Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 4106/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5074/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1951 geborene Kläger erlernte vom 01.04.1965 bis 30.09.1969 den Beruf des Kfz-Mechanikers. Nach seinen Angaben absolvierte der Kläger daran anschließend von 1969 bis 1971 eine kaufmännische Ausbildung zum Einkäufer und Disponenten und war ab 1971 im Hotelgewerbe tätig. Seit 1979 arbeitete der Kläger als stellvertretender Lager- und Versandverwalter bei der Firma W. AG in N ... Dieses Arbeitsverhältnis endete zum 31.03.1996. Bis dahin bezog der Kläger Krankengeld vom 20.06.1993 bis 04.07.1993, 08.12.1993 bis 26.12.1993, 07.09.1994 bis 02.10.1994, 02.08.1995 bis 10.09.1995 und 10.01.1996 bis 17.03.1996.
In der Folgezeit war der Kläger arbeitslos, unterbrochen durch eine Tätigkeit als Lagerist bei der Firma United H.metall GmbH, H., vom 17.02. bis 18.04.1997, Baumarktmitarbeiter bei der Firma T. Bau O. vom 16.02.1998 bis 13.06.1998 und Lagermitarbeiter bei der Firma S., E., vom 16.11.1998 bis 31.03.1999. Vom 12.01.2000 bis zum 30.04.2001 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 06.03.2001 bis 10.04.2001 absolvierte er im Rehabilitationszentrum L. B. S. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht vom 11.04.2001 stellten die dortigen Ärzte die Diagnosen einer Somatisierungsstörung mit Rentenbegehren, einer arteriellen Hypertonie, eines chronischen HWS-Syndroms, Adipositas sowie Varikosis der Beine. Der Kläger wurde als vollschichtig leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten, ohne Arbeiten in Zwangshaltungen und auf Leitern und Gerüsten, in wechselnder Körperhaltung, entlassen.
Nachdem der Anspruch auf Arbeitslosengeld und der Anspruch auf Krankengeld erschöpft waren und der Kläger ab dem 05.11.2001 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe beantragt hatte, stellte er am 17.12.2001 bei der Beklagten den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. führte im Gutachten vom 09.01.2002 unter Heranziehung des am 02.11.2001 von Dr. J.-S. für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MdK) erstatteten sozialmedizinischen Gutachtens (Ergebnis: Beendigung der am 01.10.2001 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zum 04.11.2001) und unter Bezugnahme auf das von ihm im Rehabilitationsverfahren erstattete Gutachten vom 16.10.2000 aus, das Vorliegen einer depressiven Erkrankung könne ausgeschlossen werden. Als Diagnosen nannte er tendenziöse Verhaltensweisen bei vehement betriebenem Rentenbegehren, einen medikamentös gut eingestellten arteriellen Bluthochdruck sowie Adipositas. Der Kläger könne bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich arbeiten.
Mit Bescheid vom 17.01.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Hiergegen legte der Kläger am 31.01.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung legt er ärztliche Bescheinigungen der behandelnden Ärzte Dr. S., Arzt für Psychiatrie/Psychotherapie, vom 28.05. und 19.06.2002, Dr. R., Internist, vom 17.06.2002, und Dr. D., Arzt für Orthopädie, vom 17.06.2002, vor. Dr. D. führte aus, orthopädischerseits liege ein Schmerzsyndrom mit Chronifizierungstendenz bei leichten degenerativen Veränderungen vor. Eine radikuläre Symptomatik bestehe nicht, ebenso wenig eine nennenswerte Bewegungseinschränkung oder eine nennenswerte Arthrose. Im für die Arbeitsagentur N. erstatteten nervenärztlichen Gutachten vom 02.07.2002 nannte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. die Diagnosen einer Somatisierungsstörung und einer Agoraphobie. Nach den vorliegenden objektiven Befunden bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Leistungsbeurteilung im Erwerbsleben hänge in erster Linie von der Somatisierungsstörung ab.
Nach Beiziehung der bei der Arbeitsagentur Nagold geführten medizinischen Unterlagen und eines Befundberichts von Dr. S. vom 17.03.2003, welcher eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers seit Januar 2003 mitteilte, veranlasste die Beklagte die gutachterliche Untersuchung des Klägers auf nervenärztlichem, orthopädischem und internistischem Fachgebiet.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 06.08.2003 stellte Dr. S. die Diagnosen einer Normvariante der Persönlichkeit mit krankheitsbetonten und histrionischen Zügen, von daraus sowie aus einem Rentenbegehren resultierenden multiplen Somatisierungsstörungen und Angstzuständen sowie eines Wirbelsäulenreizsyndroms und multipler Gelenkbeschwerden ohne neurologisch fassbares Korrelat. Wegen der psychischen Auffälligkeiten könne der Kläger keine Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, erhöhter Verantwortung oder besonderem Stress ausüben. Der vom Kläger geklagte Schwindel stehe Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Maschinen entgegen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten.
Der Orthopäde Dr. K. stellte im fachorthopädischen Gutachten vom 05.08.2003 folgende Diagnosen: Chronisches Lumbalsyndrom bei Diskose L5/S1 ohne Funktionseinschränkung. Chronisches Cervicalsyndrom bei beginnenden Verschleißveränderungen ohne Funktionseinschränkung. Chondropathia patellae beidseits Adipositas BMI 30,9 Arthralgie beider Hüftgelenke bei Ausschluss vorzeitiger Verschleißveränderung und Einschränkung der Innendrehfähigkeit rechts. Der Kläger habe im Rahmen der Anamneseerhebung über vielfältige orthopädische Leiden berichtet, wobei im Rahmen der körperlichen Untersuchung keine die vorgebrachten Klagen stützende Befunde hätten erhoben werden können. Der Kläger habe ein durchgehendes wirbelsäulenbelastendes Verhalten gezeigt. Hinweise auf eine cervicale Ursache des geklagten Schwindels hätten sich nicht gefunden. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in überwiegender Wirbelsäulenzwangshaltung, überwiegende Überkopfarbeit sowie überwiegend kniend-hockende Tätigkeiten. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Im zusammenfassenden internistischen Gutachten vom 04.09.2003 stellte Medizinaldirektor Lemmerhofer folgende Diagnosen: 1. Schwindelerscheinungen und vielfältige weitere funktionelle Beschwerden bei hypochondrischer und histrionischer Persönlichkeitsentwicklung und Rentenbegehren. 2. Kaum funktionsminderndes Cervical- und Lumbalsyndrom. 3. Bluthochdruck ohne Hinweise für Zielorganschäden. 4. Stamm- und Nebenastvarikosis der Beine ohne Komplikationen. 5. Hüftgelenksschmerzen und Einschränkung der Innenrotation rechts ohne Röntgenkorrelat. 6. Schlafapnoesyndrom nicht auszuschließen (anamnestisch). Zu vermeiden seien übertriebene und ständige Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr an besonders gefährdenden Maschinen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit erhöhtem Zeitdruck oder in Nachtschicht. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Leistungsfähigkeit im erlernten Beruf des Mechanikers hänge von den konkreten Arbeitsbedingungen ab. Die Tätigkeit eines Kaufmannes im Fahrzeugbau sei weiterhin vollschichtig vorstellbar.
