Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 639/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3089/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner Kosten für das Widerspruchsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Anspruch darauf hat, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. durchgeführt werden.
Der 1970 geborene Kläger hat - soweit aus den Akten ersichtlich - bis Juli 1995 Medizin studiert, dieses Studium jedoch nicht abgeschlossen. Danach hat er eine Ausbildung zum Sport- und Gymnastiklehrer gemacht, von 1999 bis 2001 in einem Fahrradgeschäft gearbeitet sowie Sport und Publizistik studiert. Seit Januar 2002 ist er arbeitslos.
Vom 14.10. bis 26.10.2002, 9.12. bis 14.12.2002, 18.2. bis 2.3.2004 sowie 19.1. bis 24.1.2006 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung des Fachkrankenhauses N. (Arztbriefe vom 19.11.2002, 8.1.2003, 17.3.2004 und 20.1.2006). Zuvor war er dort schon im März 1997 und September 2002 untersucht worden. Die Diagnosen in den letzten Arztbriefen vom 17.3.2004 und 20.1.2006 lauten: 1. Chronische Erschöpfung bei Hepatitis unklarer Genese 2. Multiple Chemical Sensitivity 3. Nahrungsmittelintoleranzen 4. Zöliakie 5. Bekannte Pollinosis.
Am 20.3.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.4.2003 mit der Begründung ab, das Leistungsvermögen des Klägers könne durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich verbessert werden. Es könnten jedoch möglicherweise Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angezeigt sein.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.4.2003 Widerspruch. Mit Bescheid vom 13.11.2003 gewährte die Beklagte dem Kläger medizinischen Leistungen zur Rehabilitation in der Rehaklinik T. in B. M ...
Der Kläger bat unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. W. vom 24.11.2003, ihm in Abänderung des Bescheides vom 13.11.2003 medizinische Leistungen im Fachkrankenhaus N. in B. zu gewähren, da er in diesem Haus die größten Chancen für eine erfolgreiche Behandlung sehe.
Die Beklagte holte dazu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L. ein, die aus führte, eine Umstellung sei nicht möglich; es seien gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt worden. In diesem Fall sei eine Rehaklinik mit besonderer sozialmedizinischer Kompetenz erforderlich, die die gewünschte Klinik nicht leisten könne.
Unter Mitteilung dieser Begründung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.1.2004 die Gewährung der medizinischen Leistungen in Bredstedt ab, da diese Einrichtung nicht auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers spezialisiert sei. Es verbleibe daher bei der von ihr genannten Rehabilitations-Einrichtung.
Gegen die Bescheide vom 10.4. und 13.11.2003 sowie vom 16.1.2004 erhob der Kläger am 16.2.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe, mit der er die Gewährung der medizinischen Leistungen zur Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. weiter verfolgte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.1.2004 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger benötige eine Rehabilitationsklinik mit besonderer sozialmedizinischer Kompetenz, da gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt worden seien. Diese könne die gewünschte Klinik nicht leisten. Auch sei der sozialmedizinische Entlassungsbericht von wesentlicher Bedeutung, da gegebenenfalls die Frage geklärt werden müsse, ob nach der durchgeführten Leistung zur medizinischen Rehabilitation eine Leistung zu Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sei. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass die Kostenübernahme für Krankenhausbehandlung nicht im Leistungsbereich des Rentenversicherungsträgers liege.
Der Kläger legte ein Attest von Dr. W. vom 31.1.2005 sowie eine Erklärung von Dr. S., Leitender Arzt des Fachkrankenhaus N., vom 17.3.2005 vor, der ausführte, im Fachkrankenhaus N. seien bereits Patienten im Rahmen einer medizinischen Rehabilitations-Maßnahme behandelt worden, die ein ähnliches Krankenbild wie der Kläger aufwiesen.
