibilitätsdefizit rechts. Er ging von einer voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis 30. Oktober 2000 aus.
Am 15. November 2000 stellte sich der Kläger bei dem Neurologen und Psychiater Dr. W. vor und berichtete über seit dem Unfall bestehende Schmerzen vom Nacken initial in den rechten Arm ausstrahlend und gelegentlich bis zur Stirn beidseits ausstrahlend sowie über eine erneut eingetretene Pelzigkeit der Finger I und II rechts. Die am 03. November 2000 durchgeführte Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) der HWS hatte eine Fehlhaltung mit starker Hyperlordose (Scheitel in Höhe C 6/5), in Höhe von C 5/6 auch deutliche degenerative Veränderungen (Spondylarthrosen, Hypertrophie der Ligamenta flava) und eine mäßiggradige, breitbasig dorsale Bandscheibenprotrusion, konsekutiv Neuroforamenstenosen im Bereich von C6 beidseits sowie eine absolute cervicale Spinalkanalstenose C 5/6 ohne Zeichen der cervicalen Myelopathie ergeben. Dr. W. ging von einer Aktivierung vorbestehender Beschwerden wegen degenerativer HWS-Veränderungen durch eine HWS-Distorsion aus und empfahl eine konsequente konservative, orthopädisch-rehabilitative, zunächst physikalische und medikamentöse, längerfristig jedoch vor allem krankengymnastische Behandlung der HWS (Arztbrief vom 15. November 2000). Am 10. Januar 2001 teilte Dr. S. der Beklagten mit, der Kläger sei am 08. Dezember 2000 aus der ambulanten Behandlung entlassen worden und seit 11. Dezember 2000 wieder arbeitsfähig.
Am 13. Dezember 2000 stellte sich der Kläger bei Prof. Dr. S., Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum H. am G., vor, der von einem protrahierten Verlauf nach Zerrung der HWS bei erheblichen Vorschäden mit Bandscheibenprotrusionen ausging und die Auffassung vertrat, dass ab 18. Dezember 2000 im Hinblick auf die Unfallfolgen wieder Arbeitsfähigkeit bestehe und die weiter erforderlichen Behandlungsmaßnahmen ab diesem Zeitpunkt zu Lasten der Krankenkasse zu erfolgen hätten. Nach den Angaben des Klägers vom 01. März 2001 war er im Anschluss hieran noch bis 13. Januar 2001 arbeitsunfähig geschrieben. Danach habe er bis 24. Januar 2001 Urlaub genommen, wobei seine Firma im Anschluss hieran bis 20. Februar 2001 für ihn keine Arbeit gehabt habe, weshalb er zu Hause gewesen sei. Am 21. Februar 2001 begann der Kläger dann einen Arbeitsversuch mit vier Stunden täglich; dieser wurde wegen starker Beschwerden in der HWS am 28. Februar 2001 abgebrochen. Der Kläger war dann zunächst erneut arbeitsunfähig. Zur Prüfung der Unfallfolgen veranlasste die Beklagte das aufgrund der Untersuchung vom 18. April 2001 erstattete Gutachten des Dr. B. vom 12. Mai 2001, der die objektivierbaren Befunde, die keine frischen, dem Unfall zuzuordnenden Veränderungen im Bereich der HWS sowie der Weichteile zeigten, als krankheitsbedingt interpretierte. Das seit Mai 2000 bestehende neurologische Defizit im Sinne einer Sensibilitätsstörung des 1. und 2. Fingers der rechten Hand, das seinerzeit ohne ärztliche Behandlung geblieben sei, habe sich durch den Unfall in seiner Quantität und Qualität nicht verändert. Von einer Arbeitsunfähigkeit von maximal vier bis sechs Wochen sei auszugehen. Mit Bescheid vom 25. Mai 2001 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus dem Unfall vom 26. Oktober 2000 über den 08. Dezember 2000 hinaus sodann mit der Begründung ab, der Verkehrsunfall habe zu einem HWS-Schleudertrauma Grad I (nach Quebec-Klassifikation 1995) geführt, wobei unfallbedingte strukturelle Veränderungen im Bereich der HWS nicht hätten nachgewiesen werden können. Die nach dem 08. Dezember 2000 bestehenden Beschwerden seien auf die unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen. Als Folge des Versicherungsfalls wurde anerkannt "ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Verstauchung der Halswirbelsäule"; nicht anerkannt wurden "degenerative Veränderungen der HWS, Verschmälerung der Zwischenwirbelräume der Halswirbel C 5/6". Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er bekräftigte, dass sein derzeitiger Gesundheitszustand durch den Unfall verursacht worden sei; zuvor sei er gesund und leistungsfähig gewesen und habe seiner Arbeit und seinen Freizeitaktivitäten beschwerdefrei nachgehen können. Er legte dar, weshalb er die zunächst verordneten Medikamente nicht weiter eingenommen habe, sowie u.a. dass die zwischenzeitlich im Therapiezentrum des Klinikums am G. durchgeführten Behandlungen eine wesentliche Besserung der Schmerzen erbracht hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2001 wurde der Widerspruch mit der weiteren Begründung zurückgewiesen, dass zwar nachvollziehbar sei, dass der Kläger vor dem Unfallereignis im Bereich der Wirbelsäule keine Beschwerden verspürt habe, jedoch lägen degenerative Veränderungen im Bereich der HWS vor und es sich hierbei um eine langsam fortschreitende Erkrankung handele. Die nach dem 08. Dezember 2000 noch bestehenden Beschwerden seien auf diese unfallunabhängig bestehenden Vorerkrankungen zurückzuführen. Auch die geklagten Beschwerden im Bereich des Daumens und des Zeigefingers der rechten Hand seien unfallunabhängig, da diese bereits im Mai 2000 bestanden hätten.