Die Firma S. teilte am 30.01.2003 mit, der Kläger sei vom 16.11.1998 bis 31.03.1999 in der Lagerverwaltung, im Ersatzteilverkauf und in der Leitung Materialwirtschaft beschäftigt gewesen. Hierbei habe es sich um eine angelernte Tätigkeit gehandelt. Der Kläger sei in Lohngruppe K3 des Tarifvertrages des Karosserie- und Fahrzeugbauer-Handwerks Baden-Württemberg eingruppiert gewesen. Diese tarifliche Einstufung habe auch der zuletzt tatsächlich ausgeübten Tätigkeit entsprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den Widerspruchsbescheid wird insoweit Bezug genommen.
Hiergegen erhob der Kläger am 13.11.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Zur Begründung legte er das für den MDK erstattete sozialmedizinische Gutachten von Dr. J.-S. vom 14.01.2004 sowie Berichte der behandelnden Ärzte vor. Dr. J.-S. stellte darin die Diagnosen einer agitierten Depression mit Angstzuständen, wobei sich die Depression durch den Tod der Mutter im Dezember 2003 zusätzlich verstärkt habe, eines schwer einstellbaren Hypertonus sowie eines chronischen WS-Syndroms. Der Kläger sei nicht in der Lage, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Dr. R. gab im Befund- und Krankheitsbericht vom 26.01.2004 an, im Vordergrund stünden nach wie vor eine depressive Verstimmung mit Antriebsarmut, Versagensängsten und Schwindel. Bei einem zuletzt am 19.06.2002 durchgeführten Belastungs-EKG habe keine Belastungshypertonie bestanden, bis zu einer Belastungsstufe von 125 Watt hätten sich keine Hinweise auf eine coronare Herzerkrankung ergeben. Auch hinsichtlich der Magenbeschwerden bestehe sonographisch ein unauffälliger Befund mit lediglich blanden Leberzysten. Wegen der Magenbeschwerden sei eine regelmäßige medikamentöse Therapie notwendig. Eine am 08.01.2004 durch den Arzt für Innere Medizin/Gastroenterologie Dr. K. durchgeführte proximale Intestinoskopie habe eine kleine axiale Hiatusgleithernie ohne Refluxzeichen sowie alterierte Antrummucosa mit erhabenen Erosionen und streifiger Rötung ergeben. Die geklagten Beschwerden entsprächen einer chronischen endoskopienegativen Refluxkrankheit, die deutlich nahrungsabhängig sei. Dr. S. teilte im ärztlichen Befundbericht vom 16.02.2004 mit, der Kläger stehe seit Februar 2000 in seiner ständigen psychiatrischen Behandlung wegen depressiv-ängstlicher Störung, zurzeit soziale Phobie, einer mittelgradig depressiven Episode sowie einer somatoformen Schmerzstörung bei orthopädischen Vorbefunden. Der bisherige Verlauf sei sehr wechselnd, es komme immer zu einer Alternativ-Symptomzunahme, wenn die Depression sich z.B. bessere, nähmen die Schmerzen zu. Der Kläger könne allenfalls noch drei Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten verrichten.
Das SG veranlasste die gutachterliche Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T ... Im Gutachten vom 23.03.2005 stellte Prof. Dr. F. unter Mitarbeit von Assistenzarzt Dr. D. die Diagnose einer Somatisierungsstörung. Der Kläger habe zwar auch sehr ausführlich und überdeutlich depressive Symptome und Angstsymptome geschildert, diese seien den Schilderungen des Klägers zufolge sowie nach Aktenlage nicht in ausgeprägtem Maße vorhanden und deshalb der Diagnose Somatisierungsstörung zuzuordnen. Auf neurologischem Gebiet bestünden keine Erkrankungen. Die Erkrankung auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet habe keinen nennenswerten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit bei einer Tätigkeit als Lagerverwalter oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Zu berücksichtigen seien lediglich Einschränkungen hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden sowie des unklaren Schwindels. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wurde der Arzt für Neurologie Dr. D. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im neurologischen Gutachten vom 19.08.2005 führte Dr. D. aus, im Fachgebiet der Neurologie längen eine Somatisierungsstörung sowie eine geringgradige lumbale Radikulopathie vor. Auf internistischem Fachgebiet bestehe ein medikamentös ausreichend eingestellter arterieller Hypertonus. Für eine eher erhaltene Leistungsfähigkeit sprächen folgende Gesichtspunkte: - Weitgehend normales unbeobachtetes Gangbild - geringe körperliche Bewegungseinschränkung - Diskrepanz zwischen Rückenschmerzschilderung und objektiv neurologischem Befund - angemessener Tag-Nacht-Rhythmus mit wirksamen Erholungsphasen auch tagsüber - Interesse an Familie - keine soziale Vereinsamung - selbstständige Problemlösung hinsichtlich der vermieteten Wohnungen - Zeitungslektüre - diffuse Schilderung nicht beeinflussbarer Schmerzen - Freude an Gartenarbeit. Folgende Indizien sprächen für eine eher reduzierte Leistungsfähigkeit: - Ermüdung nach 30 Minuten Gartenarbeit - keine längeren Ausflüge oder Urlaubsreisen - Vermeiden von Autofahrten außerhalb des Ortes - keine Vereinsaktivität oder Ähnliches. Für eine berufliche Leistungsminderung sprächen weiter gescheiterte Arbeitsversuche, eine gescheiterte stationäre Rehabilitation sowie langjährige psychiatrische und pharmakologische Behandlung ohne Besserung. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck oder ohne die Möglichkeit, zumindest teilweise selbst eingeteilte Pausen zu machen. Möglich seien einfache Bürotätigkeiten sowie leichte Produktionstätigkeiten, etwa an Kunststoffspritzautomaten, sowie das Verwalten eines mechanisierten Lagers. Bei angemessenem Arbeitstempo seien auch Akkordarbeit und Fließbandarbeit möglich. Tätigkeiten mit erhöhten körperlichen und geistigen Anforderungen sei der Kläger nicht mehr gewachsen. Der Kläger könne noch Tätigkeiten maximal bis unter sechs Stunden je Arbeitstag verrichten. Dies ergebe sich aus dem prognostisch ungünstigen Verlauf, den gescheiterten Rehabilitationsversuchen und den gescheiterten Arbeitsversuchen sowie insbesondere der subjektiv empfundenen beschleunigten Ermüdung, welche die Dauerleistung reduziere. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht. Auch stünden keine besonderen Umstände dem Führen eines Kraftfahrzeugs entgegen, da kein organischer Schwindel erkennbar sei und der Kläger mit dem Auto zur Krankengymnastik fahre. Dieser Beurteilung trat Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Spezielle Schmerztherapie, in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 16.09.2005 entgegen mit der Begründung, anhand der objektiven Befunde hätten keinerlei Beeinträchtigungen festgestellt werden können, die einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen entgegenstünden.
