L 12 AS 3024/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 3871/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3024/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.04.2007 wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in diesem Urteil wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung außergerichtlicher Kosten für fünf vom Kläger erfolgreich durchgeführte Widerspruchsverfahren im Streit.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 23.03.2006 bei der Beklagten die Erstattung von Vorverfahrenskosten in Höhe von insgesamt 575,94 Euro (Fahrkosten, Kosten für Kopien und Büromaterial, PC-Gebühren, Scheckgebühren).

Mit Bescheid vom 20.04.2006, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 17.07.2006, lehnte die Beklagte die Übernahme von Kosten für die Rechtsverfolgung des Klägers ab.

Der Kläger hat am 11.08.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.

Im Klageverfahren hat die Beklagte sich mit Schriftsatz vom 27.10.2006 bereit erklärt, Kosten für Büromaterial, Kopien und für PC-Gebühren in Höhe von 111,01 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5,12 Euro (Zinsen vom 22.03.2006 bis zum 27.11.2006, welche 5 % über den Basiszinssatz liegen) zu übernehmen. Der Kläger hat das Anerkenntnis der Beklagte nicht angenommen.

Das SG hat die Beklagte daraufhin aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.04.2007 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, gemäß ihrem Teilanerkenntnis vom 27.10.2006 an den Kläger einen Betrag in Höhe von 116,13 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner Vorverfahrenskosten beruhe auf § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Aufgrund der vom Kläger erfolgreich eingelegten Widersprüche stehe diesem ein Erstattungsanspruch bei fünf Widerspruchsverfahren in Höhe von insgesamt 60,00 Euro zu (jeweils 4,00 Euro Fahrkosten für die Einlegung des Widerspruchs, 4,00 Euro für den Schriftverkehr sowie als Pauschbetrag jeweils 4,00 Euro für Büromaterial je Widerspruch). Die Beklagte habe mit 116,13 Euro einen Betrag anerkannt, welcher die Ansprüche des Klägers übersteige, weswegen der über das Teil-Anerkenntnis der Beklagten hinausgehende Klageantrag abzuweisen gewesen sei. Das Urteil des SG enthält eine Rechtsmittelbelehrung, wonach die Berufung gegen das Urteil zulässig sei. Das Urteil des SG ist dem Kläger am 09.06.2007 sowohl an seine B. als auch an seine G. Anschrift zugestellt worden.

Der Kläger hat bereits am 04.06.2007 beim SG Berufung "bzw. das entsprechende Rechtsmittel" eingelegt. Die vom SG angesetzten Beträge seien zu niedrig, weswegen er an seinem höheren Kostenerstattungsantrag festhalte.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.04.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seiner erfolgreich durchgeführten Widerspruchsverfahren zusätzlich 464,93 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die Berufung ist nach § 144 SGG nicht zulässig. Zwar ist es unschädlich für die Zulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers, dass das Rechtsmittel bereits vor der Zustellung des Urteils des SG eingelegt worden ist. Die Berufung ist jedoch unzulässig, weil die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erreicht wird und das SG die Berufung auch nicht zugelassen hat.

Gemäß § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichtes, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakte betrifft 500,00 EUR oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 5.000,00 EUR nicht überschreitet. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Vorliegend wird die Berufungssumme von 500,00 Euro nicht erreicht. Der Kläger hat auf seinen ursprünglich geltend gemachten Antrag auf Erstattung von Vorverfahrenskosten in Höhe von 575,94 Euro zzgl. Zinsen ein Teil-Anerkenntnis der Beklagten in Höhe von 111,01 Euro zzgl. 5,12 Euro der geltend gemachten Zinsen erhalten. Damit ist in der Hauptsache nur noch ein Anspruch von 464,93 Euro zzgl. Zinsen im Streit. Dieser Streitwert erfüllt nicht die Voraussetzung eines Berufungswerts von 500,00 Euro nach § 144 SGG, da nach § 202 SGG i. V. m. § 4 ZPO bei Zahlungsansprüchen auf den Geldbetrag abzustellen ist, um den unmittelbar gestritten wird, und zwar ohne ergänzend im Prozess geltend gemachte Zinsen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 8. Auflage 2005, § 144 Rdnr. 15)

Die Berufung ist auch nicht etwa deswegen zulässig, weil das SG irrtümlich eine Rechtsmittelbelehrung in das Urteil aufgenommen hat, nach der das Urteil mit der Berufung anfechtbar sei. Wie sich aus dem Urteil selbst ergibt, sind die Zulassungsvoraussetzungen der Berufung vom SG nicht geprüft worden, weswegen in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung keine Zulassung der Berufung gesehen werden kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 8. Auflage 2005, § 144 Rdnr. 45).

Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob das SG die Klage nicht insgesamt hätte abweisen müssen, weil der Kläger allem Anschein nach den von der Beklagten aufgrund ihres Teilanerkenntnisses überreichten Scheck eingelöst hat und insofern eine konkludente Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten vorliegt.

Die somit vorliegende unzulässige Berufung war nach § 158 SGG zu verwerfen. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Kläger hat Berufung "bzw. das entsprechende Rechtsmittel eingelegt", was der Senat als zulässige innerprozessuale Bedingung dahingehend auslegt, dass für den Fall, dass die Berufung nicht zulässig ist, vom Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde gewollt ist. Zwar gilt im Rechtsmittelrecht eine gewisse Formstrenge, und eine Umdeutung von Rechtsmitteln ist nur eingeschränkt zulässig (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 8. Auflage 2005, § 144 Rdnr. 45).

Insofern ist jedenfalls in der vorliegenden Konstellation einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung durch das SG davon auszugehen, dass es zulässig sein muss, dass der Kläger wie vorliegend geschehen alternativ das ihm bei einer richtigen Rechtsmittelbelehrung zustehende Rechtsmittel einlegen kann. Dies gebieten nicht nur die erforderliche Auslegung der klägerischen Anträge nach der recht verstandenen Interessenlage (vgl. BSGE 63, 94) sowie die anzustrebende Verfahrensökonomie, sondern auch der Gesichtspunkt, dass dem Kläger aus einem fehlerhaften Behördenhandeln keine prozessualen Nachteile erwachsen sollen.

Die somit ebenfalls vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichtes, des Bundessozialgerichtes, des gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichtes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichtes unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Ziffer 2 SGG genannten Gerichte ab. Ein Verfahrensmangel nach § 144 Abs. 2 Ziff. 3 SGG, auf dem die Entscheidung beruhen kann, liegt ebenfalls nicht vor.

Die Kostenentscheidung erging entsprechend § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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