Dagegen erhob der Kläger am 06. September 2001 Klage beim Sozialgericht Heilbronn, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. September 2001 an das örtlich zuständige Sozialgericht Mannheim (SG) verwies. Er nahm Bezug auf sein bisheriges Vorbringen und machte wiederum geltend, dass seine Beschwerden durch den Unfall verursacht worden seien. Hierzu legte er das Attest des Dr. G., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 06. Dezember 2001 vor, wonach er ärztliche Behandlungen hinsichtlich des HWS-Syndroms vor dem Unfall vom 26. Oktober 2000 nicht durchgeführt habe. In Bezug auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. B. verwies er darauf, dass das Taubheitsgefühl im Bereich der Finger zwar bereits vor dem Unfall aufgetreten sei, dies seinerzeit jedoch medikamentös erfolgreich behandelt worden und er nach der Medikamentierung beschwerdefrei gewesen sei. Beschwerden von seiten der HWS habe er zu keiner Zeit gehabt. Diese seien erst unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten. Soweit Dr. B. zugrunde gelegt habe, dass nach Heckkollisionen bis zu einer Geschwindigkeitsdifferenz von 20 km ein HWS-Schleudertrauma für die Insassen des gestoßenen Fahrzeugs auszuschließen sei, fehle eine Beziehung zu seinem konkreten Fall, da nicht ersichtlich sei, dass auch bei seinem Unfall lediglich besagte Geschwindigkeitsdifferenz vorgelegen habe. Tatsächlich müsse diese bei seinem Unfall wesentlich höher gewesen sei, was anhand der fotographischen Aufnahmen seines Fahrzeugs nach der Kollision sowie mit dem Gutachten des Sachverständigen H. vom 04. November 2000 dokumentiert werde. Angesichts der Reparaturkosten von knapp 14.000,00 DM und der erkennbaren Frontschäden sei eine Geschwindigkeitsdifferenz von höchstens 20 km/h nur schwer vorstellbar. Er legte das für die Vereinigte Haftpflichtversicherung VAG erstattete Gutachten der DEKRA vom 04. November 2000 einschließlich Fotodokumentation vor. Selbst wenn eine Vorschädigung im HWS-Bereich vorgelegen haben sollte, was er nach wie vor nicht annehme, da er bis zu dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei, spreche dies nicht gegen einen ursächlichen Zusammenhang der nach dem Unfall aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit dem Unfall. Bemerkenswert sei, dass vor dem schädigenden Ereignis keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen HWS-Beschwerden vorgelegen hätten, während er nach dem Unfall seine volle Arbeitsfähigkeit nicht wieder erlangt habe. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes mit dem Hinweis entgegen, die Bescheinigung des Dr. G., wonach er den Kläger vor dem Unfall nicht wegen HWS-Beschwerden behandelt habe, widerspreche der getroffenen Einschätzung nicht, nachdem es allgemeiner medizinischer Erfahrung entspreche, dass bereits degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule bestehen, ohne dass der Betroffene hierdurch beeinträchtigt werde. Das SG hörte Dr. S. unter dem 30. Januar 2002 schriftlich als sachverständigen Zeugen und wies die Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2004 ab. Darin legte es dem Kläger gemäß § 192 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Kosten in Höhe von 150,00 EUR auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, angesichts der dokumentierten und unfallunabhängig bestehenden Vorschäden im Bereich der HWS seien nachweislich lediglich ein vorher vorübergehend aufgetretener Zustand reaktiviert und wegen der belegten Vorschäden weitere Beschwerden ausgelöst worden, wobei hierdurch bedingt der Heilungsverlauf verzögert worden sei. Über die 26. Woche hinaus seien unfallrelevante Folgen jedoch nicht mehr festzustellen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des den Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2004 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Am 19. Januar 2005 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er macht weiterhin geltend, vor dem Unfall seien keinerlei ärztliche Behandlungen hinsichtlich eines HWS-Syndroms durchgeführt worden. Erst seit dem Unfall leide er an ständigen Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, des Ober- und Unterarms, Ellenbogens, Daumens, Zeige- und Mittelfingers sowie in beiden Schultern. Diese Beschwerden seien daher auf den Unfall zurückzuführen. Er legte das in dem Zivilrechtsstreit gegen den Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung für das Landgericht Heilbronn erstattete Gutachten des Prof. Dr. M., Geschäftsführender Direktor am Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin im Klinikum der Universität H., vom 28. August 2003 vor, dessen Inhalt er ausführlich darlegt. Insoweit macht er geltend, der Aufprall müsse stärker gewesen sein als von Prof. Dr. M. angenommen. Dies ergebe sich aus den sogar im Innenraum durch den Aufprall verursachten Schäden und lasse sich auch den Bildern der Unfallwagen entnehmen. Er hat ausführlich die Grundsätze der im Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung dargelegt und zahlreiche Unterlagen vorgelegt, insbesondere das von ihm veranlasste Gutachten des Dipl.-Ing. D. vom 16. Dezember 2005, wonach die relative Geschwindigkeit zwischen den Fahrzeugen bei der Primärkollision ca. 45 bis 55 km/h betragen habe und sein stehendes Fahrzeug durch den Aufprall auf eine Geschwindigkeit von ca. 26 bis 31 km/h beschleunigt worden sei. Gegen das seitens des Senats erhobene Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. erhob er zahlreiche Einwendungen. Er legte eigene Berechnungen vor, nach denen der Aufprall am Heck stärker gewesen sei als von Prof. Dr. M. angenommen, weshalb ein Gutachten in Auftrag zu geben sei, das die unfallbedingten Gesundheitsschäden unter Berücksichtigung der konkret berechneten Aufprallgeschwindigkeit bei der Primär- und auch bei der Sekundärkollision beurteile.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2001 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um zumindest 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochten Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass aus der Fahrzeugverformung in aller Regel Rückschlüsse auf die Anprallgeschwindigkeit möglich seien, dies jedoch nur bedingt Rückschlüsse auf die Energie zulasse, die auf die Insassen eingewirkt habe. Die Geschwindigkeitsänderung bei Pkw-Kollisionen sei ein sehr unzuverlässiges Verletzungskriterium für das Risiko von HWS-Verletzungen, wenn die Variabilität unterschiedlicher Kopfhaltungen, Vorspannungen und der individuellen traumatomechanischen Belastbarkeit in Rechnung gestellt werde. Daher bedeute ein größerer materieller Schaden nicht automatisch eine schwerere Verletzung der HWS. In seinem Gutachten habe Prof. Dr. M. ausgeführt, dass die aktenkundigen medizinischen Befunde und Stellungnahmen nicht im strengen Sinne bewiesen, dass die nach dem Unfall vorgetragenen Beschwerden tatsächlich kausal auf den Unfall zurückzuführen seien. Seinen Ausführungen zufolge könnten die beim Kläger bestehenden Vorschäden eine den beschriebenen Beschwerden gleichartige Schmerzsymptomatik auslösen. Entsprechend seien die geklagten Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Unfall zurückzuführen. Für den Verlauf der erlittenen Verletzungsfolgen sei zu berücksichtigen, dass eine vorgeschädigte Wirbelsäule betroffen worden sei. Im Hinblick auf den ermittelten Krankheitsverlauf sei aufgrund medizinischer Kenntnisse davon auszugehen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die Folgen des Unfalls wieder soweit abgeklungen gewesen seien, dass das ursprüngliche Krankheitsbild im Vordergrund gestanden habe. Dass derselbe Zustand wie vor dem Unfall erreicht werde, sei im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erforderlich. Entscheidend für die Bewertung sei, dass die noch bestehenden Beschwerden rechtlich wesentlich nicht auf den Unfall zurückzuführen seien.