Mit Urteil vom 21.10.2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er noch in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit als Lagerverwalter mit überwiegend verwaltender Tätigkeit weiterhin mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Das SG stützte sich hierbei auf die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. F ...
Gegen das am 21.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.11.2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, das SG habe weder das von Dr. D. erstattete Gutachten vom 19.08.2005 noch den ärztlichen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. S. vom 16.02.2004 angemessen berücksichtigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Anfrage des Senats, wann die gegenüber den Sachverständigen Prof. Dr. F. und Dr. D. angegebene stationäre Behandlung im PLK H. stattgefunden habe, teilte der Kläger mit, eine stationäre Behandlung in H. sei geplant gewesen, habe aber nicht stattgefunden.
Der Senat hat Dr. H., Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums A. W. W.g, mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 13.03.2006 stellte dieser unter Mitarbeit der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie J. die Diagnose einer Somatisierungsstörung. Die Leitlinien für das Vorliegen einer depressiven Episode oder einer Angststörung im engeren Sinne seien nicht erfüllt. Darüber hinaus bestünden Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule sowie eine angegebene Minderung der Oberflächensensibilität im Bereich des gesamten rechten Armes und des gesamten rechten Beines, ohne dass diese einem zentralen oder peripheren Verteilungsmuster zuzuordnen seien. Wegen der Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule seien Arbeiten in einseitiger Körperhaltung sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten ebenso wie Arbeiten in Zwangshaltungen oder Arbeiten, die häufiges Heben und Bücken erforderten, nicht mehr zumutbar. Die Somatisierungsstörung stehe Arbeiten mit einer erhöhten Verantwortung bzw. einer besonderen (hohen) geistigen Beanspruchung entgegen. Auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, mit erhöhten Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Tätigkeiten, welche die Überwachung von komplexeren Arbeitsgängen erforderten, könne der Kläger nicht mehr ausüben. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, wobei besondere Arbeitsbedingungen nicht erforderlich seien. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Die von Dr. D. beschriebene quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei auf dem Boden der erhobenen Befunde nicht nachvollziehbar. Bei der gutachterlichen Untersuchung hätten insbesondere keine Störungen des Antriebs oder Beeinträchtigungen des Durchhaltevermögens festgestellt werden können.
Der Kläger hat weitere medizinische Unterlagen vorgelegt, und zwar einen Arztbrief des Facharztes für Chirurgie W. vom 03.05.2006 mit der Diagnose einer Varikosis rechts und dem Therapievorschlag einer Kompressionstherapie mit Oberschenkelkompressionsstrumpf, da der Kläger einer Verödungsbehandlung ablehnend gegenüberstehe, Arztbrief des Orthopäden Dr. D. vom 24.04.2006 mit dem Befund einer Großzehengrundgelenksarthrose rechts und Metatarsalgie und einer Behandlung durch Einlagen sowie den ärztlichen Befund- und Krankheitsbericht zur Vorlage beim VDK von Dr. R. vom 03.05.2006. Darin wird ausgeführt, gegenüber dem Vorbefund habe sich die Bauchsymptomatik verschlechtert, es bestünden chronische Oberbauchbeschwerden. Eine nochmals durchgeführte Gastroskopie habe eine kleine axiale Hiatusgleithernie ohne Refluxzeichen ergeben, die Beschwerden seien jedoch typisch für eine Refluxerkrankung, zusätzlich zeige sich eine erosive Gastritis. Wegen dieser Beschwerden erfolge eine häufige medikamentöse Behandlung. Vom Kläger weiter vorgelegt wurde eine von Dr. S. am 11.05.2006 ausgestellte ärztliche Bescheinigung, die - bis auf wenige Schreibfehler - weitgehend identisch mit dem von Dr. S. am 16.02.2004 ausgestellten ärztlichen Befundbericht ist.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben ( § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten.
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, d.h. ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich auf nicht absehbare Zeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der Rehaklinik L. B. S. vom 11.04.2001, den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten von Dr. S. vom 06.08.2003 auf nervenärztlichem Gebiet, von Dr. K. am 05.08.2003 auf orthopädischem Gebiet und Dr. L. vom 04.09.2003 auf internistischem Gebiet, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie den nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. F. unter Mitarbeit von Dr. D. vom 23.03.2005 und von Dr. Heinrich unter Mitarbeit der Ärztin J. vom 13.03.2006 sowie den Befundberichten des behandelnden Orthopäden Dr. D., des behandelnden Internisten Dr. R. und des Chirurgen W ...
Auf nervenärztlichem Gebiet leidet der Kläger an einer Somatisierungsstörung. Im Rahmen dieser Erkrankung kommt es zu multiplen, wiederholt auftretenden und häufig wechselnden körperlichen Symptomen. Auch die vom Kläger berichteten depressiven Symptome und Angstsymptome stellen Ausprägungen der Somatisierungsstörung dar und sind deshalb nicht einem eigenständigen Krankheitsbild zuzuordnen. Daneben leidet der Kläger auf internistischem Gebiet an einer Refluxerkrankung mit kleiner axialer Hiatusgleithernie ohne Refluxzeichen, einer erosiven Gastritis sowie einer medikamentös zufriedenstellend eingestellten arteriellen Hypertonie. Auf orthopädischem Gebiet bestehen beim Kläger eine mit Oberschenkelkompressionsstrumpf behandelte Varikosis am rechten Bein, eine durch Einlagen behandelte Großzehengrundgelenksarthrose rechts, Metatarsalgie, ein chronisches Lumbalsyndrom bei Diskose L5/S1 sowie ein chronisches Cervicalsyndrom bei beginnenden Verschleißveränderungen ohne Funktionseinschränkung, eine Chondropathia patellae beidseits sowie eine Adipositas und eine Arthralgie beider Hüftgelenke mit Einschränkung der Innendrehfähigkeit rechts. Darüber hinaus klagt der Kläger über wiederkehrende Schwindel, für die jedoch keine organische Ursache festgestellt werden kann und die deshalb auch am ehesten der Somatisierungsstörung zuzuordnen sind. Gegen eine gravierende Beeinträchtigung durch die Schwindelanfälle spricht, dass der Kläger die Empfehlung des Sachverständigen Prof. Dr. F., vom Führen eines eigenen Fahrzeugs abzusehen, nicht folgt, sondern vielmehr weiterhin ein Fahrzeug führt.