Durch Gerichtsbescheid vom 23.6.2005 wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von medizinischen Leistungen zur Rehabilitation in der von ihm gewünschten Einrichtung, da die Beklagte mit dieser Klinik keinen Vertrag im Sinne des § 21 Sozialgesetzbuch (SGB) IX abgeschlossen habe. Zweifelhaft erscheine auch, ob das Fachkrankenhaus Therapieangebote unterbreiten könne, die geeignet seien, die beim Kläger bestehende Gefährdung der Erwerbsfähigkeit zu bessern. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 27.6.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.7.2005 Berufung eingelegt und vorgetragen, auf Grund seiner ausgeprägten Chemikaliensensibilität könne er sich nur in Räumlichkeiten aufhalten, die keinerlei Belastungen mit neurotoxischen Stoffen aufwiesen. Eine Reha-Maßnahme könne nur in einer Klinik durchgeführt werden, die in der Lage sei, die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies sei beim Fachkrankenhaus N. der Fall. Die Beklagte unterhalte keine Leistungsverträge mit Reha-Kliniken, deren Räumlichkeiten für chemikaliensensible Personen geeignet seien und sich auf die Umwelterkrankungen spezialisiert hätten. Deswegen sei die Beklagte verpflichtet, ihm medizinische Leistungen zur Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. zu gewähren. Hierbei handele es sich nicht um seine Wunscheinrichtung, sondern um die einzige Einrichtung, in der die Reha-Maßnahme durchführbar sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2005 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. November 2003 und vom 16. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm medizinische Leistungen zur Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, unter Berücksichtigung einer Chemikalienunverträglichkeit könne die H.-Klinik (Abteilung II) in B. C. als geeignete Klinik angeboten werden.
Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, dass diese Klinik ebenfalls nicht geeignet sei, da die erforderlichen Räumlichkeiten nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Im Übrigen habe die Beklagte in zwei ihm bekannten Fällen mit der Diagnose MCS im Jahre 2004 und 2006 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Fachkrankenhaus N. bewilligt.
Dr. S. hat den Arztbrief vom 20.1.2006 über die Behandlung des Klägers vom 19.1. bis 24.1.2006 vorgelegt, in welchem er ausführt, der Kläger sei während des kurzen stationären Aufenthalts einer multimodalen, umweltmedizinischen Komplexbehandlung unterzogen worden, die keine wesentliche Besserung ergeben habe. Eine stationäre medizinische Rehabilitation mit umweltmedizinischen Schwerpunkten sei sinnvoll, da verschiedene spezielle Maßnahmen zur Verringerung der Hypersensitivität in einem längeren klinischen Kontext besser implementiert werden könnten. Unter dem 28.2.2006 hat er mitgeteilt, dass das Fachkrankenhaus N. neben der akuten Krankenhausversorgung die Aufgabe habe, Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen stationär medizinisch zu rehabilitieren. Mit der Deutschen Rentenversicherung Nord und Krankenkassenverbänden bestünden Versorgungsverträge. Damit werde die Kompetenz des Fachkrankenhauses anerkannt, medizinische Rehabilitations-Behandlungen durchzuführen. Die Frage, ob die Klinik über einen Arbeitsbereich verfüge, in dem die beruflichen Einsatzmöglichkeiten der Versicherten umfassend getestet und beurteilt werden könnten, hat er nicht bejaht.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung der bewilligten Leistung zur medizinischen Rehabilitation in dem Fachkrankenhaus Nordfriesland in Bredstedt hat.
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
Der Träger der Rentenversicherung erbringt nach Abs. 2 nicht 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein, 2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation an Stelle einer sonst erforderlichen Krankenbehandlung, 3. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die dem allgemeinen anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen.
Demnach hat der Kläger lediglich Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung. Er hat also nicht das Recht, eine bestimmte Reha-Leistung zu verlangen. Demgemäß bestimmt auch der Rentenversicherungsträger die Reha-Einrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen (Niesel im Kasseler Kommentar, Stand Mai 2006, § 13 SGB VI Rdnr. 7; Gemeinschaftskommentar SGB VI, Stand März 2005 § 13 SGB VI Rdnr. 16). Anders wäre es nur, wenn das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert wäre, d. h. wenn der Ermessensspielraum des Rentenversicherungsträgers auf Grund der tatsächlichen Umstände des Falles derart eingeschränkt wäre, dass dieser rechtmäßig nur die Entscheidung treffen dürfte, die medizinische Rehabilitation in dem Fachkrankenhaus N. in B. durchzuführen. Dies ist jedoch nach Überzeugung des Senats auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX nicht der Fall.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen des Leistungsberechtigten entsprochen.
