L 3 AL 3574/07 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 1068/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3574/07 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 05. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit und die hierauf gestützte Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung der Beklagten.

Der 1976 geborene Kläger (zugleich Beschwerdeführer) ist türkischer Staatsangehöriger. Im Anschluss an eine von ihm selbst durch Kündigung zum 29.07.2004 beendete ca. dreijährige Beschäftigung bei Burger King Konstanz meldete er sich am 27.07.2004 arbeitslos und beantragte Alg, das ihm wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit ab 22.10.2004 mit einer (geminderten) Anspruchsdauer von 260 Tagen bewilligt wurde. Ab Januar 2005 belief sich der monatlich gezahlte Leistungssatz auf 555,30 Euro (kalendertäglich 18,51 Euro). Dieser Betrag wurde am 25.02.2005 für den Monat Februar an den Kläger überwiesen.

Unter dem 15.02.2005 wurde dem in Konstanz wohnhaften Kläger ein Stellenangebot als Küchenhilfe beim Kiosk am Yachthafen der Insel Reichenau unterbreitet, woraufhin es am 18.02.2005 zu einem Vorstellungsgespräch kam, das auf Seiten des Stellenanbieters von der Inhaberin des Kiosks und späteren Zeugin C. geführt wurde, deren Ehemann ebenfalls anwesend war. Ablauf und Inhalt des Vorstellungsgesprächs werden von den Gesprächspartnern unterschiedlich dargestellt. Der Kläger wurde nicht eingestellt, wobei die Zeugin Swierzy in ihrer Mitteilung an die Beklagte vom 23.02.2005 als Grund hierfür angab, dem Kläger sei der Arbeitsweg zu weit gewesen und er habe kein Interesse an einer Beschäftigung in der Küche gehabt.

Anlässlich der daraufhin erfolgten Anhörung bestritt der Kläger die Angaben der Zeugin. Er habe zwar kein Auto, wäre aber mit dem Bus zur Arbeit gekommen, woraufhin die Zeugin ihrerseits die Unvereinbarkeit der Busverbindung mit den Arbeitszeiten zur Sprache gebracht habe. Die fernmündlich gehörte Zeugin gab ergänzend an, der Kläger habe nur von seinem Beruf als Schlosser geschwärmt und sein Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass er wieder in der Küche arbeiten solle. Während des Vorstellungsgesprächs habe er dauernd den Busfahrplan gewälzt. Über Arbeitszeiten sei nicht gesprochen worden, da das Gespräch soweit gar nicht gekommen sei.

Mit Bescheid vom 16.03.2005 stellte die Beklagte das Ruhen des Leistungsanspruches wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit fest, hob die Leistungsbewilligung vom 19.02. bis 11.03.2005 auf und verlangte vom Kläger die Erstattung des vom 19.02. bis 28.02.2005 gezahlten Alg in Höhe von 222,12 Euro.

Der Widerspruch des Klägers, mit dem sowohl er als auch die schriftlich unter dem 04.04.2005 erneut gehörte Zeugin ihre gegensätzlichen Standpunkte weiter vertraten, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 21.04.2005).

Deswegen hat der Kläger am 03.05.2005 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben und zum Beweis dafür, dass das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht von ihm zu verantworten sei, die Vernehmung der Zeugin Swierzy beantragt.

Das Sozialgericht hat die Zeugin S., wie aus deren Schreiben vom 18.12.2005 ersichtlich, zunächst informatorisch gehört und schließlich im Termin vom 05.07.2007 in Anwesenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, wie aus der darüber gefertigten Niederschrift ersichtlich, als Zeugin vernommen.

Mit Urteil vom 05.07.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, der Kläger habe durch schlüssiges Verhalten der Zeugin Swierzy gegenüber mangelndes Interesse an der Arbeitsstelle signalisiert. Dass eine Arbeitsablehnung ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden kann, hat das Sozialgericht unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), konkret auf das Urteil vom 14.07.2004 - B 11 AL 67/03 R -, begründet. Insgesamt habe sich der Kläger nicht als interessierter Stellenbewerber dargestellt und dadurch seine Einstellung verhindert.