Die Somatisierungsstörung steht Arbeiten mit erhöhter Verantwortung und besonders hohen geistiger Beanspruchung entgegen. Auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, mit erhöhtem Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Tätigkeiten, welche die Überwachung von komplexeren Arbeitsvorgängen erfordern, sind dem Kläger deshalb nicht mehr zumutbar. Die Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet verbieten Arbeiten in einseitiger Körperhaltung und mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten in Zwangshaltungen sowie Arbeiten mit häufigem Heben und Bücken. Wegen des vom Kläger geschilderten Schwindels sind auch Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Maschinen nicht mehr zumutbar.
Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist der Kläger noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Einschränkungen stehen auch der bis zum 31.03.1996 und vom 16.11.1998 bis 31.03.1999 ausgeübten Tätigkeit als Lagerverwalter/Disponent nicht entgegen. Nicht eindeutig ist, aus welchen Gründen der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma W. im Jahr 1996 beendet hat. Gegenüber den ihn im Rentenverfahren seit 2002 begutachtenden Ärzten hat der Kläger angegeben, ihm sei aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gekündigt worden. Demgegenüber hatte er noch während des Heilverfahrens in B. S. angegeben, er habe seine Tätigkeit als stellvertretender Lager- und Versandverwalter 1996 wegen einer Betriebsschließung verloren. Selbst wenn gesundheitliche Gründe Ursache für den Arbeitsplatzverlust gewesen sein sollten, liegen die damaligen gesundheitlichen Einschränkungen heute nicht mehr vor. Maßgeblich für die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers in den Jahren bis 1996 waren nämlich Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. So wurde im Februar 1993 ein Bandscheibenvorfall L5/S1 links und 1994 ein Bandscheibenvorfall C3/4 rechts nachgewiesen (Unterlagen der Arbeitsagentur Nagold, Befundbogen Erwachsene vom 20.07.1998, Bl. 237 der Verwaltungsakten). Es fand jedoch lediglich eine Operation wegen eines Carpaltunnelsyndroms am 27.07.1995 statt (Arztbrief Dr. D. mit gleichem Datum). Bei der ambulanten Untersuchung am 18.07.1995 konnte Dr. H. ausweislich des Arztbriefes vom 17.08.1995 lediglich ein sensibles Carpaltunnelsyndrom feststellen, jedoch keinen Hinweis auf ein cervicales Wurzelkompressionssyndrom. Wesentliche leistungseinschränkende Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet konnten auch bei späteren Untersuchungen nicht festgestellt werden. Insbesondere hat auch der behandelnde Orthopäde Dr. D. lediglich leichte degenerative Veränderungen festgestellt.
Der Senat folgt nicht der Beurteilung von Dr. D. im Gutachten vom 19.08.2005, wonach der Kläger nur noch unter sechs Stunden täglich arbeiten könne. Dr. D. hat ebenso wie Prof. Dr. F. und Dr. H. beim Kläger eine Somatisierungsstörung diagnostiziert und keine darüber hinausgehenden Befunde erhoben und Diagnosen gestellt. Er hat seine von Prof. Dr. F. und Dr. H. abweichende Beurteilung maßgeblich darauf gestützt, dass eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht erfolgreich gewesen sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass im Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums L. ausgeführt wird, angesichts des eindeutigen Rentenbegehrens des Klägers könne von einem Rehabilitationsergebnis im engeren Sinne nicht gesprochen werden. Die Versuche, den Kläger für psychosomatische oder psychodynamische Zusammenhänge zu sensibilisieren, sei zum Scheitern verurteilt gewesen. Deshalb sei auch die Einweisungsdiagnose abzuändern gewesen. Des Weiteren erläutert Dr. D., der eine Reihe von Gründen aufzählt, die dafür sprechen, dass das Leistungsvermögen des Klägers zeitlich nicht eingeschränkt ist, nicht näher, weshalb eine Ermüdung nach 30 Minuten Gartenarbeit, wie sie der Kläger angibt, für eine eher reduzierte Leistungsfähigkeit spricht, da dies für die Mehrzahl untrainierter Menschen zutrifft. Auch wird die Angabe des Klägers, keine längeren Ausflüge oder Urlaubsreisen durchzuführen, nicht daraufhin näher differenzierend untersucht, ob dies auf der körperlichen Unfähigkeit, auf mangelndem Interesse, mangelnden finanziellen Möglichkeiten oder darauf beruht, dass der Kläger Flugangst hat, was dessen Aussagen über einen Türkeiurlaub nahe legen. Auch die vom Kläger gegenüber Dr. H. angegebene Begründung für die Beendigung seines Mitwirkens im örtlichen Gesangverein, er könne nicht mehr so lange sitzen, wurde von Dr. D. nicht als möglicher Grund fehlender Vereinsaktivitäten diskutiert. Schließlich hat Dr. D. selbst mitgeteilt, der Kläger habe das Untersuchungsgespräch über 45 Minuten konzentriert führen und hierbei ohne besondere Mühe auf einem Stuhl sitzen können. Er sei hierbei affektiv ausgeglichen mit Ausnahme der Schilderung des Todes seines Bruders gewesen. Dieser - ca. zwei Jahre vor dem Kläger geboren - verstarb jedoch bereits als Säugling an plötzlichem Kindstod.
Aus denselben Gründen ist auch der Beurteilung des Leistungsvermögens durch den behandelnden Nervenarzt Dr. S. nicht zu folgen, wobei zudem gegen dessen Beurteilung spricht, dass er im Jahr 2004 und 2006 nahezu wortgleiche Bescheinigungen ausgestellt hat, wodurch die Vermutung nahe liegt, dass keine detaillierte Auseinandersetzung mit den im Verfahren eingeholten medizinischen Begutachtungen stattgefunden hat.
Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Er ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar, wie Prof. Dr. F. ausdrücklich festgestellt hat. Auch benötigt der Kläger keine betriebs-unüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger noch zumutbaren körperlich leichten bis mittelschweren Arbeiten nicht mit Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an gefährdenden Maschinen, in einseitiger Körperhaltung oder mit häufigem Heben und Bücken verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten zu ebener Erde in geschlossenen normaltemperierten Räumen durchgeführt werden und nicht mit besonderem Zeitdruck, erhöhter Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung verbunden sind. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger Berufsschutz als Facharbeiter genießt. Zur Überzeugung des Gerichts ist er nämlich noch in der Lage, die bis zum 31.03.1996 über 17 Jahre ausgeübte Tätigkeit als Lagerverwalter und Disponent mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Insbesondere stellt eine Tätigkeit in der Lagerverwaltung keine besonders rückenbelastende Tätigkeit dar, da zahlreiche Lager voll mechanisiert sind, wovon auch Dr. D. im Gutachten vom 19.08.2005 ausgegangen ist.
