L 11 R 4078/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3843/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4078/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die 1951 geborene Klägerin, die ihren Angaben zufolge vom 01.04.1965 bis 31.03.1967 eine Ausbildung als Bürogehilfin absolviert hat, arbeitete seit 1974 als Kassiererin beim M., zuletzt an sechs Tagen in der Woche jeweils vier Stunden. Am 25.02.2003 wurde sie wegen eines subakrominalen Impingementsyndroms rechts arbeitsunfähig krank geschrieben, zum 31.10.2003 gekündigt und bezog ab dem 24.05.2003 Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

Auf Veranlassung ihres Arbeitgebers wegen Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit wurde sie von dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) begutachtet. Dr. B. führte aus, die Klägerin habe ein Verhebetrauma (ein Fernsehgerät) bei ihrer Arbeit an der Kasse erlitten. Er diagnostizierte ein mäßiggradiges chronisch degeneratives HWS-Syndrom rechts, ein subacromiales Impingementsyndrom rechts nach Überlastung aktiviert, Zustand nach Teillähmung des rechten Armnervengeflechtes mit Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes, L5-Syndrom links und ein Verdacht auf Anpassungsstörungen in anhaltend belastender Lebenssituation mit depressiver Verstimmung. Sie sei für ihre maßgebliche Tätigkeit nach Schilderung der anfallenden Arbeiten dauerhaft nicht mehr arbeitsfähig, und nur noch in der Lage, mehr als drei Stunden täglich oder mehr als fünfzehn Stunden wöchentlich leichte Arbeiten, die im Sitzen oder in wechselnder Körperhaltung durchgeführt werden könnten, auszuführen. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liege vor.

Auf Aufforderung seitens ihrer Krankenkasse beantragte die Klägerin daraufhin am 26.Juni 2003 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die Beklagte veranlasste eine nervenfachärztliche Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Nervenarzt/Psychotherapeut Dr. M. führte aus, im Vordergrund der Leistungsbeeinträchtigung stünde eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes mit inzwischen starker Gebrauchseinschränkung bei jeglichem Heben, Tragen oder Bewegen kleinerer Gegenstände. Im Rahmen einer Umstellung auf den linken Arm habe sich zuletzt eine Epicondylopathia radialis humeri links entwickelt. In psychischer Hinsicht bestehe eine Beeinträchtigung der emotionalen Belastbarkeit im Rahmen der sich sekundär entwickelnden Anpassungsstörung mit depressiven Reaktionen. Weniger relevant erscheine die Polyneuropathie sowie die rezidivierenden Drehschwindelattacken bei Zustand nach Hörsturz links. Leichte Tätigkeiten ohne intensivere Belastung der Arme sowie weniger emotional belastende Tätigkeiten seien der Klägerin weiterhin vollschichtig zumutbar, nicht jedoch ihre bisherige Tätigkeit als Kassiererin, die mit dem Heben und Bewegen zum Teil größerer Lasten verbunden gewesen wäre.

Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.2003 den Rentenantrag mit der Begründung zurück, die Klägerin sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig berufstätig zu sein. Auf diesen allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie auch aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation verweisbar.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, das bestehende degenerative HWS-Syndrom und der bei ihr vorliegende Tinnitus nach Hörsturz sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Zudem führe die vorliegende Lähmung der rechten Schulter zu einer starken Gebrauchseinschränkung des rechten Armes bzw. der Hand.

Nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte (Dr. K., Dr. H., Dr. L.) veranlasste die Beklagte eine weitere orthopädische Begutachtung der Klägerin. Dr. H. diagnostizierte 1. eine chronische Periarthritis humeroscapularis ankylosans rechts bei deutlicher Rotatorenmanschettendegeneration, 2. eine Cervicobrachialgie rechts mit Vertigo und Spannungscephalgien bei ausgeprägter Osteochondrose C4-7 und erheblichem Scheuermann-Rundrücken, 3. eine Restsymptomatik nach Armplexusläsion rechts 1996, 4. ein lumbales Facettensyndrom L 4-S1, eine Hyperlordose, eine beginnende Osteoporose sowie 5. hochgesprengte Füße, links Außenbandreizung. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig verrichten. Die vorrangig geltend gemachten Schmerzen und Schwächeerscheinungen im rechten Arm seien multifaktorell bedingt. Das degenerative Rotatorenmanschettensyndrom rechts gehe mit einer Teilsteife des Schultergelenkes einher. Das degenerative und fehlstatische Halswirbelsäulensyndrom scheine durch eine cervicale Nervenwurzelirritation kompliziert. Die muskulären Nackenverspannungen seien begleitet von Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen. Schließlich verbleibe eine motorische Restschwäche nach Armplexusparese rechts 1996. Allein wegen dieses wohl irreversiblen Komplexes sei die Klägerin ihrer angestammten Tätigkeit an der Kasse nicht mehr gewachsen. Denn regelmäßiges Bewegen von teils schweren Waren mit erhobenem Arm sei nicht mehr mit den dargestellten Gesundheitsstörungen vereinbar. Die Veränderung der Lendenwirbelsäule und des linken Fußes seien geringfügig und schlössen zusammen mit den subjektiven Beschwerden im Bereich der Hüftgelenke überdurchschnittlich schwere Rückenbelastungen und reine Stehtätigkeiten aus. Nachdem eine orthopädisch ausgerichtete Behandlung nicht in nennenswertem Umfang stattfände, stünden medizinische Reha-Maßnahmen nicht zur Debatte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin mit der Begründung zurück, bei der Klägerin sei als maßgeblicher Beruf die Tätigkeit als Kassiererin zugrunde zu legen. Diese könne sie unstreitig nicht mehr ausüben. Unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes und der während des Erwerbslebens erlangten verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten komme aber noch eine mindestens sechs Stunden tägliche Beschäftigung als kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch verwaltenden Bereich von Handels- und Wirtschaftsunternehmen und in Behörden in Betracht.

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Reutlingen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, bei ihr liege auch ein seelisches Leiden von Krankheitswert vor und die Einschränkungen im Bereich des rechten Armes seien als gravierend und leistungseinschränkend anzusehen.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Gericht die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört und die Klägerin anschließend nervenärztlich begutachten lassen.

Der Internist Dr. H., bei dem sich die Klägerin in hausärztlicher Behandlung befindet, berichtete, im Vordergrund der Beschwerden stünden die starken Schmerzen im Bereich des rechten Armes mit Paresthesien. Die Klägerin befände sich deswegen in nervenärztlicher Behandlung, dabei sei die Diagnose einer inkompletten oberen Armplexusparese rechts sowie der Verdacht einer Polyneuropathie gestellt worden. Weiterhin leide sie an einem depressiven Syndrom. Die aktuelle Belastbarkeit könne er aufgrund eigener Untersuchungen nicht beantworten. Sofern die Befunde wie im Mai 2004 persistierten, bestünden Bedenken, dass sie noch weiterhin sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten könne.

Der Neurologe und Psychiater Dr. P. führte aus, bereits das Vorliegen der dysthymen Störung führe zu einer erheblichen Leistungsbeeinträchtigung. Auch aufgrund der Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich seien leichte Tätigkeiten über mindestens sechs Stunden täglich derzeit nicht möglich. Schließlich bestehe noch eine leichte bis mittelgradige Schwäche des rechten Armes. Im Lauf der Behandlung habe er des weiteren eine Polyneuropathie an beiden Beinen neu diagnostiziert.

Der Neurologe und Psychiater/Psychotherapeut Dr. S. führte in seinem nervenärztlichen Gutachten aus, die Klägerin leide an einer abgelaufenen Armplexus-Schädigung rechts mit nicht mehr sicher nachweisbaren neurologischen Ausfallerscheinungen, einem Karpaltunnelsyndrom beidseits, einer alten Störung der Nervenwurzel L5 links mit noch geringgradiger Störung der Kraftentfaltung, einer Polyneuropathie sowie einer chronischen Periarthritis humeroscapularis ankylosans rechts mit Rotatorenmanschettendegeneration. Die Schultererkrankung werde seit längerem nicht mehr relevant behandelt und es sei auch keine regelmäßige schmerztherapeutische Maßnahme erforderlich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werde über keinen Bedarf an Schmerzmitteln oder weiterreichenden Maßnahmen berichtet. Auf psychiatrischem Teilgebiet fände sich keine manifeste psychische Störung von Krankheitswert. Die Klägerin sei ernsthaft, nachdenklich bei Besprechung der Thematik, keinesfalls depressiv oder niedergeschlagen. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten. Sie könne durchaus über weite Strecken lachen, auch leicht scherzen und leuchtende Augen bekommen. Der formale Gedankengang sei zusammenhängend. Das Denken sei nicht eingeengt auf depressive Inhalte, es bestehe kein verarmtes Denken. Einzig eine nächtliche Grübelneigung scheine zu bestehen. Das Gefühl einer psychiatrischen Therapiebedürftigkeit bestehe nicht. Die Klägerin könne daher noch leichte Tätigkeiten vollschichtig unter Vermeidung von konstantem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel (über 10 kg), Gehen auf unebenem Boden in der Dämmerung wie Klettern auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten in Zwangshaltung verrichten. Es solle sich um eine Tätigkeit in wechselnder Haltung handeln. Weder die festgestellte Polyneuropathie noch die leichte, noch nachweisbare Störung der Nervenwurzel L5 schränkten die Wegefähigkeit ein.

