Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 5996/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Wiederaufnahmeklage des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) streitig.
Der 1937 geborene Kläger wurde am 27. Februar 1997 Opfer eine Gewalttat, bei der er einen Faustschlag in den Oberbauch erlitt. Auf seinem u.a. mit den Gesundheitsstörungen Herzschaden, RCX-Verschluss, Kopfschmerzen begründeten Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG stellte das Versorgungsamt Freiburg (VA) mit Bescheid vom 14. August 2001 fest, dass zwischen der erlittenen, inzwischen aber folgenlos abgeheilten Gesundheitsstörung "Oberbauchprellung, Thoraxprellung links" und der Schädigung im Sinne des § 1 OEG ein ursächlicher Zusammenhang bestanden habe, Folgen dieser Verletzung jedoch nicht mehr vorlägen. Aufgrund dieser Feststellung könne nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen eine Übernahme der entstandenen schädigungsbedingten Heilbehandlungskosten durch das VA erfolgen. Die daneben noch geltend gemachten Beschwerden bzw. Gesundheitsstörungen "Herzschaden, RCX-Verschluss, Kopfschmerzen" stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG. Ein Zusammenhang zwischen den insoweit geltend gemachten Gesundheitsstörungen und dem schädigenden Ereignis sei nicht wahrscheinlich. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2001). Dagegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren Klage (S 5 VG 3055/01), als Schädigungsfolgen nach dem OEG eine coronare Herzkrankheit, eine Linksherzhypertrophie sowie Oberbauchschmerzen festzustellen und ihm bis April 2001 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vom Hundert (v.H.) und ab Mai 2001 nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Das SG erhob das Gutachten des Internisten Dr. W. vom 18. Oktober 2002 und wies die Klage mit Urteil vom 21. Mai 2003 im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein Ursachenzusammenhang zwischen dem erlittenen Faustschlag und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen sei nicht wahrscheinlich.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung (L 6 VG 3616/03) zum Landessozialgericht (LSG), mit der er weiterhin geltend machte, die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen seien Folge des Faustschlags vom 27. Februar 1997. Der Senat erhob das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. P. vom 12. Januar 2005 sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das internistische Gutachten vom 24. Juli 2005, das der Oberarzt der Abteilung Innere Medizin IV der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums F., Dr. D., gemeinsam mit Dr. W. erstattete. Mit Urteil vom 15. Dezember 2005 wies der Senat die Berufung des Klägers mit der Begründung zurück, weder die coronare Herzkrankheit noch die Linksherzhypertrophie könnten nach den Gutachten des Dr. W. und des Dr. D. mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückgeführt werden. Die gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Beschwerde (B 9a VG 1/06) wurde mit Beschluss vom 06. April 2006 als unzulässig verworfen.
Am 30. November 2006 hat der Kläger beim LSG beantragt, das Verfahren L 6 VG 3616/03 wieder aufzunehmen und ihm eine Rente nach einer MdE um mindestens 80 v.H. zu gewähren. Er macht geltend, Arztbriefe aus jüngster Zeit belegten, dass seine Aorta abdominalis ein Aneurysma aufweise. Dieses sei nachweisbar bereits bei Erstattung der Gutachten durch Dr. W. und die Ärzte der Universitätsklinik F. vorhanden gewesen. Entgegen den Ausführungen in den eingeholten Gutachten liege bei ihm auch keine generalisierte Arteriosklerose vor, was ohne weiteres durch seine sportlichen Aktivitäten belegt werde. Die Gutachten seien demnach falsch, was ausführlich begründete wurde. Gegen die Ärzte der Universitätsklinik F. habe er Strafanzeige gestellt, worauf er von der Staatsanwaltschaft Freiburg zwischenzeitlich die Mitteilung erhalten habe, dass er diese Gutachten als schriftliche Lügen zu betrachten habe. Ursache all seiner Erkrankungen sei allein der Faustschlag vom 27. Februar 1997. Ohne Kenntnis der wahren Ergebnisse der seinerzeit erlittenen Verletzungen könne der geltend gemachte Anspruch nicht zutreffend beurteilt werden, weshalb das Verfahren wieder aufzunehmen sei. Der Kläger hat zahlreiche Unterlagen vorgelegt, insbesondere in der mündlichen Verhandlung die von Dr. W. am 09. April 1997 gefertigten Sonographieaufnahmen, deren Herausgabe Dr. W. in der Vergangenheit mit der Begründung verweigert habe, diese seien verblichen. Zusammen mit weiteren Behandlungsunterlagen seien ihm diese vor ca. drei Jahren von der Praxisnachfolgerin des Dr. W. ausgehändigt worden. Erst am 13. Mai 2007 habe er sie in dem ihm seinerzeit übergebenen Umschlag vorgefunden. Die Aufnahmen belegten einen großen Bluterguss im Oberbauch, der nicht behandelt worden und die Ursache für alle seine Übel sei.
