Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 547/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 4225/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente streitig.
Die 1943 geborene Klägerin befand sich in der Zeit vom 18.01. bis 28.02.2001 in einem von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligten stationären Heilverfahren in der Reha-Klinik G ... In der Unfallanzeige vom 05.02.2001 teilte die Reha-Klinik mit, die Klägerin sei am 20.01.2001 während des Aufenthalts gestürzt, wobei sie nach ihren Angaben sich mit der rechten Hand abstützte und auf die rechte Körperseite gefallen sei. Das Heilverfahren setzte die Klägerin fort und wurde als arbeitsfähig entlassen Nach dem Durchgangsarztbericht vom 22.01.2001 habe sich die Klägerin eine " Schulterprellung rechts" zugezogen. Als Befund wird "Druckschmerz rechte Schulter dorsal, Beweglichkeit aktiv und passiv o.B. (rechts mühsam"), Drop-Arm-Test negativ, Impingement und Gabe positiv, keine wesentliche Instabilität, ACG o.B., periphere DMS o.B:" angegeben. Die Beklagte zog daraufhin Berichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. über die Untersuchungen vom 08.03.2001 und 21.03.2001 bei. Dr. S. stellte darin jeweils einen Beschwerderückgang fest, veranlasste jedoch auf Grund der verbliebenen Kraftlosigkeit an der rechten Schulter zur genauen Beurteilung der Rotatorenmanschette eine Kernspintomographie. Diese wurde am 27.03.2001 durchgeführt (Dres. H./ Scha., A.), wonach u. a eine Ruptur der Supra- und Infraspinatussehne mit erheblichem Gelenkerguss und Atrophie vorwiegend des Infraspinatus festgestellt wurde. Aktenkundig sind ferner Berichte des Dr. F. (vom 02.4.2005) und von Prof. Dr. W., Unfallklinik T., vom 23.04.2001, 08.05.2001, 01.06.2001, 22.06.2001, 27.06.2001, 18.07.2001 und 14.08.2001. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK bei, das u. a. ergab, dass die Klägerin in der Zeit vom 24.07. bis 30.09.1995 wegen einer Periarthritis humeroscapularis arbeitsunfähig war. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine gutachterliche Untersuchung durch Prof. Dr. W ... In seinem Gutachten vom 29.01.2002 führte dieser u. a. aus, in Folge des Unfallereignisses sei es zu einer bleibenden Verschlimmerung bei vorbestehenden Veränderungen gekommen; Unfallfolge sei somit "eine Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter bei vorbestehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der Schultereckgelenke und der Glenohumeralgelenke beidseits". Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 v. H. einzuschätzen. Nachdem der beratende Arzt der Beklagten Dr. Schmidt diese Ausführungen als nicht schlüssig bezeichnete (Stellungnahme vom 25.02.2002) anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 27.05.2002 einen Anspruch auf Heilbehandlung und Verletztengeld wegen der Folgen des Unfalls bis zum 07.03.2001, lehnte jedoch die Gewährung einer Rente ab (Anm.: Verletztengeld wurde der Klägerin tatsächlich bis zum 20.05.2002 gezahlt). Die Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall gemindert. Als Folge des Unfalls wurde eine Prellung im Bereich der rechten Schulter anerkannt, jedoch die Anerkennung von Rotatorenmanschettenläsionen, einer AC-Gelenksarthrose und einer Omarthrose abgelehnt. Nach Erhebung des Widerspruchs durch die Klägerin zog die Beklagte die Berichte des Dr. Blersch vom 09.10.2002, 16.11.2002 und 15.01.2003 sowie den Bericht der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Stadt Villingen-Schwenningen bei, wo am 03.01.2003 eine Arthroskopie der rechten Schulter, eine subacromiale Dekompression, eine offene Acromioplastik nach Neer, Agerauxplastik und eine Resektion des AC-Gelenks, die durchgeführt worden war. Die Beklagte veranlasste weiter die Begutachtung nach Aktenlage durch