Mit Urteil vom 29.06.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 14.07.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die abweichenden Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte seien nach den nervenärztlichen Gutachten von Dr. M. und Dr. S. sowie dem orthopädischen Gutachten von Dr. H. nicht überzeugend gewesen. Dr. H. habe die Klägerin letztmalig im Mai 2004 und damit noch vor dem Gutachten von Dr. H. untersucht. Die zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit von Dr. P. ließe sich nicht nachvollziehen. Die vorrangig geltend gemachten Schmerzen und Schwächeerscheinungen im rechten Arm seien multifaktoriell bedingt und führten zwar zu qualitativen Leistungseinschränkungen wie dazu, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kassiererin nicht mehr verrichten könne, nicht aber zur quantitativen Limitierung. Die Veränderungen der Lendenwirbelsäule und des linken Fußes seien geringfügiger Natur und schränkten das Leistungsvermögen nicht weiter ein. Psychische Störungen von solchem Krankheitswert, die eine quantitative Leistungseinschränkung begründeten, lägen bei der Klägerin ebenfalls nach den Gutachten von Dr. M. und Dr. S. nicht vor. Hiergegen spreche auch der gegenüber Dr. S. geschilderte Tagesablauf. Die von der Klägerin dargestellten Haushaltstätigkeiten seien keine leichten Tätigkeiten. Mit den damit insgesamt vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen könne die Klägerin noch eine Tätigkeit als gehobene Bürohilfskraft verrichten. Der Arbeitsbereich, der ehemals nach BAT VIII vergütet worden sei, umfasse die Aufgaben des Öffnens der eingegangenen Post, Anbringens des Eingangsstempels, das Verteilen der Post auf die Abteilungen und Referate entsprechend dem Sachverhalt, Richten von abgehenden Sammelsendungen, Kuvertieren der abgehenden Briefpost und Verpacken von Paketsendungen, Bedienen des Freistemplers entsprechend der Aufgabenverteilung durch den Bearbeiter, Erfassen der Einschreibesendungen entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Postbearbeiter und Befördern der Post entsprechend den Anweisungen des Bearbeiters von und zum Postamt mit anstaltseigenem Fahrzeug. Hierbei handele es sich um körperlich leichte Arbeiten, die in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werden könnten. Heben und Tragen schwerer Lasten, langdauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen und dauernde Überkopfarbeiten fielen nicht an, gleichfalls nicht Akkord- oder Schichtarbeit. Somit werde die Verweisungstätigkeit den gesundheitlichen Anforderungen der Klägerin gerecht. Sie habe auch die erforderlichen Vorkenntnisse durch ihre Ausbildung zur Bürogehilfin erworben, so dass ihr die Verweisungstätigkeit auch sozial zumutbar sei.

Mit ihrer dagegen am 14.08.2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, ihre Einschränkungen im Schulter-Arm sowie im Bereich der Hände und Finger seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Sie könne deswegen nicht in Bürotätigkeiten eingesetzt werden, da diese stets die volle Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes, der rechten Hand und der Finger verlangten. Sie verspüre immer weniger Kraft im rechten Arm und in der rechten Schulter. Auch habe sich das Taubheitsgefühl in den Fingern rechts wie auch im linken Fuß verstärkt. Sie sei in der Badewanne gestürzt und habe sich die rechte Schulter geprellt. Weiterhin habe sich der Zustand der Halswirbelsäule verschlimmert. Sie hat dem Senat noch einen Arztbrief des Radiologen Dr. S. vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Juni 2006 sowie den Bescheid vom 01. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01. Juli 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass der nervenärztliche Gutachter Dr. S. keine Muskelatrophien des rechten Armes habe feststellen können, die bei Mindergebrauch und Mindereinsetzbarkeit des Armes vorliegen würden. Auch beim An- und Auskleiden habe er einen seitengleichen Gebrauch beider Arme bemerkt. Ein Karpaltunnelsyndrom komme in dieser Altersklasse sehr häufig vor und könne problemlos behandelt werden. Eine überdauernde Leistungsminderung resultiere daraus nicht.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat erneut die die Klägerin behandelnden Ärzte befragt und sie anschließend orthopädisch begutachten lassen.