Berechtigte Wünsche sind solche Wünsche, denen keine Rechtsvorschrift entgegensteht und die sich innerhalb des - für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden - gesetzlichen Leistungsrechts bewegen. Mit Hilfe der Wunsch- und Wahlrechte können somit im Einzelfall nur die in der jeweiligen Anspruchsnorm enthaltenen Rechte konkretisiert werden (Hauck/Noftz, Kommentar, § 9 SGB IX Rdnr. 7). In der Gesetzesbegründung ist dabei ausgeführt, von berechtigten Wünschen, die sich auch auf die Auswahl der Rehabilitationsdienste und -einrichtungen und damit auch auf den Leistungsort erstrecken könnten, könne nur ausgegangen werden, wenn sie sich im Rahmen des Leistungsrechts, der mit ihm - beispielsweise zur Teilhabe am Arbeitsleben - verfolgten Zielsetzungen und sonstiger Vorgaben wie etwa der Pflicht, Leistungen nur in Einrichtungen zu erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 21 bestehe, hielten (BT-Drucks. 14/5074 S. 100).
Ausgehend hiervon hat die Beklagte nicht zu Unrecht das Vorliegen eines berechtigten Wunsches des Klägers auf Durchführung der medizinischen Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. verneint. Denn beim Kläger soll die medizinische Rehabilitation auch dazu dienen zu klären, ob und gegebenenfalls welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kommen. Dazu ist es erforderlich, dass die Reha-Klinik über besondere sozialmedizinische Kompetenz verfügt. Dies ist beim Fachkrankenhaus N. nicht nachgewiesen, zumal der Leitende Arzt der Klinik Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 28.2.2006 die Anfrage des Senats vom 18.11.2005, ob seine Klinik über einen Arbeitsbereich verfügt, in dem die beruflichen Einsatzmöglichkeiten der Versicherten umfassend getestet und beurteilt werden können, nicht bejaht hat und auch die Beratungsärztin der Beklagten die erforderliche sozialmedizinische Kompetenz des Fachkrankenhaus N. verneint hat. Darüber hinaus ist das Fachkrankenhaus N. ein Akutkrankenhaus und ein Krankenhaus, das überwiegend nur Verträge mit Krankenkassen und nicht mit Rentenversicherungsträgern - mit Ausnahme der Deutschen Rentenversicherung Nord -, und auch nicht mit der Beklagten unterhält.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte die Durchführung der medizinischen Reha-Maßnahme im Fachkrankenhaus Nordfriesland deswegen ablehnt, weil die dortigen Entlassungsberichte nicht einer regelmäßigen Qualitätssicherung durch die Beklagte unterzogen werden.
Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie Leistungen zur medizinischen Rehabilitation an Stelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung nicht zu erbringen hat, zumal Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine wesentliche Besserung bzw. eine Abwendung einer wesentlichen Verschlechterung bzw. des Eintritts der Erwerbsminderung ist. Auf die Notwendigkeit einer verlängerten Krankenhausbehandlung weisen die Ausführungen von Dr. S. im Arztbrief vom 20.1.2006 hin, wonach ein verlängerter stationärer Aufenthalt vorrangig dazu dienen würde, verschiedene spezielle Maßnahmen zur Verringerung der Hypersensitivität besser zu implementieren, was bei den kürzeren stationären Aufenthalten wohl nicht in hinreichendem Maße möglich war, weshalb - worauf die Beklagte hingewiesen hat - bei den Behandlungen des Klägers im Fachkrankenhaus N. in den Jahren 2002, 2004 und 2006 kein nachhaltiger Erfolg eingetreten ist.
Der Vortrag des Klägers, lediglich das Fachkrankenhaus N. komme - auf Grund geeigneter Räumlichkeiten - für eine medizinische Rehabilitation in Betracht, überzeugt den Senat nicht. Es gibt zahlreiche Einrichtungen, in der Umwelterkrankungen behandelt werden. So hat z. B. die Beklagte in der B.-Klinik S. eine Studie gefördert, in der Patienten mit multipler chemical sensitivity (MCS) und chronic fatigue syndrom (CFS) behandelt wurden (vgl. Med Sach 2001, S. 197 ff). In letzterer wird ausgeführt, dass es vorrangige Aufgabe der Rehabilitation bei Umwelterkrankungen ist, am Rückzugsverhalten anzusetzen und eine berufliche und soziale Wiedereingliederung anzustreben (aaO S. 201).
Nach alledem sind der angefochtene Gerichtsbescheid und die Bescheide der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden, als damit die Gewährung einer medizinischen Leistung zu Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. abgelehnt wurde.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der Kosten des Widerspruchsverfahrens erstatten, da dieser insoweit Erfolg hatte, als die Beklagte dem Kläger eine medizinische Leistung zur Rehabilitation bewilligte. Er hatte jedoch insoweit keinen Erfolg, als der Kläger die Durchführung der medizinischen Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. begehrte. Für das Klage- und Berufungsverfahren sind dagegen keine Kosten zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner Kosten für das Widerspruchsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Anspruch darauf hat, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. durchgeführt werden.