Prof. Dr. Bühren, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau. In seinem Gutachten vom 28.01.2003 vertrat dieser die Auffassung, dass der Rotatorenmanschettenschaden nicht durch das Ereignis vom 20.01.2001 entstanden sein könne, weil die Klägerin ansonsten nicht in der Lage gewesen wäre, den Arm aktiv in die Horizontale zu heben und den Arm dort in dieser Position zu halten. Die Klägerin habe eine Prellung der rechten Schulter bei mit hoher Wahrscheinlichkeit vorbestehenden Abnutzungsveränderungen an der Sehnenplatte der Rotatorenmanschette erlitten. Der weit fortgeschrittene Abnutzungsschaden der Rotatorensehnenplatte sei wesentliche Bedingung nicht nur für das Auftreten, sondern auch für das Anhalten der Schmerzerscheinungen in der rechten Schulter. Das Ereignis am 20.01.2001 sei auf eine bereits deutlich degenerativ veränderte Rotatorensehnenplatte getroffen, wobei diese Veränderung bereits so weit fortgeschritten gewesen sei, dass dies nur noch eines geringen Anstoßes bedurft hatte, damit die Krankheitserscheinungen bei formal bestehender Beschwerdefreiheit eintreten. Insofern sei dieser Anstoß rechtlich gesehen als Gelegenheitsursache zu werten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 03.03.2003 hat die Klägerin zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Begutachtungen durch den Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Ludolph sowie auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Privatdozent Dr. Thielemann veranlasst. Dr. Ludolph hat in seinem Sachverständigengutachten vom 13.06.2003 u. a. ausgeführt, auf Grund des am 20 01.2001 dokumentierten Befundes sei die Rotatorenmanschette bei dem streitgegenständlichen Unfall nicht verletzt worden, da das typische Zeichen für eine Verletzung der Rotatorenmanschette, die Pseudoparalyse, gefehlt habe. Privatdozent Dr. Thielemann hat in seinem Gutachten vom 20.04.2004 die Auffassung vertreten, dass die Rotatorenmanschettenruptur bereits vor dem Ereignis vom 20.01.2001 bestanden habe und dass sich die Klägerin durch den Sturz eine Distorsion der rechten Schulter zugezogen habe. Durch diese Distorsion sei bei einem vorbestehenden Rotatorenmanschettendefekt eine Gelenkinnenhautentzündung hervorgerufen worden. In den ergänzenden Stellungnahmen vom 26.06.2004 (Dr. Ludolph) und 14.10.2004 (Privatdozent Dr. Thielemann) hielten die Gutachter an ihren jeweiligen Beurteilungen fest. Aktenkundig ist ferner der Bericht des Dr. Blersch vom 30.06.2003, in dem er die Auffassung des Dr. Ludolph verneint hat. Mit Urteil vom 28.06.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das SG ausgeführt, rechtlich wesentlich für die funktionellen Defizite des rechten Schultergelenks und die daraus resultierenden Schmerzen seien die bereits vor dem Unfall bestehenden Verschleißerscheinungen.
Gegen das am 15.08.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.08.2005 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wird u. a. vorgetragen, die Klägerin habe durch den Unfall eine Schädigung der rechten Schulter erlitten, die zur Berechtigung einer Verletztenrente führen würde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juni 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung einer Rotatorenmanschettenruptur bzw. einer Gelenkinnenhautentzündung des rechten Schultergelenks als Folge des Unfalls vom 20. Januar 2001 eine Verletztenrente ab 21. Mai 2002 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuW.n.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Über die mit Bescheid anerkannten Unfallfolgen hinaus könnten keine weiteren Folgen anerkannt werden. Insbesondere sei die Rotatorenmanschettenruptur aber auch eine Entzündung der Gelenkschleimhaut nicht auf den Unfall zurückzuführen. Auf die Rückforderung des bis zum 20. Mai 2002 gewährten Verletztengeldes werde verzichtet.
