Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1963/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1166/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1955 geborene Kläger war von September 1970 bis Juni 2000 als Maschinenschlosser im Großkraftwerk M. beschäftigt. Mit Schreiben vom 18.1.2001 machte er geltend, dass seine Wirbelsäulenschmerzen auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen seien. Die Beklagte holte Auskünfte bei den behandelnden Ärzten ein und befragte den Kläger sowie dessen Arbeitgeber zu den beruflichen Belastungen des Klägers. Der Technische Aufsichtsbeamte G. führte in seiner Stellungnahme vom 29.8. 2002 aus, die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK nach Nr. 2108 seien gegeben.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten in der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken K. ein. Dr. J., Oberarzt der Klinik, und Dr. S., Arzt für Orthopädie, teilten im Gutachten vom 19.3.2003 mit, beim Kläger liege ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, rechts ausgeprägter als links, vor. Als bandscheibenbedingte Erkrankung liege eine Bandscheibenprotrusion L5/S1 median vor. Die bandscheibenbedingte Erkrankung überschreite nicht das übliche Maß der Volkskrankheit. Aus medizinischer Sicht habe wegen der Erkrankung der Lendenwirbelsäule objektiv kein Zwang bestanden, die Tätigkeit aufzugeben. Die Erkrankung führe zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Mit Bescheid ohne Datum lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zu BKV ab.
Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte eine Auskunft bei dem Arzt für Allgemeinmedizin K. vom 25.11.2002 (richtig: 2003) ein und ließ den Kläger von Dr. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, gutachterlich untersuchen. Dieser führte im Gutachten vom 3.3.2004 aus, der neurologische und psychiatrische Untersuchungsbefund seien regelrecht gewesen. Er habe beim Kläger eine Cervikocephalgie sowie Wirbelsäulenbeschwerden diagnostiziert. Auf neurologischem Gebiet lägen keine Auswirkungen einer bandscheibenbedingten Erkrankung vor. Es ergäben sich weder Anhaltspunkte für eine radikuläre Läsion noch für eine Myelopathie. Eine berufsbedingte Lendenwirbelsäulen-Erkrankung liege nicht vor; auf neurologischem Gebiet finde sich auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4.6.2004 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 5.7.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim, mit der er die Anerkennung einer BK 2108 begehrte.
Das SG hörte die Orthopäden Dr. W. und Dr. R. schriftlich als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 1. und 7.12.2004) und beauftragte Professor Dr. C. mit der gutachterlichen Untersuchung des Klägers. Dieser legte im Gutachten vom 21.2.2005 dar, es könne nicht als gesichert gelten, dass der Kläger überhaupt an einer bandscheibenbedingten Erkrankung leide. Mit diesem Terminus solle der Zustand bezeichnet werden, bei dem der vorgewölbte oder vorgefallene Gallertkern der Bandscheibe zu einer Irritation der entsprechenden Nervenwurzel mit einem hieraus resultierenden typischen klinisch-neurologischen Segmentbefund führe. Einen solchen Zustand bezeichne man als Lumboischialgie, während man unter den Begriff Lumbalgie ganz unspezifische Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule erfasse. Beim Kläger seien vor allem lumbalgiforme Beschwerden dokumentiert. Die im Bereich der Lendenwirbelsäule geklagten Beschwerden seien nicht auf eine bandscheibenbedingte Erkrankung zurückzuführen. Der Umstand, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Hälfte der Brustwirbelsäule, der einer beruflichen Belastung nicht unterliege, deutlicher ausgeprägt seien als diejenigen der Lendenwirbelsäule, spreche gegen eine berufliche Verursachung und für eine schicksalsmäßige Entstehung.
Durch Urteil vom 30.11.2005 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 7.2.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7.3.2006 Berufung zum Landessozialgerichts Baden-Württemberg eingelegt, mit der er der Anerkennung einer BK Nr. 2108 weiterverfolgt. Er hat u. a. einen Arztbrief des Orthopäden Dr. W. vom 28.11.2005 vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten ohne Datum in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zu Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom 3.8.2006 auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer BK Nr. 2108 der Anlage zu BKV hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 3.8.2006 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat die Rechtsvorschriften zutreffend dargelegt. Insoweit nimmt der Senat darauf Bezug.
Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 2108 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und der Versicherte darf eine solche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr ausüben. Für das Vorliegen des Tatbestandes der BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2).
Beim Kläger ist jedoch schon eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat auf Grund der Gutachten von Dr. J. und Dr. S. vom 19.3.2003 sowie von Dr. S. vom 3.3.2004, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie des Gutachtens von Professor Dr. C. vom 21.2.2005 und der Auskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers (Orthopäden Dr. R., Dr. W. und Dr. R. sowie des Neurologen Dr. A.).