Der Kläger beantragt,
das Verfahren L 6 VG 3616/03 wieder aufzunehmen und den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Mai 2003 und Abänderung des Bescheids vom 14. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2001 zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolgen nach dem OEG koronare Herzkrankheit, Linksherzhypertrophie, Oberbauchbeschwerden und ein Aneurysma der Bauchaorta anzuerkennen und ihm deswegen Rente nach einer MdE um 80 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage als unzulässig zu verwerfen.
Den Ausführungen des Klägers seien Wiederaufnahmegründe nicht zu entnehmen. Diese beschränkten sich auf die seiner Ansicht nach unzureichende Beweiswürdigung durch die früheren Gutachter.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten der Verfahren S 5 VG 3055/01 und L 6 VG 3616/03 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens L 6 VG 3616/03 ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen. Denn der Kläger hat keinen zulässigen Anfechtungsgrund im Sinne des § 179 SGG i. V. m. §§ 579, 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) behauptet.
Gemäß § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Dabei findet nach § 579 Abs. 1 ZPO die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3) oder wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). Die Restitutionsklage findet gemäß § 580 ZPO statt, wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat (Nr. 1), wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war (Nr. 2), wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3), wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist (Nr. 4), wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5), wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist (Nr. 6) oder wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes früher rechtskräftig gewordenes Urteil (Nr. 7 Buchst. a) oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (Nr. 7 Buchst. b). Dabei findet in den Fällen der Nrn. 1-5 die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (§ 581 Abs. 1 ZPO). Die Klagen nach den §§ 579,580 ZPO sind vor Ablauf einer Notfrist von einem Monat zu erheben (§ 586 Abs. 1 ZPO), wobei die Frist mit dem Tage beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft (§ 586 Abs. 2 ZPO).
Der Kläger begründet sein Begehren im Wesentlichen damit, dass die in dem vorausgegangenen Klage- bzw. Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. W. sowie der Dres. D. und W. fehlerhaft seien, da diese Sachverständigen von falschen Voraussetzungen ausgegangen seien, weil sie das Vorliegen einer generalisierten Arteriosklerose zugrunde gelegt hätten und das auch seinerzeit schon vorliegende Aneurysma nicht objektiviert und daher bei der Beurteilung unberücksichtigt gelassen hätten. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger jedoch weder Nichtigkeits- noch Restitutionsgründe im Sinne der dargelegten Regelungen geltend gemacht. Insbesondere hat er damit keinen Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO behauptet. Denn im Sinne dieser Regelungen hat er weder geltend gemacht, dass sich das Urteil des LSG auf eine im Sinne der §§ 267ff. des Strafgesetzbuchs (StGB) gefälschte Urkunde stütze, noch dass die Sachverständigen, auf deren Gutachten sich der Senat gestützt hat, sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hätten.