Die Berufung konnte demnach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1951 geborene Kläger erlernte vom 01.04.1965 bis 30.09.1969 den Beruf des Kfz-Mechanikers. Nach seinen Angaben absolvierte der Kläger daran anschließend von 1969 bis 1971 eine kaufmännische Ausbildung zum Einkäufer und Disponenten und war ab 1971 im Hotelgewerbe tätig. Seit 1979 arbeitete der Kläger als stellvertretender Lager- und Versandverwalter bei der Firma W. AG in N ... Dieses Arbeitsverhältnis endete zum 31.03.1996. Bis dahin bezog der Kläger Krankengeld vom 20.06.1993 bis 04.07.1993, 08.12.1993 bis 26.12.1993, 07.09.1994 bis 02.10.1994, 02.08.1995 bis 10.09.1995 und 10.01.1996 bis 17.03.1996.
In der Folgezeit war der Kläger arbeitslos, unterbrochen durch eine Tätigkeit als Lagerist bei der Firma United H.metall GmbH, H., vom 17.02. bis 18.04.1997, Baumarktmitarbeiter bei der Firma T. Bau O. vom 16.02.1998 bis 13.06.1998 und Lagermitarbeiter bei der Firma S., E., vom 16.11.1998 bis 31.03.1999. Vom 12.01.2000 bis zum 30.04.2001 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 06.03.2001 bis 10.04.2001 absolvierte er im Rehabilitationszentrum L. B. S. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht vom 11.04.2001 stellten die dortigen Ärzte die Diagnosen einer Somatisierungsstörung mit Rentenbegehren, einer arteriellen Hypertonie, eines chronischen HWS-Syndroms, Adipositas sowie Varikosis der Beine. Der Kläger wurde als vollschichtig leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten, ohne Arbeiten in Zwangshaltungen und auf Leitern und Gerüsten, in wechselnder Körperhaltung, entlassen.
Nachdem der Anspruch auf Arbeitslosengeld und der Anspruch auf Krankengeld erschöpft waren und der Kläger ab dem 05.11.2001 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe beantragt hatte, stellte er am 17.12.2001 bei der Beklagten den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. führte im Gutachten vom 09.01.2002 unter Heranziehung des am 02.11.2001 von Dr. J.-S. für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MdK) erstatteten sozialmedizinischen Gutachtens (Ergebnis: Beendigung der am 01.10.2001 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zum 04.11.2001) und unter Bezugnahme auf das von ihm im Rehabilitationsverfahren erstattete Gutachten vom 16.10.2000 aus, das Vorliegen einer depressiven Erkrankung könne ausgeschlossen werden. Als Diagnosen nannte er tendenziöse Verhaltensweisen bei vehement betriebenem Rentenbegehren, einen medikamentös gut eingestellten arteriellen Bluthochdruck sowie Adipositas. Der Kläger könne bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich arbeiten.
Mit Bescheid vom 17.01.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Hiergegen legte der Kläger am 31.01.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung legt er ärztliche Bescheinigungen der behandelnden Ärzte Dr. S., Arzt für Psychiatrie/Psychotherapie, vom 28.05. und 19.06.2002, Dr. R., Internist, vom 17.06.2002, und Dr. D., Arzt für Orthopädie, vom 17.06.2002, vor. Dr. D. führte aus, orthopädischerseits liege ein Schmerzsyndrom mit Chronifizierungstendenz bei leichten degenerativen Veränderungen vor. Eine radikuläre Symptomatik bestehe nicht, ebenso wenig eine nennenswerte Bewegungseinschränkung oder eine nennenswerte Arthrose. Im für die Arbeitsagentur N. erstatteten nervenärztlichen Gutachten vom 02.07.2002 nannte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. die Diagnosen einer Somatisierungsstörung und einer Agoraphobie. Nach den vorliegenden objektiven Befunden bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Leistungsbeurteilung im Erwerbsleben hänge in erster Linie von der Somatisierungsstörung ab.
Nach Beiziehung der bei der Arbeitsagentur Nagold geführten medizinischen Unterlagen und eines Befundberichts von Dr. S. vom 17.03.2003, welcher eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers seit Januar 2003 mitteilte, veranlasste die Beklagte die gutachterliche Untersuchung des Klägers auf nervenärztlichem, orthopädischem und internistischem Fachgebiet.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 06.08.2003 stellte Dr. S. die Diagnosen einer Normvariante der Persönlichkeit mit krankheitsbetonten und histrionischen Zügen, von daraus sowie aus einem Rentenbegehren resultierenden multiplen Somatisierungsstörungen und Angstzuständen sowie eines Wirbelsäulenreizsyndroms und multipler Gelenkbeschwerden ohne neurologisch fassbares Korrelat. Wegen der psychischen Auffälligkeiten könne der Kläger keine Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, erhöhter Verantwortung oder besonderem Stress ausüben. Der vom Kläger geklagte Schwindel stehe Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Maschinen entgegen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten.
Der Orthopäde Dr. K. stellte im fachorthopädischen Gutachten vom 05.08.2003 folgende Diagnosen: Chronisches Lumbalsyndrom bei Diskose L5/S1 ohne Funktionseinschränkung. Chronisches Cervicalsyndrom bei beginnenden Verschleißveränderungen ohne Funktionseinschränkung. Chondropathia patellae beidseits Adipositas BMI 30,9 Arthralgie beider Hüftgelenke bei Ausschluss vorzeitiger Verschleißveränderung und Einschränkung der Innendrehfähigkeit rechts. Der Kläger habe im Rahmen der Anamneseerhebung über vielfältige orthopädische Leiden berichtet, wobei im Rahmen der körperlichen Untersuchung keine die vorgebrachten Klagen stützende Befunde hätten erhoben werden können. Der Kläger habe ein durchgehendes wirbelsäulenbelastendes Verhalten gezeigt. Hinweise auf eine cervicale Ursache des geklagten Schwindels hätten sich nicht gefunden. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in überwiegender Wirbelsäulenzwangshaltung, überwiegende Überkopfarbeit sowie überwiegend kniend-hockende Tätigkeiten. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Im zusammenfassenden internistischen Gutachten vom 04.09.2003 stellte Medizinaldirektor Lemmerhofer folgende Diagnosen: 1. Schwindelerscheinungen und vielfältige weitere funktionelle Beschwerden bei hypochondrischer und histrionischer Persönlichkeitsentwicklung und Rentenbegehren. 2. Kaum funktionsminderndes Cervical- und Lumbalsyndrom. 3. Bluthochdruck ohne Hinweise für Zielorganschäden. 4. Stamm- und Nebenastvarikosis der Beine ohne Komplikationen. 5. Hüftgelenksschmerzen und Einschränkung der Innenrotation rechts ohne Röntgenkorrelat. 6. Schlafapnoesyndrom nicht auszuschließen (anamnestisch). Zu vermeiden seien übertriebene und ständige Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr an besonders gefährdenden Maschinen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit erhöhtem Zeitdruck oder in Nachtschicht. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Leistungsfähigkeit im erlernten Beruf des Mechanikers hänge von den konkreten Arbeitsbedingungen ab. Die Tätigkeit eines Kaufmannes im Fahrzeugbau sei weiterhin vollschichtig vorstellbar.