Der früherer Berichterstatter des Senats hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. unter dem 29. August 2005 schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört und das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie und Neurologische Rehabilitation im Bezirkskrankenhaus G., vom 14. Februar 2006 einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. April 2006 erhoben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2001 ist, soweit die Beklagte damit die im Berufungsverfahren allein noch im Streit stehende Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Beim Kläger sind nämlich keine Unfallfolgen festzustellen, die eine MdE von zumindest 20 v.H. bedingten.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Versicherungsfälle in diesem Sinne sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Dabei sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit, wobei Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse sind, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die beim Kläger seit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Gesundheitsstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf das Unfallereignis vom 26. Oktober 2000 zurückzuführen. Der Senat folgt insoweit dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. vom 14. Februar 2006. Der Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger bei dem Verkehrsunfall vom 26. Oktober 2000 durch den Aufprall von hinten eine HWS-Distorsion erlitten hat. Dies steht in Einklang mit der Einschätzung des Prof. Dr. M. in seinem für das Landgericht Heilbronn in dem Schadensersatzprozess des Klägers gegen den Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherer erstatteten Gutachten, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat. Auch Prof. Dr. M. ging - obwohl er dies lediglich vorsichtig formuliert hat - davon aus, dass die vom Kläger vorgebrachten Klagen sowohl unmittelbar nach dem Unfall als auch anlässlich zahlreicher weiterer späterer Untersuchungen (Kopf- und Nackenschmerzen mit Ausstrahlung bis in den Hinterkopf, Beweglichkeitseinschränkungen der HWS und des Kopfes, Verspannungen der Nacken- und Schultermuskulatur, Cervikobrachialgie) zu einer HWS-Distorsion passen, wie sie auch in vielen vergleichbaren Fällen und Literaturberichten nahezu gleichlautend beschrieben werden. Angesichts der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die über der "Harmlosigkeitsgrenze" von 10 km/h liege, komme nach dessen Darlegungen somit eine HWS-Distorsion in Betracht. Weniger vorsichtig ausgedrückt hat sich insoweit Prof. Dr. Dr. W., der ausgeführt hat, dass der Kläger "ohne Frage eine HWS-Distorsion bei einem Aufprall von hinten erlitten" habe.
Einigkeit besteht zwischen den Sachverständigen auch insoweit, als diese Distorsion beim Kläger auf eine erheblich vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen ist. Dass beim Kläger im Bereich der HWS erhebliche Vorschäden vorliegen, hat auch bereits der im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Gutachter Dr. B. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 12. Mai 2001 beschrieben. Es handelt sich dabei um die schon zuvor durch Dr. W. in seinem Arztbrief vom 15. November 2000 beschriebenen Erkrankungen, die erstmals acht Tage nach dem Unfall durch bildgebende Verfahren (Kernspintomographie des Dr. F.) gesichert wurden. Die insoweit beschriebene Fehlhaltung der HWS mit starker Hyperlordose (Scheitel in Höhe C 5/6), die deutlichen degenerativen Veränderungen in Höhe von C 5/6 (Spondylarthrosen, Hypertrophie der Ligamenta flava) und die mäßiggradige breitbasig dorsale Bandscheibenprotrusion, die Neuroforamenstenosen C6 beidseits sowie die absolute cervicale Spinalkanalstenose C5/6 sind zweifelsfrei nicht als Unfallfolgen anzusehen, sondern degenerativer Natur und damit unzweifelhaft als Vorschäden bei der Beurteilung der Unfallfolgen mit zu berücksichtigen. Einer derartigen Betrachtungsweise steht - anders als der Kläger meint - insbesondere nicht entgegen, dass ihm diese Veränderungen vor dem Unfall nicht bekannt waren und hiervon - seinen Angaben zufolge - vor dem Unfall auch keine Beschwerden ausgegangen sind. Entsprechend ist auch dem Umstand, dass Dr. G. in der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung bestätigt hat, vor dem 26. Oktober 2000 seien im Hinblick auf die HWS keine ärztlichen Behandlungen durchgeführt worden, nicht von maßgeblicher Bedeutung. Denn die vorliegenden durch bildgebende Verfahren nachzuweisenden Veränderungen müssen nicht zwangsläufig mit Beschwerden verbunden sein. Diese können vielmehr ohne Beschwerden hervorzurufen zunächst stumm verlaufen. Allerdings ist diesbezüglich vorliegend darauf hinzuweisen, dass sich erste Anzeichen dieser degenerativen Veränderungen bereits sechs Monate vor dem Unfallereignis in Form eines Pelzigkeitsgefühls der Finger I und II rechts gezeigt haben, wobei dieses sich nach Behandlung allerdings innerhalb eines Monats wieder zurückgebildet hat.
