L 7 AS 4266/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 3276/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4266/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Juli 2006 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 3. Januar 2005 bis 31. Juli 2006.

Die 1967 geborene Klägerin zu 1, ihr 1968 geborener Ehemann (Kläger zu 2) und deren 2001 geborener Sohn (Kläger zu 3), leben zusammen. Der Kläger zu 2 bezog aufgrund einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme (Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher) vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Übergangsgeld in Höhe von 33,88 EUR täglich, bzw. ab 11. Mai 2006 in Höhe von 30,27 EUR täglich.

Mit Bescheid vom 11. März 2005, abgeändert durch Bescheid vom 6. Mai 2005 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 3. Januar bis 31. Juli 2005, wobei sie als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR und das Übergangsgeld in Höhe von 1.016,14 EUR monatlich ohne Abzug von Freibeträgen anrechnete.

Auf den Folgeantrag bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Juli 2005 Leistungen für den Zeitraum 1. August 2005 bis 31. Januar 2006. Die Kläger erhoben Widerspruch, da das Übergangsgeld ohne Abzug des gesetzlichen Freibetrags bei Erwerbstätigkeit angerechnet worden sei. Mit Änderungsbescheid vom 27. September 2005 setzte die Beklagte für den Zeitraum Februar bis Juli 2005 vom Übergangsgeld die Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 24,04 EUR monatlich sowie die Pauschale für sonstige private Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR monatlich ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 übernahm sie diese Berichtigung für den Zeitraum August 2005 bis Januar 2006 und wies im Übrigen den Widerspruch mit der Begründung zurück, Übergangsgeld sei kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit, weshalb der Freibetrag gemäß § 30 SGB II nicht berücksichtigt werden könne.

Nachdem die Klägerin zu 1 einen Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung beantragt und hierzu ein ärztliches Attest vom 22. September 2005 vorgelegt hatte, bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 28. Oktober 2005 ab 22. September 2005 einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 25,56 EUR wegen Hypertonie.

Am 11. November 2005 haben die Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, anstelle des Pauschbetrags für private Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR seien ihre tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von jeweils monatlich 5,63 EUR für die Hausratversicherung, 9,87 EUR für die private Haftpflichtversicherung, 9,67 EUR für die Unfallversicherung der Klägerin zu 1 sowie 22,66 EUR und 21,81 EUR für die Lebens- und Ausbildungsversicherung für den Kläger zu 3 einkommensmindernd zu berücksichtigen. Außerdem sei vom Übergangsgeld des Klägers zu 2 der Erwerbstätigenfreibetrag abzusetzen, da die Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme einer Erwerbstätigkeit gleich zu setzen sei.

Mit Bescheid vom 5. Januar 2006, abgeändert durch Bescheide vom 21. März 2006 und 26. Juni 2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 1. Februar bis 31. Juli 2006, wobei sie den ab 2006 auf 27,00 EUR gestiegenen monatlichen Beitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung berücksichtigte sowie das ab 11. Mai 2006 auf 908,10 EUR monatlich verminderte Übergangsgeld des Klägers zu 2.

Mit Urteil vom 26. Juli 2006 hat das SG über den gesamten Zeitraum vom 3. Januar 2005 bis 31. Juli 2006 entschieden und dabei die Bescheide betreffend den Leistungszeitraum Februar bis Juli 2006 in analoger Anwendung von § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einbezogen. Es hat die Beklagte verurteilt, für Januar 2006 den Anrechnungsbetrag des Übergangsgelds auf 959,40 EUR zu vermindern, da auch für diesen Monat bereits der gestiegene Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung zu berücksichtigen sei. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Pauschbetrag von 30,00 EUR für private Versicherungen sei vorliegend angemessen, da die Summe der Beiträge für Privathaftpflicht- und Hausratversicherung darunter liege. Private Unfallversicherung, Lebens- und Ausbildungsversicherung seien weder allgemein notwendig noch verbreitet. Der Freibetrag für Erwerbstätige sei vom Übergangsgeld nicht abzuziehen, da dieses kein Erwerbseinkommen aus der Verwertung der eigenen Arbeitskraft, sondern eine Entgeltersatzleistung sei. Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung, die Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu stärken, solle der Bezug einer Sozialleistung gerade nicht mit einem Freibetrag angeregt werden.