Der 1970 geborene Kläger hat - soweit aus den Akten ersichtlich - bis Juli 1995 Medizin studiert, dieses Studium jedoch nicht abgeschlossen. Danach hat er eine Ausbildung zum Sport- und Gymnastiklehrer gemacht, von 1999 bis 2001 in einem Fahrradgeschäft gearbeitet sowie Sport und Publizistik studiert. Seit Januar 2002 ist er arbeitslos.
Vom 14.10. bis 26.10.2002, 9.12. bis 14.12.2002, 18.2. bis 2.3.2004 sowie 19.1. bis 24.1.2006 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung des Fachkrankenhauses N. (Arztbriefe vom 19.11.2002, 8.1.2003, 17.3.2004 und 20.1.2006). Zuvor war er dort schon im März 1997 und September 2002 untersucht worden. Die Diagnosen in den letzten Arztbriefen vom 17.3.2004 und 20.1.2006 lauten: 1. Chronische Erschöpfung bei Hepatitis unklarer Genese 2. Multiple Chemical Sensitivity 3. Nahrungsmittelintoleranzen 4. Zöliakie 5. Bekannte Pollinosis.
Am 20.3.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.4.2003 mit der Begründung ab, das Leistungsvermögen des Klägers könne durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich verbessert werden. Es könnten jedoch möglicherweise Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angezeigt sein.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.4.2003 Widerspruch. Mit Bescheid vom 13.11.2003 gewährte die Beklagte dem Kläger medizinischen Leistungen zur Rehabilitation in der Rehaklinik T. in B. M ...
Der Kläger bat unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. W. vom 24.11.2003, ihm in Abänderung des Bescheides vom 13.11.2003 medizinische Leistungen im Fachkrankenhaus N. in B. zu gewähren, da er in diesem Haus die größten Chancen für eine erfolgreiche Behandlung sehe.
Die Beklagte holte dazu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L. ein, die aus führte, eine Umstellung sei nicht möglich; es seien gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt worden. In diesem Fall sei eine Rehaklinik mit besonderer sozialmedizinischer Kompetenz erforderlich, die die gewünschte Klinik nicht leisten könne.
Unter Mitteilung dieser Begründung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.1.2004 die Gewährung der medizinischen Leistungen in Bredstedt ab, da diese Einrichtung nicht auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers spezialisiert sei. Es verbleibe daher bei der von ihr genannten Rehabilitations-Einrichtung.
Gegen die Bescheide vom 10.4. und 13.11.2003 sowie vom 16.1.2004 erhob der Kläger am 16.2.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe, mit der er die Gewährung der medizinischen Leistungen zur Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. weiter verfolgte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.1.2004 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger benötige eine Rehabilitationsklinik mit besonderer sozialmedizinischer Kompetenz, da gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt worden seien. Diese könne die gewünschte Klinik nicht leisten. Auch sei der sozialmedizinische Entlassungsbericht von wesentlicher Bedeutung, da gegebenenfalls die Frage geklärt werden müsse, ob nach der durchgeführten Leistung zur medizinischen Rehabilitation eine Leistung zu Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sei. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass die Kostenübernahme für Krankenhausbehandlung nicht im Leistungsbereich des Rentenversicherungsträgers liege.
Der Kläger legte ein Attest von Dr. W. vom 31.1.2005 sowie eine Erklärung von Dr. S., Leitender Arzt des Fachkrankenhaus N., vom 17.3.2005 vor, der ausführte, im Fachkrankenhaus N. seien bereits Patienten im Rahmen einer medizinischen Rehabilitations-Maßnahme behandelt worden, die ein ähnliches Krankenbild wie der Kläger aufwiesen.
