L 10 U 5148/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2316/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 5148/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 02.10.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger ein Unfallereignis vorliegt.

Der am 1957 in Indien geborene Kläger kam 1979 nach Deutschland und absolvierte hier eine Ausbildung zum Sozialpädagogen. Ab 1998 arbeitete er beim Evangelischen Jugendheim in Herbrechtingen, wo er zusammen mit seiner Ehefrau - ebenfalls Sozialpädagogin - eine Außenwohngruppe betreute, in der Jungen und Mädchen untergebracht waren. Er hatte dort schon während der Ausbildungszeit ab 1995 Praktika absolviert. Das Ehepaar bewohnte zusammen mit der gemeinsamen Tochter eine eigene Wohnung in der Außenwohngruppe.

Auf Grund einer Strafanzeige im Juli 1999 kam es zu einem Strafverfahren gegen den Kläger vor dem Amtsgericht H. (Ls 15 Js 20022/99 - 2 AK 41/99) wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, als dessen Folge der Kläger seinen Arbeitsplatz verlor. Vor dem Amtsgerichts wurde - neben den beiden geschädigten Mädchen - auch die Schülerin W. als Zeugin über Erzählungen eines der geschädigten Mädchen ihr gegenüber einen der Vorfälle betreffend vernommen, ebenso der Polizeibeamte P ... Er sagte im Wesentlichen aus, anlässlich der polizeilichen Aufnahme einer Sachbeschädigung in der Außenwohngruppe im Jahre 1999 habe der Kläger geäußert: "Wenn man die nicht alle vier Wochen mal vögelt, dann sind sie nicht glücklich". Mit Urteil vom 14.04.2000 wurde der Kläger vom Amtsgericht freigesprochen. Ab dem Folgetag war der Kläger, der für die Teilnahme an der Verhandlung vom Arbeitgeber unter Fortzahlung der Bezüge von seiner eigentlichen Tätigkeit freigestellt worden war, arbeitsunfähig und bezog Krankengeld bis zum 13.10.2001. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft E. hob das Landgericht E. (Urteil vom 13.02.2001, Ns 15 Js 20022/99 - 3 AK 66/2000), das u.a. den Polizeibeamten P. erneut als Zeugen vernommen hatte, das Urteil des Amtsgerichts H. auf und verurteilte den Kläger wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die dagegen eingelegte Revision wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts S. vom 17.12.2001 (3 Ss 271/2001) als unbegründet verworfen. Die Strafkammer war im Wesentlichen auf Grund der Angaben der Geschädigten zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in den Jahren 1995 und 1999 an den zwei zur Tatzeit 15 - bzw. 16- jährigen Mädchen, die ihm zur Betreuung in der Lebensführung in einer Außenwohngruppe des Jugendheimes anvertraut gewesen seien, sexuelle Handlungen vorgenommen habe, indem er u.a. ihre Brüste berührt und massiert habe. Auf die Aussage der Zeugin W. und jene des Zeugen P. stützte sich die Strafkammer nur am Rande. Zur weiteren Feststellung wird auf das Strafurteil verwiesen.

Am 13.02.2001 erstattete der Kläger Anzeige gegen den Zeugen P. , weil dieser am 14.04.2001 vor dem Amtsgericht H. einen Meineid geleistet habe. Mit Verfügung vom 25.09.2001 wurde das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft E. (44 Js 3159/01) gem. § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. Der Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung über den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft S. vom 28.11.2001 wurde mit Beschluss des OLG S. vom 02.01.2002 als unzulässig verworfen (3 Ws 230/2001).

Am 26.10.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Zur Begründung gab er an, insbesondere auf Grund einer Falschaussage des Zeugen P. vor dem Amtsgericht als auch vor dem Landgericht habe ihn das Landgericht E. zu Unrecht verurteilt. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei derzeit noch ein Verfahren gegen dieses Urteil anhängig. Die Aussage des Zeugen P. sei ein vorsätzlicher tätlicher Angriff gegen seine Person und seine Würde, der darauf gezielt gewesen sei, auf seine Verurteilung hinzuwirken und seine berufliche Existenz zu vernichten. Sowohl das Strafmaß im Urteil des Landgerichts E. als auch die Maßregel, ihn der Aufsicht eines Bewährungshelfers zu unterstellen, hätten bei ihm Ängste und Depressionen ausgelöst. Seit dem Urteil des Amtsgerichts H. sei er krank gewesen (posttraumatische Belastungsstörung).

