Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3617/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5289/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. November 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1948 geborene Kläger ist gelernter Schlosser und war als solcher bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 27.08.2001 wegen Schwindel und Rückenschmerzen versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 09.09.2002 beantragte er die Gewährung von Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der RehaKlinik K. vom 06.03.2002 nach stationärer Heilbehandlung vom 06.02. bis 06.03.2002 und weitere ärztliche Unterlagen bei und ließ den Kläger am 18.11.2002 auf orthopädischem Fachgebiet durch Dr. R. und auf nervenärztlichem Fachgebiet durch die Ärztin für Nervenheilkunde B. begutachten. Die Gutachter stellten die Diagnosen LWS-Beschwerden bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, beginnende Coxarthrose beidseits und leichte bis mittelschwere depressive Episode und gelangten zur Beurteilung, als Schlosser sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich belastbar. Leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seien ihm noch über 6 Stunden täglich zuzumuten, wenn überwiegend einseitige Körperhaltungen, häufiges Bücken, lang dauernde statische Haltearbeiten des rechten Arms, Nachtschicht und übermäßiger Zeitdruck vermieden würden.
Mit Bescheid vom 15.04.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Dem am 14.05.2003 eingelegten Widerspruch, der unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Internisten Dr. B. damit begründet wurde, bei der Leistungsbeurteilung seien plötzlich auftretende Schwindelanfälle, die zu Stürzen führen könnten, nicht berücksichtigt worden, gab die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003 teilweise statt und gewährte dem Kläger ab 01.10.2002 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Im übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Der Kläger könne noch sechs Stunden täglich mit den von den Gutachtern genannten Leistungseinschränkungen arbeiten, wobei auch Tätigkeiten mit erhöhter Absturzgefahr zu vermeiden seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 13.11.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG), mit der er sein Begehren auf Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterverfolgte.
Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen auf schriftlichem Weg und holte von Amts wegen ein nervenärztliches und ein orthopädisches Gutachten sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein weiteres nervenärztliches Gutachten ein.
Während der Orthopäde Dr. M. und der Neurologe und Psychiater Dr. W. mitteilten, eine Beurteilung der Leitungsfähigkeit des Klägers sei ihnen mangels länger dauernder Behandlung nicht möglich, führte Dr. B. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 30.01.2004 aus, der Kläger könne zwar leichte und mittelschwere Tätigkeiten ausführen. Die Problematik sei der unkontrolliert auftretende Schwindel, welcher sich seit Juni 2001 konstant verschlechtert habe. Der Schwindel werde durch Belastungsintensität und Belastungslänge provoziert und sei bei Tätigkeiten unter drei Stunden am geringsten. Der Internist Dr. B., der den Kläger am 01.12.2003 einmalig untersucht und beraten hatte, vertrat unter dem 12.01.2004 die Auffassung, der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten weniger als drei Stunden täglich im Stehen und Sitzen ohne Unterbrechung verrichten.
Der Neurologe Dr. C. stellte beim Kläger im Gutachten vom 26.04.2004 die Diagnosen: Schwindel bei orthostatischer Dysregulation, chronisch rezidivierende Lumboischialgie und rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode. Die im Vordergrund stehende Schwindelproblematik sei bei unauffälligen neurologischen Befunden als orthostatischer Schwindel im Rahmen einer Kreislauf-Fehlregulation einzuordnen. Tätigkeiten mit Bücken und Aufrichten seien daher ebenso wenig möglich wie solche auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen. Leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen ohne besondere psychische Belastungen, übermäßigem Zeitdruck und Nachtschicht könnten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Der Orthopäde Dr. Dr. S. diagnostizierte im Gutachten vom 18.05.2004 ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei radiologisch unauffälligem, besser als altersentsprechendem Befund an der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, minimale degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke, Hinweise auf ein sogenanntes Supraspinatussehnensyndrom links bei radiologisch absolut unauffälligem Befund des linken Schultergelenks, nativ-radiologisch absolut unauffällige Kniegelenksbefunde mit klinischen Hinweisen auf Meniskusschädigung medial beidseits und ein sogenannter Hallux rigidus rechts. Der Kläger könne - unter Beachtung der auch von Dr. C. genannten Einschränkungen - leichte, kurzfristig auch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit den Vorgutachtern bestehe Übereinstimmung.