Durch Gerichtsbescheid vom 23.6.2005 wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von medizinischen Leistungen zur Rehabilitation in der von ihm gewünschten Einrichtung, da die Beklagte mit dieser Klinik keinen Vertrag im Sinne des § 21 Sozialgesetzbuch (SGB) IX abgeschlossen habe. Zweifelhaft erscheine auch, ob das Fachkrankenhaus Therapieangebote unterbreiten könne, die geeignet seien, die beim Kläger bestehende Gefährdung der Erwerbsfähigkeit zu bessern. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 27.6.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.7.2005 Berufung eingelegt und vorgetragen, auf Grund seiner ausgeprägten Chemikaliensensibilität könne er sich nur in Räumlichkeiten aufhalten, die keinerlei Belastungen mit neurotoxischen Stoffen aufwiesen. Eine Reha-Maßnahme könne nur in einer Klinik durchgeführt werden, die in der Lage sei, die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies sei beim Fachkrankenhaus N. der Fall. Die Beklagte unterhalte keine Leistungsverträge mit Reha-Kliniken, deren Räumlichkeiten für chemikaliensensible Personen geeignet seien und sich auf die Umwelterkrankungen spezialisiert hätten. Deswegen sei die Beklagte verpflichtet, ihm medizinische Leistungen zur Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. zu gewähren. Hierbei handele es sich nicht um seine Wunscheinrichtung, sondern um die einzige Einrichtung, in der die Reha-Maßnahme durchführbar sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2005 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. November 2003 und vom 16. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm medizinische Leistungen zur Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, unter Berücksichtigung einer Chemikalienunverträglichkeit könne die H.-Klinik (Abteilung II) in B. C. als geeignete Klinik angeboten werden.
Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, dass diese Klinik ebenfalls nicht geeignet sei, da die erforderlichen Räumlichkeiten nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Im Übrigen habe die Beklagte in zwei ihm bekannten Fällen mit der Diagnose MCS im Jahre 2004 und 2006 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Fachkrankenhaus N. bewilligt.
Dr. S. hat den Arztbrief vom 20.1.2006 über die Behandlung des Klägers vom 19.1. bis 24.1.2006 vorgelegt, in welchem er ausführt, der Kläger sei während des kurzen stationären Aufenthalts einer multimodalen, umweltmedizinischen Komplexbehandlung unterzogen worden, die keine wesentliche Besserung ergeben habe. Eine stationäre medizinische Rehabilitation mit umweltmedizinischen Schwerpunkten sei sinnvoll, da verschiedene spezielle Maßnahmen zur Verringerung der Hypersensitivität in einem längeren klinischen Kontext besser implementiert werden könnten. Unter dem 28.2.2006 hat er mitgeteilt, dass das Fachkrankenhaus N. neben der akuten Krankenhausversorgung die Aufgabe habe, Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen stationär medizinisch zu rehabilitieren. Mit der Deutschen Rentenversicherung Nord und Krankenkassenverbänden bestünden Versorgungsverträge. Damit werde die Kompetenz des Fachkrankenhauses anerkannt, medizinische Rehabilitations-Behandlungen durchzuführen. Die Frage, ob die Klinik über einen Arbeitsbereich verfüge, in dem die beruflichen Einsatzmöglichkeiten der Versicherten umfassend getestet und beurteilt werden könnten, hat er nicht bejaht.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung der bewilligten Leistung zur medizinischen Rehabilitation in dem Fachkrankenhaus Nordfriesland in Bredstedt hat.
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
Der Träger der Rentenversicherung erbringt nach Abs. 2 nicht 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein, 2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation an Stelle einer sonst erforderlichen Krankenbehandlung, 3. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die dem allgemeinen anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen.
Demnach hat der Kläger lediglich Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung. Er hat also nicht das Recht, eine bestimmte Reha-Leistung zu verlangen. Demgemäß bestimmt auch der Rentenversicherungsträger die Reha-Einrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen (Niesel im Kasseler Kommentar, Stand Mai 2006, § 13 SGB VI Rdnr. 7; Gemeinschaftskommentar SGB VI, Stand März 2005 § 13 SGB VI Rdnr. 16). Anders wäre es nur, wenn das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert wäre, d. h. wenn der Ermessensspielraum des Rentenversicherungsträgers auf Grund der tatsächlichen Umstände des Falles derart eingeschränkt wäre, dass dieser rechtmäßig nur die Entscheidung treffen dürfte, die medizinische Rehabilitation in dem Fachkrankenhaus N. in B. durchzuführen. Dies ist jedoch nach Überzeugung des Senats auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX nicht der Fall.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen des Leistungsberechtigten entsprochen.
Berechtigte Wünsche sind solche Wünsche, denen keine Rechtsvorschrift entgegensteht und die sich innerhalb des - für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden - gesetzlichen Leistungsrechts bewegen. Mit Hilfe der Wunsch- und Wahlrechte können somit im Einzelfall nur die in der jeweiligen Anspruchsnorm enthaltenen Rechte konkretisiert werden (Hauck/Noftz, Kommentar, § 9 SGB IX Rdnr. 7). In der Gesetzesbegründung ist dabei ausgeführt, von berechtigten Wünschen, die sich auch auf die Auswahl der Rehabilitationsdienste und -einrichtungen und damit auch auf den Leistungsort erstrecken könnten, könne nur ausgegangen werden, wenn sie sich im Rahmen des Leistungsrechts, der mit ihm - beispielsweise zur Teilhabe am Arbeitsleben - verfolgten Zielsetzungen und sonstiger Vorgaben wie etwa der Pflicht, Leistungen nur in Einrichtungen zu erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 21 bestehe, hielten (BT-Drucks. 14/5074 S. 100).
