Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 2624/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3818/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers im Beitrittsgebiet vom 1. September 1972 bis 23. Februar 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI ) festzustellen.
Der 1946 geborene Kläger hatte zunächst von 1962 bis 1965 den Beruf des Schlossers erlernt, bevor er von 1965 bis 1970 an der Technischen Universität im damaligen K.-M.-Stadt (C.) Ingenieurwissenschaften (Fachrichtung: Fügetechnik, Dipl.-Ing.) studierte und in diesem Fach nach fünfjähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Hochschule im Jahre 1975 promoviert wurde. In der Folgezeit war er ab dem 1. März 1976 bis zum 31. Dezember 1978 zunächst als Mitarbeiter für Koordinierung und vom 1. Januar 1979 bis zum 30. August 1988 als Rationalisierungsingenieur im VEB IFA-Ingenieurbetrieb K.-M.-Stadt beschäftigt. Anschließend war der Kläger vom 1. Oktober 1988 bis zum 23. Februar 1989, dem Tag seiner Entlassung aus der "Staatsangehörigkeit der DDR" und der Übersiedelung ins Bundesgebiet, als Kraftfahrer im Fuhrgeschäft Richter in K.-M.-Stadt tätig.
Mit Schreiben vom 25. November 2003, bei der Beklagten eingegangen am 28. November 2003, bat der Kläger die Beklagte formlos und sodann am 7. Januar 2004 mit entsprechenden Formblattantrag seine Beschäftigungszeit im Beitrittsgebiet als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne von Anlage 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG - anzuerkennen und zu überführen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2004 mit der Begründung ab, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei deshalb nicht anwendbar.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. Februar 2004 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, die Bindung von Ansprüchen aus den Zusatzversorgungssystemen an den Stichtag 30. Juni 1999 sei für ihn nicht nachvollziehbar und inakzeptabel. Dies führe zu einer nachträglichen Besserstellung von Funktionsträgern und Privilegierten und widerspreche damit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG gehabt. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er - entweder am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre, - eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erlangt hätte oder - aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 36/01 R). Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 26. April 2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum diejenigen, die länger im Beitrittsgebiet gearbeitet hätten und keine eigenen Beiträge in das Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland eingezahlt hätten, rentenversicherungsrechtlich besser behandelt würden, als Personen, die, wie er, das Beitrittsgebiet früher verlassen hätten.
Mit Urteil vom 26. Juli 2005 wies das SG die Klage als unbegründet ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung der genannten Zeiten nach § 8 AAÜG, da zwischen ihm und der Beklagten kein Versorgungsrechtsverhältnis bestehe, für welches das AAÜG nach seinem § 1 Abs. 1 Geltung beanspruchen könnte. Vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG seien nach § 1 Abs. 1 AAÜG die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden seien und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden hätten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Sei ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gelte dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten. Ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift erfülle der Kläger beide Tatbestände nicht. Das bundesrechtliche Neueinbeziehungsverbot untersage, allein auf der Grundlage der von der ehemaligen DDR erlassenen Regelungen ab dem 1. Juli 1990 (Beginn der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) neue Versorgungsberechtigungen zu begründen. Zum 1. August 1991 habe der Kläger unstreitig keinen Versorgungsanspruch gehabt, denn der Versicherungsfall (Alter oder Invalidität) sei bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Er sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gewesen. Ebenso greife zu seinen Gunsten nicht eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ein, denn der Kläger habe vor dem 1. Juli 1990 keine Rechtsposition innegehabt, die er hätte verlieren können. Bei Personen, die am 30.06.1990 nicht einbezogen gewesen seien und auch nicht nachfolgend aufgrund originären Bundesrechts (Art. 9 Abs. 2, 17 und 19 EV) einbezogen worden seien, sei allerdings aufgrund einer durch das BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nicht-Einbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG SozR 3-8507 § 1 Nrn. 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVTI hänge gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVI Tech. vom 24. Mai 1951 (BGBl. DDR I S. 487) von drei Voraussetzungen ab (vgl. insoweit zuletzt BSG vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 35/04 R -, B 4 RA 37/04 - und B 4 A 40/04 R - sowie vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - jeweils m.w.N.). Generell sei dieses System eingerichtet gewesen für 1. Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hätten (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger aufgrund seiner Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen, die persönlichen Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVTI erfüllt habe. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch scheitere jedenfalls daran, dass der Kläger zum maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens mehr ausgeübt habe, sich zu diesem Zeitpunkt vielmehr unstreitig bereits in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Diese Stichtagsregelung sei auch verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht mehrfach entschieden habe (wird ausgeführt). Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 8. August 2005 zugestellt.