Ausgehend von den danach bestehenden Vorschäden im Bereich der HWS des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Unfall die vom Kläger geklagten Beschwerden noch wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. geht der Senat zwar davon aus, dass beim Kläger ein verzögerter Heilungsverlauf vorlag und die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht wie von Dr. B. zugrunde gelegt und bei HWS-Schleudertraumen Grad I der Quebec-Klassifikation im allgemeinen anzunehmen vier bis sechs Wochen betragen hat. Denn aufgrund der aktenkundigen Befundunterlagen und der Schilderungen des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass dieser keiner konsequenten Behandlung unterzogen wurde, sondern sich vielmehr nach dem Unfall erheblich geschont hat. In diesem Sinne hat sich der Kläger anlässlich der Untersuchung bei dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. geäußert und ausgeführt, der erstbehandelnde Neurologe, der ihm zum ersten Mal das Kernspintomogramm erklärt habe, habe ihn darauf hingewiesen, dass er sich aufgrund des Befundes darauf einrichten müsse, im Rollstuhl landen zu können. Daraufhin habe er sich geschont und den Kopf lediglich noch vorsichtig bewegt. Wie anlässlich der Untersuchung im Klinikum H. im Dezember 2000 jedoch dokumentiert wurde, war es bis zu diesem Zeitpunkt gleichwohl zu einer Besserung der Schmerzen und auch des Taubheitsgefühls in den Fingern I und II gekommen, nachdem der Kläger nur noch über Nacken- und Kopfschmerzen bei Bewegung und im Rücken geklagt habe. Die dann im Klinikum H. begonnene erweiterte Physiotherapie hat dann aber zu einer deutlichen Besserung der Schmerzen geführt, wenn auch diese nach den Angaben des Klägers allerdings nie ganz weg gegangen seien. In diesem Zeitraum trat beim Kläger auch wieder Arbeitsfähigkeit ein. Wie er selbst ausgeführt hat, sei er nach der Beendigung der dortigen Therapie noch einige Wochen zu Hause gewesen, wobei er durch seine Firma allerdings bezahlt worden sei, weil diese keine Arbeit für ihn gehabt habe. Ende Juni 2001 begann er dann wiederum eine berufliche Tätigkeit, wobei er bei der Firma I. in H. über einen Zeitraum von ca. drei Monaten hinweg eine neue Galvanikanlage in einen Produktionszustand zu bringen hatte. Diese Tätigkeit, die seinen eigenen Angaben zufolge zeitweise auch mit schweren körperlichen Belastungen verbunden war, da er selbst habe Hand anlegen müssen, Werkzeuge bauen, Teile besorgen und an der Anlage reparieren müssen, vermochte er bis zum Ende durchzuführen, ohne dass wiederum Arbeitsunfähigkeit eingetreten wäre. Der Senat geht angesichts dieses Krankheitsverlaufs davon aus, dass mit Abschluss der im Krankenhaus H. durchgeführten Physiotherapie wieder Arbeitsfähigkeit bestand und die Folgen des Verkehrsunfalls mit diesem Zeitpunkt abgeklungen waren. Soweit der Kläger in der Folgezeit wiederum über die zuvor bereits beschriebenen Beschwerden geklagt hat bzw. eine Beschwerdeausweitung erkennbar ist, lässt sich dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht mehr wesentlich ursächlich auf den Unfall vom 26. Oktober 2000 zurückführen. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W., der darauf hingewiesen hat, dass sich angesichts der erheblichen degenerativen Schädigungen im Bereich der HWS eine Exazerbation der Schmerzsymptomatik im Herbst 2001 unschwer damit erklären lasse, dass der Kläger über mehrere Monate hinweg unter erheblichem Druck körperliche Arbeiten verrichtet hat. Angesichts der ab Juni 2001 ausgeübten zum Teil doch schweren Arbeit und der dokumentierten Besserung der Beschwerdesymptomatik im Laufe des ersten Halbjahres 2001 spricht auch nach Auffassung des Senats wenig dafür, dass in wesentlichem Umfang noch der in Rede stehende Unfall zu der neuerlichen Beschwerdesituation beigetragen hat und die Exazerbation ohne das Unfallereignis nicht aufgetreten wäre. Entsprechendes gilt auch für die weitere Verschlechterung der Beschwerden in den Folgejahren, die nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. angesichts der unbefriedigenden sozialen Situation auch auf eine leichtgradige Anpassungsstörung mit verstärkter Schmerzwahrnehmung zurückgeführt werden könnten.
Im Hinblick auf die Anregung des Klägers zur Beurteilung der unfallbedingten Unfallschäden ein Gutachten einzuholen, in dem die Aufprallgeschwindigkeit bei der Primär- und der Sekundärkollision berechnet wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Senat die Einholung eines entsprechenden Gutachtens nicht für erforderlich erachtet, da ein derartiges Gutachten keinen weiteren Aufschluss über die durch den Unfall bedingten Gesundheitsschäden geben kann. Insoweit handelt es sich um eine medizinische, nicht aber um eine unfalltechnische Frage. Auch mit einer vom Kläger angenommenen höheren Aufprallgeschwindigkeit als in den vorliegenden Gutachten dokumentiert, lassen sich nicht zwangsläufig Gesundheitsschäden in Verbindung bringen, die mit der vom Kläger begehrten MdE zu bewerten sind. Der medizinische Sachverhalt ist, was die Unfallfolgen angelangt, durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten hinreichend geklärt.
Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen, allerdings mit der ausgesprochenen Maßgabe, dass der Kläger Gerichtskosten wegen mutwilliger Prozessführung nicht zu tragen hat. Denn die Weiterführung des Rechtsstreits trotz des gerichtlichen Hinweises auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage stellt im Sinne des § 192 Abs. 1 Ziff. 2 SGG für sich betrachtet noch keine Missbräuchlichkeit dar. Aussichtslosigkeit des Klagebegehrens allein genügt insoweit nicht. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die der Senat vorliegend nicht zu erkennen vermag. Insbesondere ist der Niederschrift vom 12. Oktober 2004 nicht zu entnehmen, welche Gründe den Kläger konkret dazu veranlasst haben, das Verfahren trotz der geringen Erfolgsaussichten weiter zu führen. Denkbar ist immerhin, dass der Kläger dessen Lebensgestaltung sich seit dem Unfallereignis völlig verändert hat, trotz des richterlichen Hinweises auf die fehlenden Erfolgsaussichten seiner Klage die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang des Verfahrens hatte, da sich aus seiner Sicht der in Rede stehende Unfall ja gerade als Auslöser der angesprochenen Veränderungen darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente für die Folgen eines Wegeunfalls streitig.
Der 1949 geborene Kläger wurde am 26. Oktober 2000 auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause in einen Verkehrsunfall verwickelt. Er fuhr auf der A 81 zwischen den Abfahrten I. und U. an das Ende eines Staus heran und bremste sein Fahrzeug bis zum Stillstand ab. Dem Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs gelang es nicht mehr anzuhalten, worauf sein Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers auffuhr und dieses wiederum auf das davor stehende Fahrzeug aufgeschoben wurde.
