L 12 R 3553/07 KO-A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 R 3553/07 KO-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Wiedereinsetzung in die Frist des § 2 Abs. 2 JVEG für die Geltendmachung der Vergütung für das Gutachten vom 20.03.2007 wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller hat in dem beim Landessozialgericht anhängigen Hauptsacheverfahren L 8 SB 376/04 aufgrund Auftrags vom 24.01.2007 am 20.03.2007 ein augenärztliches Gutachten angefertigt, welches er dem Landessozialgericht am 02.04.2007 vorgelegt hat.

Mit Rechnung vom 03.07.2007, eingegangen beim Landessozialgericht am 04.07.2007 (Mittwoch), machte die Privatärztliche Verrechnungsstelle (PVS) die Liquidation des Antragstellers für dieses Gutachten geltend.

Mit Schreiben vom 04.07.2007 teilte der Kostenbeamte der PVS mit, dass der Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erloschen sei. Hierbei wies er auf die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist und darauf hin, dass im Antrag auf Wiedereinsetzung glaubhafte Tatsachen zu den Hinderungsgründen für eine fristgemäße Geltendmachung des Vergütungsanspruchs vorzubringen sind.

Mit Fax vom 20.07.2007 beantragte die PVS, bevollmächtigt durch den Antragsteller, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte sie aus, dass der Antragsteller alle Unterlagen sehr zeitnah an die PVS weitergeleitet habe, so dass eine fristgerechte Geltendmachung der Vergütung seitens der PVS möglich gewesen wäre. Weshalb die zuständige Sachbearbeiterin die Frist habe verstreichen lassen, könne derzeit nicht überprüft werden, weil sich die Sachbearbeiterin im Jahresurlaub befinde. Im Hinblick auf die Tatsache, dass der Antragsteller regelmäßig als Gutachter für das Landessozialgericht tätig sei und dass der PVS erstmalig dieses Versehen unterlaufe, werde um wohlwollende Prüfung des Antrags auf Wiedereinsetzung gebeten.

Die PVS ist mit Verfügung vom 13.08.2007 aufgefordert worden, eine Stellungnahme der zuständigen Sachbearbeiterin zu den Gründen für die Verspätung vorzulegen sowie Angaben zu der Lage des Jahresurlaubs dieser Sachbearbeiterin zu machen.

Mit Schreiben vom 03.09.2007 hat die zuständige Sachbearbeiterin dargelegt, dass sie ihren Jahresurlaub vom 09. bis zum 27.07.2007 verbracht hat. Die vor Antritt des Urlaubs noch zu erledigenden Aufgaben habe sie in einen Ablagekorb auf ihren Schreibtisch gelegt, ohne jedoch eine Sortierung nach Fristangelegenheiten vorzunehmen. Bei der Abgabe der Angelegenheit an ihre Urlaubsvertretung habe sie dann versäumt, auf den drohenden Fristablauf hinzuweisen. Sie habe ihre Arbeitsweise jetzt dahingehend geändert, dass nunmehr eine Fristenmappe und ein elektronischer Kalender getrennt auf ablaufende Fristen hinweisen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach § 2 Abs. 2 JVEG sind nicht erfüllt.

Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) Anwendung, weil der Gutachtensauftrag dem Antragsteller nach dem 30.6.2004 erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG).

Der Senat entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den hierzu bestimmten Einzelrichter.

Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in die Dreimonatsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG ist, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und er binnen der Zweiwochenfrist des § 2 Abs. 2 JVEG seinen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft dargelegt.

Ausreichende Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht vorgelegt worden, weswegen offengelassen werden kann, ob die vorgebrachten Gründe in der Zweiwochenfrist des § 2 Abs. 2 JVEG vorgetragen worden sind.

Für eine Wiedereinsetzung darf die Versäumnis der Frist für einen gewissenhaften Antragsteller auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht vermeidbar gewesen sein (BSG GrS SozR 1500 § 67 Nr. 1). Hierbei ist auf die persönlichen Verhältnisse, insbesondere Bildungsgrad und Rechtserfahrung, abzustellen (BSG SozR 1500 § 67 Nr. 21). Da die PVS gewerbsmäßig ärztliche Rechnungen erstellt und verwaltet, ist hier ein hoher Maßstab anzulegen.