Am 8. September 2005 hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Er trägt weiterhin vor, die Voraussetzungen für die Anerkennung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz im Beitrittsgebiet zu erfüllen. Als Ingenieur sei das AAÜG auf ihn persönlich anwendbar. Am 30. Juni 1990 sei er auch in seinem Beruf als Ingenieur beschäftigt gewesen, bis 1989 in der ehemaligen DDR und seither im Bundesgebiet (sachliche Voraussetzung). Schließlich sei auch die sog. betriebliche Voraussetzung gegeben. Von 1972 bis 1976 sei er zunächst als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität K.-M.-Stadt beschäftigt gewesen, bevor er bis zum 30. August 1988 in einem AAÜG-anerkannten IFA-Ingenieurbetrieb gearbeitet habe. Schließlich sei er in der Zeit vom Ausreiseantrag bis zur Übersiedelung ins Bundesgebiet als Kraftfahrer in einem volkseigenen Betriebe beschäftigt gewesen. Allein den Stichtag halte er nicht ein. Die rentenrechtliche Besserstellung von Ingenieuren, die bis zum Zusammenbruch der ehemaligen DDR tätig gewesen seien, und denen, die durch ihre vorzeitige Flucht die Öffnung der Mauer überhaupt ermöglicht hätten, sei verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. September 1972 bis 23. Februar 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der Technischen Intelligenz im Beitrittsgebiet sowie die entsprechenden Verdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Am 30. Juni 1990 habe der Kläger im Beitrittsgebiet keine abhängige Beschäftigung mehr ausgeübt. Auf die Gründe, weshalb der Kläger bereits vor diesem Stichtag seine Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie/des Bauwesens aufgegeben habe, komme es nicht an. Auch verfassungsrechtlich sei gegen die Stichtagsentscheidung des Gesetzgebers nichts zu erinnern. Die Sozialgerichte seien durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 GG nicht allgemein gehalten, eine Ungleichbehandlung von Bürgern, die durch Normsetzung oder Verwaltungspraxis der ehemaligen DDR entstanden sei, zu überprüfen und zu beseitigen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung und Feststellung von Zeiten nach dem AAÜG zutreffend dargestellt und unter ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausgeführt, aus welchen Gründen der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Zeiten vom 1. September 1972 bis 23. Februar 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVTI hat. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils S. 4 bis 7 Bezug genommen und von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend abgesehen.
Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG fällt. Vom persönlichen Anwendungsbereich werden nach § 1 Abs. 1 AAÜG die Inhaber von Ansprüchen und Anwartschaften erfasst, welche auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen der Versorgungssysteme ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt diese Tatbestände nicht. Er war nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte weder eine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt, noch hatte er eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag bindend gebliebenen Verwaltungsakts. Der Kläger war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystems der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Für den Kläger gilt auch nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, denn er hatte vor dem 30. Juni 1990 keine Rechtsposition inne, die er hätte verlieren können. Nur in diesen Fällen wird kraft Gesetzes eine Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG fingiert (vgl. BSG, Urt. vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R m. w. N., juris.doc).
Der Kläger wird auch nicht nach der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (s. Urt. vom 08. Juni 2004 a.a.O.) vom AAÜG erfasst. Danach ist zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechtes nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Dieser fiktive Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der Altersversorgung der technischen Intelligenz hängt von drei Voraussetzungen (persönliche, sachliche und betriebliche) ab, die allesamt am 30. Juni 1990 vorgelegen haben müssen. Der Kläger erfüllt zumindest die betriebliche Voraussetzung nicht, da er am 30. Juni 1990 seit mehr als einem Jahr in keinem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie und des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen war.