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG tätig gewordene Sachverständige Dr. B. stellte auf nervenärztlichem Fachgebiet im Gutachten vom 03.03.2005 eine somatoforme Störung und eine leichte depressive Störung fest. Von nervenärztlicher Seite seien sechs Stunden täglich Belastung durch Erwerbsarbeit mit qualitativen Einschränkungen zumutbar, fachübergreifend seien mögliche Tätigkeiten auf drei bis sechs Stunden täglich zu begrenzen.
Dem trat die Beklagte unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. H. vom 12.05.2005 entgegen, während der Kläger eine weitere Stellungnahme von Dr. B. vom 22.05.2005 vorlegte, in welcher dieser erneut die Auffassung vertrat, wegen der massiven paroxysmalen Schwindelanfälle sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich belastbar.
Durch Urteil vom 17.11.2005 wies das SG die Klage ab. Es stützte seine Entscheidung auf die Gutachten von Dr. C. und Dr. Dr. S ... Die von Dr. B. fachübergreifend angenommene zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers sei nicht begründet und nicht nachvollziehbar.
Gegen das am 23.11.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.12.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist zur Begründung auf die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. B. vom 30.01.2004 und vom 22.05.2005 sowie auf die Äußerung des sachverständigen Zeugen Dr. B., der ein quantitatives Restleistungsvermögen von weniger als drei Stunden angenommen habe. Er legt eine weitere Bescheinigung von Dr. B. vom 22.02.2006 vor, wonach der Kläger seit Jahren an einem deutlichen Schwankschwindel leide, der belastungsabhängig zunehme. Die Ursache sei bisher nicht gefunden worden. Ein Zusammenhang mit einem bekannten metabolischen Syndrom - Diabetes mellitus, Hyper- und Dyslipidämie, Hypertonie und anfänglich Adipositas - müsse vermutet werden. Eine vorzeitige Berentung sei angezeigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. November 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Verfügungen vom 08.03. und 29.03.2006 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beklagte hat sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Gerichtsakten des SG Freiburg (S 4 RJ 3617/03) und die Akten des Senats ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter/innen des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Durch Verfügung vom 08.03.2006, bestätigt durch Verfügung vom 29.03.2006, hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, woraufhin die Beklagte der beabsichtigten Verfahrensweise zugestimmt hat. Eine Zustimmung der Beteiligten ist gleichwohl nicht erforderlich.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit dem 01.10.2002 bezieht, ist nicht (voll) erwerbsgemindert, denn er ist nach dem Ergebnis der umfänglichen Beweiserhebung durch das SG noch in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Dies entnimmt auch der Senat den Gutachten von Dr. C. und Dr. Dr. S ...
Auf orthopädischem Fachgebiet besteht vorrangig ein chronisches Wirbelsäulensyndrom, wobei die radiologischen Befunde in allen Wirbelsäulenabschnitten dem Alter des Klägers entsprechend unauffällig waren. Aus diesem resultiert eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule und eine subjektiv eingefärbte eingeschränkte Rotationsfähigkeit der Halswirbelsäule, ohne dass jedoch neurologische Ausfallserscheinungen an den oberen und unteren Extremitäten festzustellen waren. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten ergibt sich hieraus nach der auch den Senat überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. Dr. S. nicht. Daher kann auch der Auffassung des Internisten Dr. B. nicht gefolgte werden, der bei einer einmaligen Untersuchung des Klägers am 01.12.2003 ohne Angabe von genauen Befunden im Einzelnen Schmerzzustände im Bereich der gesamten Wirbelsäule und auch im Bereich der Knie- und Ellenbogengelenke feststellte und hieraus eine nur noch unter dreistündige Leistungsfähigkeit des Klägers ableitete.