Das dem Kläger am 18.07.2007 zugestellte Urteil ist mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, dass dagegen die Berufung nur zulässig sei, wenn sie nachträglich zugelassen werde.

Mit seiner am 23.07.2007 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger zum einen, das Sozialgericht habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, indem es den bei dem Vorstellungsgespräch anwesenden Ehemann der Zeugin S. nicht ebenfalls vernommen habe. Zum anderen weiche das Sozialgericht von der Rechtsprechung des BSG, zuletzt mit Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 14/05 R -, insoweit ab, als es keine Feststellungen zur subjektiven Vorwerfbarkeit seines Verhaltens getroffen habe. Mit seiner Ausführung im Urteil, der Kläger habe sich vorsätzlich oder grob fahrlässig ungünstig bei dem Vorstellungsgespräch dargestellt, habe das Sozialgericht entgegen der ständigen Rechtsprechung des BSG weder einen subjektiven noch einen objektiven Verschuldensmaßstab angelegt.

Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Zunächst ist festzustellen, dass die Berufung der Zulassung bedarf, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes, der im konkreten Fall durch den Erstattungsbetrag in Höhe von 222,12 Euro und den auf den restlichen Aufhebungszeitraum vom 01.03. bis 11.03.2005 entfallenden Leistungsbetrag in Höhe von (18,51 Euro x 11 Kalendertage =) 203,61 Euro bestimmt wird, übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Geldleistungen maßgebenden Beschwerdewert von 500 Euro nicht.

Auf die somit nach § 145 SGG vom Kläger zutreffend erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wäre die Berufung allerdings nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abwiche und auf dieser Abweichung beruhte (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht würde und vorläge, auf dem die Entscheidung beruhen könnte (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor. Eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache ist nicht erkennbar und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) verletzt, indem es den bei dem Vorstellungsgespräch anwesenden Ehemann der Zeugin S. nicht ebenfalls vernommen habe, greift diese Rüge nicht durch. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang, ob sich das Sozialgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, die Ermittlungen insoweit auszudehnen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., § 103 Rn 5). Das ist nicht der Fall, denn das Sozialgericht hat seine Entscheidung erkennbar auf den persönlichen Eindruck gestützt, den der Kläger anlässlich des Einstellungsgesprächs bei seiner unmittelbaren und für die Entscheidung über eine Einstellung zuständigen Gesprächspartnerin, nämlich der Zeugin S. hervorgerufen hat. Die auf die Zeugin Swierzy beschränkte Vernehmung war von diesem Standpunkt aus geboten, aber auch ausreichend. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass der anwaltlich vertretene Kläger keinen erweiterten Beweisantrag gestellt hat, folglich auch nicht zu prüfen ist, ob das Sozialgericht einen solchen Antrag übergangen hat. Grundsätzlich gilt, dass ein anwaltlich vertretener Kläger nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrages gehört werden kann, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt bzw. aufrechterhalten hat (vgl. BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a VJ 5/06 B -).

Schließlich kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, das Sozialgericht sei bei seiner Entscheidung zum Verschuldensmaßstab von einer Entscheidung des BSG abgewichen. Eine Abweichung in diesem Sinne läge nämlich nur dann vor, wenn das Sozialgericht seinerseits einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hätte, der einer zum selben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegenstünde und dem Urteil tragend zugrunde läge (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 03.01.2006 - B 12 RA 12/05 B -). Schon daran fehlt es, zumal die vom Sozialgericht in diesem Zusammenhang gewählten Formulierungen, der Kläger habe durch vorwerfbares versicherungswidriges Verhalten die Einstellung vereitelt und insoweit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gehandelt, einer Deutung im Sinne der vom Kläger bezogenen Rechtsprechung des BSG durchaus zugänglich sind.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat somit keinen Erfolg und muss zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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