Ausgehend hiervon hat die Beklagte nicht zu Unrecht das Vorliegen eines berechtigten Wunsches des Klägers auf Durchführung der medizinischen Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. verneint. Denn beim Kläger soll die medizinische Rehabilitation auch dazu dienen zu klären, ob und gegebenenfalls welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kommen. Dazu ist es erforderlich, dass die Reha-Klinik über besondere sozialmedizinische Kompetenz verfügt. Dies ist beim Fachkrankenhaus N. nicht nachgewiesen, zumal der Leitende Arzt der Klinik Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 28.2.2006 die Anfrage des Senats vom 18.11.2005, ob seine Klinik über einen Arbeitsbereich verfügt, in dem die beruflichen Einsatzmöglichkeiten der Versicherten umfassend getestet und beurteilt werden können, nicht bejaht hat und auch die Beratungsärztin der Beklagten die erforderliche sozialmedizinische Kompetenz des Fachkrankenhaus N. verneint hat. Darüber hinaus ist das Fachkrankenhaus N. ein Akutkrankenhaus und ein Krankenhaus, das überwiegend nur Verträge mit Krankenkassen und nicht mit Rentenversicherungsträgern - mit Ausnahme der Deutschen Rentenversicherung Nord -, und auch nicht mit der Beklagten unterhält.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte die Durchführung der medizinischen Reha-Maßnahme im Fachkrankenhaus Nordfriesland deswegen ablehnt, weil die dortigen Entlassungsberichte nicht einer regelmäßigen Qualitätssicherung durch die Beklagte unterzogen werden.
Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie Leistungen zur medizinischen Rehabilitation an Stelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung nicht zu erbringen hat, zumal Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine wesentliche Besserung bzw. eine Abwendung einer wesentlichen Verschlechterung bzw. des Eintritts der Erwerbsminderung ist. Auf die Notwendigkeit einer verlängerten Krankenhausbehandlung weisen die Ausführungen von Dr. S. im Arztbrief vom 20.1.2006 hin, wonach ein verlängerter stationärer Aufenthalt vorrangig dazu dienen würde, verschiedene spezielle Maßnahmen zur Verringerung der Hypersensitivität besser zu implementieren, was bei den kürzeren stationären Aufenthalten wohl nicht in hinreichendem Maße möglich war, weshalb - worauf die Beklagte hingewiesen hat - bei den Behandlungen des Klägers im Fachkrankenhaus N. in den Jahren 2002, 2004 und 2006 kein nachhaltiger Erfolg eingetreten ist.
Der Vortrag des Klägers, lediglich das Fachkrankenhaus N. komme - auf Grund geeigneter Räumlichkeiten - für eine medizinische Rehabilitation in Betracht, überzeugt den Senat nicht. Es gibt zahlreiche Einrichtungen, in der Umwelterkrankungen behandelt werden. So hat z. B. die Beklagte in der B.-Klinik S. eine Studie gefördert, in der Patienten mit multipler chemical sensitivity (MCS) und chronic fatigue syndrom (CFS) behandelt wurden (vgl. Med Sach 2001, S. 197 ff). In letzterer wird ausgeführt, dass es vorrangige Aufgabe der Rehabilitation bei Umwelterkrankungen ist, am Rückzugsverhalten anzusetzen und eine berufliche und soziale Wiedereingliederung anzustreben (aaO S. 201).
Nach alledem sind der angefochtene Gerichtsbescheid und die Bescheide der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden, als damit die Gewährung einer medizinischen Leistung zu Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. in B. abgelehnt wurde.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der Kosten des Widerspruchsverfahrens erstatten, da dieser insoweit Erfolg hatte, als die Beklagte dem Kläger eine medizinische Leistung zur Rehabilitation bewilligte. Er hatte jedoch insoweit keinen Erfolg, als der Kläger die Durchführung der medizinischen Rehabilitation im Fachkrankenhaus N. begehrte. Für das Klage- und Berufungsverfahren sind dagegen keine Kosten zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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