Der Senat hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Carstens weiter Beweis erhoben. In seinem Gutachten vom 09.03.2006 hat der Sachverständige u. a. dargelegt, dass mehr dagegen als dafür spreche, dass die Klägerin sich bei dem Ereignis vom 20.01.2001 einen Riss der Rotatorenmanschette zugezogen habe. Ebenso sei die Entzündung des Schultergelenks nicht unfallbedingt. Auch nach Vorlage der Originalaufnahmen der Kernspintomographie vom 27.03.2001 hat der Sachverständige in seinen ergänzenden Stellungnahmen 05.10.2006 und 12.07.2007 an seiner Auffassung festgehalten.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG) ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 27.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2003, mit dem die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente auf Grund des Ereignisses vom 20.01.2001 abgelehnt hat. Der ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld ist nicht mehr Streitgegenstand, nachdem die Beklagte Verletztengeld bis zum 20.05.2002 gewährt und auf eine Rückforderung verzichtet hat.
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Grundvoraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente ist nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die Anspruch begründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben, was nach der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R und Urteil des BSG vom 30.01.2007 B 2 U 8/ 06 R). "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache i. S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihrer Krankengeschichte.
Das Unfallereignis erfüllt die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls (von außen auf den Körper einwirkendes schädigendes Ereignis, versicherte Tätigkeit, innerer Zusammenhang); dies hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid anerkannt. Als Unfallfolge besteht, wie die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, eine Prellung der rechten Schulter, die folgenlos abgeheilt ist.
Über die in dem angefochtenen Bescheid anerkannten Unfallfolgen hinaus liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die auf den Unfall zurückzuführen wären. Weder die Rotatorenmanschettenruptur noch die Entzündung der Gelenksschleimhaut kann als Folge des Unfalls anerkannt werden. Die in den vorgelegten Berichten vertretene Auffassung des Dr. Blersch und die von Privatdozent Dr. Thielemann in seinem Gutachten vorgenommene Beurteilung kann unter Berücksichtigung der vorliegenden Sachverständigengutachten, insbesondere derjenigen von Dr. Ludolph und Prof. Dr. Carstens nicht überzeugen. Prof. Dr. Carstens hat in seinem Sachverständigengutachten die Kriterien aufgezeigt, die für und gegen das Vorliegen eines durch ein Trauma ausgelösten Risses der Rotatorenmanschette sprechen. Selbst wenn, trotz erheblicher Zweifel, davon ausgegangen wird, dass das Unfallereignis generell geeignet gewesen ist, einen Riss der Rotatorenmanschette herbeizuführen, sprechen gewichtige Umstände dagegen. So haben die Röntgenaufnahmen am Unfalltag (von allen Sachverständigen unbestritten) degenerative Veränderungen im Bereich der rechtsseitigen Rotatorenmanschette, insbesondere im Ansatzbereich des Obergrätenmuskels in Form von Strukturauflockerungen des Knochens sowie in Form von Kalkeinlagerungen in dem Weichteilgewebe dokumentiert. Darüber hinaus sind deutliche degenerative Veränderungen im Schultereckgelenk und unter dem knöchernen Schulterdach zu erkennen. Die Kernspintomographie des rechten Schultergelenks vom 27.03.2001 hat diese Ergebnisse bestätigt. Im Gegenteil haben sich hieraus HinW. für eine frische oder stattgehabte knöcherne Verletzung nicht bestätigt. Auch ein Ödem in den Weichteilen als Hinweis für eine stattgehabte