Der Internist Dr. H. berichtete über eine zögerliche Besserung der akut eingetretenen Verschlechterung durch den Sturz in der Badewanne, der zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung geführt habe. Frakturzeichen der rechten Schulter hätten sich nicht gefunden, im Bereich der HWS hätten sich jedoch schwerste degenerative Veränderungen mit Osteochondrose in C5/C6 und ventraler Abstützungsreaktionen sowie rechts skoliotischer Fehlhaltung gezeigt. Die Klägerin sei deshalb nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu arbeiten. Bereits alltägliche Dinge wie Kämmen, Anziehen und den Haushalt zu versorgen, seien sehr eingeschränkt. Auch der Orthopäde Dr. K. berichtete über eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Bereich der Nacken-Schulter-Region rechts mit mäßiger Minderung des Schmerzbildes durch entzündungshemmende und muskelentspannende Maßnahmen. Der Neurologe und Psychiater P., der die Klägerin letztmalig im März 2006 psychiatrisch und im Januar 2007 elektrophysiologisch untersucht hatte, führte aus, der psychische Befund sei zwar nicht so herabgestimmt wie zeitweise im vorausgegangenen Jahr. Die Klägerin leide aber an einer dysthymen Störung, die je nach Schweregrad durchaus für eine Berentung ausreiche. Darüber hinaus sei eine ausgeprägte Somatisierungsstörung vorhanden. Es habe sich eine negative Selbstprognose bei Rentenbegehren eingestellt.

Der Sachverständige, der Unfallchirurg Dr. D. vom M.hospital S., berichtete über eine endgradig eingeschränkte Rechts-Dreh- und Seit-Neig-Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei radiologisch dokumentierten deutlich vermehrten Verschleißerscheinungen im Bewegungssegment C5/C6, eine teilfixierte Rundrückenbildung mit Streckhemmung der brustnahen Brustwirbelsäulen-Hälfte von 10 Grad und radiologisch dokumentierten vermehrten Verschleißerscheinungen im mittleren Brustwirbelsäulen-Drittel nach abgelaufenem Morbus S. sowie einen vermehrten Verschleiß der rechtsseitigen Rotatorenmanschette mit daraus resultierenden endgradig eingeschränkten Beweglichkeiten im rechten Schultergelenk, respektive schmerzhafte Beweglichkeit im rechten Schultergelenk über der Horizontalen. Die Klägerin könne daher nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche unter Vermeidung von regelmäßigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg, häufig gleichförmig gebückter Körperhaltung und häufigem Bücken sowie Überkopfarbeiten verrichten.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst.

Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Senat folgt den vorliegenden Gutachten mit der Argumentation des SG und der Beklagten, wonach die Klägerin noch leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Zwar hat sie die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom 24.07.2003 ergibt. Indessen fehlt es an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im erforderlichen Umfang.

Sie ist vielmehr noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Vermeidung von regelmäßigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg, häufig gleichförmig gebückter Körperhaltung und Arbeiten mit häufigem Bücken sowie Überkopfarbeit 6 Stunden und mehr an 5 Tagen in der Woche zu verrichten. Dies hat bereits das SG in Auswertung der im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. M. und Dr. H. wie des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. ausführlich begründet dargelegt und die Klägerin sozial und gesundheitlich auf eine leichte Bürotätigkeit für verweisbar erachtet, so dass sie auch nicht berufsunfähig ist. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und sieht insofern von einer weiteren Darstellung nach § 153 Abs. 2 SGG ab.

Auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren haben nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Nach dem Gutachten von Dr. D., dem sich der erkennende Senat im vollen Umfang anschließt, leidet die Klägerin primär an einer endgradig eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei deutlich vermehrten Verschleißerscheinungen im Bewegungssegment C4/C6. Dieser Befund begründet indessen keine quantitative Leistungsminderung, sondern steht nur einer mittelschweren und schweren körperlichen Arbeit wie auch dem regelmäßigen Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg entgegen. Für die Richtigkeit der Leistungseinschätzung von Dr. D. sprechen die gefundenen Bewegungsmaße (Kopfvorwärtsneigen bis 50 Grad, Kopfrückwärtsneigen bis 45 Grad möglich, Seitwärtsdrehen nach rechts bis 50 Grad bzw. nach links bis 60 Grad sowie Neigen des Kopfes nach rechts bis 35 Grad, nach links bis 40 Grad), die im altersentsprechenden Normbereich liegen. Soweit die Klägerin nunmehr geltend gemacht hat, dass sie sich demnächst einer CT-Untersuchung der Halswirbelsäule hat unterziehen müssen, so liegt in weiteren diagnostischen Maßnahmen nicht der substanziierte Vortrag einer Verschlechterung gegenüber dem erst im Mai 2007 erhobenen Befund. Der vorgelegte Bericht von Dr. S. bestätigt vielmehr die bekannten Befunde, sagt aber über daraus resultierende Leistungseinschränkungen nichts aus.

Die vermehrten Verschleißerscheinungen im mittleren Brustwirbelsäulen-Drittel nach abgelaufenem Morbus S. finden sich auch in Form der teilfixierten Rundrückenbildung mit Streckhemmung der brustnahen Brustwirbelsäule, die aber ebenfalls nur Arbeiten verbunden mit häufig gleichförmig gebückter Körperhaltung wie solchen mit häufigem Bücken entgegenstehen.

Der Verschleiß der rechtsseitigen Rotatorenmanschette steht allein Überkopfarbeiten entgegen, begründet aber keine Gebrauchsunfähigkeit des rechten Armes, wie von der Klägerin noch mit ihrer Berufung geltend gemacht. Dagegen spricht auch die seitengleich entwickelte Muskulatur der Hände. Auch der Vorgutachter Dr. S. hat bestätigt, dass die Klägerin keine Muskelatrophien aufwies und sich unter Zuhilfenahme beider Arme selbständig an- und auskleiden konnte.

Dass die Klägerin ihren erlernten Beruf als Kassiererin nicht mehr ausüben kann, liegt allein darin begründet, dass sie schwere Lasten über Kopf nicht mehr heben kann. Eine solche Belastung tritt aber nicht bei der ihr benannten Verweisungstätigkeit auf. Hier ist nur eine ganz normale Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderlich. Diese ist hingegen nach der gutachterlichen Feststellung, die in sich schlüssig und widerspruchsfrei ist, nicht eingeschränkt. Vielmehr ist die Muskulatur im Bereich beider Hände, im übrigen auch beider Schultergürtel wie Ober- und Unterarme, regelrecht kräftig ausgeprägt, was eindeutig den behaupteten Mindergebrauch der oberen Gliedmaßen widerlegt. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, spricht auch der von Dr. S. erhobene Tagesablauf dagegen, dass bei der Klägerin keine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände vorliegt. Denn sie ist noch in der Lage, ihren Haushalt selbständig zu versorgen, d.h. teilweise schwere Arbeiten unter Verwendung beider Hände zu verrichten.

Auf nervenärztlichem Gebiet bestehen keine weiteren Störungen von Krankheitswert, wie der Sachverständige Dr. S. überzeugend aufgrund der affektiven Schwingungsfähigkeit der Klägerin bei fehlender Niedergeschlagenheit dargelegt hat. Insofern konnte die abweichende Stellungnahme von Dr. P. nicht überzeugen, zumal er die Klägerin augenblicklich nervenärztlich nicht behandelt, so dass offenbar noch nicht einmal eine Behandlungsbedürftigkeit besteht. Er beschreibt deswegen sogar eine Besserung des psychiatrischen Befundes. Allein eine Dysthymie begründet noch nicht eine quantitative Leistungsminderung, zumal die Klägerin noch über einen geregelten Tagesablauf verfügt. Maßgebend für die rentenrechtliche Leistungsbeurteilung ist aber allein, inwieweit sich aufgrund der subjektiv erlebten Schmerzen oder der Verstimmung eine tatsächliche Beeinträchtigung im alltäglichen Leben ergibt. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 17.04.2007 L 11 R 4066/06). Der Schweregrad psychischer Erkrankungen und Schmerzstörungen wird daher aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Ausgehend davon wird die Klägerin durch die Dysthymie nicht nennenswert eingeschränkt.

Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Rechtskraft
Aus
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