Mit Bescheid vom 26.11.2001 und Widerspruchsbescheid vom 22.08.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe durch die Aussage des Polizeibeamten keinen Arbeitsunfall erlitten. Allein die Tatsache, dass die Gerichtsverhandlung und die polizeilichen Aussagen im Zusammenhang mit Verfehlungen während der dienstlichen Tätigkeit in den Evangelischen Jugendheimen H. erfolgten, reiche für die Anerkennung eines Vorgangs als Arbeitsunfall nicht aus, denn die Verfehlungen stünden in keinem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit.

Dagegen hat der Kläger am 12.09.2002 Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben und ergänzend vorgebracht, er habe die Verhandlung vor dem Amtsgericht H. , in der die Falschaussage des Zeugen P. gemacht worden sei, während seiner Dienstzeit, also in der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit wahrgenommen. Die Hauptverhandlungen beim Amtsgericht H. und beim Landgericht E. hätten jeweils ca. zwei bis zweieinhalb Tage gedauert. Die Aussage des Zeugen P. , auf die er seinen Rentenanspruch stütze, habe lediglich zehn Minuten gedauert. Er leide unter seelischen Störungen, sei aber derzeit bei keinem Arzt in Behandlung.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls und auf Gewährung von Verletztenrente. Der Kläger habe die behaupteten psychischen Verletzungen nicht durch eine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) erlitten, womit ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII nicht vorliege. Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Strafprozess, insbesondere die Wahrnehmung einer Strafverhandlung als Angeklagter, seien grundsätzlich dem eigenwirtschaftlichen und damit dem nichtversicherten Bereich zuzurechnen und gehörten nicht zu den gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeiten, auch dann nicht, wenn die angeklagte Straftat einen Bezug zu der versicherten Tätigkeit biete und auch ungeachtet der Tatsache, ob der Strafprozess während der Arbeitszeit stattfinde.

Gegen den am 10.10.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.10.2006 Berufung eingelegt und vorgebracht, der Gerichtsbescheid verletze sein Grundrecht aus Artikel 20 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG). Sein Versicherungsschutz ergebe sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII. Ihm sei ein seelischer sowie ein beruflicher Schaden durch die strafrechtliche Verurteilung und Erniedrigung in der Öffentlichkeit als Sexualstraftäter entstanden, ausgelöst durch die Aussagen der Zeugen W. und P ...

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 02.10.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2002 aufzuheben und festzustellen, dass die Aussage des Polizeibeamten P. und die Verurteilung als solche im strafgerichtlichen Verfahren ein Arbeitsunfall waren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die vom Senat beigezogenen Strafakten des Amtsgerichts H. und des Landgerichts Ellwangen, die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.

Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erheben. Dies hat der Kläger auch getan.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist erforderlich (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4 m.w.N.), dass das Verhalten des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versi¬cherten.

Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Recht¬sprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu die¬nen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten, erfolgen. Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, das heißt die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt entsprechend voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvoll¬ziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Wie bei allen anderen Zurechnungsentscheidungen sind für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes alle Umstände des Einzelfalls und das sich daraus ergebende Gesamtbild in Betracht zu ziehen.

Der Senat kann schon nicht nachvollziehen, dass der Kläger gerade durch die Aussage des Zeugen P. einen Gesundheitsschaden erlitten haben will. Zum einen stellt sich die Aussage dieses Zeugen gegenüber den Aussagen der Geschädigten als zweitrangig dar. Zum anderen wurde der Kläger trotz der Aussage des Zeugen P. (und der Geschädigten) vom Amtsgericht freigesprochen. Der Senat geht vielmehr davon aus und dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich so bestätigt, dass die vom Kläger angegebenen psychischen Störungen, die er seit der Verhandlung vor dem Amtsgericht zu haben behauptet, Folge der psychischen Belastungen durch das viele Monate dauernde Ermittlungs- und Strafverfahren vor dem Amtsgericht sind. Allein dies ist angesichts der Schwere der damaligen Anschuldigungen und der damit zusammenhängenden Existenzbedrohung des Klägers nachvollziehbar. Damit aber fehlt es an einem Arbeitsunfall im Sinne eines zeitlich begrenzten, nämlich längstens in einer Arbeitsschicht eintretenden (BSG, Urteil vom 29.11.1973, 8/2 RU 189/71 in SozR Nr. 1 zu § 838 RVO) Ereignisses.