Zwar liegt beim Kläger ein mit bildgebenden Verfahren (CT) nachgewiesener Bandscheibenschaden im Bereich der Lendenwirbelsäule (kleiner breitbasiger Bandscheibenprolaps L5/S1, Protrusionen L 3/4 und L 4/5 beidseits) vor; dieser hat aber nicht zu einem klinischen Beschwerdebild mit Funktionseinschränkungen geführt. Denn der Vorfall bzw. die Vorwölbungen haben bisher zu keiner Irritation der entsprechenden Nervenwurzeln und zu keinem entsprechenden klinisch-neurologischen Segmentbefund und insbesondere zu keiner Lumboischialgie geführt, wie der Senat den Angaben der behandelnden Ärzte des Klägers sowie den Beurteilungen der Gutachter Drs. J./S. und Dr. S. sowie insbesondere den Ausführungen von Professor Dr. C. entnimmt. Danach wird mit dem Begriff "bandscheibenbedingte Erkrankung" der Zustand bezeichnet, bei dem der vorgewölbte oder vorgefallene Gallertkern der Bandscheibe zu einer Irritation der entsprechenden Nervenwurzel mit hieraus resultierenden typischen klinisch-neurologischen Segmentbefund führt. Einen solchen Zustand bezeichnet man auch als Lumboischialgie, während man unter dem Begriff Lumbalgie ganz unspezifische Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bezeichnet, die auf ganz unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind. Beim Kläger sind keine bandscheibenbedingten Lumboischialgien, sondern vor allem lumbalgiforme Beschwerden dokumentiert. So führt der Leistungsauszug der Betriebskrankenkasse vom 9.5.2001 für Dezember 1993 eine rezidivierende Lumbalgie und für August 1994 ein Wirbelsäulen-Syndrom auf. Auch Dr. R., den der Kläger in der Zeit von April 1992 bis Februar 1994 aufgesucht hat, hat den Kläger nicht wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung, einer Lumboischialgie, sondern wegen einer statischen Lumbalgie bei L 5-Blockierung behandelt. Der Orthopäde Dr. W. stellte im Arztbrief vom 23.4.2002 die Diagnosen eines chronifizierten Wirbelsäulen-Syndroms bei mäßiggradigen degenerativen Veränderungen. Der Neurologe und Psychiater Dr. A. diagnostizierte beim Kläger eine Lumbago und fand keinen Anhalt für ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom. Dieser neurologische Befund wird vom Gutachter Dr. S. im Gutachten vom 3.3.2004 bestätigt, der auf seinem Fachgebiet keine Auswirkungen einer bandscheibenbedingten Erkrankung festzustellen vermochte. Diese klinischen Befunde werden durch den computertomographischen Befund bestätigt, der zwar eine Vorwölbung der Bandscheibe L5/S1 nach hinten, jedoch keine hieraus resultierende Bedrängung der entsprechenden Nervenwurzeln zeigt. Auch der neueste Arztbrief von Dr. W. vom 28.11.2005 benennt keine Befunde an der Lendenwirbelsäule. Es fand sich kein Wurzelreiz und eine insgesamt reizlose Wirbelsäule. Diagnostiziert wurde ein von der Halswirbelsäule ausgehender Kopfschmerz und eine somatoforme Schmerzstörung.
Da eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule mit typischen klinisch-neurologischen Segmentbefunden nicht nachgewiesen ist, kommt eine Anerkennung als BK nicht in Betracht. Deswegen ist auch unerheblich, dass die Tätigkeit des Klägers - wie der Technische Aufsichtsbeamte G. festgestellt hat - grundsätzlich die Voraussetzungen für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule erfüllte. Die Anerkennung einer BK scheitert deswegen auch nicht am Fehlen der arbeitstechnischen Voraussetzungen, sondern daran, dass die beim Kläger zeitweise vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden nicht auf eine bandscheibenbedingte Erkrankung zurückzuführen sind.
