Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1601/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1099/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1946 geborene Kläger hat von 1961 bis 1964 Kfz-Mechaniker gelernt. Ausweislich der in der beigezogenen Akte der Agentur für Arbeit in M. vorliegenden Arbeitsbescheinigungen war der Kläger zuletzt wie folgt beschäftigt: vom 2.1.1991 bis 31.8.1994 bei der Fa. W.-Verlag in H. als Mechaniker vom 1.9.1994 bis 28.2.1995 bei der Fa. T.-S. Bautechnik als Lagerist vom 22.3.1995 bis 30.9.1995 bei der Fa. Z. Sicherheit als Separatwachmann vom 1.12.1995 bis 30.9.1999 bei der Fa. L. E. als technischer Mitarbeiter vom 1.2.2000 bis 30.6.2000 bei der Fa. M. als Produktionsmitarbeiter und vom 3.7.2000 bis 15.6.2001 bei der Fa. G. Baumaschinen-Großhandel als Lagerarbeiter (Auskunft der Fa. G. gegenüber der Beklagten vom 13.7.2001). Danach bezog er bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 5. 8. 2003 Arbeitslosengeld.
Am 5.7.2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Im Rentenantrag gab er an, vom 1.1.1988 bis zum 15.6.2001 als Lagerleiter beschäftigt gewesen zu sein. Die Beklagte ließ den Kläger gutachterlich untersuchen. Der Orthopäde Dr. R. stellte im Gutachten vom 4.9.2001 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: • Wiederkehrendes HWS-Syndrom bei Bandscheibendegeneration (keine vorauseilenden Funktionseinbußen) • Verhärtungen der linken Hohlhand als auch der Fußsohlen beidseits (ohne Funktionseinbußen). Als Lagerleiter sei der Kläger sechs Stunden und mehr einsetzbar. Zu vermeiden seien Arbeiten in überwiegend einseitiger Haltung der HWS und ausschließlich stehende Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 11.9.2001 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Hiergegen legte der Kläger am 24.9.2001 Widerspruch ein. Die Beklagte holte Auskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers, Dr. G., Arzt für Homöopathie und Chirotherapie, und Dr. S., Arzt für Innere Medizin und Rheumatologie, vom 4.12.2001 und 27.2.2002 ein. Anfragen zum Beschäftigungsverhältnis bei den früheren Arbeitgebern Fa. L., Fa. M. und Fa. G. trat der Kläger mit Schreiben vom 12.12.2001 entgegen. Die Fa ... sei konkurs, die Fa. M. unter neuer Leitung und die Fa. G. habe er über das Arbeitsgericht verlassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 4.6.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte. Das SG hörte Dr. G. sowie Dr. G., Oberärztin der H. Klinik, (Auskünfte vom 18.2. und 9.12.2003) schriftlich als sachverständige Zeugen.