Hiergegen richten sich die am 23. August 2006 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufungen der Kläger. Diese verweisen darauf, dass das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 24/04 R) die in der Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-V) 2002 vorgesehene Pauschale von 3% des Einkommens für Versicherungsbeiträge für nicht ermächtigungs- und verfassungskonform gehalten habe. Vorliegend seien nach der aktuellen Verordnung für Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II-V) Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften wegen fehlender Übergangs- und Härtefallregelungen gezwungen, ggf. die vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit geschlossenen Versicherungsverträge ohne Rücksicht auf Verluste zu kündigen, da sie im Hilfebezug nicht mehr zu finanzieren seien. Darüber hinaus stehe der Freibetrag für Erwerbstätige auch bei Bezug von Übergangsgeld zu. Zweck des § 30 SGB II sei es, Hilfebedürftige zu eigenen Anstrengungen zu ermuntern, ihren Hilfebedarf durch Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu verringern. Auch bei Auszubildenden mit Ausbildungsvergütung sei der Freibetrag abzusetzen. An der Tätigkeit ändere sich nichts, ob diese im Rahmen eines normalen Ausbildungsverhältnisses geleistet werde oder im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation bei Zahlung durch Dritte. Zwar habe Übergangsgeld in der Regel den Charakter einer Entgeltersatzleistung; vorliegend gelte ausnahmsweise etwas anderes, da der Kläger zu 2 rein tatsächlich gesehen eine Erwerbstätigkeit ausübe in Form einer Ausbildung zum Erzieher.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2007 hat die Beklagte die Widersprüche der Kläger gegen den Bescheid vom 26. Juni 2006 zurückgewiesen.

Die Kläger beantragen (teilweise sinngemäß):

Das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Juli 2006 wird teilweise aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 11. März 2005, abgeändert durch Bescheide vom 6. Mai 2005 und 27. September 2005 sowie des Bescheids vom 1. Juli 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 2005, abgeändert durch Bescheid vom 28. Oktober 2005 sowie unter Änderung des Bescheids vom 5. Januar 2006, abgeändert durch Bescheide vom 21. März 2006 und 26. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2007 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 3. Januar 2005 bis 31. Juli 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der individuellen Beiträge zu privaten Versicherungen anstelle des Pauschbetrags gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-Verordnung und des Freibetrags für Erwerbstätige gemäß § 30 Satz 1 SGB II zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen sowie das angefochtene Urteil und verweist darauf, dass das Übergangsgeld kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit darstelle, sondern es sich um eine Entgeltersatzleistung, also eine Sozialleistung handele, die nicht vom Kläger zu 2 erwirtschaftet worden sei, sondern von der Versichertengemeinschaft aufgebracht werde. Der Freibetrag des § 30 Satz 2 SGB II könne daher nicht berücksichtigt werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakten des SG und die Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Kläger, über die der Senat aufgrund des erteilten Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, haben keinen Erfolg.

Verfahrensbeteiligte ist nicht nur die vom SG im Rubrum allein berücksichtigte Klägerin zu 1, sondern auch ihr Ehemann und ihr Sohn, die Kläger zu 2 und 3. Das Urteil des SG ist nach seinem Inhalt dahin auszulegen, dass es nicht nur über den Anspruch der Klägerin zu 1, sondern zusätzlich über Ansprüche der Kläger zu 2 und 3 entschieden hat. Nach der Rechtsprechung des BSG ist zumindest für eine Übergangszeit über die üblichen Auslegungskriterien hinaus zu fragen, wie das Gericht vernünftigerweise nach dem wahren Begehren hätte entscheiden müssen, es sei denn, die Entscheidung verneint ausdrücklich einen umfassenden Streitgegenstand (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R - (juris)). Vorliegend geht es ersichtlich um Ansprüche sämtlicher Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, so dass diese auch – entsprechend ihrer Erklärung vom 19. Februar 2007 – in das Verfahren einzubeziehen sind. Insbesondere ist auch kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung vom Leistungsbezug ausgeschlossen, was einer entsprechenden Auslegung entgegenstünde (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R - (juris)).

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Kosten der Unterkunft und Heizung. Letztere sind, wie aus dem gesamten Vorbringen der Kläger zu entnehmen ist, nicht streitig. Eine entsprechende Eingrenzung des Streitgegenstands ist zulässig, da es sich bei den Kosten der Unterkunft und Heizung um eine eigenständige, abgrenzbare Verfügung handelt, wobei sich die rechtliche Trennbarkeit von den übrigen Verfügungen des Bewilligungsbescheids aus § 6 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 19 Satz 2 SGB II ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – a.a.O.).