Die Nichteinbeziehung des Klägers in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Grundgesetz (GG) dar. Der Kläger war aus dem von einem Versorgungssystems erfassten Beschäftigungsverhältnis bereits am 23. Februar 1989 ausgeschieden und in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Durch die Schließung der Altersversorgung der technischen Intelligenz im Beitrittsgebiet hat ihm deshalb kein am 30. Juni 1990 bestehender Anspruch und keine Anwartschaft verloren gehen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat zu der vorliegenden Frage im Beschluss vom 26. Oktober 2005 (Az.: 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/07 - SozR 4-8560 § 22 Nr. 1), in welchem es unter anderem die gegen das Urteil des Bundessozialgericht vom 08.06.2004, B 4 RA 56/03 R, eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht angenommen hat, ausgeführt, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung stelle das Stichtagsprinzip, hier bezogen auf den 30. Juni 1990, nicht dar. Das Bundessozialgericht habe über einen eng verstandenen Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG hinaus auch Personen, die zu keinem Zeitpunkt in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen gewesen seien, unter - den genannten - engen Kriterien in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG einbezogen und damit zugunsten solcher Personen, die niemals - auch nicht in der Rechtsordnung der DDR - eine gesicherte Rechtsposition, etwa in Form einer Anwartschaft innegehabt hätten, die Realisierung eines lediglich fiktiven Anspruchs ermöglicht, wenn die Voraussetzungen des fiktiven Anspruchs im Einzelfall am 30. Juni 1990 gegeben gewesen seien. Innerhalb der Gruppe der zu keinem Zeitpunkt in ein Zusatzversorgungssystem förmlich Einbezogenen sei das Bundessozialgericht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gehalten gewesen, den von ihm entwickelten fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung, welcher durch die genannte Stichtagsregelung nur wenige Personen betraf, auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die zu irgend einem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllt hätten.
Im Übrigen ist dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen, dass der Anteil der in ein Zusatzversorgungssystem einbezogenen potentiell Berechtigten in den einzelnen Systemen unterschiedlich hoch war. Während im Bereich der medizinischen und pädagogischen Intelligenz nahezu alle Berechtigten aufgenommen wurden, wird der Anteil der in die AVTI einbezogenen Ingenieure nur mit 3 bis 5 Prozent angegeben (unter Hinweis auf Ganske-Gerhardt, DAngVers 2005, S. 361 (363); Stoew/Recktenwald, DAngVers 2004, S. 563 (564)).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger aus der Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zum AVTI bei anderen Personen keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten kann. Denn entweder waren die individuellen Konstellationen dort anders gelagert und die Anspruchsvoraussetzungen deshalb erfüllt, oder aber die Anspruchsvoraussetzungen waren nicht erfüllt und eine Anerkennung hätte nicht erfolgen dürfen. Die entsprechenden Bescheide wären dann rechtswidrig. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung hinsichtlich einer - hier unterstellten - rechtswidrigen Verwaltungspraxis besteht jedoch nicht.
Die Berufung konnte demnach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers im Beitrittsgebiet vom 1. September 1972 bis 23. Februar 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI ) festzustellen.
Der 1946 geborene Kläger hatte zunächst von 1962 bis 1965 den Beruf des Schlossers erlernt, bevor er von 1965 bis 1970 an der Technischen Universität im damaligen K.-M.-Stadt (C.) Ingenieurwissenschaften (Fachrichtung: Fügetechnik, Dipl.-Ing.) studierte und in diesem Fach nach fünfjähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Hochschule im Jahre 1975 promoviert wurde. In der Folgezeit war er ab dem 1. März 1976 bis zum 31. Dezember 1978 zunächst als Mitarbeiter für Koordinierung und vom 1. Januar 1979 bis zum 30. August 1988 als Rationalisierungsingenieur im VEB IFA-Ingenieurbetrieb K.-M.-Stadt beschäftigt. Anschließend war der Kläger vom 1. Oktober 1988 bis zum 23. Februar 1989, dem Tag seiner Entlassung aus der "Staatsangehörigkeit der DDR" und der Übersiedelung ins Bundesgebiet, als Kraftfahrer im Fuhrgeschäft Richter in K.-M.-Stadt tätig.
Mit Schreiben vom 25. November 2003, bei der Beklagten eingegangen am 28. November 2003, bat der Kläger die Beklagte formlos und sodann am 7. Januar 2004 mit entsprechenden Formblattantrag seine Beschäftigungszeit im Beitrittsgebiet als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne von Anlage 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG - anzuerkennen und zu überführen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2004 mit der Begründung ab, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei deshalb nicht anwendbar.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. Februar 2004 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, die Bindung von Ansprüchen aus den Zusatzversorgungssystemen an den Stichtag 30. Juni 1999 sei für ihn nicht nachvollziehbar und inakzeptabel. Dies führe zu einer nachträglichen Besserstellung von Funktionsträgern und Privilegierten und widerspreche damit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG gehabt. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er - entweder am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre, - eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erlangt hätte oder - aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 36/01 R). Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 26. April 2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum diejenigen, die länger im Beitrittsgebiet gearbeitet hätten und keine eigenen Beiträge in das Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland eingezahlt hätten, rentenversicherungsrechtlich besser behandelt würden, als Personen, die, wie er, das Beitrittsgebiet früher verlassen hätten.