Der Kläger macht im Wesentlichen lediglich die inhaltliche Unrichtigkeit der dem Urteil zugrunde liegenden Gutachten geltend, weil die von den Sachverständigen erhobenen Tatsachen unzutreffend gewesen seien und sie auf dieser Grundlage auch nicht zu zutreffenden Ergebnissen hätten gelangen können. Auf dieses Vorbringen kann eine Wiederaufnahmeklage nicht erfolgreich gestützt werden. Denn die insoweit allein in Betracht kommende Restitutionsklage dient nicht dazu, den Beteiligten eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren eine erneute Sachprüfung zu ermöglichen, weil die richterliche Entscheidung, die sich auf ein für fehlerhaft erachtetes Gutachten stützt, nicht als zutreffend beurteilt wird. Eine erneute Befassung mit der Rechtssache soll vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn dem Urteil eine strafbare Handlung zugrunde liegt, sei es, dass sich dies auf eine im Sinne der §§ 267 ff StGB gefälschte Urkunde stützt oder auf ein Gutachten, hinsichtlich dessen der entsprechende Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht im Sinne der §§ 153 bis156 oder § 163 StGB schuldig gemacht hat. Entsprechendes hat der Kläger jedoch weder behauptet, noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor. Dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 30. März 2007 ist demgegenüber sogar ausdrücklich zu entnehmen, dass zureichende Anhaltspunkte für strafrechtlich verfolgbare Taten der angesprochenen Art nicht vorliegen und der Strafanzeige des Klägers daher auch keine Folge geleistet wurde.
Der Kläger hat darüber hinaus auch keinen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b) ZPO behauptet. Denn es ist nicht erkennbar, dass es sich bei den vom Kläger in den Behandlungsunterlagen des Dr. W. aufgefundenen Sonographieaufnahmen vom 09. April 1997 um Urkunden im Sinne dieser Regelung handelt, die eine ihm günstigere Entscheidung im Vorprozess herbeigeführt haben würden. Urkunde im Sinne der ZPO ist die Verkörperung einer Gedankenerklärung in Schriftzeichen, wobei Beweisgegenstand der Gedankeninhalt des Schriftstücks ist. Danach handelt es sich bei den Sonographieaufnahmen nicht um Urkunden, sondern wie bei Fotos um Augenscheinobjekte (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, Übers. § 371, Rdnr. 17). Die in Rede stehenden Aufnahmen dienen nämlich dazu, die Beschaffenheit des Körpers bzw. von dessen Organen zu visualisieren und stellen damit keine verkörperte Form einer Gedankenerklärung dar. Dem gegenüber stellt der Arztbrief des Dr. W. vom 09. April 1997, in dem er als Ergebnis dieser Untersuchung aber gerade einen unauffälligen Befund beschreibt, eine Urkunde dar. Diese wurde bereits im Verwaltungsverfahren aktenkundig und ist daher Gegenstand der in dem früheren Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten geworden. Aus welchen Gründen die nunmehr aufgefundenen Aufnahmen zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können, ist für den Senat nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Denn auch unterstellt, Dr. W. habe die Herausgabe der Aufnahmen - wie vom Kläger angegeben - seinerzeit tatsächlich mit der Begründung verweigert, die Aufnahmen seien verblichen, rechtfertigt dies nicht die vom Kläger offenbar gezogene Schlussfolgerung, am 09. April 1997 sei ein pathologischer Befund erhoben worden, bei dessen Kenntnis dem von ihm geltend gemachten Anspruch voll Rechnung getragen worden wäre. Denn eine ärztliche Äußerung, wonach Dr. W. in seinem Arztbrief vom 09. April 1997 die vorgelegten Aufnahmen fehlerhaft gedeutet hätte, hat der Kläger gerade nicht vorgelegt. Anhaltspunkte für eine derartige Annahme vermag der Senat im Übrigen auch nicht zu erkennen.
Angesichts dessen konnte die Wiederaufnahmeklage des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) streitig.