Am Folgetag stellte sich der Kläger bei dem Durchgangsarzt Dr. S., Chefarzt der Unfallchirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses M., vor, wobei er ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 31. Oktober 2000 über Schmerzen und ein Sensibilitätsdefizit seit dem Aufstehen am 27. Oktober geklagt habe. Klinisch erhob Dr. S. einen Druckschmerz im oberen Halswirbelsäulen(HWS)-Bereich, einen leichten Klopfschmerz im oberen Scapulabereich rechts und einen geringen Druckschmerz über dem Acromion rechts. Die HWS-Beweglichkeit fand er uneingeschränkt, die Clavicula ebenso wie die übrige HWS klopfschmerzfrei; auch die Beweglichkeit der Schulter war ohne Befund. Der Kläger gab ein Taubheitsgefühl in den Fingern D I - D II rechts an. Der 2-Punkt-Discriminations-Test im chirurgischen Bereich war ebenfalls ohne Befund, gleichfalls die Sensibilität der rechten Hand. Die Röntgenuntersuchung ergab keinen Hinweis auf eine frische knöcherne Verletzung; ein Weichteilschatten war nicht festzustellen. Dr. S. diagnostizierte auf dieser Grundlage eine ein Tag alte HWS-Zerrung mit Sensibilitätsdefizit rechts. Er ging von einer voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis 30. Oktober 2000 aus.
Am 15. November 2000 stellte sich der Kläger bei dem Neurologen und Psychiater Dr. W. vor und berichtete über seit dem Unfall bestehende Schmerzen vom Nacken initial in den rechten Arm ausstrahlend und gelegentlich bis zur Stirn beidseits ausstrahlend sowie über eine erneut eingetretene Pelzigkeit der Finger I und II rechts. Die am 03. November 2000 durchgeführte Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) der HWS hatte eine Fehlhaltung mit starker Hyperlordose (Scheitel in Höhe C 6/5), in Höhe von C 5/6 auch deutliche degenerative Veränderungen (Spondylarthrosen, Hypertrophie der Ligamenta flava) und eine mäßiggradige, breitbasig dorsale Bandscheibenprotrusion, konsekutiv Neuroforamenstenosen im Bereich von C6 beidseits sowie eine absolute cervicale Spinalkanalstenose C 5/6 ohne Zeichen der cervicalen Myelopathie ergeben. Dr. W. ging von einer Aktivierung vorbestehender Beschwerden wegen degenerativer HWS-Veränderungen durch eine HWS-Distorsion aus und empfahl eine konsequente konservative, orthopädisch-rehabilitative, zunächst physikalische und medikamentöse, längerfristig jedoch vor allem krankengymnastische Behandlung der HWS (Arztbrief vom 15. November 2000). Am 10. Januar 2001 teilte Dr. S. der Beklagten mit, der Kläger sei am 08. Dezember 2000 aus der ambulanten Behandlung entlassen worden und seit 11. Dezember 2000 wieder arbeitsfähig.
Am 13. Dezember 2000 stellte sich der Kläger bei Prof. Dr. S., Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum H. am G., vor, der von einem protrahierten Verlauf nach Zerrung der HWS bei erheblichen Vorschäden mit Bandscheibenprotrusionen ausging und die Auffassung vertrat, dass ab 18. Dezember 2000 im Hinblick auf die Unfallfolgen wieder Arbeitsfähigkeit bestehe und die weiter erforderlichen Behandlungsmaßnahmen ab diesem Zeitpunkt zu Lasten der Krankenkasse zu erfolgen hätten. Nach den Angaben des Klägers vom 01. März 2001 war er im Anschluss hieran noch bis 13. Januar 2001 arbeitsunfähig geschrieben. Danach habe er bis 24. Januar 2001 Urlaub genommen, wobei seine Firma im Anschluss hieran bis 20. Februar 2001 für ihn keine Arbeit gehabt habe, weshalb er zu Hause gewesen sei. Am 21. Februar 2001 begann der Kläger dann einen Arbeitsversuch mit vier Stunden täglich; dieser wurde wegen starker Beschwerden in der HWS am 28. Februar 2001 abgebrochen. Der Kläger war dann zunächst erneut arbeitsunfähig. Zur Prüfung der Unfallfolgen veranlasste die Beklagte das aufgrund der Untersuchung vom 18. April 2001 erstattete Gutachten des Dr. B. vom 12. Mai 2001, der die objektivierbaren Befunde, die keine frischen, dem Unfall zuzuordnenden Veränderungen im Bereich der HWS sowie der Weichteile zeigten, als krankheitsbedingt interpretierte. Das seit Mai 2000 bestehende neurologische Defizit im Sinne einer Sensibilitätsstörung des 1. und 2. Fingers der rechten Hand, das seinerzeit ohne ärztliche Behandlung geblieben sei, habe sich durch den Unfall in seiner Quantität und Qualität nicht verändert. Von einer Arbeitsunfähigkeit von maximal vier bis sechs Wochen sei auszugehen. Mit Bescheid vom 25. Mai 2001 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus dem Unfall vom 26. Oktober 2000 über den 08. Dezember 2000 hinaus sodann mit der Begründung ab, der Verkehrsunfall habe zu einem HWS-Schleudertrauma Grad I (nach Quebec-Klassifikation 1995) geführt, wobei unfallbedingte strukturelle Veränderungen im Bereich der HWS nicht hätten nachgewiesen werden können. Die nach dem 08. Dezember 2000 bestehenden Beschwerden seien auf die unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen. Als Folge des Versicherungsfalls wurde anerkannt "ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Verstauchung der Halswirbelsäule"; nicht anerkannt wurden "degenerative Veränderungen der HWS, Verschmälerung der Zwischenwirbelräume der Halswirbel C 5/6". Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er bekräftigte, dass sein derzeitiger Gesundheitszustand durch den Unfall verursacht worden sei; zuvor sei er gesund und leistungsfähig gewesen und habe seiner Arbeit und seinen Freizeitaktivitäten beschwerdefrei nachgehen können. Er legte dar, weshalb er die zunächst verordneten Medikamente nicht weiter eingenommen habe, sowie u.a. dass die zwischenzeitlich im Therapiezentrum des Klinikums am G. durchgeführten Behandlungen eine wesentliche Besserung der Schmerzen erbracht hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2001 wurde der Widerspruch mit der weiteren Begründung zurückgewiesen, dass zwar nachvollziehbar sei, dass der Kläger vor dem Unfallereignis im Bereich der Wirbelsäule keine Beschwerden verspürt habe, jedoch lägen degenerative Veränderungen im Bereich der HWS vor und es sich hierbei um eine langsam fortschreitende Erkrankung handele. Die nach dem 08. Dezember 2000 noch bestehenden Beschwerden seien auf diese unfallunabhängig bestehenden Vorerkrankungen zurückzuführen. Auch die geklagten Beschwerden im Bereich des Daumens und des Zeigefingers der rechten Hand seien unfallunabhängig, da diese bereits im Mai 2000 bestanden hätten.