Weichteilverletzung ist nach Auffassung aller Sachverständigen nicht erkennbar. Die Kernspintomographie hat einen Riss der Rotatorenmanschette, einen Gelenkerguss und die Rückbildung (Atrophie) des musculus supraspinatus ergeben. Prof. Dr. Carstens weist weiter schlüssig darauf hin, dass die Kernspintomographie auch eine Einengung des Sehnengleitraumes unter dem knöchernen Schulterdach sowie Strukturauflockerungen im Ansatzbereich des Obergrätenmuskels ergeben hat, die er als Korrelat der degenerativen Veränderungen wertet. Damit sind einerseits erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenks mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhanden gewesen, nicht aber Anhaltspunkte für eine frische Verletzung. Weiter haben sowohl Prof. Dr. Carstens als auch Dr. Ludolph darauf hingewiesen, dass der Erstbefund und der weitere Verlauf gegen einen Riss der Rotatorenmanschette durch das Unfallereignis spricht. Der Sachverständige Prof. Dr. Carstens hat unter Verweis auf die sozialmedizinische Literatur dargelegt, dass das Vorliegen einer aktiven Bewegungsunfähigkeit (Pseudoparalyse) als wichtiges Indiz für das Vorliegen eines Rotatorenmanschettenrisses anzusehen ist. Dies ist vorliegend zu verneinen; in dem Durchgangsarztbericht des Dr. Poser vom 22.01.2001 ist insbesondere die Schulterbeweglichkeit überprüft worden. Die aktive und passive Beweglichkeit wird als rechts mühsam, ansonsten aber "o. B." dargestellt. Der "drop-arm-Test" ist als "negativ" bezeichnet worden. Aus den Berichten des Dr. S. ist zum weiteren Verlauf zu entnehmen, dass die aktive Beweglichkeit des rechten Armes nicht gravierend eingeschränkt gewesen ist. Anlässlich der Untersuchung vom 01.03.2001 wird eine Abspreizmöglichkeit im Bereich der rechten Schulter bis 90 Grad und bei der Untersuchung am 08.03.2001 eine Aduktion bis 130 Grad beschrieben. Schließlich ist die Aduktion bei der Untersuchung am 23.03.2001 um lediglich 10 Grad eingeschränkt gewesen. Prof. Dr. Carstens hat weiter darauf hingewiesen, dass sowohl die Tatsache, dass Dr. S. am 01.03.2001 einen serösen Erguss und nicht einen blutig tinguierten oder einen blutigen Erguss punktiert habe, als auch die Tatsache, dass die Kernspintomographie des rechten Schultergelenkes vom 27.03.2001 bereits acht Wochen nach dem Unfall eine Atrophie des Infraspinatusmuskels in Form einer erheblichen Verschmächtigung gezeigt hat, gegen eine unfallbedingte Verursachung spreche. Daraus folgern die Sachverständigen Dr. Ludolph und Privatdozent Dr. Thielemann für den Senat nachvollziehbar, dass der Riss des Infraspinatusmuskels bereits vor dem Unfall vorgelegen hat. Der Senat kommt nach Abwägung aller Umstände somit zu dem Ergebnis, dass der Riss der Rotatorenmanschette nicht wesentlich auf den Unfall zurückgeführt werden kann. Die von Privatdozent Dr. Thielemann vertretene Auffassung, dass durch den Sturz eine Erkrankung der Gelenksschleimhaut (Synovitis) ausgelöst worden sei, überzeugt nicht. Sowohl Prof. Dr. Carstens als auch Dr. Ludolph haben darauf hingewiesen, dass entgegen der Darstellung von Dr. Thielemann die Operation vom 03.01.2003 nicht wegen einer Entzündung der Gelenkinnenhaut, sondern wegen der "Kraftlosigkeit" erfolgt ist. Die unstreitig vorhanden gewesene Synovits hat sich auf der Grundlage der unfallunabhängig vorbestehenden degenerativen Veränderungen und nicht auf der Basis des streitgegenständlichen Unfalls entwickelt, sodass der Sachverständige Privatdozent Dr. Thielemann von einer unrichtigen Befundlage ausgegangen ist.
Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, weil ihre Erwerbsfähigkeit auf Grund der Unfallfolgen über die 26. Wochen nach dem Arbeitsunfall hinaus nicht eingeschränkt gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente streitig.