Der 1937 geborene Kläger wurde am 27. Februar 1997 Opfer eine Gewalttat, bei der er einen Faustschlag in den Oberbauch erlitt. Auf seinem u.a. mit den Gesundheitsstörungen Herzschaden, RCX-Verschluss, Kopfschmerzen begründeten Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG stellte das Versorgungsamt Freiburg (VA) mit Bescheid vom 14. August 2001 fest, dass zwischen der erlittenen, inzwischen aber folgenlos abgeheilten Gesundheitsstörung "Oberbauchprellung, Thoraxprellung links" und der Schädigung im Sinne des § 1 OEG ein ursächlicher Zusammenhang bestanden habe, Folgen dieser Verletzung jedoch nicht mehr vorlägen. Aufgrund dieser Feststellung könne nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen eine Übernahme der entstandenen schädigungsbedingten Heilbehandlungskosten durch das VA erfolgen. Die daneben noch geltend gemachten Beschwerden bzw. Gesundheitsstörungen "Herzschaden, RCX-Verschluss, Kopfschmerzen" stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG. Ein Zusammenhang zwischen den insoweit geltend gemachten Gesundheitsstörungen und dem schädigenden Ereignis sei nicht wahrscheinlich. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2001). Dagegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren Klage (S 5 VG 3055/01), als Schädigungsfolgen nach dem OEG eine coronare Herzkrankheit, eine Linksherzhypertrophie sowie Oberbauchschmerzen festzustellen und ihm bis April 2001 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vom Hundert (v.H.) und ab Mai 2001 nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Das SG erhob das Gutachten des Internisten Dr. W. vom 18. Oktober 2002 und wies die Klage mit Urteil vom 21. Mai 2003 im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein Ursachenzusammenhang zwischen dem erlittenen Faustschlag und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen sei nicht wahrscheinlich.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung (L 6 VG 3616/03) zum Landessozialgericht (LSG), mit der er weiterhin geltend machte, die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen seien Folge des Faustschlags vom 27. Februar 1997. Der Senat erhob das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. P. vom 12. Januar 2005 sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das internistische Gutachten vom 24. Juli 2005, das der Oberarzt der Abteilung Innere Medizin IV der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums F., Dr. D., gemeinsam mit Dr. W. erstattete. Mit Urteil vom 15. Dezember 2005 wies der Senat die Berufung des Klägers mit der Begründung zurück, weder die coronare Herzkrankheit noch die Linksherzhypertrophie könnten nach den Gutachten des Dr. W. und des Dr. D. mit Wahrscheinlichkeit auf den Faustschlag zurückgeführt werden. Die gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Beschwerde (B 9a VG 1/06) wurde mit Beschluss vom 06. April 2006 als unzulässig verworfen.
Am 30. November 2006 hat der Kläger beim LSG beantragt, das Verfahren L 6 VG 3616/03 wieder aufzunehmen und ihm eine Rente nach einer MdE um mindestens 80 v.H. zu gewähren. Er macht geltend, Arztbriefe aus jüngster Zeit belegten, dass seine Aorta abdominalis ein Aneurysma aufweise. Dieses sei nachweisbar bereits bei Erstattung der Gutachten durch Dr. W. und die Ärzte der Universitätsklinik F. vorhanden gewesen. Entgegen den Ausführungen in den eingeholten Gutachten liege bei ihm auch keine generalisierte Arteriosklerose vor, was ohne weiteres durch seine sportlichen Aktivitäten belegt werde. Die Gutachten seien demnach falsch, was ausführlich begründete wurde. Gegen die Ärzte der Universitätsklinik F. habe er Strafanzeige gestellt, worauf er von der Staatsanwaltschaft Freiburg zwischenzeitlich die Mitteilung erhalten habe, dass er diese Gutachten als schriftliche Lügen zu betrachten habe. Ursache all seiner Erkrankungen sei allein der Faustschlag vom 27. Februar 1997. Ohne Kenntnis der wahren Ergebnisse der seinerzeit erlittenen Verletzungen könne der geltend gemachte Anspruch nicht zutreffend beurteilt werden, weshalb das Verfahren wieder aufzunehmen sei. Der Kläger hat zahlreiche Unterlagen vorgelegt, insbesondere in der mündlichen Verhandlung die von Dr. W. am 09. April 1997 gefertigten Sonographieaufnahmen, deren Herausgabe Dr. W. in der Vergangenheit mit der Begründung verweigert habe, diese seien verblichen. Zusammen mit weiteren Behandlungsunterlagen seien ihm diese vor ca. drei Jahren von der Praxisnachfolgerin des Dr. W. ausgehändigt worden. Erst am 13. Mai 2007 habe er sie in dem ihm seinerzeit übergebenen Umschlag vorgefunden. Die Aufnahmen belegten einen großen Bluterguss im Oberbauch, der nicht behandelt worden und die Ursache für alle seine Übel sei.