Das SG beauftragte die Chefärztin der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses R. W. mit der Begutachtung des Klägers. Diese stellte im Gutachten vom 19.7.2004 folgende Diagnosen: 1. Fibromyalgie-Syndrom 2. Chronisches HWS-Syndrom auf dem Boden einer Spondylarthrose 3. Iliosacralgelenksarthrose 4. Morbus Ledderhose 5. Hammerzehen beidseits, links ausgeprägter als rechts, 6. Migräne. Der Kläger sei in der Lage, eine leichte Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sowie ohne Einwirkung von Kälte und Nässe vollschichtig über acht Stunden zu verrichten.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 29.4.2005 führte die Sachverständige W. aus, der nachgereichte Befundbericht vom 13.4.2005 über eine Kernspintomographie des linken Knies entspreche einer Gonarthritis links. Bei positivem Rheumafaktor sei in Abweichung vom Vorgutachten eine positive Monoarthritis zu diagnostizieren. Zur Klärung einer sich daraus ergebenden zusätzlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei eine erneute klinische Begutachtung erforderlich. Nach einer erneuten Untersuchung des Klägers führte die Sachverständige W. im Gutachten vom 29.7.2005 aus, beim Kläger liege eine seropositive rheumatoide Arthritis milderer Ausprägung vor. Aktuell führe die Erkrankung noch nicht zu einer weiteren Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Es werde die Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens empfohlen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8.11.2005 gab der Kläger an, er habe bei der Fa W. als Lagerleiter gearbeitet. Er habe dort ein Hochregallager mit 5000 Palettenplätzen gemeinsam mit dem Lieferanten aufgebaut. Er sei Vorgesetzter der ca. 13 bis 21 Lagermitarbeiter gewesen und habe die Lagerarbeiten organisiert und das Personal eingesetzt. Nachdem der W.-Verlage insolvent geworden sei, sei das Hochregallager von der Fa. L. übernommen worden. Nach deren Insolvenz habe er vorübergehend bei der Fa. Z. als Wachmann gearbeitet und schließlich bei der Fa. G., wo er als einziger Beschäftigter im Lager sämtliche Lagerarbeiten habe verrichten müssen. Der Vergleichvorschlag des SG, dem Kläger ausgehend von einem Leistungsfall vom 1.7.2005 eine auf drei Jahre befristete Rente wegen teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, wurde von der Beklagten abgelehnt, da der Kläger, ausgehend von seiner letzten Beschäftigung bei der Fa. G., auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Der Kläger legte ein Zwischenzeugnis des Geschäftsführers der Fa. L. vom 20.9.1999 vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.2.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, da ihm aus medizinischer Sicht eine Tätigkeit als Lagerleiter zumutbar sei. Daher könne dahinstehen, ob als bisheriger Beruf der des Lagerleiters oder der des Lagerarbeiters anzusehen sei.
Gegen den am 21.2.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3.3.2006 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, die Entscheidung des SG beruhe auf einem unvollständig erhobenen Sachverhalt. Klärungsbedürftig sei insbesondere, ob im Beruf des Lagerleiters körperlich belastende Tätigkeiten anfielen. Im Zwischenzeugnis des Herrn F. vom 20.9.1999 sei ausdrücklich ausgeführt, dass er auch selbst mit Hand angelegt habe. Es sei durch Anhörung der behandelnden Ärzte zu klären, wie sich der Befund seit der letzten Untersuchung durch die Sachverständige W. im Juli 2005 entwickelt habe. Der Kläger hat den Arztbrief über eine Kernspintomographie des rechten Knies vom 18.4.2006 sowie den Arztbrief des Orthopäden Dr. E. vom 13.10.2006 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Agentur für Arbeit M. sowie die Beschreibung der Tätigkeit, der Zugangs- und Arbeitsbedingungen eines Lagerverwalter/-leiters aus dem Berufenet beigezogen und den Beteiligten übersandt.
Der Kläger hat mitgeteilt, dass er weder über eine kaufmännische Ausbildung verfüge noch die englische Sprache beherrsche. Beides sei für seine Tätigkeit als Lagerleiter bei der Firma E. nicht notwendig gewesen. Seine Entlohnung sei sowohl bei dem W.-Verlag als auch bei der L. E. auf Grund freier Vereinbarung erfolgt; eine Tarifbindung habe nicht bestanden.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats und der beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen der Sachverständige W. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat zum Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert ist, eine Tätigkeit als Lagerleiter, wie er sie vom 1.12.1995 bis zum 30.9.1999 bei der E. GmbH inne hatte, auszuüben, wenn er - wie das SG - unterstellt, dass es sich bei dieser im Vergleich zu den folgenden Tätigkeiten bei der Firma M. und der Fa. G. höherwertigen Tätigkeit um den "bisherigen Beruf" des Klägers i.S.d. § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI handelt. Nach seinen eigenen Angaben vor dem SG handelte es sich hierbei um eine rein leitende Funktion, bei der ihm zwischen 13 bis 21 Mitarbeiter unterstanden und keine schweren körperlichen Arbeiten anfielen. Der Auffassung des Klägers, er könne wegen der Notwendigkeit längeren Stehens und längeren Sitzens nicht mehr als Lagerleiter tätig sein, vermag sich der Senat - ebenso wie das SG - nicht anzuschließen. Denn bei der Tätigkeit eines Lagerleiters handelt es sich um eine kontrollierende, überwachende, planende und organisierende Tätigkeit, bei der ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen möglich ist. Außerdem hat Dr. R. am 4.9.2001 an der Wirbelsäule des Klägers keine gravierenden Befunde erhoben. Er hat in seinem Gutachten lediglich eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit der unteren HWS beschrieben und keine Einschränkung der Entfaltbarkeit und der Rotation festgestellt. Dementsprechend hat er lediglich ein wiederkehrendes HWS-Syndrom bei Bandscheibendegeneration ohne vorauseilende Funktionseinbußen und keinen krankhaften Befund an der LWS festgestellt. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass durch längeres Sitzen gravierende Beschwerden am Rücken auftreten, zumal dem Kläger bei der Tätigkeit als Lagerleiter ein Wechsel der Körperhaltung möglich ist. Da das Gangbild des Klägers flüssig und hinkfrei, die Hüft- sowie Kniegelenke bei der Untersuchung durch Dr. R. frei beweglich waren, ist auch eine wesentliche Einschränkung der Stehfähigkeit nicht erkennbar. Die Verhärtung der Fußsohlen führt zu keinen nennenswerten Funktionseinbußen. Anläßlich der gutachterlichen Untersuchung durch Chefärztin W. am 2.4.2004 wurde aufgrund des rheumatologischen Gelenkstatus eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit im Achsenskelett im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule festgestellt, während die übrigen Gelenke frei beweglich waren. Schließlich ergab die erneute Untersuchung am 29.4.2005 wiederum eine eingeschränkte Rotation im Bereich der Halswirbelsäule nach links und endgradig auch nach rechts, während keine Einschränkungen bei der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Fingerbodenabstand 5 cm), der Knie- und Hüftgelenke, der Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenke festgestellt wurden. Die Sachverständige verwies darauf, dass auch unter Berücksichtigung der zusätzlich festgestellten seropositiven rheumatoiden Arthritis milderer Ausprägung im Bereich des linken Kniegelenks durch entsprechende physikalische und medikamentöse Therapie die bestehende Leistungsfähigkeit beim Kläger erhalten werden könne und empfahl die Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens. Aus dem Arztbrief des Orthopäden Dr. E. vom 13.10.2006 lässt sich keine wesentliche dauerhafte Verschlimmerung entnehmen. Dieser diagnostizierte ein rezidivierendes Cervikalsyndrom, eine tonisch-phasische Muskeldysbalance sowie eine segmentale Dysfunktion und empfahl eine manipulative Chirotherapie und intramuskuläre Stimulation mittels "dry needling" zur Deaktivierung muskulärer Triggerpunkte. Im kernspintomographischen Befund des rechten Knies vom 18.4.2006 werden degenerative Binnenveränderungen des Innenmeniskushorns und Knorpelschäden sowie intakte Kreuz- und Kollateralbänder beschrieben. Funktionseinschränkungen lassen sich daraus nicht ableiten. Aber selbst wenn der Kläger nicht mehr als Lagerleiter tätig sein könnte, stünde ihm keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Für eine Tätigkeit als Lagerleiter benötigte der Kläger keine über zweijährige Ausbildung und war auch nicht tarifvertraglich als Facharbeiter eingestuft und entlohnt. Der Kläger selbst hat auch keine längere Anlernzeit für die von ihm ausgeübten Tätigkeit als Lagerleiter bei der Fa. E. angegeben. Als allenfalls angelernter Arbeiter des oberen Bereichs (Anlernzeit ein bis zwei Jahre) wäre er auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar. Hierbei handelt es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen bzw. im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen verrichtet wird. Als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs (Anlernzeit drei Monate bis ein Jahr) wäre er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1946 geborene Kläger hat von 1961 bis 1964 Kfz-Mechaniker gelernt. Ausweislich der in der beigezogenen Akte der Agentur für Arbeit in M. vorliegenden Arbeitsbescheinigungen war der Kläger zuletzt wie folgt beschäftigt: vom 2.1.1991 bis 31.8.1994 bei der Fa. W.-Verlag in H. als Mechaniker vom 1.9.1994 bis 28.2.1995 bei der Fa. T.-S. Bautechnik als Lagerist vom 22.3.1995 bis 30.9.1995 bei der Fa. Z. Sicherheit als Separatwachmann vom 1.12.1995 bis 30.9.1999 bei der Fa. L. E. als technischer Mitarbeiter vom 1.2.2000 bis 30.6.2000 bei der Fa. M. als Produktionsmitarbeiter und vom 3.7.2000 bis 15.6.2001 bei der Fa. G. Baumaschinen-Großhandel als Lagerarbeiter (Auskunft der Fa. G. gegenüber der Beklagten vom 13.7.2001). Danach bezog er bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 5. 8. 2003 Arbeitslosengeld.
