Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1514/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2955/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten ab September 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der 1954 geborene Kläger - ein griechischer Staatsangehöriger - war vom 5. November 1980 bis zum 21. Dezember 1986 im Bundesgebiet als Hilfskraft in einer Lackierfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend machte er sich im Bundesgebiet mit einem Imbiss selbständig, bevor er, nach Griechenland zurückgekehrt, dort vom 1. Januar 1994 bis zum 31. August 2000 als Landwirt beim griechischen Versicherungsträger OGA versichert war.
Am 15. April 2000 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt. Am 22. April 2000 wurde an der Universitätsklinik M. wegen koronarer Herzerkrankung und instabiler Angina pectoris ein dreifacher aortocoronarer Bypass durchgeführt. Seit dem 5. September 2000 bezieht der Kläger eine OGA-Invalidenrente bei einem nach griechischem Recht anerkannten Invaliditätsgrad von 67%.
Der unter dem 5. September 2000 über die OGA an die Beklagte gerichtete Rentenantrag erreichte diese am 20. November 2002. Nach Beiziehung des Gutachtens der griechischen Gesundheitskommission und der vom Kläger vorgelegten griechischen Behandlungsberichte lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 19. Mai 2003 unter Hinweis darauf ab, dass der an koronarer Dreigefäßerkrankung, Belastungsangina pectoris Grad I und Fettstoffwechselstörung leidende Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger weitere medizinische Unterlagen, u.a. ein am 1. Oktober 2003 am medizinischen Zentrum in E. durchgeführtes Belastungsszintigramm, vor. Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme von Dr. G. (12. Januar 2004: zur Zeit ausgezeichnete Belastbarkeit mit 225 Watt - Belastungsangina pectoris Grad 0) mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2004 als unbegründet zurück.
Auf die dagegen am 9. März 2004 zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger u.a. einen Echokardiographie-Befund vom 6. April 2004 des Kardiologen M. vorlegte, in welchem die Ejektionsfraktion der linken Herzkammer mit mehr als 40 % angegeben wurde, beauftragte das SG den Internisten M., T., mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Im unter dem 25. August 2004 erstatteten Gutachten und einer unter dem 14. März 2005 erstatteten ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme stellte der Sachverständige Mavridis auf der Grundlage von am 12. August 2004 durchgeführten Untersuchungen (klinische Untersuchung, Laborbefunde, Ruhe- und Belastungs-EKG, Echokardiogramm, Myokardszintigramm, Oberbauchsonographie und Röntgenuntersuchung des Thorax und der LWS) folgende Diagnosen: - koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Herzinfarkt und dreifachem aortokoronarem Bypass, - Blutfettstoffwechselstörungen, - Bluthochdruck, - LWS-Syndrom und - Prostatahypertrophie. Das Belastungs-EKG, das der Kläger wegen muskulärer Erschöpfung abgebrochen habe, sei bis über 200 Watt unauffällig gewesen; bei submaximaler Belastung sei eine hervorragende Herzfunktion festzustellen gewesen. Allerdings ergäben sich aus dem Myokardszintigramm Hinweise auf eine Stenose der rechten Koronararterie und des aortokoronaren Bypasses. Der linke Ventrikel zeige im Echo Triplex Kardiogramm eine grenzwertige systolische und diastolische Herzfunktion, die Auswurffraktion der linken Kammer betrage 55-60% bei Normalwerten von 55-77%. Die Blutstoffwechselstörungen und der Bluthochdruck seien medikamentös gut eingestellt. Schwere und mittelschwere Arbeiten seien dem Kläger aufgrund seiner Gesundheitsstörungen zwar nicht mehr zumutbar; körperlich leichte Tätigkeiten könne er aber vollschichtig verrichten, ohne dafür zusätzlicher Arbeitspausen zu bedürfen. Zu beachten seien insoweit allein qualitative Leistungsausschlüsse, etwa Akkord- und Fließbandarbeiten, das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel, Arbeiten in gleichförmiger Körperhaltung oder mit häufigem Bücken und/oder Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen sowie Tätigkeiten unter Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe.