Der Kläger beantragt,
das Verfahren L 6 VG 3616/03 wieder aufzunehmen und den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Mai 2003 und Abänderung des Bescheids vom 14. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2001 zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolgen nach dem OEG koronare Herzkrankheit, Linksherzhypertrophie, Oberbauchbeschwerden und ein Aneurysma der Bauchaorta anzuerkennen und ihm deswegen Rente nach einer MdE um 80 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage als unzulässig zu verwerfen.
Den Ausführungen des Klägers seien Wiederaufnahmegründe nicht zu entnehmen. Diese beschränkten sich auf die seiner Ansicht nach unzureichende Beweiswürdigung durch die früheren Gutachter.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten der Verfahren S 5 VG 3055/01 und L 6 VG 3616/03 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens L 6 VG 3616/03 ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen. Denn der Kläger hat keinen zulässigen Anfechtungsgrund im Sinne des § 179 SGG i. V. m. §§ 579, 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) behauptet.
Gemäß § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Dabei findet nach § 579 Abs. 1 ZPO die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3) oder wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). Die Restitutionsklage findet gemäß § 580 ZPO statt, wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat (Nr. 1), wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war (Nr. 2), wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3), wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist (Nr. 4), wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5), wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist (Nr. 6) oder wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes früher rechtskräftig gewordenes Urteil (Nr. 7 Buchst. a) oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (Nr. 7 Buchst. b). Dabei findet in den Fällen der Nrn. 1-5 die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (§ 581 Abs. 1 ZPO). Die Klagen nach den §§ 579,580 ZPO sind vor Ablauf einer Notfrist von einem Monat zu erheben (§ 586 Abs. 1 ZPO), wobei die Frist mit dem Tage beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft (§ 586 Abs. 2 ZPO).
Der Kläger begründet sein Begehren im Wesentlichen damit, dass die in dem vorausgegangenen Klage- bzw. Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. W. sowie der Dres. D. und W. fehlerhaft seien, da diese Sachverständigen von falschen Voraussetzungen ausgegangen seien, weil sie das Vorliegen einer generalisierten Arteriosklerose zugrunde gelegt hätten und das auch seinerzeit schon vorliegende Aneurysma nicht objektiviert und daher bei der Beurteilung unberücksichtigt gelassen hätten. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger jedoch weder Nichtigkeits- noch Restitutionsgründe im Sinne der dargelegten Regelungen geltend gemacht. Insbesondere hat er damit keinen Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO behauptet. Denn im Sinne dieser Regelungen hat er weder geltend gemacht, dass sich das Urteil des LSG auf eine im Sinne der §§ 267ff. des Strafgesetzbuchs (StGB) gefälschte Urkunde stütze, noch dass die Sachverständigen, auf deren Gutachten sich der Senat gestützt hat, sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hätten.