Die Firma S. teilte am 30.01.2003 mit, der Kläger sei vom 16.11.1998 bis 31.03.1999 in der Lagerverwaltung, im Ersatzteilverkauf und in der Leitung Materialwirtschaft beschäftigt gewesen. Hierbei habe es sich um eine angelernte Tätigkeit gehandelt. Der Kläger sei in Lohngruppe K3 des Tarifvertrages des Karosserie- und Fahrzeugbauer-Handwerks Baden-Württemberg eingruppiert gewesen. Diese tarifliche Einstufung habe auch der zuletzt tatsächlich ausgeübten Tätigkeit entsprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den Widerspruchsbescheid wird insoweit Bezug genommen.
Hiergegen erhob der Kläger am 13.11.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Zur Begründung legte er das für den MDK erstattete sozialmedizinische Gutachten von Dr. J.-S. vom 14.01.2004 sowie Berichte der behandelnden Ärzte vor. Dr. J.-S. stellte darin die Diagnosen einer agitierten Depression mit Angstzuständen, wobei sich die Depression durch den Tod der Mutter im Dezember 2003 zusätzlich verstärkt habe, eines schwer einstellbaren Hypertonus sowie eines chronischen WS-Syndroms. Der Kläger sei nicht in der Lage, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Dr. R. gab im Befund- und Krankheitsbericht vom 26.01.2004 an, im Vordergrund stünden nach wie vor eine depressive Verstimmung mit Antriebsarmut, Versagensängsten und Schwindel. Bei einem zuletzt am 19.06.2002 durchgeführten Belastungs-EKG habe keine Belastungshypertonie bestanden, bis zu einer Belastungsstufe von 125 Watt hätten sich keine Hinweise auf eine coronare Herzerkrankung ergeben. Auch hinsichtlich der Magenbeschwerden bestehe sonographisch ein unauffälliger Befund mit lediglich blanden Leberzysten. Wegen der Magenbeschwerden sei eine regelmäßige medikamentöse Therapie notwendig. Eine am 08.01.2004 durch den Arzt für Innere Medizin/Gastroenterologie Dr. K. durchgeführte proximale Intestinoskopie habe eine kleine axiale Hiatusgleithernie ohne Refluxzeichen sowie alterierte Antrummucosa mit erhabenen Erosionen und streifiger Rötung ergeben. Die geklagten Beschwerden entsprächen einer chronischen endoskopienegativen Refluxkrankheit, die deutlich nahrungsabhängig sei. Dr. S. teilte im ärztlichen Befundbericht vom 16.02.2004 mit, der Kläger stehe seit Februar 2000 in seiner ständigen psychiatrischen Behandlung wegen depressiv-ängstlicher Störung, zurzeit soziale Phobie, einer mittelgradig depressiven Episode sowie einer somatoformen Schmerzstörung bei orthopädischen Vorbefunden. Der bisherige Verlauf sei sehr wechselnd, es komme immer zu einer Alternativ-Symptomzunahme, wenn die Depression sich z.B. bessere, nähmen die Schmerzen zu. Der Kläger könne allenfalls noch drei Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten verrichten.
Das SG veranlasste die gutachterliche Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T ... Im Gutachten vom 23.03.2005 stellte Prof. Dr. F. unter Mitarbeit von Assistenzarzt Dr. D. die Diagnose einer Somatisierungsstörung. Der Kläger habe zwar auch sehr ausführlich und überdeutlich depressive Symptome und Angstsymptome geschildert, diese seien den Schilderungen des Klägers zufolge sowie nach Aktenlage nicht in ausgeprägtem Maße vorhanden und deshalb der Diagnose Somatisierungsstörung zuzuordnen. Auf neurologischem Gebiet bestünden keine Erkrankungen. Die Erkrankung auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet habe keinen nennenswerten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit bei einer Tätigkeit als Lagerverwalter oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Zu berücksichtigen seien lediglich Einschränkungen hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden sowie des unklaren Schwindels. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wurde der Arzt für Neurologie Dr. D. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im neurologischen Gutachten vom 19.08.2005 führte Dr. D. aus, im Fachgebiet der Neurologie längen eine Somatisierungsstörung sowie eine geringgradige lumbale Radikulopathie vor. Auf internistischem Fachgebiet bestehe ein medikamentös ausreichend eingestellter arterieller Hypertonus. Für eine eher erhaltene Leistungsfähigkeit sprächen folgende Gesichtspunkte: - Weitgehend normales unbeobachtetes Gangbild - geringe körperliche Bewegungseinschränkung - Diskrepanz zwischen Rückenschmerzschilderung und objektiv neurologischem Befund - angemessener Tag-Nacht-Rhythmus mit wirksamen Erholungsphasen auch tagsüber - Interesse an Familie - keine soziale Vereinsamung - selbstständige Problemlösung hinsichtlich der vermieteten Wohnungen - Zeitungslektüre - diffuse Schilderung nicht beeinflussbarer Schmerzen - Freude an Gartenarbeit. Folgende Indizien sprächen für eine eher reduzierte Leistungsfähigkeit: - Ermüdung nach 30 Minuten Gartenarbeit - keine längeren Ausflüge oder Urlaubsreisen - Vermeiden von Autofahrten außerhalb des Ortes - keine Vereinsaktivität oder Ähnliches. Für eine berufliche Leistungsminderung sprächen weiter gescheiterte Arbeitsversuche, eine gescheiterte stationäre Rehabilitation sowie langjährige psychiatrische und pharmakologische Behandlung ohne Besserung. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck oder ohne die Möglichkeit, zumindest teilweise selbst eingeteilte Pausen zu machen. Möglich seien einfache Bürotätigkeiten sowie leichte Produktionstätigkeiten, etwa an Kunststoffspritzautomaten, sowie das Verwalten eines mechanisierten Lagers. Bei angemessenem Arbeitstempo seien auch Akkordarbeit und Fließbandarbeit möglich. Tätigkeiten mit erhöhten körperlichen und geistigen Anforderungen sei der Kläger nicht mehr gewachsen. Der Kläger könne noch Tätigkeiten maximal bis unter sechs Stunden je Arbeitstag verrichten. Dies ergebe sich aus dem prognostisch ungünstigen Verlauf, den gescheiterten Rehabilitationsversuchen und den gescheiterten Arbeitsversuchen sowie insbesondere der subjektiv empfundenen beschleunigten Ermüdung, welche die Dauerleistung reduziere. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht. Auch stünden keine besonderen Umstände dem Führen eines Kraftfahrzeugs entgegen, da kein organischer Schwindel erkennbar sei und der Kläger mit dem Auto zur Krankengymnastik fahre. Dieser Beurteilung trat Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Spezielle Schmerztherapie, in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 16.09.2005 entgegen mit der Begründung, anhand der objektiven Befunde hätten keinerlei Beeinträchtigungen festgestellt werden können, die einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen entgegenstünden.
