L 7 SO 4438/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 6150/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4438/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. August 2007 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden, denen das Sozialgericht Stuttgart (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), sind zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 ZPO gelten entsprechend (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Mithin erforderlich ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund, die jedoch, gemessen an dem mit dem Antrag verfolgten Rechtsschutzziel (vgl. BVerfG NVwZ 2004, 95; NVwZ 2005, 927), in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, sodass sich die Anforderungen je nach dem zu erwartendem Maß des Erfolgs in der Hauptsache, der Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung oder der Schwere des drohenden Nachteils vermindern können (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z. B. Beschlüsse vom 4. Januar 2007 - L 7 SO 6235/06 ER-B - und vom 29. Januar 2007 - L 7 SO 5672/06 ER-B - (beide m.w.N.)). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72, vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Antrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. November 2006 - L 7 SO 5206/06 ER-B - und vom 28. Dezember 2006 - L 7 AS 6383/06 ER-B- (beide m.w.N.)).

Vorliegend hat das SG zutreffend die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs gegen den Antragsgegner verneint. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Soweit die Antragsteller Sozialhilfe für Deutsche im Ausland begehren - nur insoweit ergibt sich überhaupt eine Passivlegitimation des Antragsgegners als überörtlicher Träger der Sozialhilfe nach § 24 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. § 3 des Gesetzes über den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (Jugend- und Sozialverbandsgesetz (JSVG)) -, fehlt es auch nach der Auffassung des Senats an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

Sollten sich die begehrten Leistungen auf den seit Mitte 2006 beendeten Aufenthalt in Australien beziehen, wofür die Bezugnahme auf die Ablehnungsbescheide des Antragsgegners in der Antragsschrift vom 13. August 2007 sprechen könnte, fehlt es bereits an dem nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Gegenwartsbezug und damit am Anordnungsgrund, nämlich der besonderen Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens; dies darf der Senat nicht unbeachtet lassen. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (vgl. schon Senatsbeschlüsse vom 1. Juni 2005 - L 7 SO 2060/05 ER-B - und vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. (beide m.w.N.)). Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - a.a.O. und vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - (juris); ferner Krodel, NZS 2007, 20, 21 (m.w.N. aus der Rechtsprechung)). Einen derartigen Nachholbedarf haben die Antragsteller indessen nicht glaubhaft gemacht.

Soweit die Antragsteller Leistungen der Sozialhilfe für ihren aktuellen Auslandsaufenthalt in Rumänien oder einem anderen Ort begehren sollten - von einem solchen Auslandsaufenthalt ist aufgrund Ziffer 14. des Beschwerdevorbringens ("Wir sind jetzt gezwungen, z.Z im Ausland zu bleiben.") auszugehen - so scheitert ein Leistungsanspruch bereits daran, dass die Antragsteller den hierfür notwendigen Antrag nach § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB XII bislang nicht gestellt haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved