L 12 AL 2090/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 5061/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2090/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.01.2007 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosenhilfe sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung im Streit.

Der am 28.05.1939 in der Türkei geborene, verheiratete Kläger bezog vom 03.06.1997 Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 07.02.2000 auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 760,00 DM. Am 07.12.1999 beantragte er die Gewährung von Anschlussarbeitslosenhilfe. In der Erklärung gab er an, über kein Vermögen zu verfügen. Die Frage nach einem Bankguthaben sowie nach Wertpapieren verneinte er.

Die Beklagte bewilligte antragsgemäß Arbeitslosenhilfe ab dem 07.02.2000 in Höhe von wöchentlich 335,23 DM auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 760,00 DM. Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 29.12.2000, in dem dieser erneut die Frage nach Vermögen verneinte, bewilligte die Beklagte dem Kläger weiterhin Arbeitslosenhilfe. Ab dem 01.11.2001 bezog der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts S. G. teilte der Beklagten im Frühjahr 2003 mit, dass der Kläger im August 1994 einen Betrag von 100.000,00 DM bei der Türkischen Zentralbank (TCMB) angelegt hat, der bis zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wieder an den Kläger ausgezahlt worden sei.

Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger zu ihren Zweifeln betreffend die Bedürftigkeit des Klägers während der Gewährung von Arbeitslosenhilfe und der Möglichkeit der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe an. Der Kläger meldete sich hierauf nicht.

Mit Bescheid vom 31.01.2004 nahm die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 07.02.2000 zurück und verwies hierzu auf das von dem Finanzamt mitgeteilte Vermögen des Klägers bei der TCMB. Die fehlerhafte Bewilligung von Arbeitslosenhilfe sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag auf Arbeitslosenhilfe zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). In der Zeit vom 07.02.2000 bis zum 31.10.2001 sei Arbeitslosenhilfe in Höhe von 15.247,02 EUR zu Unrecht gezahlt worden. Diesen Betrag habe der Kläger nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Darüber hinaus habe der Kläger nach § 335 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die in dem Aufhebungszeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 3.490,20 EUR zu erstatten.

Der Kläger legte Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid der Beklagten ein. Den Widerspruch haben weder der Kläger noch seine Bevollmächtigten in der Folgezeit begründet. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 30.07.2004 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Die bei der TCMB angelegten 100.000,00 DM habe er für seine Familie verbraucht. Sein Sohn habe zweimal geheiratet, wodurch erhebliche Kosten entstanden seien. Auf die Aufforderung des Gerichts, Kontoauszüge für den Zeitraum ab dem 01.01.1994 vorzulegen, um den Verbrauch des Vermögens zu belegen, reagierte der Kläger nicht.

Das SG wies den Kläger darauf hin, dass aus seiner Sicht kein schlüssiger Vortrag über den Verbrauch des Vermögens vorliege. Anschließend hat das SG die Strafakte des Amtsgerichts S. (Az. 3 Bs 22/06/94 Js 11028/05) beigezogen. Aus der Akte geht hervor, dass der Kläger im Jahr 2001 auf der E.-Bank Konten im Wert von 10.232,81 EUR, 10.659,60 EUR, 5.112,91 EUR und 10.661,55 EUR sowie bei der P.-Bank ein Guthaben in Höhe von 1.989,40 EUR hatte. Das Amtsgericht Schorndorf verurteilte den Kläger am 01.06.2006 aufgrund Geständnisses zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten wegen Betrugs zu Lasten der Beklagten. Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Mit Urteil vom 30.01.2007 hat das SG die Klage gegen den Erstattungsbescheid der Beklagten abgewiesen. Der Kläger sei bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe nicht bedürftig im Sinne von § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III gewesen, da er über verwertbares Vermögen verfügt habe, welches den in den Jahren 2000 und 2001 geltenden Freibetrag gem. § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfeverordnung vom 07.08.1974 in Höhe von 16.000,00 DM (8.000,00 DM für den Kläger und 8.000,00 DM für sein Ehefrau) überstiegen habe. Der Kläger habe den Verbrauch seines im Jahr 1994 in Höhe von 100.000,00 DM bei der TCMB angelegten Vermögens nicht schlüssig dargelegt. Die Angaben des Klägers, das Geld für seine Familie verbraucht zu haben, seien zu ungenau. Der Kläger habe weder die angeforderten Kontoauszüge vorgelegt noch sonstige Nachweise über den Verbleib des in der Türkei angelegten Geldes erbracht. Der vom Kläger behauptete Verbrauch des Geldes sei zudem widerlegt durch die im Strafverfahren vom Finanzamt S. beigezogenen Unterlagen über die diversen Konten des Klägers bei der E.-Bank und der P.-Bank, die ein Guthaben des Klägers noch im Jahr 2001 deutlich über der Höhe des ihm zustehenden Freibetrags in Höhe von 16.000,00 DM auswiesen. Nach § 9 der Arbeitslosenhilfeverordnung bestehe Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergebe, nachdem sich die Arbeitslosenhilfe richte. Das verbleibende anrechenbare Vermögen in Höhe von 84.000,00 DM ergebe geteilt durch das Bemessungsentgelt von 760,00 DM eine fehlende Bedürftigkeit nach § 9 Arbeitslosenhilfeverordnung für 110 Wochen, mithin für den gesamten Aufhebungszeitraum. Die Arbeitslosenhilfe sei dem Kläger somit zu Unrecht bewilligt worden, wobei die Bewilligung auf den falschen Angaben des Klägers in seinen Anträgen beruhe. Die Beklagte habe daher zu Recht gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III die Bewilligung aufgehoben und die Erstattungspflicht des Klägers nach § 50 Abs. 1 SGB X festgestellt. Des Weiteren habe der Kläger nach § 335 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung die gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Das Urteil des SG ist den Bevollmächtigten des Klägers am 16.04.2007 zugestellt worden.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben 25.04.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung nehmen sie Bezug auf ihren Vortrag vor dem SG sowie die Feststellungen im Tatbestand des Urteils des SG.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts S. vom 30.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die ebenfalls beigezogene Strafakte des Klägers beim Amtsgerichts S. (3 Bs 22/06/94 Js 11028/05) sowie die Akten des SG und des Landessozialgerichts Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich, weswegen er die Berufung durch Beschluss zurückweist. Die Beteiligten sind zu diesem Vorgehen nach § 153 Abs. 4 SGG angehört worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine Stellungnahme ist nach der Anhörung weder durch den Kläger noch durch die Beklagte erfolgt.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG zurück und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des SG, denen er sich vollinhaltlich anschließt.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Richtigkeit der Entscheidung des SG wird nach Auffassung des Senats dadurch bestätigt, dass der Kläger im Strafverfahren einen Betrug zu Lasten der Beklagten eingeräumt hat, woraufhin er rechtskräftig wegen dieses Betrugs verurteilt worden ist. In diesem Zusammenhang ist es schwer verständlich, aus welchen Gründen die Berufung vorliegend aufrecht erhalten wurde, zumal für die Feststellung eines Betrugs nach § 263 StGB Vorsatz und nicht lediglich grobe Fahrlässigkeit wie nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X erforderlich ist. Ein Vortrag des Klägers oder seines Bevollmächtigten zu diesem offensichtlichen Widerspruch ist nicht erfolgt.

Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die Beklagte den Erstattungszeitraum oder die Höhe des Erstattungsbetrages unzutreffend berechnet haben könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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