Der vorliegend streitige Zeitraum erstreckt sich vom 3. Januar 2005 bis 31. Juli 2006. Unmittelbar mit der Klage beim SG angefochten wurden die Bewilligungsbescheide für die Zeiträume vom 3. Januar bis 31. Juli 2005 und 1. August 2005 bis 31. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 2005. Der Bescheid vom 5. Januar 2006, abgeändert durch Bescheide vom 21. März 2006 und 26. Juni 2006 betreffend den Zeitraum 1. Februar bis 31. Juli 2006 ist entgegen der Ausführungen des SG nicht analog § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume im Rahmen des SGB II ist nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht gerechtfertigt, da anders als im Rahmen eine Dauerrechtsverhältnisses im Bereich des Arbeitsförderungsrechts regelmäßig kürzere Bewilligungsabschnitte vorliegen, Änderungen bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen sind und zudem eine Abhängigkeit vom jeweiligen Bestand der Bedarfsgemeinschaft besteht (BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R – und vom 23. November 2006 – B 11b AS 9/06 R - (beide juris)). Nachdem die Kläger die genannten Bescheide in das Verfahren eingeführt haben und die Beklagte sich rügelos auf den erweiterten Klageantrag eingelassen hat, liegt eine gesetzlich zulässige Klageerweiterung i.S.v. § 99 Abs. 1 und 2 SGG vor. Auch für die geänderte Klage muss die Prozessvoraussetzung eines Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG) vorliegen, wenn es wie hier um einen anderen Streitgegenstand geht (vgl. BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 1 = BSGE 91, 128; BSG SozR 3-2500 § 37 Nr. 5 = BSGE 90, 143; anders unter bestimmten Voraussetzungen im Vertragsarztrecht bei prozessualer Vereinbarung zwischen den Beteiligten: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 12 und SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 = BSGE 78, 98). Auch das Gericht kann unzulässige Klagen nicht als sachdienlich zulassen, sondern hat ggf. vor einer Klageabweisung wegen Unzulässigkeit aus Gründen der Prozessökonomie in der Regel Gelegenheit zu geben, das Widerspruchsverfahren nachzuholen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 99 Rdnr. 10a m.w.N.). Nachdem dies hier durch Erlass des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2007 geschehen ist, kann der Senat auch über den Zeitraum 1. Februar bis 31. Juli 2006 in der Sache entscheiden.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft, weil die Berufungen wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betreffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Senat ist auch sonst an einer Sachentscheidung nicht gehindert, obgleich das SG dem Wortlaut nach nur über die Klage der Klägerin zu 1 entschieden hat. Diese Entscheidung reicht indes aus, weil bei sachgerechter Auslegung der gestellten Anträge auch die Kläger zu 2 und 3 von Anfang an in das Verfahren hätten einbezogen werden müssen.

Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 3. Januar 2005 bis 31. Juli 2006. Die Kläger haben grundsätzlich Anspruch auf die hier streitigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Als erwerbsfähige Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gehören die Kläger zu 1 und 2 zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 7 Abs. 1 SGB II. Die Kläger zu 2 und 3 sind als nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte bzw. als Kind vor Vollendung des 18. Lebensjahres in die Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 einbezogen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3a und Nr. 4 SGB II). Die Kläger sind im gesamten streitigen Zeitraum auch hilfebedürftig i.S.v. § 9 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln sichern können, insbesondere reicht das zur Verfügung stehende Einkommen in Form von Übergangsgeld und Kindergeld nicht aus, den Bedarf zu decken; Vermögen ist nicht vorhanden. Höhere Leistungen als bewilligt bzw. vom SG zugesprochen stehen den Klägern indes nicht zu.

Die Bedarfe der Kläger sind vorliegend unstreitig, insbesondere hat die Beklagte auch den von der Klägerin zu 1 geltend gemachten Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung mit dem Datum der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung anerkannt. Darüber hinaus gehende Bedarfe sind nicht ersichtlich und werden von den Klägern auch nicht geltend gemacht. Streitig ist vorliegend allein auf der Einkommensseite die Frage nach möglichen Abzügen vom Übergangsgeld des Klägers zu 2. Dabei ist zunächst festzustellen, dass das Übergangsgeld nach § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen ist. Es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, die einem anderen Zweck als Leistungen nach dem SGB II dient. Denn das Übergangsgeld nach § 20 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) übernimmt während der Reha-Leistung die Funktion des Arbeitsverdienstes bzw. -einkommens (sog. Entgeltersatzfunktion). Es soll den Verlust des Arbeitseinkommens während und infolge der Durchführung einer Reha-Leistung ersetzen und den Versicherten auch während längerer Maßnahmen wirtschaftlich absichern, es dient somit ebenfalls zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, SGB VI, § 20 Rdnr. 3).