Mit Urteil vom 26. Juli 2005 wies das SG die Klage als unbegründet ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung der genannten Zeiten nach § 8 AAÜG, da zwischen ihm und der Beklagten kein Versorgungsrechtsverhältnis bestehe, für welches das AAÜG nach seinem § 1 Abs. 1 Geltung beanspruchen könnte. Vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG seien nach § 1 Abs. 1 AAÜG die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden seien und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden hätten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Sei ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gelte dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten. Ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift erfülle der Kläger beide Tatbestände nicht. Das bundesrechtliche Neueinbeziehungsverbot untersage, allein auf der Grundlage der von der ehemaligen DDR erlassenen Regelungen ab dem 1. Juli 1990 (Beginn der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) neue Versorgungsberechtigungen zu begründen. Zum 1. August 1991 habe der Kläger unstreitig keinen Versorgungsanspruch gehabt, denn der Versicherungsfall (Alter oder Invalidität) sei bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Er sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gewesen. Ebenso greife zu seinen Gunsten nicht eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ein, denn der Kläger habe vor dem 1. Juli 1990 keine Rechtsposition innegehabt, die er hätte verlieren können. Bei Personen, die am 30.06.1990 nicht einbezogen gewesen seien und auch nicht nachfolgend aufgrund originären Bundesrechts (Art. 9 Abs. 2, 17 und 19 EV) einbezogen worden seien, sei allerdings aufgrund einer durch das BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nicht-Einbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG SozR 3-8507 § 1 Nrn. 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVTI hänge gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVI Tech. vom 24. Mai 1951 (BGBl. DDR I S. 487) von drei Voraussetzungen ab (vgl. insoweit zuletzt BSG vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 35/04 R -, B 4 RA 37/04 - und B 4 A 40/04 R - sowie vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - jeweils m.w.N.). Generell sei dieses System eingerichtet gewesen für 1. Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hätten (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger aufgrund seiner Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen, die persönlichen Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVTI erfüllt habe. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch scheitere jedenfalls daran, dass der Kläger zum maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens mehr ausgeübt habe, sich zu diesem Zeitpunkt vielmehr unstreitig bereits in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Diese Stichtagsregelung sei auch verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht mehrfach entschieden habe (wird ausgeführt). Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 8. August 2005 zugestellt.
Am 8. September 2005 hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Er trägt weiterhin vor, die Voraussetzungen für die Anerkennung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz im Beitrittsgebiet zu erfüllen. Als Ingenieur sei das AAÜG auf ihn persönlich anwendbar. Am 30. Juni 1990 sei er auch in seinem Beruf als Ingenieur beschäftigt gewesen, bis 1989 in der ehemaligen DDR und seither im Bundesgebiet (sachliche Voraussetzung). Schließlich sei auch die sog. betriebliche Voraussetzung gegeben. Von 1972 bis 1976 sei er zunächst als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität K.-M.-Stadt beschäftigt gewesen, bevor er bis zum 30. August 1988 in einem AAÜG-anerkannten IFA-Ingenieurbetrieb gearbeitet habe. Schließlich sei er in der Zeit vom Ausreiseantrag bis zur Übersiedelung ins Bundesgebiet als Kraftfahrer in einem volkseigenen Betriebe beschäftigt gewesen. Allein den Stichtag halte er nicht ein. Die rentenrechtliche Besserstellung von Ingenieuren, die bis zum Zusammenbruch der ehemaligen DDR tätig gewesen seien, und denen, die durch ihre vorzeitige Flucht die Öffnung der Mauer überhaupt ermöglicht hätten, sei verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. September 1972 bis 23. Februar 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der Technischen Intelligenz im Beitrittsgebiet sowie die entsprechenden Verdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Am 30. Juni 1990 habe der Kläger im Beitrittsgebiet keine abhängige Beschäftigung mehr ausgeübt. Auf die Gründe, weshalb der Kläger bereits vor diesem Stichtag seine Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie/des Bauwesens aufgegeben habe, komme es nicht an. Auch verfassungsrechtlich sei gegen die Stichtagsentscheidung des Gesetzgebers nichts zu erinnern. Die Sozialgerichte seien durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 GG nicht allgemein gehalten, eine Ungleichbehandlung von Bürgern, die durch Normsetzung oder Verwaltungspraxis der ehemaligen DDR entstanden sei, zu überprüfen und zu beseitigen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung und Feststellung von Zeiten nach dem AAÜG zutreffend dargestellt und unter ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausgeführt, aus welchen Gründen der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Zeiten vom 1. September 1972 bis 23. Februar 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVTI hat. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils S. 4 bis 7 Bezug genommen und von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend abgesehen.
Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG fällt. Vom persönlichen Anwendungsbereich werden nach § 1 Abs. 1 AAÜG die Inhaber von Ansprüchen und Anwartschaften erfasst, welche auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen der Versorgungssysteme ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt diese Tatbestände nicht. Er war nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte weder eine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt, noch hatte er eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag bindend gebliebenen Verwaltungsakts. Der Kläger war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystems der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Für den Kläger gilt auch nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, denn er hatte vor dem 30. Juni 1990 keine Rechtsposition inne, die er hätte verlieren können. Nur in diesen Fällen wird kraft Gesetzes eine Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG fingiert (vgl. BSG, Urt. vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R m. w. N., juris.doc).
Der Kläger wird auch nicht nach der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (s. Urt. vom 08. Juni 2004 a.a.O.) vom AAÜG erfasst. Danach ist zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechtes nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Dieser fiktive Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der Altersversorgung der technischen Intelligenz hängt von drei Voraussetzungen (persönliche, sachliche und betriebliche) ab, die allesamt am 30. Juni 1990 vorgelegen haben müssen. Der Kläger erfüllt zumindest die betriebliche Voraussetzung nicht, da er am 30. Juni 1990 seit mehr als einem Jahr in keinem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie und des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen war.
Die Nichteinbeziehung des Klägers in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Grundgesetz (GG) dar. Der Kläger war aus dem von einem Versorgungssystems erfassten Beschäftigungsverhältnis bereits am 23. Februar 1989 ausgeschieden und in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Durch die Schließung der Altersversorgung der technischen Intelligenz im Beitrittsgebiet hat ihm deshalb kein am 30. Juni 1990 bestehender Anspruch und keine Anwartschaft verloren gehen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat zu der vorliegenden Frage im Beschluss vom 26. Oktober 2005 (Az.: 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/07 - SozR 4-8560 § 22 Nr. 1), in welchem es unter anderem die gegen das Urteil des Bundessozialgericht vom 08.06.2004, B 4 RA 56/03 R, eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht angenommen hat, ausgeführt, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung stelle das Stichtagsprinzip, hier bezogen auf den 30. Juni 1990, nicht dar. Das Bundessozialgericht habe über einen eng verstandenen Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG hinaus auch Personen, die zu keinem Zeitpunkt in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen gewesen seien, unter - den genannten - engen Kriterien in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG einbezogen und damit zugunsten solcher Personen, die niemals - auch nicht in der Rechtsordnung der DDR - eine gesicherte Rechtsposition, etwa in Form einer Anwartschaft innegehabt hätten, die Realisierung eines lediglich fiktiven Anspruchs ermöglicht, wenn die Voraussetzungen des fiktiven Anspruchs im Einzelfall am 30. Juni 1990 gegeben gewesen seien. Innerhalb der Gruppe der zu keinem Zeitpunkt in ein Zusatzversorgungssystem förmlich Einbezogenen sei das Bundessozialgericht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gehalten gewesen, den von ihm entwickelten fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung, welcher durch die genannte Stichtagsregelung nur wenige Personen betraf, auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die zu irgend einem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllt hätten.
Im Übrigen ist dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen, dass der Anteil der in ein Zusatzversorgungssystem einbezogenen potentiell Berechtigten in den einzelnen Systemen unterschiedlich hoch war. Während im Bereich der medizinischen und pädagogischen Intelligenz nahezu alle Berechtigten aufgenommen wurden, wird der Anteil der in die AVTI einbezogenen Ingenieure nur mit 3 bis 5 Prozent angegeben (unter Hinweis auf Ganske-Gerhardt, DAngVers 2005, S. 361 (363); Stoew/Recktenwald, DAngVers 2004, S. 563 (564)).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger aus der Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zum AVTI bei anderen Personen keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten kann. Denn entweder waren die individuellen Konstellationen dort anders gelagert und die Anspruchsvoraussetzungen deshalb erfüllt, oder aber die Anspruchsvoraussetzungen waren nicht erfüllt und eine Anerkennung hätte nicht erfolgen dürfen. Die entsprechenden Bescheide wären dann rechtswidrig. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung hinsichtlich einer - hier unterstellten - rechtswidrigen Verwaltungspraxis besteht jedoch nicht.
Die Berufung konnte demnach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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