Unabhängig davon, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung nicht nachgewiesen ist, sprechen auch weitere Umstände gegen eine beruflich bedingte Verursachung. So sind die degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Hälfte der Brustwirbelsäule, die den beruflichen Belastungen nicht unterliegt, beim Kläger deutlich ausgeprägter als diejenigen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Ferner fehlen im Bereich der Lendenwirbelsäule belastungsadaptive Veränderungen. Darüber hinaus sahen die behandelnden Orthopäden Dr. R. und Dr. W., die Gutachter Drs. J./S. und Professor Dr. C. die beim Kläger vorliegenden Bandscheiben-Vorwölbungen noch als nahezu physiologisch bzw. als alterstypisch an. Auch führt der Wirbelsäulenbefund zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit, wie Dr. J. und Dr. S. ausführen.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1955 geborene Kläger war von September 1970 bis Juni 2000 als Maschinenschlosser im Großkraftwerk M. beschäftigt. Mit Schreiben vom 18.1.2001 machte er geltend, dass seine Wirbelsäulenschmerzen auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen seien. Die Beklagte holte Auskünfte bei den behandelnden Ärzten ein und befragte den Kläger sowie dessen Arbeitgeber zu den beruflichen Belastungen des Klägers. Der Technische Aufsichtsbeamte G. führte in seiner Stellungnahme vom 29.8. 2002 aus, die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK nach Nr. 2108 seien gegeben.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten in der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken K. ein. Dr. J., Oberarzt der Klinik, und Dr. S., Arzt für Orthopädie, teilten im Gutachten vom 19.3.2003 mit, beim Kläger liege ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, rechts ausgeprägter als links, vor. Als bandscheibenbedingte Erkrankung liege eine Bandscheibenprotrusion L5/S1 median vor. Die bandscheibenbedingte Erkrankung überschreite nicht das übliche Maß der Volkskrankheit. Aus medizinischer Sicht habe wegen der Erkrankung der Lendenwirbelsäule objektiv kein Zwang bestanden, die Tätigkeit aufzugeben. Die Erkrankung führe zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Mit Bescheid ohne Datum lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zu BKV ab.
Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte eine Auskunft bei dem Arzt für Allgemeinmedizin K. vom 25.11.2002 (richtig: 2003) ein und ließ den Kläger von Dr. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, gutachterlich untersuchen. Dieser führte im Gutachten vom 3.3.2004 aus, der neurologische und psychiatrische Untersuchungsbefund seien regelrecht gewesen. Er habe beim Kläger eine Cervikocephalgie sowie Wirbelsäulenbeschwerden diagnostiziert. Auf neurologischem Gebiet lägen keine Auswirkungen einer bandscheibenbedingten Erkrankung vor. Es ergäben sich weder Anhaltspunkte für eine radikuläre Läsion noch für eine Myelopathie. Eine berufsbedingte Lendenwirbelsäulen-Erkrankung liege nicht vor; auf neurologischem Gebiet finde sich auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4.6.2004 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 5.7.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim, mit der er die Anerkennung einer BK 2108 begehrte.
Das SG hörte die Orthopäden Dr. W. und Dr. R. schriftlich als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 1. und 7.12.2004) und beauftragte Professor Dr. C. mit der gutachterlichen Untersuchung des Klägers. Dieser legte im Gutachten vom 21.2.2005 dar, es könne nicht als gesichert gelten, dass der Kläger überhaupt an einer bandscheibenbedingten Erkrankung leide. Mit diesem Terminus solle der Zustand bezeichnet werden, bei dem der vorgewölbte oder vorgefallene Gallertkern der Bandscheibe zu einer Irritation der entsprechenden Nervenwurzel mit einem hieraus resultierenden typischen klinisch-neurologischen Segmentbefund führe. Einen solchen Zustand bezeichne man als Lumboischialgie, während man unter den Begriff Lumbalgie ganz unspezifische Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule erfasse. Beim Kläger seien vor allem lumbalgiforme Beschwerden dokumentiert. Die im Bereich der Lendenwirbelsäule geklagten Beschwerden seien nicht auf eine bandscheibenbedingte Erkrankung zurückzuführen. Der Umstand, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Hälfte der Brustwirbelsäule, der einer beruflichen Belastung nicht unterliege, deutlicher ausgeprägt seien als diejenigen der Lendenwirbelsäule, spreche gegen eine berufliche Verursachung und für eine schicksalsmäßige Entstehung.
Durch Urteil vom 30.11.2005 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 7.2.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7.3.2006 Berufung zum Landessozialgerichts Baden-Württemberg eingelegt, mit der er der Anerkennung einer BK Nr. 2108 weiterverfolgt. Er hat u. a. einen Arztbrief des Orthopäden Dr. W. vom 28.11.2005 vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten ohne Datum in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zu Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom 3.8.2006 auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer BK Nr. 2108 der Anlage zu BKV hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 3.8.2006 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das SG hat die Rechtsvorschriften zutreffend dargelegt. Insoweit nimmt der Senat darauf Bezug.
Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 2108 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und der Versicherte darf eine solche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr ausüben. Für das Vorliegen des Tatbestandes der BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2).
Beim Kläger ist jedoch schon eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat auf Grund der Gutachten von Dr. J. und Dr. S. vom 19.3.2003 sowie von Dr. S. vom 3.3.2004, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie des Gutachtens von Professor Dr. C. vom 21.2.2005 und der Auskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers (Orthopäden Dr. R., Dr. W. und Dr. R. sowie des Neurologen Dr. A.).