Hinsichtlich der Möglichkeit des Abzugs von Beiträgen zu öffentlichen oder privaten Versicherungen vom Einkommen sieht § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II dies vor für Beiträge, die gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Gesetzlich vorgeschrieben sind Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung, welche die Beklagte – inzwischen auch für Januar 2006 – in tatsächlicher Höhe vom Einkommen abgezogen hat. Auf der Grundlage der Ermächtigung in § 13 SGB II regelt § 3 Nr. 1 Alg II-V (i.d.F. vom 20. Oktober 2004 - BGBl. I S. 2622 - a.F.) bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V (i.d.F. der Ersten Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 22. August 2005 - BGBl. I S. 2499 - n.F.), dass für Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, ein Pauschbetrag von 30,00 EUR monatlich abzusetzen ist vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger und vom Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II leben. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu beanstanden. Im Urteil vom 7. November 2006 (- B 7b AS 18/06 - (juris)) hat das BSG hierzu ausgeführt: "Mit dem festgelegten Betrag von 30,00 EUR sollen die Beiträge zu privaten Versicherungen abgedeckt werden, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind. Insoweit liegt nach der Überzeugung des Senats die Festlegung des konkreten Betrags von 30,00 EUR noch in der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers; jedenfalls soweit gleichzeitig davon ausgegangen wird, dass von der Pauschale nicht die Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen privaten Versicherungen erfasst sind, die nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gesondert vom Einkommen absetzbar sind und hierzu auch die Beiträge zu einer Kfz-Haftpflichtversicherung gezählt werden, deren Abschluss Voraussetzung für die Zulassung eines Kfz ist. Gleichzeitig wurde in der Alg II-V berücksichtigt, dass in einer Bedarfsgemeinschaft üblicher Weise nur jeweils eine dieser Versicherungen besteht, deren Versicherungsschutz neben dem Versicherungsnehmer auch dessen Partner und die haushaltsangehörigen minderjährigen Kinder erfasst. Deshalb ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber nicht für jeden einzelnen Grundsicherungsempfänger eine Pauschale i.H.v. 30,00 EUR gemäß § 3 Nr. 1 a.F. bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1 n.F. Alg II-V vorgesehen hat. Entgegen der Rüge der Revisionskläger liegt insoweit kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Es bestehen vielmehr hinreichende Gründe minderjährige Kinder, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern oder einem Elternteil leben, von der Geltendmachung der Pauschale auszuschließen. Im Regelfall, so etwa bei der privaten Haftpflicht- und der Hausratversicherung, nehmen sie am Versicherungsschutz teil, den die Eltern durch den Abschluss einer Versicherung begründet haben." Der Senat schließt sich diesen Erwägungen aufgrund eigener Überprüfung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung. Weitere Versicherungsbeiträge neben der Beiträge zur Kfz-Haftpflicht und der Pauschale in Höhe von 30,00 EUR sind daher vom Einkommen nicht abzusetzen.

Zu Recht hat die Beklagte auch davon abgesehen, vom Übergangsgeld den Freibetrag für Erwerbstätige nach §§ 11 Abs. 2 Nr. 6, 30 Satz 1 SGB II abzusetzen. Nach § 30 Satz 1 SGB II ist vom monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer, in Satz 2 und 3 näher bestimmter Betrag abzusetzen. Erwerbseinkommen sind Einnahmen, die der Hilfebedürftige unter Einsatz und Verwertung seiner Arbeitskraft erzielt, nicht dazu gehören Lohnersatzleistungen (Birk in LPK- SGB II, 2. Aufl., § 30 Rdnr. 5). Neben dem klaren Wortlaut des § 30 Satz 1 "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" spricht für eine derartige Auslegung auch der Gesetzeszweck. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, soll der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit dazu führen, dass als Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht das gesamte Erwerbseinkommen angerechnet wird und derjenige, der arbeitet, mehr Geld zur Verfügung hat als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit nicht arbeitet (BT-Drucks. 15/1516 S. 59; 15/5446 S. 4). Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, den Bezug einer Sozialleistung, wie sie das Übergangsgeld nach § 20 SGB VI darstellt, in gleicher Weise zu fördern und den zu privilegieren, der eine andere Sozialleistung als SGB II-Leistungen erhält (ebenso im Ergebnis LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Dezember 2005 – L 2 B 84/05 AS ER – FEVS 58, 37 zum Bezug von Überbrückungsgeld nach § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch; Bayer. LSG, Urteil vom 9. Juni 2006 – L 7 AS 34/05 - (juris) zum Bezug von Übergangsgeld nach § 80 Soldatenversorgungsgesetz). Warum dies bei der dem Kläger zu 2 bewilligten Entgeltersatzleistung ausnahmsweise anders zu beurteilen sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Aus den dargestellten Gründen ist auch der mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 (Gesetz vom 14. August 2005, BGBl. I 2407) eingeführte pauschale Absetzungsbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in Höhe von 100,00 EUR (Grundfreibetrag) nicht anzuwenden, denn auch dieser gilt nur für erwerbstätige Hilfebedürftige.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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