Die 1943 geborene Klägerin befand sich in der Zeit vom 18.01. bis 28.02.2001 in einem von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligten stationären Heilverfahren in der Reha-Klinik G ... In der Unfallanzeige vom 05.02.2001 teilte die Reha-Klinik mit, die Klägerin sei am 20.01.2001 während des Aufenthalts gestürzt, wobei sie nach ihren Angaben sich mit der rechten Hand abstützte und auf die rechte Körperseite gefallen sei. Das Heilverfahren setzte die Klägerin fort und wurde als arbeitsfähig entlassen Nach dem Durchgangsarztbericht vom 22.01.2001 habe sich die Klägerin eine " Schulterprellung rechts" zugezogen. Als Befund wird "Druckschmerz rechte Schulter dorsal, Beweglichkeit aktiv und passiv o.B. (rechts mühsam"), Drop-Arm-Test negativ, Impingement und Gabe positiv, keine wesentliche Instabilität, ACG o.B., periphere DMS o.B:" angegeben. Die Beklagte zog daraufhin Berichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. über die Untersuchungen vom 08.03.2001 und 21.03.2001 bei. Dr. S. stellte darin jeweils einen Beschwerderückgang fest, veranlasste jedoch auf Grund der verbliebenen Kraftlosigkeit an der rechten Schulter zur genauen Beurteilung der Rotatorenmanschette eine Kernspintomographie. Diese wurde am 27.03.2001 durchgeführt (Dres. H./ Scha., A.), wonach u. a eine Ruptur der Supra- und Infraspinatussehne mit erheblichem Gelenkerguss und Atrophie vorwiegend des Infraspinatus festgestellt wurde. Aktenkundig sind ferner Berichte des Dr. F. (vom 02.4.2005) und von Prof. Dr. W., Unfallklinik T., vom 23.04.2001, 08.05.2001, 01.06.2001, 22.06.2001, 27.06.2001, 18.07.2001 und 14.08.2001. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK bei, das u. a. ergab, dass die Klägerin in der Zeit vom 24.07. bis 30.09.1995 wegen einer Periarthritis humeroscapularis arbeitsunfähig war. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine gutachterliche Untersuchung durch Prof. Dr. W ... In seinem Gutachten vom 29.01.2002 führte dieser u. a. aus, in Folge des Unfallereignisses sei es zu einer bleibenden Verschlimmerung bei vorbestehenden Veränderungen gekommen; Unfallfolge sei somit "eine Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter bei vorbestehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der Schultereckgelenke und der Glenohumeralgelenke beidseits". Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 v. H. einzuschätzen. Nachdem der beratende Arzt der Beklagten Dr. Schmidt diese Ausführungen als nicht schlüssig bezeichnete (Stellungnahme vom 25.02.2002) anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 27.05.2002 einen Anspruch auf Heilbehandlung und Verletztengeld wegen der Folgen des Unfalls bis zum 07.03.2001, lehnte jedoch die Gewährung einer Rente ab (Anm.: Verletztengeld wurde der Klägerin tatsächlich bis zum 20.05.2002 gezahlt). Die Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall gemindert. Als Folge des Unfalls wurde eine Prellung im Bereich der rechten Schulter anerkannt, jedoch die Anerkennung von Rotatorenmanschettenläsionen, einer AC-Gelenksarthrose und einer Omarthrose abgelehnt. Nach Erhebung des Widerspruchs durch die Klägerin zog die Beklagte die Berichte des Dr. Blersch vom 09.10.2002, 16.11.2002 und 15.01.2003 sowie den Bericht der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Stadt Villingen-Schwenningen bei, wo am 03.01.2003 eine Arthroskopie der rechten Schulter, eine subacromiale Dekompression, eine offene Acromioplastik nach Neer, Agerauxplastik und eine Resektion des AC-Gelenks, die durchgeführt worden war. Die Beklagte veranlasste weiter die Begutachtung nach Aktenlage durch Prof. Dr. Bühren, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau. In seinem Gutachten vom 28.01.2003 