Dagegen erhob der Kläger am 06. September 2001 Klage beim Sozialgericht Heilbronn, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. September 2001 an das örtlich zuständige Sozialgericht Mannheim (SG) verwies. Er nahm Bezug auf sein bisheriges Vorbringen und machte wiederum geltend, dass seine Beschwerden durch den Unfall verursacht worden seien. Hierzu legte er das Attest des Dr. G., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 06. Dezember 2001 vor, wonach er ärztliche Behandlungen hinsichtlich des HWS-Syndroms vor dem Unfall vom 26. Oktober 2000 nicht durchgeführt habe. In Bezug auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. B. verwies er darauf, dass das Taubheitsgefühl im Bereich der Finger zwar bereits vor dem Unfall aufgetreten sei, dies seinerzeit jedoch medikamentös erfolgreich behandelt worden und er nach der Medikamentierung beschwerdefrei gewesen sei. Beschwerden von seiten der HWS habe er zu keiner Zeit gehabt. Diese seien erst unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten. Soweit Dr. B. zugrunde gelegt habe, dass nach Heckkollisionen bis zu einer Geschwindigkeitsdifferenz von 20 km ein HWS-Schleudertrauma für die Insassen des gestoßenen Fahrzeugs auszuschließen sei, fehle eine Beziehung zu seinem konkreten Fall, da nicht ersichtlich sei, dass auch bei seinem Unfall lediglich besagte Geschwindigkeitsdifferenz vorgelegen habe. Tatsächlich müsse diese bei seinem Unfall wesentlich höher gewesen sei, was anhand der fotographischen Aufnahmen seines Fahrzeugs nach der Kollision sowie mit dem Gutachten des Sachverständigen H. vom 04. November 2000 dokumentiert werde. Angesichts der Reparaturkosten von knapp 14.000,00 DM und der erkennbaren Frontschäden sei eine Geschwindigkeitsdifferenz von höchstens 20 km/h nur schwer vorstellbar. Er legte das für die Vereinigte Haftpflichtversicherung VAG erstattete Gutachten der DEKRA vom 04. November 2000 einschließlich Fotodokumentation vor. Selbst wenn eine Vorschädigung im HWS-Bereich vorgelegen haben sollte, was er nach wie vor nicht annehme, da er bis zu dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei, spreche dies nicht gegen einen ursächlichen Zusammenhang der nach dem Unfall aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit dem Unfall. Bemerkenswert sei, dass vor dem schädigenden Ereignis keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen HWS-Beschwerden vorgelegen hätten, während er nach dem Unfall seine volle Arbeitsfähigkeit nicht wieder erlangt habe. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes mit dem Hinweis entgegen, die Bescheinigung des Dr. G., wonach er den Kläger vor dem Unfall nicht wegen HWS-Beschwerden behandelt habe, widerspreche der getroffenen Einschätzung nicht, nachdem es allgemeiner medizinischer Erfahrung entspreche, dass bereits degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule bestehen, ohne dass der Betroffene hierdurch beeinträchtigt werde. Das SG hörte Dr. S. unter dem 30. Januar 2002 schriftlich als sachverständigen Zeugen und wies die Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2004 ab. Darin legte es dem Kläger gemäß § 192 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Kosten in Höhe von 150,00 EUR auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, angesichts der dokumentierten und unfallunabhängig bestehenden Vorschäden im Bereich der HWS seien nachweislich lediglich ein vorher vorübergehend aufgetretener Zustand reaktiviert und wegen der belegten Vorschäden weitere Beschwerden ausgelöst worden, wobei hierdurch bedingt der Heilungsverlauf verzögert worden sei. Über die 26. Woche hinaus seien unfallrelevante Folgen jedoch nicht mehr festzustellen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des den Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2004 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Am 19. Januar 2005 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er macht weiterhin geltend, vor dem Unfall seien keinerlei ärztliche Behandlungen hinsichtlich eines HWS-Syndroms durchgeführt worden. Erst seit dem Unfall leide er an ständigen Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, des Ober- und Unterarms, Ellenbogens, Daumens, Zeige- und Mittelfingers sowie in beiden Schultern. Diese Beschwerden seien daher auf den Unfall zurückzuführen. Er legte das in dem Zivilrechtsstreit gegen den Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung für das Landgericht Heilbronn erstattete Gutachten des Prof. Dr. M., Geschäftsführender Direktor am Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin im Klinikum der Universität H., vom 28. August 2003 vor, dessen Inhalt er ausführlich darlegt. Insoweit macht er geltend, der Aufprall müsse stärker gewesen sein als von Prof. Dr. M. angenommen. Dies ergebe sich aus den sogar im Innenraum durch den Aufprall verursachten Schäden und lasse sich auch den Bildern der Unfallwagen entnehmen. Er hat ausführlich die Grundsätze der im Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung dargelegt und zahlreiche Unterlagen vorgelegt, insbesondere das von ihm veranlasste Gutachten des Dipl.-Ing. D. vom 16. Dezember 2005, wonach die relative Geschwindigkeit zwischen den Fahrzeugen bei der Primärkollision ca. 45 bis 55 km/h betragen habe und sein stehendes Fahrzeug durch den Aufprall auf eine Geschwindigkeit von ca. 26 bis 31 km/h beschleunigt worden sei. Gegen das seitens des Senats erhobene Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. erhob er zahlreiche Einwendungen. Er legte eigene Berechnungen vor, nach denen der Aufprall am Heck stärker gewesen sei als von Prof. Dr. M. angenommen, weshalb ein Gutachten in Auftrag zu geben sei, das die unfallbedingten Gesundheitsschäden unter Berücksichtigung der konkret berechneten Aufprallgeschwindigkeit bei der Primär- und auch bei der Sekundärkollision beurteile.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2001 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um zumindest 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochten Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass aus der Fahrzeugverformung in aller Regel Rückschlüsse auf die Anprallgeschwindigkeit möglich seien, dies jedoch nur bedingt Rückschlüsse auf die Energie zulasse, die auf die Insassen eingewirkt habe. Die Geschwindigkeitsänderung bei Pkw-Kollisionen sei ein sehr unzuverlässiges Verletzungskriterium für das Risiko von HWS-Verletzungen, wenn die Variabilität unterschiedlicher Kopfhaltungen, Vorspannungen und der individuellen traumatomechanischen Belastbarkeit in Rechnung gestellt werde. Daher bedeute ein größerer materieller Schaden nicht automatisch eine schwerere Verletzung der HWS. In seinem Gutachten habe Prof. Dr. M. ausgeführt, dass die aktenkundigen medizinischen Befunde und Stellungnahmen nicht im strengen Sinne bewiesen, dass die nach dem Unfall vorgetragenen Beschwerden tatsächlich kausal auf den Unfall zurückzuführen seien. Seinen Ausführungen zufolge könnten die beim Kläger bestehenden Vorschäden eine den beschriebenen Beschwerden gleichartige Schmerzsymptomatik auslösen. Entsprechend seien die geklagten Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Unfall zurückzuführen. Für den Verlauf der erlittenen Verletzungsfolgen sei zu berücksichtigen, dass eine vorgeschädigte Wirbelsäule betroffen worden sei. Im Hinblick auf den ermittelten Krankheitsverlauf sei aufgrund medizinischer Kenntnisse davon auszugehen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die Folgen des Unfalls wieder soweit abgeklungen gewesen seien, dass das ursprüngliche Krankheitsbild im Vordergrund gestanden habe. Dass derselbe Zustand wie vor dem Unfall erreicht werde, sei im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erforderlich. Entscheidend für die Bewertung sei, dass die noch bestehenden Beschwerden rechtlich wesentlich nicht auf den Unfall zurückzuführen seien.