Auf die Angriffe des Klägers gegen die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Zeugen P. kommt es daher von vornherein nicht an, sodass auf die - rechtlich völlig unzutreffenden - Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung (der Senat habe das Verfahren vor dem OLG gegen den Zeugen P. nach § 179 SGG aufzunehmen) nicht einzugehen ist.

Soweit der Kläger (z.B. im Schreiben vom 16.07.2006 an den Senat und insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat) die strafrechtliche Verurteilung für seinen seelischen Schaden verantwortlich macht, ist auch dies nicht nachvollziehbar. Arbeitsunfähigkeit - und damit nach Angaben des Klägers der gesundheitliche Schaden - bestand schon ab dem Tag nach dem Freispruch durch das Amtsgericht. Damit kann die viel später erfolgte Verurteilung im Berufungsverfahren vor dem Landgericht den behaupteten Gesundheitsschaden nicht verursacht haben.

Zutreffend ist das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid außerdem zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger während des Strafprozesses ohnehin nicht als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter Versicherungsschutz stand. Die Teilnahme des Klägers an den Verhandlungen vor dem Amtsgericht war nicht dazu geeignet, den Interessen seines Arbeitgebers zu dienen. Daran ändert auch die Auskunft des Arbeitgebers gegenüber der Beklagten nichts, wonach der Kläger für die Teilnahme an den Verhandlungen vor dem Amtsgericht vom eigentlichen Dienst freigestellt und die Vernehmung der Arbeitszeit zugerechnet wurde. Damit trug der Arbeitgeber lediglich dem Grundsatz Rechnung, dass die Unschuld eines Beschuldigten im Strafprozess bis zum Nachweis der Schuld vermutet wird. Eine Erweiterung der arbeitsvertraglichen Pflichten auf die Teilnahme am Strafprozess war damit nicht verbunden. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass der Kläger mit der Teilnahme an den Verhandlungen vor dem Amtsgericht Interessen seines Arbeitgebers dienen wollte. Für ihn kam es entscheidend darauf an, seine Verurteilung zu verhindern, weil diese seine berufliche und möglicherweise private Existenz gefährdet hätte. Dies sind eigenwirtschaftliche Ziele. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Amtsgericht das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet hatte. Dementsprechend wäre - die Angaben des Klägers zur Unrichtigkeit als wahr und gar nicht vorhandene Wirkungen der Aussage des Polizisten P. auf seinen Gesundheitszustand unterstellt - Unfallversicherungsschutz zu verneinen, weil selbst ein vom Kläger dem Zeugen zugeschriebenes Tatmotiv aus dem dienstlichen Bereich des Klägers Versicherungsschutz nicht begründen würde (BSG, Urteil vom 19.12.2000, B 2 U 37/99 R in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Ob dem Sozialgericht allerdings darin gefolgt werden kann, dass die Teilnahme an Strafverhandlungen bzw. strafrechtliche Verfahren insgesamt grundsätzlich dem unversicherten Bereich zuzuordnen sind, bleibt offen. Ungeklärt ist dies insbesondere für den Fall, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis Anschuldigungen erhoben werden, denen die Grundlage fehlt, die aber gleichwohl zu einem Ermittlungs- und gegebenenfalls Strafverfahren führen. Soweit ersichtlich liegt hierzu keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Im Urteil vom 19.12.2000 (B 2 U 8/00 R in SozR 3-2200 § 1150 Nr. 4) hat das BSG im Hinblick auf das Aufsuchen einer Rechtsberatung im Hinblick auf eine drohende Verurteilung wegen eines im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit begangenen Verkehrsdeliktes jedenfalls auf die dort vom Verunglückten tatsächlich eingeräumten Verstöße, also das Vorliegen des Deliktes abgestellt. Eine generelle Ablehnung von Versicherungsschutz für Verrichtungen im Zusammenhang mit dem Vorwurf strafrechtlicher Verfehlungen bei der versicherten Tätigkeit kann daraus gerade nicht abgeleitet werden. Soweit das BSG den Weg zu einem Termin vor dem Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage dem unversicherten Bereich zugeordnet hat, weil die beabsichtigte Beseitigung der Kündigung den Interessen des Arbeitgebers entgegenstehe (Urteil vom 25.10.1989, 2 RU 26/88 in SozR 2200 § 548 Nr. 96), lässt auch dies - weil die Handlungstendenz im Strafprozess nicht unbedingt gegen den Arbeitgeber gerichtet ist - keine Rückschlüsse auf die dargestellte Problematik zu. Dies gilt auch, soweit das Hessische Landessozialgericht die Führung eines Rechtsstreits gegen einen Unfallversicherungsträger im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall grundsätzlich dem unversicherten Bereich zugeordnet hat (Urteil vom 20.10.1982, L 3 U 288/82 in Breithaupt 1983, 227).