Zwar liegt beim Kläger ein mit bildgebenden Verfahren (CT) nachgewiesener Bandscheibenschaden im Bereich der Lendenwirbelsäule (kleiner breitbasiger Bandscheibenprolaps L5/S1, Protrusionen L 3/4 und L 4/5 beidseits) vor; dieser hat aber nicht zu einem klinischen Beschwerdebild mit Funktionseinschränkungen geführt. Denn der Vorfall bzw. die Vorwölbungen haben bisher zu keiner Irritation der entsprechenden Nervenwurzeln und zu keinem entsprechenden klinisch-neurologischen Segmentbefund und insbesondere zu keiner Lumboischialgie geführt, wie der Senat den Angaben der behandelnden Ärzte des Klägers sowie den Beurteilungen der Gutachter Drs. J./S. und Dr. S. sowie insbesondere den Ausführungen von Professor Dr. C. entnimmt. Danach wird mit dem Begriff "bandscheibenbedingte Erkrankung" der Zustand bezeichnet, bei dem der vorgewölbte oder vorgefallene Gallertkern der Bandscheibe zu einer Irritation der entsprechenden Nervenwurzel mit hieraus resultierenden typischen klinisch-neurologischen Segmentbefund führt. Einen solchen Zustand bezeichnet man auch als Lumboischialgie, während man unter dem Begriff Lumbalgie ganz unspezifische Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bezeichnet, die auf ganz unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind. Beim Kläger sind keine bandscheibenbedingten Lumboischialgien, sondern vor allem lumbalgiforme Beschwerden dokumentiert. So führt der Leistungsauszug der Betriebskrankenkasse vom 9.5.2001 für Dezember 1993 eine rezidivierende Lumbalgie und für August 1994 ein Wirbelsäulen-Syndrom auf. Auch Dr. R., den der Kläger in der Zeit von April 1992 bis Februar 1994 aufgesucht hat, hat den Kläger nicht wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung, einer Lumboischialgie, sondern wegen einer statischen Lumbalgie bei L 5-Blockierung behandelt. Der Orthopäde Dr. W. stellte im Arztbrief vom 23.4.2002 die Diagnosen eines chronifizierten Wirbelsäulen-Syndroms bei mäßiggradigen degenerativen Veränderungen. Der Neurologe und Psychiater Dr. A. diagnostizierte beim Kläger eine Lumbago und fand keinen Anhalt für ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom. Dieser neurologische Befund wird vom Gutachter Dr. S. im Gutachten vom 3.3.2004 bestätigt, der auf seinem Fachgebiet keine Auswirkungen einer bandscheibenbedingten Erkrankung festzustellen vermochte. Diese klinischen Befunde werden durch den computertomographischen Befund bestätigt, der zwar eine Vorwölbung der Bandscheibe L5/S1 nach hinten, jedoch keine hieraus resultierende Bedrängung der entsprechenden Nervenwurzeln zeigt. Auch der neueste Arztbrief von Dr. W. vom 28.11.2005 benennt keine Befunde an der Lendenwirbelsäule. Es fand sich kein Wurzelreiz und eine insgesamt reizlose Wirbelsäule. Diagnostiziert wurde ein von der Halswirbelsäule ausgehender Kopfschmerz und eine somatoforme Schmerzstörung.
Da eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule mit typischen klinisch-neurologischen Segmentbefunden nicht nachgewiesen ist, kommt eine Anerkennung als BK nicht in Betracht. Deswegen ist auch unerheblich, dass die Tätigkeit des Klägers - wie der Technische Aufsichtsbeamte G. festgestellt hat - grundsätzlich die Voraussetzungen für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule erfüllte. Die Anerkennung einer BK scheitert deswegen auch nicht am Fehlen der arbeitstechnischen Voraussetzungen, sondern daran, dass die beim Kläger zeitweise vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden nicht auf eine bandscheibenbedingte Erkrankung zurückzuführen sind.
Unabhängig davon, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung nicht nachgewiesen ist, sprechen auch weitere Umstände gegen eine beruflich bedingte Verursachung. So sind die degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Hälfte der Brustwirbelsäule, die den beruflichen Belastungen nicht unterliegt, beim Kläger deutlich ausgeprägter als diejenigen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Ferner fehlen im Bereich der Lendenwirbelsäule belastungsadaptive Veränderungen. Darüber hinaus sahen die behandelnden Orthopäden Dr. R. und Dr. W., die Gutachter Drs. J./S. und Professor Dr. C. die beim Kläger vorliegenden Bandscheiben-Vorwölbungen noch als nahezu physiologisch bzw. als alterstypisch an. Auch führt der Wirbelsäulenbefund zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit, wie Dr. J. und Dr. S. ausführen.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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