Der früherer Berichterstatter des Senats hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. unter dem 29. August 2005 schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört und das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie und Neurologische Rehabilitation im Bezirkskrankenhaus G., vom 14. Februar 2006 einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. April 2006 erhoben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2001 ist, soweit die Beklagte damit die im Berufungsverfahren allein noch im Streit stehende Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Beim Kläger sind nämlich keine Unfallfolgen festzustellen, die eine MdE von zumindest 20 v.H. bedingten.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Versicherungsfälle in diesem Sinne sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Dabei sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit, wobei Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse sind, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die beim Kläger seit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Gesundheitsstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf das Unfallereignis vom 26. Oktober 2000 zurückzuführen. Der Senat folgt insoweit dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. vom 14. Februar 2006. Der Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger bei dem Verkehrsunfall vom 26. Oktober 2000 durch den Aufprall von hinten eine HWS-Distorsion erlitten hat. Dies steht in Einklang mit der Einschätzung des Prof. Dr. M. in seinem für das Landgericht Heilbronn in dem Schadensersatzprozess des Klägers gegen den Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherer erstatteten Gutachten, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat. Auch Prof. Dr. M. ging - obwohl er dies lediglich vorsichtig formuliert hat - davon aus, dass die vom Kläger vorgebrachten Klagen sowohl unmittelbar nach dem Unfall als auch anlässlich zahlreicher weiterer späterer Untersuchungen (Kopf- und Nackenschmerzen mit Ausstrahlung bis in den Hinterkopf, Beweglichkeitseinschränkungen der HWS und des Kopfes, Verspannungen der Nacken- und Schultermuskulatur, Cervikobrachialgie) zu einer HWS-Distorsion passen, wie sie auch in vielen vergleichbaren Fällen und Literaturberichten nahezu gleichlautend beschrieben werden. Angesichts der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die über der "Harmlosigkeitsgrenze" von 10 km/h liege, komme nach dessen Darlegungen somit eine HWS-Distorsion in Betracht. Weniger vorsichtig ausgedrückt hat sich insoweit Prof. Dr. Dr. W., der ausgeführt hat, dass der Kläger "ohne Frage eine HWS-Distorsion bei einem Aufprall von hinten erlitten" habe.
Einigkeit besteht zwischen den Sachverständigen auch insoweit, als diese Distorsion beim Kläger auf eine erheblich vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen ist. Dass beim Kläger im Bereich der HWS erhebliche Vorschäden vorliegen, hat auch bereits der im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Gutachter Dr. B. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 12. Mai 2001 beschrieben. Es handelt sich dabei um die schon zuvor durch Dr. W. in seinem Arztbrief vom 15. November 2000 beschriebenen Erkrankungen, die erstmals acht Tage nach dem Unfall durch bildgebende Verfahren (Kernspintomographie des Dr. F.) gesichert wurden. Die insoweit beschriebene Fehlhaltung der HWS mit starker Hyperlordose (Scheitel in Höhe C 5/6), die deutlichen degenerativen Veränderungen in Höhe von C 5/6 (Spondylarthrosen, Hypertrophie der Ligamenta flava) und die mäßiggradige breitbasig dorsale Bandscheibenprotrusion, die Neuroforamenstenosen C6 beidseits sowie die absolute cervicale Spinalkanalstenose C5/6 sind zweifelsfrei nicht als Unfallfolgen anzusehen, sondern degenerativer Natur und damit unzweifelhaft als Vorschäden bei der Beurteilung der Unfallfolgen mit zu berücksichtigen. Einer derartigen Betrachtungsweise steht - anders als der Kläger meint - insbesondere nicht entgegen, dass ihm diese Veränderungen vor dem Unfall nicht bekannt waren und hiervon - seinen Angaben zufolge - vor dem Unfall auch keine Beschwerden ausgegangen sind. Entsprechend ist auch dem Umstand, dass Dr. G. in der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung bestätigt hat, vor dem 26. Oktober 2000 seien im Hinblick auf die HWS keine ärztlichen Behandlungen durchgeführt worden, nicht von maßgeblicher Bedeutung. Denn die vorliegenden durch bildgebende Verfahren nachzuweisenden Veränderungen müssen nicht zwangsläufig mit Beschwerden verbunden sein. Diese können vielmehr ohne Beschwerden hervorzurufen zunächst stumm verlaufen. Allerdings ist diesbezüglich vorliegend darauf hinzuweisen, dass sich erste Anzeichen dieser degenerativen Veränderungen bereits sechs Monate vor dem Unfallereignis in Form eines Pelzigkeitsgefühls der Finger I und II rechts gezeigt haben, wobei dieses sich nach Behandlung allerdings innerhalb eines Monats wieder zurückgebildet hat.