Der Kläger macht im Wesentlichen lediglich die inhaltliche Unrichtigkeit der dem Urteil zugrunde liegenden Gutachten geltend, weil die von den Sachverständigen erhobenen Tatsachen unzutreffend gewesen seien und sie auf dieser Grundlage auch nicht zu zutreffenden Ergebnissen hätten gelangen können. Auf dieses Vorbringen kann eine Wiederaufnahmeklage nicht erfolgreich gestützt werden. Denn die insoweit allein in Betracht kommende Restitutionsklage dient nicht dazu, den Beteiligten eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren eine erneute Sachprüfung zu ermöglichen, weil die richterliche Entscheidung, die sich auf ein für fehlerhaft erachtetes Gutachten stützt, nicht als zutreffend beurteilt wird. Eine erneute Befassung mit der Rechtssache soll vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn dem Urteil eine strafbare Handlung zugrunde liegt, sei es, dass sich dies auf eine im Sinne der §§ 267 ff StGB gefälschte Urkunde stützt oder auf ein Gutachten, hinsichtlich dessen der entsprechende Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht im Sinne der §§ 153 bis156 oder § 163 StGB schuldig gemacht hat. Entsprechendes hat der Kläger jedoch weder behauptet, noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor. Dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 30. März 2007 ist demgegenüber sogar ausdrücklich zu entnehmen, dass zureichende Anhaltspunkte für strafrechtlich verfolgbare Taten der angesprochenen Art nicht vorliegen und der Strafanzeige des Klägers daher auch keine Folge geleistet wurde.
Der Kläger hat darüber hinaus auch keinen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b) ZPO behauptet. Denn es ist nicht erkennbar, dass es sich bei den vom Kläger in den Behandlungsunterlagen des Dr. W. aufgefundenen Sonographieaufnahmen vom 09. April 1997 um Urkunden im Sinne dieser Regelung handelt, die eine ihm günstigere Entscheidung im Vorprozess herbeigeführt haben würden. Urkunde im Sinne der ZPO ist die Verkörperung einer Gedankenerklärung in Schriftzeichen, wobei Beweisgegenstand der Gedankeninhalt des Schriftstücks ist. Danach handelt es sich bei den Sonographieaufnahmen nicht um Urkunden, sondern wie bei Fotos um Augenscheinobjekte (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, Übers. § 371, Rdnr. 17). Die in Rede stehenden Aufnahmen dienen nämlich dazu, die Beschaffenheit des Körpers bzw. von dessen Organen zu visualisieren und stellen damit keine verkörperte Form einer Gedankenerklärung dar. Dem gegenüber stellt der Arztbrief des Dr. W. vom 09. April 1997, in dem er als Ergebnis dieser Untersuchung aber gerade einen unauffälligen Befund beschreibt, eine Urkunde dar. Diese wurde bereits im Verwaltungsverfahren aktenkundig und ist daher Gegenstand der in dem früheren Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten geworden. Aus welchen Gründen die nunmehr aufgefundenen Aufnahmen zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können, ist für den Senat nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Denn auch unterstellt, Dr. W. habe die Herausgabe der Aufnahmen - wie vom Kläger angegeben - seinerzeit tatsächlich mit der Begründung verweigert, die Aufnahmen seien verblichen, rechtfertigt dies nicht die vom Kläger offenbar gezogene Schlussfolgerung, am 09. April 1997 sei ein pathologischer Befund erhoben worden, bei dessen Kenntnis dem von ihm geltend gemachten Anspruch voll Rechnung getragen worden wäre. Denn eine ärztliche Äußerung, wonach Dr. W. in seinem Arztbrief vom 09. April 1997 die vorgelegten Aufnahmen fehlerhaft gedeutet hätte, hat der Kläger gerade nicht vorgelegt. Anhaltspunkte für eine derartige Annahme vermag der Senat im Übrigen auch nicht zu erkennen.
Angesichts dessen konnte die Wiederaufnahmeklage des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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