Am 5.7.2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Im Rentenantrag gab er an, vom 1.1.1988 bis zum 15.6.2001 als Lagerleiter beschäftigt gewesen zu sein. Die Beklagte ließ den Kläger gutachterlich untersuchen. Der Orthopäde Dr. R. stellte im Gutachten vom 4.9.2001 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: • Wiederkehrendes HWS-Syndrom bei Bandscheibendegeneration (keine vorauseilenden Funktionseinbußen) • Verhärtungen der linken Hohlhand als auch der Fußsohlen beidseits (ohne Funktionseinbußen). Als Lagerleiter sei der Kläger sechs Stunden und mehr einsetzbar. Zu vermeiden seien Arbeiten in überwiegend einseitiger Haltung der HWS und ausschließlich stehende Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 11.9.2001 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Hiergegen legte der Kläger am 24.9.2001 Widerspruch ein. Die Beklagte holte Auskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers, Dr. G., Arzt für Homöopathie und Chirotherapie, und Dr. S., Arzt für Innere Medizin und Rheumatologie, vom 4.12.2001 und 27.2.2002 ein. Anfragen zum Beschäftigungsverhältnis bei den früheren Arbeitgebern Fa. L., Fa. M. und Fa. G. trat der Kläger mit Schreiben vom 12.12.2001 entgegen. Die Fa ... sei konkurs, die Fa. M. unter neuer Leitung und die Fa. G. habe er über das Arbeitsgericht verlassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 4.6.2002 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte. Das SG hörte Dr. G. sowie Dr. G., Oberärztin der H. Klinik, (Auskünfte vom 18.2. und 9.12.2003) schriftlich als sachverständige Zeugen.
