L 4 KR 1603/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1799/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1603/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. März 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger auch ab dem 26. Mai 2003 Krankengeld zusteht.

Der am 1950 geborene Kläger war ab 11. Februar 2003 bei der Firma m.-center S. e.K. (im Folgenden Arbeitgeber) beschäftigt und aufgrund dieses Beschäftigungsverhältnis versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Im Arbeitsvertrag war eine Probezeit von sechs Monaten sowie eine Kündigungsfrist ab dem zweiten Monat von vier Wochen vereinbart. Innerhalb der Probearbeitszeit kündigte der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis am 25. März 2003 zum 22. April 2003. Die Kündigung erfolgte mündlich und gleichzeitig mit Schreiben vom 25. März 2003, das dem Kläger, da er es im Betrieb nicht entgegennahm, am 27. März 2003 zugestellt wurde. Nach dem 25. März 2003 erschien der Kläger nicht mehr zur Arbeit. Ab 14. April 2003 stellte der Arbeitgeber den Kläger unter Anrechnung von Urlaub von der Arbeit frei.

Der Kläger wollte sich am 08. Juli 2003 bei der Agentur für Arbeit S. arbeitslos melden. Er wurde wegen der seit März 2003 bestehenden Krankheit auf eine Arbeitslosmeldung nach Krankheit hingewiesen. Er meldete sich dann am 31. Juli 2003 mit Wirkung vom 23. April 2003 arbeitslos und beantragte Leistungen. Die Agentur für Arbeit bewilligte Arbeitslosengeld ab 09. August 2003. Auf seinen Antrag vom 28. Juli 2003 bewilligte die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte dem Kläger ab 01. November 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zunächst befristet, mittlerweile bis zum 65. Lebensjahr. Wegen des Rentenantrags war der Kläger ab 07. August 2003 bei der Beklagten als Rentenantragsteller versichert.

Arzt für Allgemeinmedizin Dr. S. stellte mit der Erstbescheinigung vom 27. März 2003 Arbeitsunfähigkeit bis 31. März 2003 und mit der weiteren Erstbescheinigung vom 01. April 2003 Arbeitsunfähigkeit bis 06. April 2003 mit den ICD-Diagnosen A 46 (Erysipel [Wundrose]) und I 83.1 (Varizen der unteren Extremitäten mit Entzündung) bzw. E 14.9/G 62.9 V (nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus ohne Komplikationen/Polyneuropathie, nicht näher bezeichnet) fest. In der Folge bescheinigte Dr. S. Arbeitsunfähigkeit mit den ICD-Diagnosen E 14.9/G 62.9 V bis 13. April 2003 (Folgebescheinigung vom 08. April 2003), bis 20. April 2003 (Folgebescheinigung vom 15. April 2003), und bis 25. April 2003 (Folgebescheinigung vom 22. April 2003). Dr. S. bescheinigte weiter mit der Folgebescheinigung vom 30. April 2003 Arbeitsunfähigkeit vom 30. April 2003 bis 08. Mai 2003, mit der Folgebescheinigung vom 08. Mai 2003 Arbeitsunfähigkeit vom 08. Mai 2003 bis 01. Juni 2003, mit der Folgebescheinigung vom 03. Juni 2003 Arbeitsunfähigkeit bis 13. Juni 2003, mit der Erstbescheinigung vom 16. Juni 2003 Arbeitsunfähigkeit vom 16. Juni 2003 bis 21. Juni 2003 sowie mit der Folgebescheinigung vom 11. Juli 2003 Arbeitsunfähigkeit bis 08. August 2003. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab 30. April 2003 wurden der Agentur für Arbeit Singen vorgelegt.