Der Kläger legte des weiteren den Bericht über eine Ultraschalluntersuchung des Herzens und ein Koronarangiographieprotokoll, beides durchgeführt am 26. April 2005 am I. Zentrum in T. durch den Kardiologen M., vor. Danach wurden hochgradige Einengungen in den Ästen der linken Herzkranzarterie diagnostiziert und mittels Ballondilatation aufgedehnt. Dr. W. führte in der prüfärztlichen Stellungnahme vom 23. Mai 2005 aus, durch diese Maßnahmen sei ein vergleichbarer Status wie im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung durch Herrn M. wieder erreicht worden.
Hierauf und auf die gutachtlichen Ergebnisse des Sachverständigen M. gestützt wies das SG die Klage durch Urteil vom 24. Mai 2005 als unbegründet ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2005 zugestellt.
Mit der am 18. Juli 2005 gegen das Urteil des SG eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter.
Zur Begründung führt der Kläger aus, er könne die Untersuchung und Begutachtung durch einen Kardiologen verlangen; der Sachverständige M. sei nur Internist und Allergologe. Außerdem habe sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert; meistens liege er im Bett, da er sich sehr schwach fühle. Seit dem letzten operativen Eingriff am 26. April 2005 sei kein neuer offizieller Untersuchungsbericht mehr erstellt worden. Mindestens ab diesem Datum sei ihm eine Rente zu bezahlen. Zur Untermauerung seines Vorbringens hat der Kläger neben den Berichten des interbalkanischen Zentrums vom 26. April 2005 einen bereits bekannten (29. Oktober 2003) und zwei neue Berichte des Kardiologen Dr. M., E., vom 6. Juli 2005 und vom 5. Oktober 2005 vorgelegt, in denen dieser eine diastolische Dysfunktion und verminderte systolische Funktion der linken Kammer bei einer Auswurffraktion von ca. 40 bis 45 % beschreibt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Rentenantrags vom 5. September 2000 Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen hat sich der prüfärztliche Dienst der Beklagten mit Stellungnahmen vom 1. September 2005 und vom 4. Dezember 2005 geäußert. Aus den vom Kläger neu vorgelegten medizinischen Unterlagen, auch denjenigen des Kardiologen Dr. M. ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Er nenne in mehreren Berichten praktisch identische Werte der Auswurffraktion (40 - 42 %).
Mit Beschluss vom 19. Juni 2006 hat es der Senat abgelehnt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen (L 9 R 2956/05 PKH-A).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Beklagten, des Sozialgerichts (S 15 RJ 1514/04) und des Senats im Berufungsverfahren (L 9 R 2955/05 und L 9 R 2956/05 PKH-A) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2004 sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (1.) noch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (2.). Schließlich steht ihm auch keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach neuem Recht zu (3.).
Der Senat hat seiner Entscheidung zunächst die §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zugrunde gelegt. Die zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen §§ 43, 240, 241 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) finden vorrangig keine Anwendung, da der verfolgte Rentenanspruch vor dem 1. Januar 2001 bestanden hätte und vor dem 31. März 2001 geltend gemacht worden ist (§§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 SGB VI).
Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für den geltend gemachten Rentenanspruch zutreffend dargestellt. Nach den §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufs- oder erwerbsunfähig sind, vor Eintritt des Versicherungsfalls die allgemeine Wartezeit und drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit erfüllt haben.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats weder erwerbs- (1.) noch berufsunfähig (2.).
1. Erwerbsunfähig i.S.v. § 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI a.F. sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. ab 1. April 1999 monatlich 630, 00 DM) übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SGBVI a.F.).
Eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers, das heißt ein Absinken seiner Leistungsfähigkeit auf ein untervollschichtiges Leistungsvermögen auch für körperlich leichte Tätigkeiten, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Denn aufgrund des weiterhin maßgeblichen, im erstinstanzlichen Verfahren vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens des Sachverständigen M. vom 25. August 2004 und seiner dazu ergänzend ergangenen gutachtlichen Stellungnahme vom 14. März 2005 ist zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die bei dem 52jährigen Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen - insbesondere seine Herz-/Kreislauferkrankungen - zwar die oben näher beschriebenen qualitativen Leistungsausschlüsse bedingen, ihn aber nicht daran hindern, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Die vom Kläger gegen den Gutachter erhobenen Einwände vermögen eine abweichende Einschätzung ebenso wenig zu rechtfertigen, wie die von ihm vorgelegten neuen medizinischen Unterlagen, insbesondere die Bescheinigungen des Kardiologen Dr. M ...
Das SG hat einen Internisten ohne Zusatzfachrichtung Kardiologie zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dies ist nicht zu beanstanden. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass Internisten aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind, auch kardiologische Sachverhalte zutreffend zu beurteilen. Zudem ist der Sachverständige M. dem Senat seit langem als internistisch-kardiologischer Gutachter in sozialgerichtlichen Verfahren bekannt, ohne dass es je Anlass zu Zweifeln an seiner Qualifikation gegeben hat.
Auch die neu vorgelegten medizinischen Unterlagen vermögen die Beurteilung des Ausmaßes der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen durch den Sachverständigen M. in der gebotenen Gesamtschau mit allen dem Senat verfügbaren ärztlichen Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren und aus dem erstinstanzlichen Verfahren nicht zu erschüttern. Denn aus allen vorliegenden Unterlagen ergibt sich eine gute Belastbarkeit des Klägers. Nicht nur das auf Veranlassung des Sachverständigen M. durchgeführte Belastungs-EKG mit einer Belastbarkeit von 13 MTS (200/220 Watt), sondern auch das von Dr. M. selbst anlässlich einer Untersuchung des Klägers am 8. Oktober 2004 durchgeführte Belastungs-EKG hat eine nur unwesentlich geringere Belastbarkeit von immerhin 10 MTS (180 Watt) ergeben. Die Messungen beider Ärzte entsprechen den im Medizinischen Zentrum E. - Abteilung Nuklearmedizin - anlässlich eines am 1. Oktober 2003 durchgeführten Mykardszintigramms, das eine sehr gute körperliche Belastbarkeit des Klägers bis 200 Watt beschreibt und weiter mitteilt, dass der Belastungstest wegen starker Ermüdung des Klägers abgebrochen worden ist, ohne dass Zeichen von Angina pectoris Beschwerden erkennbar gewesen sind. Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass die dem Kläger allein zumutbare körperlich leichte Arbeit eine dauernde Belastbarkeit von allenfalls 75 Watt erfordert. Die linke Herzkammer ist nach den Feststellungen des gerichtlichen Gutachters in der systolischen und diastolischen Funktion grenzwertig eingeschränkt, wobei er jedoch eine normale Auswurffraktion des linken Ventrikels feststellte (Wert von 55 - 60 % bei Normalwerten von 55-77%). Soweit Dr. M. als behandelnder Arzt aufgrund seiner Ultraschalluntersuchungen wiederholt eine geringere Auswurffraktion von 40 bis 45 % festgestellt hat, ist zunächst zu berücksichtigen, dass Dr. M. die Normwerte der Auswurffraktion nicht angegeben hat. Dies wäre zum Vergleich mit den vom gerichtlichen Sachverständigen M. erhobenen Werten erforderlich, da die Bestimmung der Auswurffraktion nach den Darlegungen von Dr. B. (Stellungnahme vom 4. Dezember 2005) geräte- und untersucherabhängig ist. Hinzu kommt, dass bei den wiederholten echokardiographischen Untersuchungen durch den Kardiologen M. dieser Wert im Wesentlichen unverändert geblieben ist, sodass sich hieraus eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers nicht ableiten lässt. Des Weiteren ist die Argumentation von Dr. M. auch in sich nicht widerspruchsfrei. Denn während er einerseits in mehreren Berichten über Jahre hinweg von Oktober 2003 bis Oktober 2005 praktisch identische Werte der Auswurffraktion von 40 bis 42 % nennt, vermerkt er andererseits in einem Bericht vom 20. Oktober 2004 lediglich "Andeutung einer schlechten Funktion der linken Kammer". Diese Tatsachenlage rechtfertigt keine weiteren Beweiserhebungen von Amts wegen.
Zusammenfassend ist der Kläger nach alledem derzeit noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Der Kläger ist somit derzeit nicht erwerbsunfähig, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsunfähigkeit bei vollschichtig leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des Bundessozialgerichts - BSG - vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch die im Zweiten Gesetz zur Änderung des SGB VI vom 02. Mai 1996 (BGBl. I S. 659) vorgenommene Ergänzung des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. klargestellt hat, dass nicht erwerbsunfähig ist, wer eine vollschichtige Tätigkeit ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob das für ihn zuständige Arbeitsamt (jetzt Arbeitsagentur) einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Vollzeitarbeitskräfte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Ausgehend hiervon sind - wie bereits im Einzelnen ausgeführt - keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger allein noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten von vorn herein nicht mit erheblichem Zeitdruck, dem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, mit häufigem Bücken und Treppensteigen und einseitigen körperlichen Zwangshaltungen verbunden. Die weiteren benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse (Ausschluss von Hitze, Kälte und Zugluft und von der Arbeit an gefährdenden Maschinen oder Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten) führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebarbeiten) überwiegend im Sitzen und in geschlossenen wohltemperierten Räumen durchgeführt werden und auch nicht regelmäßig mit Akkord- und Fließbandarbeit verbunden sind.
Schließlich ist auch die Festlegung eines Invaliditätsgrades von 67 % durch den griechischen Rentenversicherungsträger für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch den deutschen Rentenversicherungsträger und die deutschen Gerichte nicht bindend. Die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten im Sinn von Art. 40 Abs. 4 EWG-Verordnung Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABl. EG 1971 Nr. L 149/2 ff.) anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmenserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bislang nicht vor (vgl. näher: BSG, Beschluss vom 9. Juli 2001, B 13 RJ 61/01 B und BSG SozR 3-6050 Art. 40 Nr. 3).
2. Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F.). Entscheidend für die damit angesprochene Frage des Berufsschutzes kommt es auf die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit an, die sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs auf der Grundlage des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas bemisst (vgl. näher: BSG, Großer Senat, Urteil vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24 (38 ff); BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, B 5 RJ 18/01 R, juris-dok.; BSG, Urteil vom 22. August 2002, B 13 RJ 19/02 R, juris-dok). Als ohne besondere Ausbildung im Wesentlichen mit Hilfsarbeiten beschäftigter Arbeitnehmer ist der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Stuttgart im angefochtenen Urteil vom 24. Mai 2005 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
3. Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem seit dem 1. Januar 2001 geltenden neuen Rentenrecht. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten ab September 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der 1954 geborene Kläger - ein griechischer Staatsangehöriger - war vom 5. November 1980 bis zum 21. Dezember 1986 im Bundesgebiet als Hilfskraft in einer Lackierfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend machte er sich im Bundesgebiet mit einem Imbiss selbständig, bevor er, nach Griechenland zurückgekehrt, dort vom 1. Januar 1994 bis zum 31. August 2000 als Landwirt beim griechischen Versicherungsträger OGA versichert war.
Am 15. April 2000 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt. Am 22. April 2000 wurde an der Universitätsklinik M. wegen koronarer Herzerkrankung und instabiler Angina pectoris ein dreifacher aortocoronarer Bypass durchgeführt. Seit dem 5. September 2000 bezieht der Kläger eine OGA-Invalidenrente bei einem nach griechischem Recht anerkannten Invaliditätsgrad von 67%.
Der unter dem 5. September 2000 über die OGA an die Beklagte gerichtete Rentenantrag erreichte diese am 20. November 2002. Nach Beiziehung des Gutachtens der griechischen Gesundheitskommission und der vom Kläger vorgelegten griechischen Behandlungsberichte lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 19. Mai 2003 unter Hinweis darauf ab, dass der an koronarer Dreigefäßerkrankung, Belastungsangina pectoris Grad I und Fettstoffwechselstörung leidende Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger weitere medizinische Unterlagen, u.a. ein am 1. Oktober 2003 am medizinischen Zentrum in E. durchgeführtes Belastungsszintigramm, vor. Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme von Dr. G. (12. Januar 2004: zur Zeit ausgezeichnete Belastbarkeit mit 225 Watt - Belastungsangina pectoris Grad 0) mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2004 als unbegründet zurück.