Das SG beauftragte die Chefärztin der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses R. W. mit der Begutachtung des Klägers. Diese stellte im Gutachten vom 19.7.2004 folgende Diagnosen: 1. Fibromyalgie-Syndrom 2. Chronisches HWS-Syndrom auf dem Boden einer Spondylarthrose 3. Iliosacralgelenksarthrose 4. Morbus Ledderhose 5. Hammerzehen beidseits, links ausgeprägter als rechts, 6. Migräne. Der Kläger sei in der Lage, eine leichte Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sowie ohne Einwirkung von Kälte und Nässe vollschichtig über acht Stunden zu verrichten.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 29.4.2005 führte die Sachverständige W. aus, der nachgereichte Befundbericht vom 13.4.2005 über eine Kernspintomographie des linken Knies entspreche einer Gonarthritis links. Bei positivem Rheumafaktor sei in Abweichung vom Vorgutachten eine positive Monoarthritis zu diagnostizieren. Zur Klärung einer sich daraus ergebenden zusätzlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei eine erneute klinische Begutachtung erforderlich. Nach einer erneuten Untersuchung des Klägers führte die Sachverständige W. im Gutachten vom 29.7.2005 aus, beim Kläger liege eine seropositive rheumatoide Arthritis milderer Ausprägung vor. Aktuell führe die Erkrankung noch nicht zu einer weiteren Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Es werde die Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens empfohlen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8.11.2005 gab der Kläger an, er habe bei der Fa W. als Lagerleiter gearbeitet. Er habe dort ein Hochregallager mit 5000 Palettenplätzen gemeinsam mit dem Lieferanten aufgebaut. Er sei Vorgesetzter der ca. 13 bis 21 Lagermitarbeiter gewesen und habe die Lagerarbeiten organisiert und das Personal eingesetzt. Nachdem der W.-Verlage insolvent geworden sei, sei das Hochregallager von der Fa. L. übernommen worden. Nach deren Insolvenz habe er vorübergehend bei der Fa. Z. als Wachmann gearbeitet und schließlich bei der Fa. G., wo er als einziger Beschäftigter im Lager sämtliche Lagerarbeiten habe verrichten müssen. Der Vergleichvorschlag des SG, dem Kläger ausgehend von einem Leistungsfall vom 1.7.2005 eine auf drei Jahre befristete Rente wegen teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, wurde von der Beklagten abgelehnt, da der Kläger, ausgehend von seiner letzten Beschäftigung bei der Fa. G., auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Der Kläger legte ein Zwischenzeugnis des Geschäftsführers der Fa. L. vom 20.9.1999 vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.2.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, da ihm aus medizinischer Sicht eine Tätigkeit als Lagerleiter zumutbar sei. Daher könne dahinstehen, ob als bisheriger Beruf der des Lagerleiters oder der des Lagerarbeiters anzusehen sei.
Gegen den am 21.2.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3.3.2006 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, die Entscheidung des SG beruhe auf einem unvollständig erhobenen Sachverhalt. Klärungsbedürftig sei insbesondere, ob im Beruf des Lagerleiters körperlich belastende Tätigkeiten anfielen. Im Zwischenzeugnis des Herrn F. vom 20.9.1999 sei ausdrücklich ausgeführt, dass er auch selbst mit Hand angelegt habe. Es sei durch Anhörung der behandelnden Ärzte zu klären, wie sich der Befund seit der letzten Untersuchung durch die Sachverständige W. im Juli 2005 entwickelt habe. Der Kläger hat den Arztbrief über eine Kernspintomographie des rechten Knies vom 18.4.2006 sowie den Arztbrief des Orthopäden Dr. E. vom 13.10.2006 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Agentur für Arbeit M. sowie die Beschreibung der Tätigkeit, der Zugangs- und Arbeitsbedingungen eines Lagerverwalter/-leiters aus dem Berufenet beigezogen und den Beteiligten übersandt.
Der Kläger hat mitgeteilt, dass er weder über eine kaufmännische Ausbildung verfüge noch die englische Sprache beherrsche. Beides sei für seine Tätigkeit als Lagerleiter bei der Firma E. nicht notwendig gewesen. Seine Entlohnung sei sowohl bei dem W.-Verlag als auch bei der L. E. auf Grund freier Vereinbarung erfolgt; eine Tarifbindung habe nicht bestanden.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats und der beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen der Sachverständige W. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat zum Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert ist, eine Tätigkeit als Lagerleiter, wie er sie vom 1.12.1995 bis zum 30.9.1999 bei der E. GmbH inne hatte, auszuüben, wenn er - wie das SG - unterstellt, dass es sich bei dieser im Vergleich zu den folgenden Tätigkeiten bei der Firma M. und der Fa. G. höherwertigen Tätigkeit um den "bisherigen Beruf" des Klägers i.S.d. § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI handelt. Nach seinen eigenen Angaben vor dem SG handelte es sich hierbei um eine rein leitende Funktion, bei der ihm zwischen 13 bis 21 Mitarbeiter unterstanden und keine schweren körperlichen Arbeiten anfielen. Der Auffassung des Klägers, er könne wegen der Notwendigkeit längeren Stehens und längeren Sitzens nicht mehr als Lagerleiter tätig sein, vermag sich der Senat - ebenso wie das SG - nicht anzuschließen. Denn bei der Tätigkeit eines Lagerleiters handelt es sich um eine kontrollierende, überwachende, planende und organisierende Tätigkeit, bei der ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen möglich ist. Außerdem hat Dr. R. am 4.9.2001 an der Wirbelsäule des Klägers keine gravierenden Befunde erhoben. Er hat in seinem Gutachten lediglich eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit der unteren HWS beschrieben und keine Einschränkung der Entfaltbarkeit und der Rotation festgestellt. Dementsprechend hat er lediglich ein wiederkehrendes HWS-Syndrom bei Bandscheibendegeneration ohne vorauseilende Funktionseinbußen und keinen krankhaften Befund an der LWS festgestellt. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass durch längeres Sitzen gravierende Beschwerden am Rücken auftreten, zumal dem Kläger bei der Tätigkeit als Lagerleiter ein Wechsel der Körperhaltung möglich ist. Da das Gangbild des Klägers flüssig und hinkfrei, die Hüft- sowie Kniegelenke bei der Untersuchung durch Dr. R. frei beweglich waren, ist auch eine wesentliche Einschränkung der Stehfähigkeit nicht erkennbar. Die Verhärtung der Fußsohlen führt zu keinen nennenswerten Funktionseinbußen. Anläßlich der gutachterlichen Untersuchung durch Chefärztin W. am 2.4.2004 wurde aufgrund des rheumatologischen Gelenkstatus eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit im Achsenskelett im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule festgestellt, während die übrigen Gelenke frei beweglich waren. Schließlich ergab die erneute Untersuchung am 29.4.2005 wiederum eine eingeschränkte Rotation im Bereich der Halswirbelsäule nach links und endgradig auch nach rechts, während keine Einschränkungen bei der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Fingerbodenabstand 5 cm), der Knie- und Hüftgelenke, der Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenke festgestellt wurden. Die Sachverständige verwies darauf, dass auch unter Berücksichtigung der zusätzlich festgestellten seropositiven rheumatoiden Arthritis milderer Ausprägung im Bereich des linken Kniegelenks durch entsprechende physikalische und medikamentöse Therapie die bestehende Leistungsfähigkeit beim Kläger erhalten werden könne und empfahl die Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens. Aus dem Arztbrief des Orthopäden Dr. E. vom 13.10.2006 lässt sich keine wesentliche dauerhafte Verschlimmerung entnehmen. Dieser diagnostizierte ein rezidivierendes Cervikalsyndrom, eine tonisch-phasische Muskeldysbalance sowie eine segmentale Dysfunktion und empfahl eine manipulative Chirotherapie und intramuskuläre Stimulation mittels "dry needling" zur Deaktivierung muskulärer Triggerpunkte. Im kernspintomographischen Befund des rechten Knies vom 18.4.2006 werden degenerative Binnenveränderungen des Innenmeniskushorns und Knorpelschäden sowie intakte Kreuz- und Kollateralbänder beschrieben. Funktionseinschränkungen lassen sich daraus nicht ableiten. Aber selbst wenn der Kläger nicht mehr als Lagerleiter tätig sein könnte, stünde ihm keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Für eine Tätigkeit als Lagerleiter benötigte der Kläger keine über zweijährige Ausbildung und war auch nicht tarifvertraglich als Facharbeiter eingestuft und entlohnt. Der Kläger selbst hat auch keine längere Anlernzeit für die von ihm ausgeübten Tätigkeit als Lagerleiter bei der Fa. E. angegeben. Als allenfalls angelernter Arbeiter des oberen Bereichs (Anlernzeit ein bis zwei Jahre) wäre er auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar. Hierbei handelt es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen bzw. im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen verrichtet wird. Als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs (Anlernzeit drei Monate bis ein Jahr) wäre er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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