Die Beklagte wandte sich an Dr. S. wegen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 30. April 2003 und 08. Mai 2003. Dr. S. teilte mit Schreiben (ohne Datum, Eingang 05. Juni 2003) mit, er habe den Kläger vom 01. April 2003 bis 25. April 2003 arbeitsunfähig geschrieben. Ab 26. April 2003 sei ein Arbeitsversuch des Klägers erfolgt, der nicht gelungen sei. Danach habe er den Kläger ab 30. April 2003 wieder arbeitsunfähig geschrieben. Die Arbeitsunfähigkeit dauere noch an und werde auch weiter andauern. Sämtliche Krankheitszeiträume würden die gleiche Erkrankung betreffen. Es liege ein durchgängiger Fall vor. Der Arbeitgeber legte eine Entgeltbescheinigung vor und teilte ergänzend mit, am 28 März 2003 sei die erste Krankmeldung ab 27. März 2003 eingegangen. Das Arbeitsentgelt sei bis 22. April 2003 weiter gezahlt worden. Der Kläger teilte ergänzend mit, er habe kein Arbeitslosengeld beantragt. Mit Schreiben vom 11. Juni 2003 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, es sei beabsichtigt, Leistungen nur noch bis längstens 25. Mai 2003 zu bewilligen, da seine Mitgliedschaft an diesem Tag geendet habe. Hierauf legte der Kläger Kopien der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor und verwies darauf, dass durchgehend seit dem 27. März 2003 Arbeitsunfähigkeit bestehe.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst Krankengeld in Höhe von täglich EUR 34,86 (EUR 30,03 netto) für die Zeit vom 23. April bis 25. April 2003. Mit Bescheid vom 30. Juni 2003 bewilligte die Beklagte weiter Krankengeld noch bis 25. Mai 2003. Es liege nicht ein Fall durchgehender Arbeitsunfähigkeit vor. Vom 27. März bis 31. März 2003 sei der Kläger wegen den Erkrankungen Erysipel und Varizen der unteren Extremitäten krank geschrieben worden. Ab 01. April 2003 habe Arbeitsunfähigkeit wegen Diabetes und Polyneuropathie bestanden. Diese Arbeitsunfähigkeit habe am 25. April 2003 geendet. Danach habe ein Arbeitsversuch stattgefunden. Ab diesem Tag sei Arbeitsfähigkeit anzunehmen. Hiervon gehe auch Dr. S. aus. Am 30. April 2003 habe Dr. S. dann erneut eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Eine telefonische Rückfrage habe ergeben, dass der Kläger vom 22. April bis 30. April 2003 nicht in der Praxis Dr. S. gewesen sei und Arbeitsunfähigkeit daher nur ab 30. April 2003 habe bestätigt werden können, sodass es sich um eine neue Erstbescheinigung handle. Die Mitgliedschaft habe mit dem 25. April 2003 geendet. Die Beschäftigung habe mit Ablauf des 22. April 2003 geendet. Aufgrund des Krankengeldbezuges habe eine Versicherung des Klägers lediglich bis 25. April 2003 bestanden. Für die Zeit ab 30. April 2003 bestehe ein Anspruch auf Leistungen deshalb längstens noch bis 25. Mai 2003. Die Zahlung von Krankengeld aufgrund der ab 30. April 2003 bestehenden Arbeitsunfähigkeit sei mit dem 25. Mai 2003 eingestellt worden. Demgemäß zahlte die Beklagte Krankengeld vom 23. April 2005 bis 25. April 2005 und vom 30. April 2003 bis 25. Mai 2003 in Höhe von täglich EUR 34,86 (EUR 30,03 netto).

Der Kläger legte mit Schreiben vom 07. Juli 2003 Widerspruch ein. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2003 zurück. Die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Beschäftigung habe mit Ablauf des 22. April 2003 geendet. Die Mitgliedschaft sei auf Grund der seit dem 01. April 2003 bestehenden Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld erhalten geblieben. Diese Arbeitsunfähigkeit habe am 25. April 2003 geendet und damit nach § 192 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) die Mitgliedschaft. Der Anspruch auf Leistungen der nach dem 25. April 2003 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit (hier am 30. April 2003) begründe sich aus dem nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V bis 25. Mai 2003. Es handle sich nicht um eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit, wie Dr. S. bestätigt habe.

Der Kläger hat am 05. September 2003 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, der behandelnde Arzt Dr. S. habe alsbald nach dem 25. April 2003 festgestellt, dass die Beendigung des Krankschreibungszeitraums zu diesem Datum absolut fehlerhaft gewesen sei. Er habe deshalb ihn bereits am 30. April 2003 wieder arbeitsunfähig schreiben müssen. Zwar entstehe ein Anspruch auf Krankengeld erst ab der entsprechenden Feststellung durch einen Arzt, hier also am 30. April 2003. Es sei jedoch anerkannt, dass in Ausnahmefällen eine verspätete oder unterlassene ärztliche Feststellung leistungsrechtlich nicht schädlich sei, wenn etwa Arbeitsunfähigkeit zu Unrecht durch den Arzt ursprünglich verneint worden sei und sich dieses später als Irrtum herausgestellt habe. So sei es in seinem Fall gewesen, so dass ein durchgehender Leistungszeitraum vorliege.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, Dr. S. habe mitgeteilt, dass Arbeitsunfähigkeit bis zum 25. April 2003 bestätigt worden sei. Dass es sich bei der ab 30. April 2003 bestätigten Arbeitsunfähigkeit um die gleiche Grunderkrankung handle, bestätige nicht eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit. Selbst wenn in der Zwischenzeit die Behandlung fortgeführt worden wäre, könne von der Behandlungsbedürftigkeit nicht auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden. Tatsächlich sei dem Arbeitgeber, wegen der ausgesprochenen Kündigung auch nachvollziehbar, von einem Arbeitsversuch nichts bekannt gewesen. Auch die weiteren Aufzeichnungen des Dr. S. seien nicht aussagekräftig.

Das SG hat Dr. S. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 09. August 2004 mitgeteilt, beim Kläger lägen ausgedehnte Ulcera beider Unterschenkel multifaktorieller Genese, ein Diabetes mellitus Typ IIb mit Polyneuropathie und Nephropathie, eine chronische Arrhythmie bei Vorhofflimmern, ein arterieller Hypertonus, eine Angsterkrankung, eine Steatosis hepatis, eine Bandscheibenprotrusion L4/L5 und eine Iliosakralarthrose vor. Bei dem multimorbiden Krankheitsbild mit erheblichen Beschwerden im Bereich des Diabetes und der Folgeerkrankungen sei eine Differenzierung nach verschiedenen Zeiten nicht möglich und nicht sinnvoll. Der Kläger habe vom 26. bis 29. April 2003, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten, selbst gewünscht, einen Arbeitsversuch durchzuführen, obwohl er (Dr. S.) dem eher kritisch gegenübergestanden habe. Ab dem 30. April 2003 sei es dem Kläger auch nicht mehr möglich gewesen, seine Arbeit fortzuführen, weshalb eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne neue Diagnose ausgestellt worden sei. Insgesamt liege ein durchgehender Krankheitsfall vor. Der Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, seiner Arbeit im Verkauf nachzugehen. Eine Fehleinschätzung seinerseits liege nicht vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. März 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Mitgliedschaft des Klägers habe am 25. April 2003 wegen des Wegfalls des Krankengeldanspruchs geendet. Ein nachgehender Leistungsanspruch habe nur bis 25. Mai 2003 bestanden. Eine unterlassene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit habe grundsätzlich zur Folge, dass Krankengeld in dieser Zeit nicht bezahlt werde. Nur in außergewöhnlichen Fällen könne hiervon eine Ausnahme gemacht werden. Hier sei eine Fehldiagnose des Dr. S. nicht ersichtlich. Ein Irrtum über die gesundheitlichen Situation des Klägers sei nach seiner Aussage auszuschließen. Dr. S. sei am 25. April 2003 - wie seine Aufzeichnungen über den Krankheitsverlauf zeigten - noch davon ausgegangen, der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt noch beschäftigt gewesen. Der Kläger habe für sich aus freien Stücken eine vorübergehende Arbeitsfähigkeit wieder angenommen.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 22. März 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. April 2005 Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, die Mitgliedschaft bei der Beklagten habe über den 25. Mai 2003 hinaus fortbestanden, weshalb Leistungen zu gewähren seien. Dr. S. sei der Auffassung gewesen, dass er (der Kläger) am 26. April 2003 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Dies gehe aus einer Telefonnotiz einer Sachbearbeiterin der Beklagten über ein Gespräch mit Dr. S. vom 03. Juli 2003 hervor. Diese Einschätzung habe sich als falsch herausgestellt, weil er seinen Versuch, wieder eine Arbeitsleistung zu erbringen, aus gesundheitlichen Gründen nicht habe durchhalten können. Der Rechtsstandpunkt des SG führe dazu, dass die zwischenzeitlich aufgegebene Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs durch die Hintertür wieder eingeführt werde. Der Kläger hat auf Anforderung des Senats vorgelegt Unterlagen des Rentenverfahrens bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bzw. der Rechtsvorgängerin Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowie Unterlagen und Arztberichte betreffend das Verfahren der Feststellung des Grades der Behinderung bei dem Versorgungsamt Radolfzell bzw. im Rechtsstreit S 6 SB 508/04. Mit Bescheid vom 31. August 2005 ist unter Aufhebung des Bescheids vom 18. November 2003 ab 21. Juni 2005 ein Grad der Behinderung von 80 festgestellt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld auch vom 26. Mai 2003 bis 08. August 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält daran fest, dass eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers mit Anspruch auf Krankengeld im Zeitraum vom 26. April 2003 bis 29. April 2003 nicht ärztlich festgestellt sei. Auf Anfrage des Berichterstatters hat der Arbeitgeber mitgeteilt, der Kläger habe nach dem 25. März 2003 die Arbeit nicht wieder aufgenommen, und Dr. S. eine Liste mit den Behandlungsdaten des Klägers übersandt und angegeben, keine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30. April 2003 mehr zu haben. Der Berichterstatter hat die Akten des Klägers bei der Agentur für Arbeit, Dienststelle Singen, und der Deutschen Rentenversicherung Bund beigezogen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG, die beigezogenen Akten sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, gemäß § 151 Abs. 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat für die Zeit ab 26. Mai 2003 keinen Anspruch auf Krankengeld. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Begehren des Klägers in der Formulierung des Antrages in der Klagebegründung vom 30. Juni 2004 (Blatt 15 der SG-Akte) und in der Berufungsbegründung vom 25. Juli 2005 (Blatt 11 der LSG-Akte), über den 25. Mai 2003 hinaus Krankengeld zu erhalten, ist sachgerecht dahin auszulegen, dass der Kläger Krankengeld auch für die Zeit vom 26. Mai 2003 bis 08. August 2003 begehrt. Denn bis 25. Mai 2003 zahlte die Beklagte Krankengeld. Ab 09. August 2003 erhielt er Arbeitslosengeld. Die vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. S. bescheinigen zudem Arbeitsunfähigkeit bis 08. August 2003.

Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch setzt neben dem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit bzw. der stationären Behandlung voraus, dass ein Versicherungsverhältnis mit einem Anspruch auf Krankengeld zur Krankenkasse vorliegt. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankengeld für die durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitszeiträume nach dem 25. Mai 2003 bis 08. August 2003 scheitert am Fehlen einer Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten. Ein Versicherungsverhältnis des Klägers zur Beklagten, das einen Anspruch auf Krankengeld umfasst, lag ab diesem Zeitraum nicht mehr vor.

Ab 11. Februar 2003 bestand ein Versicherungspflichtverhältnis des Klägers zur Beklagten aufgrund der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, wonach versicherungspflichtig u.a. Angestellte sind, aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Arbeitgeber. Dieses Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete aufgrund der fristgerechten Kündigung durch den Arbeitgeber mit Ablauf des 22. April 2003. Ab dem 23. April 2003 bestand kein Beschäftigungsverhältnis des Klägers mehr, das die Versicherungspflicht des Klägers hätte auslösen können. Die Mitgliedschaft des Klägers bestand ab dem 23. April 2003 nur noch deshalb, weil er ab dem 27. März 2003 zunächst durchgehend arbeitsunfähig war und die Beklagte deshalb nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses und dem damit verbundenen Ende der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber vom 23. April bis 25. April 2003 Krankengeld zahlte. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf u.a. Krankengeld besteht oder entsprechende Leistungen bezogen werden.

Die Mitgliedschaft auf dieser Grundlage blieb allerdings nicht über den 25. April 2003 hinaus bestehen. Ab dem 26. April 2003 bestand nämlich kein Anspruch des Klägers auf Krankengeld mehr, der geeignet gewesen wäre, das Fortbestehen der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V weiter zu sichern. Ab dem 26. April 2003 bestand zumindest bis 29. April 2003 kein Anspruch auf Krankengeld mehr, weil Arbeitsunfähigkeit nicht ärztlich festgestellt war.

Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Dr. S. stellte Arbeitsunfähigkeit erst wieder am 30. April 2003 fest. Aufgrund dessen konnte eine Anspruch auf Krankengeld erst am 01. Mai 2003 entstehen und nicht bereits am 30. April 2003, wie dies die Beklagte zugunsten des Klägers angenommen hatte. Dies gilt auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit schon wesentlich früher eingetreten war. Daran ändert auch eine Rückdatierung auf der ärztlichen Bescheinigung nichts (Höfler, in Kasseler Kommentar, § 46 SGB V Rdnr. 4, BSG , Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R -, BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 8/07 R -). Der Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat für den Beginn des Anspruchs auf Krankengeld ausschlaggebende Bedeutung. Wird die Arbeitsunfähigkeit erst nach ihrem tatsächlichen Eintritt oder überhaupt nicht festgestellt, kann das Krankengeld grundsätzlich nur entsprechend später oder gar nicht gezahlt werden. Als Ausnahme, wonach kein Rechtsverlust eintreten soll, ist lediglich anerkannt, wenn ein Handeln des Versicherten diesem im Rechtssinne nicht möglich war, beispielsweise bei einem geschäftsunfähigen Versicherten oder bei dem Verlust der Handlungsfähigkeit durch Krankheit, etwa infolge von Bewusstlosigkeit. Schädliche Auswirkungen auf den Krankengeldanspruch wurden auch dann verneint, wenn die ärztliche Feststellung allein aus Gründen, die dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes oder der sonstigen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung berufenen Personen oder Einrichtungen zuzuordnen sind, verspätet erfolgt oder ganz unterblieben ist (Höfler in Kasseler Kommentar, § 46 SGB V Rdnr. 8a, BSG SozR 2200 § 182 RVO Nr. 84). Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass diese Ausnahmekonstellation im Falle des Klägers nicht erfüllt ist. Selbst wenn man eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers unterstellt, so lag die fehlende bzw. verspätete ärztliche Feststellung nicht allein im Verantwortungsbereich des Vertragsarztes, hier Dr. S. oder einer sonstigen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung berufenen Person oder Einrichtung. Die fehlende und verspätete ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit beruhte in diesem Fall allein auf der (unzutreffenden) Behauptung des Klägers gegenüber Dr. S., ab 26. April 2003 einen Arbeitsversuch zu unternehmen. Einen solchen Arbeitsversuch unternahm der Kläger aber nicht. Bezüglich seines letzten Arbeitgebers ergibt sich dies aus dessen Auskunft vom 01. Februar 2006. Dass der Kläger in einem anderen Betrieb einen Arbeitsversuch unternommen hat, ist nicht erkennbar und von ihm auch nicht behauptet worden. Der Kläger selbst hat sich daher durch die unzutreffende Behauptung gegenüber Dr. S. entschieden, auf eine weitere, ununterbrochene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu verzichten. Ein Verschulden des Dr. S. kann ungeachtet der Tatsache, dass dieser dem Versuch des Klägers nicht ablehnend, sondern allenfalls kritisch, d.h. zweifelnd, gegenüberstand, nicht angenommen werden. Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu prüfen, ob der Kläger auch ab dem 26. April 2003 arbeitsunfähig war.

Bestand demnach ein Anspruch auf Krankengeld nur bis 25. April 2003, so endete die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V an diesem Tag. In der Folge konnte der Kläger deshalb nur noch Ansprüche im Rahmen des § 19 Abs. 2 SGB V geltend machen. Danach besteht Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ohne dass noch eine Mitgliedschaft des Klägers im formellen Sinn bestand, konnte er deshalb Leistungsansprüche nur noch bis einschließlich 25. Mai 2003 geltend machen. Insoweit hat die Beklagte dem Kläger aber Krankengeld gezahlt. Ab dem Folgetag (26. Mai 2003) standen dem Kläger keine Leistungsansprüche und damit auch kein Anspruch auf Krankengeld mehr zu. Da die Mitgliedschaft des Klägers nicht mehr fortbestand, fehlt es trotz der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit an einem Versicherungspflichtverhältnis des Klägers zur Beklagten, das einen Anspruch auf Krankengeld umfassen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved