L 7 R 4293/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2317/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 4293/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1965 geborene Kläger ist gelernter Groß- und Einzelhandelskaufmann. In seinem Versicherungskonto sind Pflichtbeitragszeiten wegen beruflicher Ausbildung bzw. versicherungspflichtiger Beschäftigung in der Zeit vom 1. September 1981 bis 31. Dezember 1987 gespeichert. Anschließend war der Kläger selbstständig als Transportunternehmer tätig, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtete er nicht mehr. Im Jahr 1992 wurde bei dem Kläger eine chronische entzündliche Darmerkrankung (Colitis ulcerosa) diagnostiziert. Bis 1998 fuhr der Kläger nach eigenen Angaben noch selbst Lkw, bis 2002 verrichtete er im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit Büroarbeiten (arbeitsunfähig krank seit 22. Juli 2002). Seine Firma ging anschließend in die Insolvenz.

Am 10. Mai 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, wobei er ausführte, aufgrund seiner Krankheit seit 2002 erwerbsunfähig zu sein. Mit Bescheid vom 29. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Mit Schreiben vom 17. August 2004 legte der Kläger weitere Unterlagen vor, u.a. ein ärztliches Gutachten seines behandelnden Arztes Dr. St. vom 16. August 2003, in welchem unter Hinweis auf eine Verschlechterung der Colitis ulcerosa für erforderlich gehalten wird, dass sich der Kläger für längere Zeit aus dem Berufsleben zurückziehen solle, um Kuraufenthalte und die Durchführung einer speziellen Diät zu ermöglichen. Die Beklagte fasste dieses Schreiben als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und lehnte diesen mit Bescheid vom 30. September 2004 ab, da nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte das Recht unrichtig angewandt habe oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2005 zurück.

Am 21. April 2005 hat der Kläger zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Er macht geltend, die mit seiner Erkrankung einhergehenden Schmerzen seien nicht berücksichtigt worden. Das SG hat das im Auftrag des Grundsicherungsträgers (Landkreis Böblingen) zur Feststellung von voller Erwerbsminderung erstellte Gutachten des Internisten Dr. Sch. beigezogen. In dem Gutachten vom 15. Juni 2005 gelangt Dr. Sch. zu der Einschätzung, dass der Kläger bei Vorliegen einer Colitis ulcerosa, Z.n. Katarakt-Operation, Hypercholesterinämie, Struma nodosa und Z.n. Teilamputation der Zehenendglieder 1 und 2 links seit November 2003 nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten könne, sofern eine jederzeit zugängliche Toilette vorhanden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt seien. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Erwerbsminderung des Klägers bereits vor 1993 vorgelegen habe. Dr. Sch. habe die Leistungsminderung seit November 2003 festgestellt. Aus den anamnestischen Angaben gehe hervor, dass der Kläger zumindest bis 2002 noch in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten auszuführen. Ein früherer Leistungsfall sei nicht ersichtlich.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 23. August 2006 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung. Er trägt nunmehr vor, bereits seit Januar 1989 erwerbsunfähig zu sein. Bereits im Jahr 1981 habe er eine Hirnhautentzündung mit verbliebenem Dauerschaden durchgemacht. An Durchfällen leide er bereits seit 1988, jedoch sei erst 1992 eine Colitis ulcerosa diagnostiziert worden. Es dürfe dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er unter schwersten Schmerzen weiter gearbeitet habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2005 und den zugrunde liegenden Bescheid vom 29. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Mai 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Das LSG hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung des behandelnden Arztes Dr. St. als sachverständiger Zeuge. Mit Schreiben vom 17. Juli 2007 hat dieser mitgeteilt, dass er den Kläger seit 1996 behandele. Anfangs habe die Erkrankung "im Griff gehalten" werden können, nach zwischenzeitlichen Besserungen sei es jedoch immer wieder zu akuten Schüben gekommen, die sich seit Anfang 2000 immer mehr gehäuft hätten.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Strafakten des Amtsgerichts (AG) Böblingen, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil sie wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat zu Recht die Rücknahme des Bescheids vom 29. Juli 2004 abgelehnt. Der Kläger hat in der streitbefangenen Zeit keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, denn er erfüllt, wie das SG zutreffend festgestellt hat, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug dieser Rente nicht.

Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 [BGBl. I S. 1827]), denn im Streit steht ein Anspruch des Klägers erst ab 1. Mai 2004 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI).

Die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI nicht nur voraus, dass der Versicherte erwerbsgemindert ist und die Wartezeit von 60 Monaten (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles überwiegend versicherungspflichtig beschäftigt oder tätig gewesen ist, d.h. von diesem Zeitraum mindestens drei Jahre (36 Kalendermonate) mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Der Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich nach Maßgabe der §§ 43 Abs. 4, 241 Abs. 1 SGB VI um 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Ersatzzeiten und 5. Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 01.01.1992.

Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (§ 53 SGB VI).

Nach § 241 Abs. 2 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.

Anwartschaftserhaltungszeiten sind: 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreie Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeit wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Betrittsgebiet vor dem 01.01.1992.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung sind nicht erfüllt. Weder sind die Monate vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Rentenantragstellung lückenlos mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, noch ist eine Beitragszahlung für diesen Zeitraum noch möglich. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger durchgehend arbeitsunfähig krank war, sodass von Anwartschaftserhaltungszeiten ausgegangen werden könnte. Denn bereits mit dem 1. Januar 1988 beginnt die maßgebliche Lücke im Versicherungsverlauf. Anschließend war der Kläger jedoch noch mehr als zehn Jahre selbstständig tätig, wobei er nach eigenen Angaben nicht nur leichte Tätigkeiten verrichtet hat, sondern auch selbst große Lkw nach Italien fuhr, wie sich seinen Einlassungen in den auf seinen Antrag beigezogenen Strafakten (Bl. 518 der Akte 147 Js 22619/04, AG Böblingen) wie auch seinen Angaben gegenüber dem Gutachter Dr. Sch. entnehmen lässt. Bereits dies spricht gegen das Vorliegen dauernder Arbeitsunfähigkeit, welche im Übrigen auch vom Kläger selbst nicht geltend gemacht wurde. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine vorzeitige Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor (§ 53 SGB VI).

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur dann erfüllt, wenn der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung vor 1990 eingetreten wäre. Nur dann hätte der Kläger im dann maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum vom 1. Januar 1985 bis 31. Dezember 1989 die erforderlichen 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Hiervon kann nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen jedoch nicht ausgegangen werden.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht [BSG] - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist, kommt ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI) nicht in Betracht; einen derartigen Antrag hat der Kläger dem entsprechend auch nicht gestellt.

Bei dem Kläger stehen ganz im Vordergrund Einschränkungen durch eine Colitis ulcerosa, welche nicht vor 1992 diagnostiziert wurde. Daneben besteht ein Zustand nach Lendenwirbelkörperfraktur 1974, Meningitis im Jahr 1981, Amputation zweier Zehenendglieder des linken Fußes nach Rasenmäherunfall 1983 und Katarakt-Operation sowie eine Hypercholesterinämie. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere den Berichten der behandelnden Ärzte Dr. St. und Dr. M. und dem Gutachten von Dr. Sch. , welches im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird. Aus allen Berichten lässt sich entnehmen, dass im Laufe der Jahre eine zunehmende Verschlechterung der Darmerkrankung eingetreten ist, welche letztlich im Jahr 2002 zur Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit des Klägers führte. Entsprechend hat der Kläger selbst - ohne Kenntnis der maßgeblichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - im Rentenantrag geltend gemacht, seit 2002 erwerbsunfähig zu sein. Sein Vortrag im Berufungsverfahren, eine Erwerbsminderung sei bereits 1989 eingetreten, findet keine Stütze in den medizinischen Unterlagen. So wird im Bericht des Kreiskrankenhauses B. vom 3. Mai 1994 über eine zehntägige stationäre Behandlung ausgeführt, der Kläger leide seit über zwei Jahren rezidivierend für vier Wochen an blutigen Durchfällen, erneut wieder seit Mitte Januar 1994 mit einer Häufigkeit von zehn Mal pro Tag mit einer Gewichtsabnahme von 10 kg. Nach Ersetzung der als ineffektiv bewerteten bisherigen ambulanten Therapie konnte eine rasche Besserung erreicht werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass bis zur Diagnose einer Colitis ulcerosa von einer gewissen Vorlaufzeit auszugehen ist, in welcher auch schon Beschwerden auftreten können. Maßgeblich ist nicht die Erkrankung als solche, sondern welche Funktionsbeeinträchtigungen hieraus tatsächlich folgen. Der behandelnde Arzt Dr. St. hat ausgeführt, dass die Krankheit zu Beginn seiner Behandlung im Jahr 1996 noch "im Griff gehalten" werden konnte. Dem entspricht auch die ausgeübte selbstständige Tätigkeit, wobei der Kläger zumindest bis 1998 auch noch selbst Lkw fuhr. Diese Berufstätigkeit widerlegt eindrücklich – neben den insoweit eindeutigen ärztlichen Berichten - eine andauernde Leistungseinschränkung ab 1990 oder gar früher.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der 1981 durchgemachten Hirnhautentzündung. Zwar ist nach den Ausführungen von Dr. St. aufgrund dieser Erkrankung eine erhöhte Stressanfälligkeit des Klägers gegeben (Bericht vom 16. August 2003) und es treten wetterbedingt Kopfschmerzen auf (Gutachten Dr. Sch. ). Allerdings hat dies den Kläger weder gehindert, eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann zu absolvieren, noch beruflich tätig zu sein und sogar ein Transportunternehmen im Bereich Abfallentsorgung, Recycling und internationale Transporte zu führen.

Der Sachverhalt ist damit aufgeklärt. Der Senat sieht keinen Anlass, der Beweisanregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nachzugehen und ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen. Eine Untersuchung des Klägers zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem unstreitig eine Erwerbsminderung vorliegt, kann keinen Aufschluss über sein Leistungsvermögen vor mehr als 17 Jahren geben. Auch dem Beweisantrag, die Mutter des Klägers zum Beweis von dessen Leistungseinschränkungen als Zeugin zu vernehmen, brauchte der Senat nicht stattzugeben. Zum einen handelt es sich bei dem Zeugenbeweis durch Vernehmung der Mutter um ein ungeeignetes Beweismittel, denn diese hat keine medizinische Kompetenz, um die hier notwendige sozialmedizinische Beurteilung vornehmen zu können, welche zur maßgeblichen Feststellung des beruflichen Leistungsvermögens erforderlich ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Januar 1962 - III ZR 155/60 - DRiZ 1962, 167). Zum anderen handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, denn im Hinblick auf die jahrelange berufliche Tätigkeit des Klägers bis zum Jahr 2002 werden unter lediglich formalem Beweisantritt ohne Anknüpfung an konkrete Tatsachen Behauptungen aufgestellt, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 2 BvR 1815/92 - DVBl 1993, 1003; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 5. Oktober 1990 - 4 B 249/89 - NVwZ-RR 1991, 118).

Nur zur Klarstellung wird nochmals darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass der Kläger zum jetzigen Zeitpunkt einer mindestens sechsstündigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann, keinen Rentenanspruch begründet, da die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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