vertrat dieser die Auffassung, dass der Rotatorenmanschettenschaden nicht durch das Ereignis vom 20.01.2001 entstanden sein könne, weil die Klägerin ansonsten nicht in der Lage gewesen wäre, den Arm aktiv in die Horizontale zu heben und den Arm dort in dieser Position zu halten. Die Klägerin habe eine Prellung der rechten Schulter bei mit hoher Wahrscheinlichkeit vorbestehenden Abnutzungsveränderungen an der Sehnenplatte der Rotatorenmanschette erlitten. Der weit fortgeschrittene Abnutzungsschaden der Rotatorensehnenplatte sei wesentliche Bedingung nicht nur für das Auftreten, sondern auch für das Anhalten der Schmerzerscheinungen in der rechten Schulter. Das Ereignis am 20.01.2001 sei auf eine bereits deutlich degenerativ veränderte Rotatorensehnenplatte getroffen, wobei diese Veränderung bereits so weit fortgeschritten gewesen sei, dass dies nur noch eines geringen Anstoßes bedurft hatte, damit die Krankheitserscheinungen bei formal bestehender Beschwerdefreiheit eintreten. Insofern sei dieser Anstoß rechtlich gesehen als Gelegenheitsursache zu werten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 03.03.2003 hat die Klägerin zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Begutachtungen durch den Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Ludolph sowie auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Privatdozent Dr. Thielemann veranlasst. Dr. Ludolph hat in seinem Sachverständigengutachten vom 13.06.2003 u. a. ausgeführt, auf Grund des am 20 01.2001 dokumentierten Befundes sei die Rotatorenmanschette bei dem streitgegenständlichen Unfall nicht verletzt worden, da das typische Zeichen für eine Verletzung der Rotatorenmanschette, die Pseudoparalyse, gefehlt habe. Privatdozent Dr. Thielemann hat in seinem Gutachten vom 20.04.2004 die Auffassung vertreten, dass die Rotatorenmanschettenruptur bereits vor dem Ereignis vom 20.01.2001 bestanden habe und dass sich die Klägerin durch den Sturz eine Distorsion der rechten Schulter zugezogen habe. Durch diese Distorsion sei bei einem vorbestehenden Rotatorenmanschettendefekt eine Gelenkinnenhautentzündung hervorgerufen worden. In den ergänzenden Stellungnahmen vom 26.06.2004 (Dr. Ludolph) und 14.10.2004 (Privatdozent Dr. Thielemann) hielten die Gutachter an ihren jeweiligen Beurteilungen fest. Aktenkundig ist ferner der Bericht des Dr. Blersch vom 30.06.2003, in dem er die Auffassung des Dr. Ludolph verneint hat. Mit Urteil vom 28.06.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das SG ausgeführt, rechtlich wesentlich für die funktionellen Defizite des rechten Schultergelenks und die daraus resultierenden Schmerzen seien die bereits vor dem Unfall bestehenden Verschleißerscheinungen.
Gegen das am 15.08.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.08.2005 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wird u. a. vorgetragen, die Klägerin habe durch den Unfall eine Schädigung der rechten Schulter erlitten, die zur Berechtigung einer Verletztenrente führen würde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juni 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung einer Rotatorenmanschettenruptur bzw. einer Gelenkinnenhautentzündung des rechten Schultergelenks als Folge des Unfalls vom 20. Januar 2001 eine Verletztenrente ab 21. Mai 2002 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuW.n.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Über die mit Bescheid anerkannten Unfallfolgen hinaus könnten keine weiteren Folgen anerkannt werden. Insbesondere sei die Rotatorenmanschettenruptur aber auch eine Entzündung der Gelenkschleimhaut nicht auf den Unfall zurückzuführen. Auf die Rückforderung des bis zum 20. Mai 2002 gewährten Verletztengeldes werde verzichtet.