Auf neurologisch-nervenärztlichem Fachgebiet ist der Sachverhalt durch das Gutachten von Dr. C. geklärt. Er betrachtet die im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehende Schwindelproblematik bei neurologisch unauffälligen Befunden als orthostatischen Schwindel im Rahmen einer Kreislauffehlregulation, der insbesondere Tätigkeiten mit Bücken und Aufrichten verbietet. Auch muss der Kläger deshalb Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen meiden. Werden diese qualitativen Einschränkungen beachtet, lässt sich aus dem geklagten Schwindel eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach der übereinstimmenden Beurteilung von Dr. C. und Dr. B. nicht ableiten.
Die in den wiederholt vorgelegten Bescheinigungen geäußerte Auffassung des Internisten Dr. B., wonach die unkontrollierten Schwindelattacken bei Belastungen unter drei Stunden täglich nur selten aufträten und daher eine höhere zeitliche Arbeitsbelastung ein gesundheitliches Risiko darstelle, führt zu keiner anderen Beurteilung. In der zuletzt vorgelegten Bescheinigung vom 22.02.2006 hat Dr. B. bestätigt, dass eine Ursache der Schwindelattacken bei den bisher durchgeführten Untersuchungen nicht gefunden wurde. Der Zuordnung der Beschwerden zu einem orthostatischen Schwindel im Rahmen einer Kreislauffehlregulation durch Dr. C. widerspricht er nicht, sodass dessen Einschätzung weiterhin überzeugt, dass durch ein Vermeiden der von Dr. C. genannten, den Kreislauf belastenden Tätigkeiten der Schwindelproblematik in hinreichendem Maße Rechnung getragen werden kann. Eine weitere Begutachtung von Amts wegen ist nicht geboten, zumal auch der auf Antrag des Klägers tätig gewordene Sachverständige Dr. B. in Bezug auf den Schwindel und die Herz-Kreislaufbeeinträchtigung lediglich die bereits genannten qualitativen Leistungseinschränkungen für erforderlich hielt.
Das SG hat im Übrigen zutreffend dargelegt, weshalb es der abweichenden "fachübergreifenden" Leistungseinschätzung durch Dr. B. nicht gefolgt ist und dass die von den Sachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen einer Tätigkeit des Klägers unter den in § 43 Abs. 3 SGB VI genannten üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegenstehen. Diese Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Urteils macht sich der Senat zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers hatte daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1948 geborene Kläger ist gelernter Schlosser und war als solcher bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 27.08.2001 wegen Schwindel und Rückenschmerzen versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 09.09.2002 beantragte er die Gewährung von Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der RehaKlinik K. vom 06.03.2002 nach stationärer Heilbehandlung vom 06.02. bis 06.03.2002 und weitere ärztliche Unterlagen bei und ließ den Kläger am 18.11.2002 auf orthopädischem Fachgebiet durch Dr. R. und auf nervenärztlichem Fachgebiet durch die Ärztin für Nervenheilkunde B. begutachten. Die Gutachter stellten die Diagnosen LWS-Beschwerden bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, beginnende Coxarthrose beidseits und leichte bis mittelschwere depressive Episode und gelangten zur Beurteilung, als Schlosser sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich belastbar. Leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seien ihm noch über 6 Stunden täglich zuzumuten, wenn überwiegend einseitige Körperhaltungen, häufiges Bücken, lang dauernde statische Haltearbeiten des rechten Arms, Nachtschicht und übermäßiger Zeitdruck vermieden würden.
Mit Bescheid vom 15.04.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Dem am 14.05.2003 eingelegten Widerspruch, der unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Internisten Dr. B. damit begründet wurde, bei der Leistungsbeurteilung seien plötzlich auftretende Schwindelanfälle, die zu Stürzen führen könnten, nicht berücksichtigt worden, gab die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003 teilweise statt und gewährte dem Kläger ab 01.10.2002 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Im übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Der Kläger könne noch sechs Stunden täglich mit den von den Gutachtern genannten Leistungseinschränkungen arbeiten, wobei auch Tätigkeiten mit erhöhter Absturzgefahr zu vermeiden seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 13.11.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG), mit der er sein Begehren auf Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterverfolgte.
Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen auf schriftlichem Weg und holte von Amts wegen ein nervenärztliches und ein orthopädisches Gutachten sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein weiteres nervenärztliches Gutachten ein.
Während der Orthopäde Dr. M. und der Neurologe und Psychiater Dr. W. mitteilten, eine Beurteilung der Leitungsfähigkeit des Klägers sei ihnen mangels länger dauernder Behandlung nicht möglich, führte Dr. B. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 30.01.2004 aus, der Kläger könne zwar leichte und mittelschwere Tätigkeiten ausführen. Die Problematik sei der unkontrolliert auftretende Schwindel, welcher sich seit Juni 2001 konstant verschlechtert habe. Der Schwindel werde durch Belastungsintensität und Belastungslänge provoziert und sei bei Tätigkeiten unter drei Stunden am geringsten. Der Internist Dr. B., der den Kläger am 01.12.2003 einmalig untersucht und beraten hatte, vertrat unter dem 12.01.2004 die Auffassung, der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten weniger als drei Stunden täglich im Stehen und Sitzen ohne Unterbrechung verrichten.
Der Neurologe Dr. C. stellte beim Kläger im Gutachten vom 26.04.2004 die Diagnosen: Schwindel bei orthostatischer Dysregulation, chronisch rezidivierende Lumboischialgie und rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode. Die im Vordergrund stehende Schwindelproblematik sei bei unauffälligen neurologischen Befunden als orthostatischer Schwindel im Rahmen einer Kreislauf-Fehlregulation einzuordnen. Tätigkeiten mit Bücken und Aufrichten seien daher ebenso wenig möglich wie solche auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen. Leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen ohne besondere psychische Belastungen, übermäßigem Zeitdruck und Nachtschicht könnten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Der Orthopäde Dr. Dr. S. diagnostizierte im Gutachten vom 18.05.2004 ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei radiologisch unauffälligem, besser als altersentsprechendem Befund an der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, minimale degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke, Hinweise auf ein sogenanntes Supraspinatussehnensyndrom links bei radiologisch absolut unauffälligem Befund des linken Schultergelenks, nativ-radiologisch absolut unauffällige Kniegelenksbefunde mit klinischen Hinweisen auf Meniskusschädigung medial beidseits und ein sogenannter Hallux rigidus rechts. Der Kläger könne - unter Beachtung der auch von Dr. C. genannten Einschränkungen - leichte, kurzfristig auch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit den Vorgutachtern bestehe Übereinstimmung.
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG tätig gewordene Sachverständige Dr. B. stellte auf nervenärztlichem Fachgebiet im Gutachten vom 03.03.2005 eine somatoforme Störung und eine leichte depressive Störung fest. Von nervenärztlicher Seite seien sechs Stunden täglich Belastung durch Erwerbsarbeit mit qualitativen Einschränkungen zumutbar, fachübergreifend seien mögliche Tätigkeiten auf drei bis sechs Stunden täglich zu begrenzen.
Dem trat die Beklagte unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. H. vom 12.05.2005 entgegen, während der Kläger eine weitere Stellungnahme von Dr. B. vom 22.05.2005 vorlegte, in welcher dieser erneut die Auffassung vertrat, wegen der massiven paroxysmalen Schwindelanfälle sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich belastbar.
Durch Urteil vom 17.11.2005 wies das SG die Klage ab. Es stützte seine Entscheidung auf die Gutachten von Dr. C. und Dr. Dr. S ... Die von Dr. B. fachübergreifend angenommene zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers sei nicht begründet und nicht nachvollziehbar.
Gegen das am 23.11.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.12.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist zur Begründung auf die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. B. vom 30.01.2004 und vom 22.05.2005 sowie auf die Äußerung des sachverständigen Zeugen Dr. B., der ein quantitatives Restleistungsvermögen von weniger als drei Stunden angenommen habe. Er legt eine weitere Bescheinigung von Dr. B. vom 22.02.2006 vor, wonach der Kläger seit Jahren an einem deutlichen Schwankschwindel leide, der belastungsabhängig zunehme. Die Ursache sei bisher nicht gefunden worden. Ein Zusammenhang mit einem bekannten metabolischen Syndrom - Diabetes mellitus, Hyper- und Dyslipidämie, Hypertonie und anfänglich Adipositas - müsse vermutet werden. Eine vorzeitige Berentung sei angezeigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. November 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Verfügungen vom 08.03. und 29.03.2006 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beklagte hat sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Gerichtsakten des SG Freiburg (S 4 RJ 3617/03) und die Akten des Senats ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter/innen des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Durch Verfügung vom 08.03.2006, bestätigt durch Verfügung vom 29.03.2006, hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, woraufhin die Beklagte der beabsichtigten Verfahrensweise zugestimmt hat. Eine Zustimmung der Beteiligten ist gleichwohl nicht erforderlich.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit dem 01.10.2002 bezieht, ist nicht (voll) erwerbsgemindert, denn er ist nach dem Ergebnis der umfänglichen Beweiserhebung durch das SG noch in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Dies entnimmt auch der Senat den Gutachten von Dr. C. und Dr. Dr. S ...
Auf orthopädischem Fachgebiet besteht vorrangig ein chronisches Wirbelsäulensyndrom, wobei die radiologischen Befunde in allen Wirbelsäulenabschnitten dem Alter des Klägers entsprechend unauffällig waren. Aus diesem resultiert eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule und eine subjektiv eingefärbte eingeschränkte Rotationsfähigkeit der Halswirbelsäule, ohne dass jedoch neurologische Ausfallserscheinungen an den oberen und unteren Extremitäten festzustellen waren. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten ergibt sich hieraus nach der auch den Senat überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. Dr. S. nicht. Daher kann auch der Auffassung des Internisten Dr. B. nicht gefolgte werden, der bei einer einmaligen Untersuchung des Klägers am 01.12.2003 ohne Angabe von genauen Befunden im Einzelnen Schmerzzustände im Bereich der gesamten Wirbelsäule und auch im Bereich der Knie- und Ellenbogengelenke feststellte und hieraus eine nur noch unter dreistündige Leistungsfähigkeit des Klägers ableitete.
Auf neurologisch-nervenärztlichem Fachgebiet ist der Sachverhalt durch das Gutachten von Dr. C. geklärt. Er betrachtet die im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehende Schwindelproblematik bei neurologisch unauffälligen Befunden als orthostatischen Schwindel im Rahmen einer Kreislauffehlregulation, der insbesondere Tätigkeiten mit Bücken und Aufrichten verbietet. Auch muss der Kläger deshalb Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen meiden. Werden diese qualitativen Einschränkungen beachtet, lässt sich aus dem geklagten Schwindel eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach der übereinstimmenden Beurteilung von Dr. C. und Dr. B. nicht ableiten.
Die in den wiederholt vorgelegten Bescheinigungen geäußerte Auffassung des Internisten Dr. B., wonach die unkontrollierten Schwindelattacken bei Belastungen unter drei Stunden täglich nur selten aufträten und daher eine höhere zeitliche Arbeitsbelastung ein gesundheitliches Risiko darstelle, führt zu keiner anderen Beurteilung. In der zuletzt vorgelegten Bescheinigung vom 22.02.2006 hat Dr. B. bestätigt, dass eine Ursache der Schwindelattacken bei den bisher durchgeführten Untersuchungen nicht gefunden wurde. Der Zuordnung der Beschwerden zu einem orthostatischen Schwindel im Rahmen einer Kreislauffehlregulation durch Dr. C. widerspricht er nicht, sodass dessen Einschätzung weiterhin überzeugt, dass durch ein Vermeiden der von Dr. C. genannten, den Kreislauf belastenden Tätigkeiten der Schwindelproblematik in hinreichendem Maße Rechnung getragen werden kann. Eine weitere Begutachtung von Amts wegen ist nicht geboten, zumal auch der auf Antrag des Klägers tätig gewordene Sachverständige Dr. B. in Bezug auf den Schwindel und die Herz-Kreislaufbeeinträchtigung lediglich die bereits genannten qualitativen Leistungseinschränkungen für erforderlich hielt.
Das SG hat im Übrigen zutreffend dargelegt, weshalb es der abweichenden "fachübergreifenden" Leistungseinschätzung durch Dr. B. nicht gefolgt ist und dass die von den Sachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen einer Tätigkeit des Klägers unter den in § 43 Abs. 3 SGB VI genannten üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegenstehen. Diese Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Urteils macht sich der Senat zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers hatte daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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