Mit Urteil vom 21.10.2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er noch in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit als Lagerverwalter mit überwiegend verwaltender Tätigkeit weiterhin mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Das SG stützte sich hierbei auf die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. F ...
Gegen das am 21.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.11.2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, das SG habe weder das von Dr. D. erstattete Gutachten vom 19.08.2005 noch den ärztlichen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. S. vom 16.02.2004 angemessen berücksichtigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Anfrage des Senats, wann die gegenüber den Sachverständigen Prof. Dr. F. und Dr. D. angegebene stationäre Behandlung im PLK H. stattgefunden habe, teilte der Kläger mit, eine stationäre Behandlung in H. sei geplant gewesen, habe aber nicht stattgefunden.
Der Senat hat Dr. H., Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums A. W. W.g, mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 13.03.2006 stellte dieser unter Mitarbeit der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie J. die Diagnose einer Somatisierungsstörung. Die Leitlinien für das Vorliegen einer depressiven Episode oder einer Angststörung im engeren Sinne seien nicht erfüllt. Darüber hinaus bestünden Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule sowie eine angegebene Minderung der Oberflächensensibilität im Bereich des gesamten rechten Armes und des gesamten rechten Beines, ohne dass diese einem zentralen oder peripheren Verteilungsmuster zuzuordnen seien. Wegen der Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule seien Arbeiten in einseitiger Körperhaltung sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten ebenso wie Arbeiten in Zwangshaltungen oder Arbeiten, die häufiges Heben und Bücken erforderten, nicht mehr zumutbar. Die Somatisierungsstörung stehe Arbeiten mit einer erhöhten Verantwortung bzw. einer besonderen (hohen) geistigen Beanspruchung entgegen. Auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, mit erhöhten Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Tätigkeiten, welche die Überwachung von komplexeren Arbeitsgängen erforderten, könne der Kläger nicht mehr ausüben. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, wobei besondere Arbeitsbedingungen nicht erforderlich seien. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Die von Dr. D. beschriebene quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei auf dem Boden der erhobenen Befunde nicht nachvollziehbar. Bei der gutachterlichen Untersuchung hätten insbesondere keine Störungen des Antriebs oder Beeinträchtigungen des Durchhaltevermögens festgestellt werden können.
Der Kläger hat weitere medizinische Unterlagen vorgelegt, und zwar einen Arztbrief des Facharztes für Chirurgie W. vom 03.05.2006 mit der Diagnose einer Varikosis rechts und dem Therapievorschlag einer Kompressionstherapie mit Oberschenkelkompressionsstrumpf, da der Kläger einer Verödungsbehandlung ablehnend gegenüberstehe, Arztbrief des Orthopäden Dr. D. vom 24.04.2006 mit dem Befund einer Großzehengrundgelenksarthrose rechts und Metatarsalgie und einer Behandlung durch Einlagen sowie den ärztlichen Befund- und Krankheitsbericht zur Vorlage beim VDK von Dr. R. vom 03.05.2006. Darin wird ausgeführt, gegenüber dem Vorbefund habe sich die Bauchsymptomatik verschlechtert, es bestünden chronische Oberbauchbeschwerden. Eine nochmals durchgeführte Gastroskopie habe eine kleine axiale Hiatusgleithernie ohne Refluxzeichen ergeben, die Beschwerden seien jedoch typisch für eine Refluxerkrankung, zusätzlich zeige sich eine erosive Gastritis. Wegen dieser Beschwerden erfolge eine häufige medikamentöse Behandlung. Vom Kläger weiter vorgelegt wurde eine von Dr. S. am 11.05.2006 ausgestellte ärztliche Bescheinigung, die - bis auf wenige Schreibfehler - weitgehend identisch mit dem von Dr. S. am 16.02.2004 ausgestellten ärztlichen Befundbericht ist.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben ( § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten.
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, d.h. ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich auf nicht absehbare Zeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der Rehaklinik L. B. S. vom 11.04.2001, den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten von Dr. S. vom 06.08.2003 auf nervenärztlichem Gebiet, von Dr. K. am 05.08.2003 auf orthopädischem Gebiet und Dr. L. vom 04.09.2003 auf internistischem Gebiet, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie den nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. F. unter Mitarbeit von Dr. D. vom 23.03.2005 und von Dr. Heinrich unter Mitarbeit der Ärztin J. vom 13.03.2006 sowie den Befundberichten des behandelnden Orthopäden Dr. D., des behandelnden Internisten Dr. R. und des Chirurgen W ...
Auf nervenärztlichem Gebiet leidet der Kläger an einer Somatisierungsstörung. Im Rahmen dieser Erkrankung kommt es zu multiplen, wiederholt auftretenden und häufig wechselnden körperlichen Symptomen. Auch die vom Kläger berichteten depressiven Symptome und Angstsymptome stellen Ausprägungen der Somatisierungsstörung dar und sind deshalb nicht einem eigenständigen Krankheitsbild zuzuordnen. Daneben leidet der Kläger auf internistischem Gebiet an einer Refluxerkrankung mit kleiner axialer Hiatusgleithernie ohne Refluxzeichen, einer erosiven Gastritis sowie einer medikamentös zufriedenstellend eingestellten arteriellen Hypertonie. Auf orthopädischem Gebiet bestehen beim Kläger eine mit Oberschenkelkompressionsstrumpf behandelte Varikosis am rechten Bein, eine durch Einlagen behandelte Großzehengrundgelenksarthrose rechts, Metatarsalgie, ein chronisches Lumbalsyndrom bei Diskose L5/S1 sowie ein chronisches Cervicalsyndrom bei beginnenden Verschleißveränderungen ohne Funktionseinschränkung, eine Chondropathia patellae beidseits sowie eine Adipositas und eine Arthralgie beider Hüftgelenke mit Einschränkung der Innendrehfähigkeit rechts. Darüber hinaus klagt der Kläger über wiederkehrende Schwindel, für die jedoch keine organische Ursache festgestellt werden kann und die deshalb auch am ehesten der Somatisierungsstörung zuzuordnen sind. Gegen eine gravierende Beeinträchtigung durch die Schwindelanfälle spricht, dass der Kläger die Empfehlung des Sachverständigen Prof. Dr. F., vom Führen eines eigenen Fahrzeugs abzusehen, nicht folgt, sondern vielmehr weiterhin ein Fahrzeug führt.