Der Senat hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Carstens weiter Beweis erhoben. In seinem Gutachten vom 09.03.2006 hat der Sachverständige u. a. dargelegt, dass mehr dagegen als dafür spreche, dass die Klägerin sich bei dem Ereignis vom 20.01.2001 einen Riss der Rotatorenmanschette zugezogen habe. Ebenso sei die Entzündung des Schultergelenks nicht unfallbedingt. Auch nach Vorlage der Originalaufnahmen der Kernspintomographie vom 27.03.2001 hat der Sachverständige in seinen ergänzenden Stellungnahmen 05.10.2006 und 12.07.2007 an seiner Auffassung festgehalten.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG) ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 27.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2003, mit dem die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente auf Grund des Ereignisses vom 20.01.2001 abgelehnt hat. Der ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld ist nicht mehr Streitgegenstand, nachdem die Beklagte Verletztengeld bis zum 20.05.2002 gewährt und auf eine Rückforderung verzichtet hat.
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Grundvoraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente ist nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die Anspruch begründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben, was nach der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R und Urteil des BSG vom 30.01.2007 B 2 U 8/ 06 R). "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache i. S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihrer Krankengeschichte.
Das Unfallereignis erfüllt die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls (von außen auf den Körper einwirkendes schädigendes Ereignis, versicherte Tätigkeit, innerer Zusammenhang); dies hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid anerkannt. Als Unfallfolge besteht, wie die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, eine Prellung der rechten Schulter, die folgenlos abgeheilt ist.
Über die in dem angefochtenen Bescheid anerkannten Unfallfolgen hinaus liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die auf den Unfall zurückzuführen wären. Weder die Rotatorenmanschettenruptur noch die Entzündung der Gelenksschleimhaut kann als Folge des Unfalls anerkannt werden. Die in den vorgelegten Berichten vertretene Auffassung des Dr. Blersch und die von Privatdozent Dr. Thielemann in seinem Gutachten vorgenommene Beurteilung kann unter Berücksichtigung der vorliegenden Sachverständigengutachten, insbesondere derjenigen von Dr. Ludolph und Prof. Dr. Carstens nicht überzeugen. Prof. Dr. Carstens hat in seinem Sachverständigengutachten die Kriterien aufgezeigt, die für und gegen das Vorliegen eines durch ein Trauma ausgelösten Risses der Rotatorenmanschette sprechen. Selbst wenn, trotz erheblicher Zweifel, davon ausgegangen wird, dass das Unfallereignis generell geeignet gewesen ist, einen Riss der Rotatorenmanschette herbeizuführen, sprechen gewichtige Umstände dagegen. So haben die Röntgenaufnahmen am Unfalltag (von allen Sachverständigen unbestritten) degenerative Veränderungen im Bereich der rechtsseitigen Rotatorenmanschette, insbesondere im Ansatzbereich des Obergrätenmuskels in Form von Strukturauflockerungen des Knochens sowie in Form von Kalkeinlagerungen in dem Weichteilgewebe dokumentiert. Darüber hinaus sind deutliche degenerative Veränderungen im Schultereckgelenk und unter dem knöchernen Schulterdach zu erkennen. Die Kernspintomographie des rechten Schultergelenks vom 27.03.2001 hat diese Ergebnisse bestätigt. Im Gegenteil haben sich hieraus HinW. für eine frische oder stattgehabte knöcherne Verletzung nicht bestätigt. Auch ein Ödem in den Weichteilen als Hinweis für eine stattgehabte Weichteilverletzung ist nach