Ausgehend von den danach bestehenden Vorschäden im Bereich der HWS des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Unfall die vom Kläger geklagten Beschwerden noch wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. geht der Senat zwar davon aus, dass beim Kläger ein verzögerter Heilungsverlauf vorlag und die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht wie von Dr. B. zugrunde gelegt und bei HWS-Schleudertraumen Grad I der Quebec-Klassifikation im allgemeinen anzunehmen vier bis sechs Wochen betragen hat. Denn aufgrund der aktenkundigen Befundunterlagen und der Schilderungen des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass dieser keiner konsequenten Behandlung unterzogen wurde, sondern sich vielmehr nach dem Unfall erheblich geschont hat. In diesem Sinne hat sich der Kläger anlässlich der Untersuchung bei dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. geäußert und ausgeführt, der erstbehandelnde Neurologe, der ihm zum ersten Mal das Kernspintomogramm erklärt habe, habe ihn darauf hingewiesen, dass er sich aufgrund des Befundes darauf einrichten müsse, im Rollstuhl landen zu können. Daraufhin habe er sich geschont und den Kopf lediglich noch vorsichtig bewegt. Wie anlässlich der Untersuchung im Klinikum H. im Dezember 2000 jedoch dokumentiert wurde, war es bis zu diesem Zeitpunkt gleichwohl zu einer Besserung der Schmerzen und auch des Taubheitsgefühls in den Fingern I und II gekommen, nachdem der Kläger nur noch über Nacken- und Kopfschmerzen bei Bewegung und im Rücken geklagt habe. Die dann im Klinikum H. begonnene erweiterte Physiotherapie hat dann aber zu einer deutlichen Besserung der Schmerzen geführt, wenn auch diese nach den Angaben des Klägers allerdings nie ganz weg gegangen seien. In diesem Zeitraum trat beim Kläger auch wieder Arbeitsfähigkeit ein. Wie er selbst ausgeführt hat, sei er nach der Beendigung der dortigen Therapie noch einige Wochen zu Hause gewesen, wobei er durch seine Firma allerdings bezahlt worden sei, weil diese keine Arbeit für ihn gehabt habe. Ende Juni 2001 begann er dann wiederum eine berufliche Tätigkeit, wobei er bei der Firma I. in H. über einen Zeitraum von ca. drei Monaten hinweg eine neue Galvanikanlage in einen Produktionszustand zu bringen hatte. Diese Tätigkeit, die seinen eigenen Angaben zufolge zeitweise auch mit schweren körperlichen Belastungen verbunden war, da er selbst habe Hand anlegen müssen, Werkzeuge bauen, Teile besorgen und an der Anlage reparieren müssen, vermochte er bis zum Ende durchzuführen, ohne dass wiederum Arbeitsunfähigkeit eingetreten wäre. Der Senat geht angesichts dieses Krankheitsverlaufs davon aus, dass mit Abschluss der im Krankenhaus H. durchgeführten Physiotherapie wieder Arbeitsfähigkeit bestand und die Folgen des Verkehrsunfalls mit diesem Zeitpunkt abgeklungen waren. Soweit der Kläger in der Folgezeit wiederum über die zuvor bereits beschriebenen Beschwerden geklagt hat bzw. eine Beschwerdeausweitung erkennbar ist, lässt sich dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht mehr wesentlich ursächlich auf den Unfall vom 26. Oktober 2000 zurückführen. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W., der darauf hingewiesen hat, dass sich angesichts der erheblichen degenerativen Schädigungen im Bereich der HWS eine Exazerbation der Schmerzsymptomatik im Herbst 2001 unschwer damit erklären lasse, dass der Kläger über mehrere Monate hinweg unter erheblichem Druck körperliche Arbeiten verrichtet hat. Angesichts der ab Juni 2001 ausgeübten zum Teil doch schweren Arbeit und der dokumentierten Besserung der Beschwerdesymptomatik im Laufe des ersten Halbjahres 2001 spricht auch nach Auffassung des Senats wenig dafür, dass in wesentlichem Umfang noch der in Rede stehende Unfall zu der neuerlichen Beschwerdesituation beigetragen hat und die Exazerbation ohne das Unfallereignis nicht aufgetreten wäre. Entsprechendes gilt auch für die weitere Verschlechterung der Beschwerden in den Folgejahren, die nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. angesichts der unbefriedigenden sozialen Situation auch auf eine leichtgradige Anpassungsstörung mit verstärkter Schmerzwahrnehmung zurückgeführt werden könnten.
Im Hinblick auf die Anregung des Klägers zur Beurteilung der unfallbedingten Unfallschäden ein Gutachten einzuholen, in dem die Aufprallgeschwindigkeit bei der Primär- und der Sekundärkollision berechnet wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Senat die Einholung eines entsprechenden Gutachtens nicht für erforderlich erachtet, da ein derartiges Gutachten keinen weiteren Aufschluss über die durch den Unfall bedingten Gesundheitsschäden geben kann. Insoweit handelt es sich um eine medizinische, nicht aber um eine unfalltechnische Frage. Auch mit einer vom Kläger angenommenen höheren Aufprallgeschwindigkeit als in den vorliegenden Gutachten dokumentiert, lassen sich nicht zwangsläufig Gesundheitsschäden in Verbindung bringen, die mit der vom Kläger begehrten MdE zu bewerten sind. Der medizinische Sachverhalt ist, was die Unfallfolgen angelangt, durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten hinreichend geklärt.
Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen, allerdings mit der ausgesprochenen Maßgabe, dass der Kläger Gerichtskosten wegen mutwilliger Prozessführung nicht zu tragen hat. Denn die Weiterführung des Rechtsstreits trotz des gerichtlichen Hinweises auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage stellt im Sinne des § 192 Abs. 1 Ziff. 2 SGG für sich betrachtet noch keine Missbräuchlichkeit dar. Aussichtslosigkeit des Klagebegehrens allein genügt insoweit nicht. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die der Senat vorliegend nicht zu erkennen vermag. Insbesondere ist der Niederschrift vom 12. Oktober 2004 nicht zu entnehmen, welche Gründe den Kläger konkret dazu veranlasst haben, das Verfahren trotz der geringen Erfolgsaussichten weiter zu führen. Denkbar ist immerhin, dass der Kläger dessen Lebensgestaltung sich seit dem Unfallereignis völlig verändert hat, trotz des richterlichen Hinweises auf die fehlenden Erfolgsaussichten seiner Klage die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang des Verfahrens hatte, da sich aus seiner Sicht der in Rede stehende Unfall ja gerade als Auslöser der angesprochenen Veränderungen darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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