Auf die dagegen am 9. März 2004 zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger u.a. einen Echokardiographie-Befund vom 6. April 2004 des Kardiologen M. vorlegte, in welchem die Ejektionsfraktion der linken Herzkammer mit mehr als 40 % angegeben wurde, beauftragte das SG den Internisten M., T., mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Im unter dem 25. August 2004 erstatteten Gutachten und einer unter dem 14. März 2005 erstatteten ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme stellte der Sachverständige Mavridis auf der Grundlage von am 12. August 2004 durchgeführten Untersuchungen (klinische Untersuchung, Laborbefunde, Ruhe- und Belastungs-EKG, Echokardiogramm, Myokardszintigramm, Oberbauchsonographie und Röntgenuntersuchung des Thorax und der LWS) folgende Diagnosen: - koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Herzinfarkt und dreifachem aortokoronarem Bypass, - Blutfettstoffwechselstörungen, - Bluthochdruck, - LWS-Syndrom und - Prostatahypertrophie. Das Belastungs-EKG, das der Kläger wegen muskulärer Erschöpfung abgebrochen habe, sei bis über 200 Watt unauffällig gewesen; bei submaximaler Belastung sei eine hervorragende Herzfunktion festzustellen gewesen. Allerdings ergäben sich aus dem Myokardszintigramm Hinweise auf eine Stenose der rechten Koronararterie und des aortokoronaren Bypasses. Der linke Ventrikel zeige im Echo Triplex Kardiogramm eine grenzwertige systolische und diastolische Herzfunktion, die Auswurffraktion der linken Kammer betrage 55-60% bei Normalwerten von 55-77%. Die Blutstoffwechselstörungen und der Bluthochdruck seien medikamentös gut eingestellt. Schwere und mittelschwere Arbeiten seien dem Kläger aufgrund seiner Gesundheitsstörungen zwar nicht mehr zumutbar; körperlich leichte Tätigkeiten könne er aber vollschichtig verrichten, ohne dafür zusätzlicher Arbeitspausen zu bedürfen. Zu beachten seien insoweit allein qualitative Leistungsausschlüsse, etwa Akkord- und Fließbandarbeiten, das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel, Arbeiten in gleichförmiger Körperhaltung oder mit häufigem Bücken und/oder Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen sowie Tätigkeiten unter Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe.
Der Kläger legte des weiteren den Bericht über eine Ultraschalluntersuchung des Herzens und ein Koronarangiographieprotokoll, beides durchgeführt am 26. April 2005 am I. Zentrum in T. durch den Kardiologen M., vor. Danach wurden hochgradige Einengungen in den Ästen der linken Herzkranzarterie diagnostiziert und mittels Ballondilatation aufgedehnt. Dr. W. führte in der prüfärztlichen Stellungnahme vom 23. Mai 2005 aus, durch diese Maßnahmen sei ein vergleichbarer Status wie im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung durch Herrn M. wieder erreicht worden.
Hierauf und auf die gutachtlichen Ergebnisse des Sachverständigen M. gestützt wies das SG die Klage durch Urteil vom 24. Mai 2005 als unbegründet ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2005 zugestellt.
Mit der am 18. Juli 2005 gegen das Urteil des SG eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter.
Zur Begründung führt der Kläger aus, er könne die Untersuchung und Begutachtung durch einen Kardiologen verlangen; der Sachverständige M. sei nur Internist und Allergologe. Außerdem habe sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert; meistens liege er im Bett, da er sich sehr schwach fühle. Seit dem letzten operativen Eingriff am 26. April 2005 sei kein neuer offizieller Untersuchungsbericht mehr erstellt worden. Mindestens ab diesem Datum sei ihm eine Rente zu bezahlen. Zur Untermauerung seines Vorbringens hat der Kläger neben den Berichten des interbalkanischen Zentrums vom 26. April 2005 einen bereits bekannten (29. Oktober 2003) und zwei neue Berichte des Kardiologen Dr. M., E., vom 6. Juli 2005 und vom 5. Oktober 2005 vorgelegt, in denen dieser eine diastolische Dysfunktion und verminderte systolische Funktion der linken Kammer bei einer Auswurffraktion von ca. 40 bis 45 % beschreibt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Rentenantrags vom 5. September 2000 Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen hat sich der prüfärztliche Dienst der Beklagten mit Stellungnahmen vom 1. September 2005 und vom 4. Dezember 2005 geäußert. Aus den vom Kläger neu vorgelegten medizinischen Unterlagen, auch denjenigen des Kardiologen Dr. M. ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Er nenne in mehreren Berichten praktisch identische Werte der Auswurffraktion (40 - 42 %).