Auffassung aller Sachverständigen nicht erkennbar. Die Kernspintomographie hat einen Riss der Rotatorenmanschette, einen Gelenkerguss und die Rückbildung (Atrophie) des musculus supraspinatus ergeben. Prof. Dr. Carstens weist weiter schlüssig darauf hin, dass die Kernspintomographie auch eine Einengung des Sehnengleitraumes unter dem knöchernen Schulterdach sowie Strukturauflockerungen im Ansatzbereich des Obergrätenmuskels ergeben hat, die er als Korrelat der degenerativen Veränderungen wertet. Damit sind einerseits erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenks mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhanden gewesen, nicht aber Anhaltspunkte für eine frische Verletzung. Weiter haben sowohl Prof. Dr. Carstens als auch Dr. Ludolph darauf hingewiesen, dass der Erstbefund und der weitere Verlauf gegen einen Riss der Rotatorenmanschette durch das Unfallereignis spricht. Der Sachverständige Prof. Dr. Carstens hat unter Verweis auf die sozialmedizinische Literatur dargelegt, dass das Vorliegen einer aktiven Bewegungsunfähigkeit (Pseudoparalyse) als wichtiges Indiz für das Vorliegen eines Rotatorenmanschettenrisses anzusehen ist. Dies ist vorliegend zu verneinen; in dem Durchgangsarztbericht des Dr. Poser vom 22.01.2001 ist insbesondere die Schulterbeweglichkeit überprüft worden. Die aktive und passive Beweglichkeit wird als rechts mühsam, ansonsten aber "o. B." dargestellt. Der "drop-arm-Test" ist als "negativ" bezeichnet worden. Aus den Berichten des Dr. S. ist zum weiteren Verlauf zu entnehmen, dass die aktive Beweglichkeit des rechten Armes nicht gravierend eingeschränkt gewesen ist. Anlässlich der Untersuchung vom 01.03.2001 wird eine Abspreizmöglichkeit im Bereich der rechten Schulter bis 90 Grad und bei der Untersuchung am 08.03.2001 eine Aduktion bis 130 Grad beschrieben. Schließlich ist die Aduktion bei der Untersuchung am 23.03.2001 um lediglich 10 Grad eingeschränkt gewesen. Prof. Dr. Carstens hat weiter darauf hingewiesen, dass sowohl die Tatsache, dass Dr. S. am 01.03.2001 einen serösen Erguss und nicht einen blutig tinguierten oder einen blutigen Erguss punktiert habe, als auch die Tatsache, dass die Kernspintomographie des rechten Schultergelenkes vom 27.03.2001 bereits acht Wochen nach dem Unfall eine Atrophie des Infraspinatusmuskels in Form einer erheblichen Verschmächtigung gezeigt hat, gegen eine unfallbedingte Verursachung spreche. Daraus folgern die Sachverständigen Dr. Ludolph und Privatdozent Dr. Thielemann für den Senat nachvollziehbar, dass der Riss des Infraspinatusmuskels bereits vor dem Unfall vorgelegen hat. Der Senat kommt nach Abwägung aller Umstände somit zu dem Ergebnis, dass der Riss der Rotatorenmanschette nicht wesentlich auf den Unfall zurückgeführt werden kann. Die von Privatdozent Dr. Thielemann vertretene Auffassung, dass durch den Sturz eine Erkrankung der Gelenksschleimhaut (Synovitis) ausgelöst worden sei, überzeugt nicht. Sowohl Prof. Dr. Carstens als auch Dr. Ludolph haben darauf hingewiesen, dass entgegen der Darstellung von Dr. Thielemann die Operation vom 03.01.2003 nicht wegen einer Entzündung der Gelenkinnenhaut, sondern wegen der "Kraftlosigkeit" erfolgt ist. Die unstreitig vorhanden gewesene Synovits hat sich auf der Grundlage der unfallunabhängig vorbestehenden degenerativen Veränderungen und nicht auf der Basis des streitgegenständlichen Unfalls entwickelt, sodass der Sachverständige Privatdozent Dr. Thielemann von einer unrichtigen Befundlage ausgegangen ist.
Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, weil ihre Erwerbsfähigkeit auf Grund der Unfallfolgen über die 26. Wochen nach dem Arbeitsunfall hinaus nicht eingeschränkt gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG.
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