Die Somatisierungsstörung steht Arbeiten mit erhöhter Verantwortung und besonders hohen geistiger Beanspruchung entgegen. Auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, mit erhöhtem Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Tätigkeiten, welche die Überwachung von komplexeren Arbeitsvorgängen erfordern, sind dem Kläger deshalb nicht mehr zumutbar. Die Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet verbieten Arbeiten in einseitiger Körperhaltung und mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten in Zwangshaltungen sowie Arbeiten mit häufigem Heben und Bücken. Wegen des vom Kläger geschilderten Schwindels sind auch Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Maschinen nicht mehr zumutbar.
Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist der Kläger noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Einschränkungen stehen auch der bis zum 31.03.1996 und vom 16.11.1998 bis 31.03.1999 ausgeübten Tätigkeit als Lagerverwalter/Disponent nicht entgegen. Nicht eindeutig ist, aus welchen Gründen der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma W. im Jahr 1996 beendet hat. Gegenüber den ihn im Rentenverfahren seit 2002 begutachtenden Ärzten hat der Kläger angegeben, ihm sei aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gekündigt worden. Demgegenüber hatte er noch während des Heilverfahrens in B. S. angegeben, er habe seine Tätigkeit als stellvertretender Lager- und Versandverwalter 1996 wegen einer Betriebsschließung verloren. Selbst wenn gesundheitliche Gründe Ursache für den Arbeitsplatzverlust gewesen sein sollten, liegen die damaligen gesundheitlichen Einschränkungen heute nicht mehr vor. Maßgeblich für die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers in den Jahren bis 1996 waren nämlich Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. So wurde im Februar 1993 ein Bandscheibenvorfall L5/S1 links und 1994 ein Bandscheibenvorfall C3/4 rechts nachgewiesen (Unterlagen der Arbeitsagentur Nagold, Befundbogen Erwachsene vom 20.07.1998, Bl. 237 der Verwaltungsakten). Es fand jedoch lediglich eine Operation wegen eines Carpaltunnelsyndroms am 27.07.1995 statt (Arztbrief Dr. D. mit gleichem Datum). Bei der ambulanten Untersuchung am 18.07.1995 konnte Dr. H. ausweislich des Arztbriefes vom 17.08.1995 lediglich ein sensibles Carpaltunnelsyndrom feststellen, jedoch keinen Hinweis auf ein cervicales Wurzelkompressionssyndrom. Wesentliche leistungseinschränkende Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet konnten auch bei späteren Untersuchungen nicht festgestellt werden. Insbesondere hat auch der behandelnde Orthopäde Dr. D. lediglich leichte degenerative Veränderungen festgestellt.
Der Senat folgt nicht der Beurteilung von Dr. D. im Gutachten vom 19.08.2005, wonach der Kläger nur noch unter sechs Stunden täglich arbeiten könne. Dr. D. hat ebenso wie Prof. Dr. F. und Dr. H. beim Kläger eine Somatisierungsstörung diagnostiziert und keine darüber hinausgehenden Befunde erhoben und Diagnosen gestellt. Er hat seine von Prof. Dr. F. und Dr. H. abweichende Beurteilung maßgeblich darauf gestützt, dass eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht erfolgreich gewesen sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass im Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums L. ausgeführt wird, angesichts des eindeutigen Rentenbegehrens des Klägers könne von einem Rehabilitationsergebnis im engeren Sinne nicht gesprochen werden. Die Versuche, den Kläger für psychosomatische oder psychodynamische Zusammenhänge zu sensibilisieren, sei zum Scheitern verurteilt gewesen. Deshalb sei auch die Einweisungsdiagnose abzuändern gewesen. Des Weiteren erläutert Dr. D., der eine Reihe von Gründen aufzählt, die dafür sprechen, dass das Leistungsvermögen des Klägers zeitlich nicht eingeschränkt ist, nicht näher, weshalb eine Ermüdung nach 30 Minuten Gartenarbeit, wie sie der Kläger angibt, für eine eher reduzierte Leistungsfähigkeit spricht, da dies für die Mehrzahl untrainierter Menschen zutrifft. Auch wird die Angabe des Klägers, keine längeren Ausflüge oder Urlaubsreisen durchzuführen, nicht daraufhin näher differenzierend untersucht, ob dies auf der körperlichen Unfähigkeit, auf mangelndem Interesse, mangelnden finanziellen Möglichkeiten oder darauf beruht, dass der Kläger Flugangst hat, was dessen Aussagen über einen Türkeiurlaub nahe legen. Auch die vom Kläger gegenüber Dr. H. angegebene Begründung für die Beendigung seines Mitwirkens im örtlichen Gesangverein, er könne nicht mehr so lange sitzen, wurde von Dr. D. nicht als möglicher Grund fehlender Vereinsaktivitäten diskutiert. Schließlich hat Dr. D. selbst mitgeteilt, der Kläger habe das Untersuchungsgespräch über 45 Minuten konzentriert führen und hierbei ohne besondere Mühe auf einem Stuhl sitzen können. Er sei hierbei affektiv ausgeglichen mit Ausnahme der Schilderung des Todes seines Bruders gewesen. Dieser - ca. zwei Jahre vor dem Kläger geboren - verstarb jedoch bereits als Säugling an plötzlichem Kindstod.
Aus denselben Gründen ist auch der Beurteilung des Leistungsvermögens durch den behandelnden Nervenarzt Dr. S. nicht zu folgen, wobei zudem gegen dessen Beurteilung spricht, dass er im Jahr 2004 und 2006 nahezu wortgleiche Bescheinigungen ausgestellt hat, wodurch die Vermutung nahe liegt, dass keine detaillierte Auseinandersetzung mit den im Verfahren eingeholten medizinischen Begutachtungen stattgefunden hat.
Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Er ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar, wie Prof. Dr. F. ausdrücklich festgestellt hat. Auch benötigt der Kläger keine betriebs-unüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger noch zumutbaren körperlich leichten bis mittelschweren Arbeiten nicht mit Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an gefährdenden Maschinen, in einseitiger Körperhaltung oder mit häufigem Heben und Bücken verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten zu ebener Erde in geschlossenen normaltemperierten Räumen durchgeführt werden und nicht mit besonderem Zeitdruck, erhöhter Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung verbunden sind. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger Berufsschutz als Facharbeiter genießt. Zur Überzeugung des Gerichts ist er nämlich noch in der Lage, die bis zum 31.03.1996 über 17 Jahre ausgeübte Tätigkeit als Lagerverwalter und Disponent mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Insbesondere stellt eine Tätigkeit in der Lagerverwaltung keine besonders rückenbelastende Tätigkeit dar, da zahlreiche Lager voll mechanisiert sind, wovon auch Dr. D. im Gutachten vom 19.08.2005 ausgegangen ist.
Die Berufung konnte demnach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass
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