Indessen ist hier durch eine rechtskräftige, weil nicht durch in der Strafprozessordnung vorgesehene Rechtsmittel angreifbare, Entscheidung festgestellt, dass der Kläger Schutzbefohlene sexuell missbrauchte (Urteil des Landgerichts E. vom 13.2.2001). Der Senat hat an der Richtigkeit der Verurteilung durch das Landgericht E. keinerlei Zweifel. Er folgt der Beweiswürdigung des Landgerichts im Urteil vom 13.2.2001 in vollem Umfang. Eigene Ermittlungen des Senats und eine Beweiswürdigung wären ohnehin nicht angezeigt (BSG, Urteil vom 11.10.1994, 9 RV 8/94 in SozR 3-3200 § 81 Nr. 12). Im Übrigen böte der Vortrag des Klägers keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung. Denn die Angaben der Geschädigten als Hauptbelastungszeugen greift der Kläger nicht an und die Aussage des Zeugen P. war für die Verurteilung durch das Landgericht nicht maßgebend. Seine Angaben verwandte das Landgericht lediglich im Hinblick auf den von einer der Geschädigten (S. H.) angegebenen "lockeren Ton". Eine konkrete Relevanz im Hinblick auf eine der Taten ist nicht erkennbar. Vergleichbares gilt für die Aussage der Zeugin W. , die ebenfalls nur über Erzählungen der Geschädigten S. H. Angaben machen konnte. Insgesamt dienten diese Zeugenangaben lediglich dazu, die Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Zeugin S. H. abzusichern. Hinsichtlich der Verfehlungen gegenüber der anderen Geschädigten und deren Angaben waren die Angaben der Zeugen W. und P. ohne jegliche Bedeutung.

Steht somit fest, dass der Kläger zwei der ihm anvertrauten Jugendlichen sexuell missbrauchte, können die Folgen dieser Taten für den Kläger einschließlich seiner gesundheitlichen Dekompensation nicht in dem oben beschriebenen inneren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Sozialpädagoge stehen. Denn seine Handlungen waren nicht dadurch geprägt, die ihm obliegenden Pflichten zu erfüllen, sondern sie zu verletzen.

Soweit sich der Kläger auf Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII beruft - danach sind auch Personen versichert, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder auf Grund einer strafrichterlichen, staatsanwaltschaftlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig waren -, ist die Relevanz dieser Regelung nicht erkennbar. Der Kläger wurde im Zusammenhang mit dem Ermittlungs- und Strafverfahren nicht wie ein Beschäftigter tätig.

Gleiches gilt für den vom Kläger angeführten § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. c SGB VII. Danach sind Personen versichert, die sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen. Es ist nicht erkennbar, inwieweit sich der Kläger in einem solchen Zusammenhang verletzt haben soll. Soweit er das von ihm eingeleitete Strafverfahren gegen den Zeugen P. anführt, verkennt er bereits (unabhängig vom gänzlich anderen Anwendungsbereich der Vorschrift), dass nach seinem Vortrag - dem der Senat wie dargelegt ohnehin nicht folgt - der Gesundheitsschaden nicht durch dieses Strafverfahren eintrat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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