Der Vortrag der Sachbearbeiterin der PVS geht dahin, die Übergabe der Vergütungsangelegenheit im Zusammenhang mit ihrem Jahresurlaub habe wegen eines einmaligen Versehens zu der Verfristung der Antragstellung geführt. Dies kann anhand des zeitlichen Ablaufs jedoch nicht nachvollzogen werden, weil die Frist bereits am 02.07.2007 abgelaufen ist und der Jahresurlaub der Sachbearbeiterin der PVS erst am 09.07.2007 begann. Die Frist ist mithin bereits eine Woche vor dem Urlaubsbeginn der Sachbearbeiterin abgelaufen, weswegen Ereignisse im Zusammenhang mit der Urlaubsvertretung nicht ausschlaggebend für die Fristversäumung gewesen sein können.

Dem Vortrag der Sachbearbeiterin der PVS lässt sich darüber hinaus entnehmen, dass vor dem vorliegenden Vorfall weder eine Fristenmappe noch ein elektronischer Fristenkalender geführt worden sind. Da nicht ersichtlich ist, dass auf sonstige Weise für die Einhaltung der Fristen Sorge getragen wurde, ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die fristwahrende Geltendmachung von Vergütungen eine unzureichende Organisation vorlag, weshalb die Fristversäumung dem Verantwortungsbereich der PVS zuzurechnen ist.

Insofern kann auch offen gelassen werden, ob es sich tatsächlich, wie vorgetragen wird, um ein erstmaliges Versäumnis der PVS handelt, weil § 2 Abs. 2 JVEG nicht die Möglichkeit bietet, bei einem erstmaligen Fristversäumnis einen anderen Maßstab an das Verschulden anzulegen als bei einem wiederholten Fristversäumnis. In beiden Fällen ist zu prüfen, ob die Versäumnis ohne eigenes Verschulden erfolgte, wobei es allerdings naheliegen kann, bei einem wiederholten Fristversäumnis - wegen der bereits gemachten Erfahrung - das Vorliegen eines Verschuldens leichter zu bejahen.

Sofern der Antragsteller sich der PVS bedient, um seine Vergütung durchzusetzen, kann er sich nicht darauf berufen, dass ihn selbst kein Verschulden an der Verfristung trifft, da das Verschulden der PVS bzw. ihrer Mitarbeiter dem Antragsteller wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist. Anderenfalls käme es zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung von Ärzten, die nicht die Dienste einer ausgelagerten Rechnungsverwaltung in Anspruch nehmen. Zwar darf grundsätzlich ein Verschulden nicht angenommen werden, wenn der Grund für die Verzögerung nicht in der Sphäre des Betroffenen liegt (BVerfG NJW 97, 1770). Jedoch ist das Verschulden eines Vertreters nach allgemeiner Meinung immer zuzurechnen (vgl. hierzu BVerfG 60, 253). Dies gilt auch für rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter wie vorliegend die PVS (vgl. SG Freiburg, NJW 87, 701).

Etwas anderes gilt lediglich für eine nicht vertretungsberechtigte Hilfsperson, die etwa bei Abfassung der Rechnung oder Zustellung der Rechnung behilflich geworden und von dem Auftraggeber sorgfältig ausgewählt und überwacht worden ist (vgl. BVerwG NJW 92, 63). Da die PVS jedoch rechtgeschäftlich bevollmächtigt war und keine Hilfsperson ohne Vertretungsmacht war, lässt sich die umfangreiche Rechtsprechung zur Frage der Wiedereinsetzung im Falle einer erstmaligen Fristversäumnis durch eine solche Hilfsperson vorliegend nicht im Sinne des Antrags auf Wiedereinsetzung nutzbar machen.

Im Übrigen rechtfertigt es auch die Kürze der Fristversäumnis (hier: 2 Werktage) für sich genommen nicht die Wiedereinsetzung (BVerwG Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 71).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 2 Abs. 2 Satz 6 JVEG i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG.
Rechtskraft
Aus
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