Mit Beschluss vom 19. Juni 2006 hat es der Senat abgelehnt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen (L 9 R 2956/05 PKH-A).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Beklagten, des Sozialgerichts (S 15 RJ 1514/04) und des Senats im Berufungsverfahren (L 9 R 2955/05 und L 9 R 2956/05 PKH-A) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2004 sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (1.) noch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (2.). Schließlich steht ihm auch keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach neuem Recht zu (3.).
Der Senat hat seiner Entscheidung zunächst die §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zugrunde gelegt. Die zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen §§ 43, 240, 241 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) finden vorrangig keine Anwendung, da der verfolgte Rentenanspruch vor dem 1. Januar 2001 bestanden hätte und vor dem 31. März 2001 geltend gemacht worden ist (§§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 SGB VI).
Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für den geltend gemachten Rentenanspruch zutreffend dargestellt. Nach den §§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufs- oder erwerbsunfähig sind, vor Eintritt des Versicherungsfalls die allgemeine Wartezeit und drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit erfüllt haben.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats weder erwerbs- (1.) noch berufsunfähig (2.).
1. Erwerbsunfähig i.S.v. § 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI a.F. sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. ab 1. April 1999 monatlich 630, 00 DM) übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SGBVI a.F.).
Eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers, das heißt ein Absinken seiner Leistungsfähigkeit auf ein untervollschichtiges Leistungsvermögen auch für körperlich leichte Tätigkeiten, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Denn aufgrund des weiterhin maßgeblichen, im erstinstanzlichen Verfahren vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens des Sachverständigen M. vom 25. August 2004 und seiner dazu ergänzend ergangenen gutachtlichen Stellungnahme vom 14. März 2005 ist zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die bei dem 52jährigen Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen - insbesondere seine Herz-/Kreislauferkrankungen - zwar die oben näher beschriebenen qualitativen Leistungsausschlüsse bedingen, ihn aber nicht daran hindern, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Die vom Kläger gegen den Gutachter erhobenen Einwände vermögen eine abweichende Einschätzung ebenso wenig zu rechtfertigen, wie die von ihm vorgelegten neuen medizinischen Unterlagen, insbesondere die Bescheinigungen des Kardiologen Dr. M ...
Das SG hat einen Internisten ohne Zusatzfachrichtung Kardiologie zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dies ist nicht zu beanstanden. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass Internisten aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind, auch kardiologische Sachverhalte zutreffend zu beurteilen. Zudem ist der Sachverständige M. dem Senat seit langem als internistisch-kardiologischer Gutachter in sozialgerichtlichen Verfahren bekannt, ohne dass es je Anlass zu Zweifeln an seiner Qualifikation gegeben hat.
Auch die neu vorgelegten medizinischen Unterlagen vermögen die Beurteilung des Ausmaßes der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen durch den Sachverständigen M. in der gebotenen Gesamtschau mit allen dem Senat verfügbaren ärztlichen Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren und aus dem erstinstanzlichen Verfahren nicht zu erschüttern. Denn aus allen vorliegenden Unterlagen ergibt sich eine gute Belastbarkeit des Klägers. Nicht nur das auf Veranlassung des Sachverständigen M. durchgeführte Belastungs-EKG mit einer Belastbarkeit von 13 MTS (200/220 Watt), sondern auch das von Dr. M. selbst anlässlich einer Untersuchung des Klägers am 8. Oktober 2004 durchgeführte Belastungs-EKG hat eine nur unwesentlich geringere Belastbarkeit von immerhin 10 MTS (180 Watt) ergeben. Die Messungen beider Ärzte entsprechen den im Medizinischen Zentrum E. - Abteilung Nuklearmedizin - anlässlich eines am 1. Oktober 2003 durchgeführten Mykardszintigramms, das eine sehr gute körperliche Belastbarkeit des Klägers bis 200 Watt beschreibt und weiter mitteilt, dass der Belastungstest wegen starker Ermüdung des Klägers abgebrochen worden ist, ohne dass Zeichen von Angina pectoris Beschwerden erkennbar gewesen sind. Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass die dem Kläger allein zumutbare körperlich leichte Arbeit eine dauernde Belastbarkeit von allenfalls 75 Watt erfordert. Die linke Herzkammer ist nach den Feststellungen des gerichtlichen Gutachters in der systolischen und diastolischen Funktion grenzwertig eingeschränkt, wobei er jedoch eine normale Auswurffraktion des linken Ventrikels feststellte (Wert von 55 - 60 % bei Normalwerten von 55-77%). Soweit Dr. M. als behandelnder Arzt aufgrund seiner Ultraschalluntersuchungen wiederholt eine geringere Auswurffraktion von 40 bis 45 % festgestellt hat, ist zunächst zu berücksichtigen, dass Dr. M. die Normwerte der Auswurffraktion nicht angegeben hat. Dies wäre zum Vergleich mit den vom gerichtlichen Sachverständigen M. erhobenen Werten erforderlich, da die Bestimmung der Auswurffraktion nach den Darlegungen von Dr. B. (Stellungnahme vom 4. Dezember 2005) geräte- und untersucherabhängig ist. Hinzu kommt, dass bei den wiederholten echokardiographischen Untersuchungen durch den Kardiologen M. dieser Wert im Wesentlichen unverändert geblieben ist, sodass sich hieraus eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers nicht ableiten lässt. Des Weiteren ist die Argumentation von Dr. M. auch in sich nicht widerspruchsfrei. Denn während er einerseits in mehreren Berichten über Jahre hinweg von Oktober 2003 bis Oktober 2005 praktisch identische Werte der Auswurffraktion von 40 bis 42 % nennt, vermerkt er andererseits in einem Bericht vom 20. Oktober 2004 lediglich "Andeutung einer schlechten Funktion der linken Kammer". Diese Tatsachenlage rechtfertigt keine weiteren Beweiserhebungen von Amts wegen.
Zusammenfassend ist der Kläger nach alledem derzeit noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Der Kläger ist somit derzeit nicht erwerbsunfähig, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsunfähigkeit bei vollschichtig leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähige Angelernte des unteren Bereichs sowie Ungelernte geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des Bundessozialgerichts - BSG - vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch die im Zweiten Gesetz zur Änderung des SGB VI vom 02. Mai 1996 (BGBl. I S. 659) vorgenommene Ergänzung des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. klargestellt hat, dass nicht erwerbsunfähig ist, wer eine vollschichtige Tätigkeit ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob das für ihn zuständige Arbeitsamt (jetzt Arbeitsagentur) einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Vollzeitarbeitskräfte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Ausgehend hiervon sind - wie bereits im Einzelnen ausgeführt - keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger allein noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten von vorn herein nicht mit erheblichem Zeitdruck, dem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, mit häufigem Bücken und Treppensteigen und einseitigen körperlichen Zwangshaltungen verbunden. Die weiteren benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse (Ausschluss von Hitze, Kälte und Zugluft und von der Arbeit an gefährdenden Maschinen oder Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten) führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebarbeiten) überwiegend im Sitzen und in geschlossenen wohltemperierten Räumen durchgeführt werden und auch nicht regelmäßig mit Akkord- und Fließbandarbeit verbunden sind.
Schließlich ist auch die Festlegung eines Invaliditätsgrades von 67 % durch den griechischen Rentenversicherungsträger für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch den deutschen Rentenversicherungsträger und die deutschen Gerichte nicht bindend. Die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten im Sinn von Art. 40 Abs. 4 EWG-Verordnung Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABl. EG 1971 Nr. L 149/2 ff.) anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmenserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bislang nicht vor (vgl. näher: BSG, Beschluss vom 9. Juli 2001, B 13 RJ 61/01 B und BSG SozR 3-6050 Art. 40 Nr. 3).
2. Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F.). Entscheidend für die damit angesprochene Frage des Berufsschutzes kommt es auf die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit an, die sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs auf der Grundlage des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas bemisst (vgl. näher: BSG, Großer Senat, Urteil vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24 (38 ff); BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, B 5 RJ 18/01 R, juris-dok.; BSG, Urteil vom 22. August 2002, B 13 RJ 19/02 R, juris-dok). Als ohne besondere Ausbildung im Wesentlichen mit Hilfsarbeiten beschäftigter Arbeitnehmer ist der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Stuttgart im angefochtenen Urteil vom 24. Mai 2005 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
3. Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem seit dem 1. Januar 2001 geltenden neuen Rentenrecht. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2005 verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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