Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 1408/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3606/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) hat.
Der 1961 geborene Kläger war vom 05.07.2004 bis 15.09.2004 bei der Firma M. E. Bauunternehmung in G.-Ö. als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Schreiben vom 31.08.2004 kündigte der Arbeitgeber des Klägers das Beschäftigungsverhältnis zum 14.09.2004 mit der Begründung der Kläger habe am 27.08. und 31.08.2004 unentschuldigt gefehlt. Im sich hieran anschließenden Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (17 Ca 9868/04) schlossen die Parteien am 12.10.2004 einen Vergleich, mit dem außer Streit gestellte wurde, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund fristgerechter Kündigung des Arbeitgebers außerhalb der Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes mit Ablauf des 15.09.2004 geendet hat. Der Arbeitgeber des Klägers verpflichtete sich, dem Kläger für Juli 2004 1714,58 EUR brutto abzüglich 400 EUR netto und für August 2004 1865,08 EUR brutto abzüglich ebenfalls 400 EUR netto zu zahlen. Ferner verpflichtete sich die Firma M. E. Bauunternehmung, für die Zeit vom 01. bis 15.09.2004 9 Arbeitstage mit 745,92 EUR brutto abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Auszahlungsbetrag abzüglich auf Dritte übergegangener Anspruchsteile zu zahlen. Zusätzlich verpflichtete sie sich, für zwei Urlaubstage im September 212,62 EUR Urlaubsentgelt sowie 63,78 EUR brutto zusätzliches Urlaubsentgelt zu zahlen. Schließlich verpflichtete sich der Arbeitgeber des Klägers noch, diesem für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 400 EUR zu bezahlen.
Am 24.11.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten InsG und gab an er habe die sich aus dem Vergleich vom 12.10.2004 ergebenden rückständigen Lohnzahlungen bislang nicht erhalten. Seines Wissens habe der Inhaber der Firma, M. E., bereits am 30.10.2003 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Hierzu legte der Kläger insbesondere den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 05.07.2004, das Kündigungsschreiben vom 31.08.2004 und die Lohnabrechnungen für die Monate Juli und August 2004 vor. Die Firma M. E. Bauunternehmung teilte der Beklagten auf deren Anfrage hin am 01.12.2004 mit, die Betriebstätigkeit sei nicht eingestellt worden. Die Frage, ob die Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes mit Zahlungsunfähigkeit begründet worden sei, wurde verneint. Das noch vorhandene Vermögen bezifferte die Firma auf ca. 120.000 EUR und die gegen sie bestehenden Forderungen auf ca. 90.000 EUR. Mit Bescheid vom 03.12.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf InsG ab. Die hierfür erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen lägen nicht vor, da nicht nachgewiesen sei, dass der Arbeitgeber des Klägers überschuldet und zahlungsunfähig sei.
Dagegen legte der Kläger am 15.12.2004 Widerspruch ein und beantragte, das Verfahren ruhen zu lassen. Es sei abzuwarten, ob der Arbeitgeber im Rahmen des nunmehr eingeleiteten Vollstreckungsauftrages die Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes mit Zahlungsunfähigkeit begründen wird. Sollte dieser weiterhin eine nur vorübergehende Zahlungsunfähigkeit angeben, sei beabsichtigt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ein Insolvenzereignis liege nicht vor, so dass auch kein Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe.
Am 10.03.2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07.04.2005 aus Gründen der örtlichen Zuständigkeit an das Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwies. Der Kläger machte geltend, sein früherer Arbeitgeber sei zahlungsunfähig, da er die Löhne wiederholt, und nicht nur in seinem Fall, nicht bezahlt und nach Auskunft des Gerichtsvollziehers bereits am 30.10.2003 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Wenn dieser zahlungsfähig wäre, hätte der Gerichtsvollzieher sicherlich den ihm erteilten Zwangsvollstreckungsauftrag vom 07.12.2004 durchgeführt, und wegen der ausstehenden Forderungen vollstreckt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, es liege kein Insolvenzereignis vor. Nach den Angaben des Arbeitgebers vom 01.12.2004 bestehe keine Zahlungsunfähigkeit. Auch sei das Gewerbe nach der Mitteilung der Gemeinde Ö. vom 03.12.2004 nicht abgemeldet worden.
Das SG holte Auskünfte vom Bürgermeisteramt G., vom Amtsgericht Stuttgart und von der Firma M. E. ein. Das Bürgermeisteramt G. übersandte am 23.06.2005 die am 21.04.2005 zum 09.03.2005 wegen Todes des Firmeninhabers M. E. erfolgte Betriebsaufgabe sowie die am selben Tag mit Wirkung vom 10.03.2005 erfolgte Gewerbeanmeldung auf die Erben des früheren Firmeninhabers, C. und U. E ... Das Amtsgericht Stuttgart teilte am 24.06.2005 mit, es sei über das Vermögen der Firma M. E. bislang kein Insolvenzverfahren eröffnet bzw. kein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen worden. Die jetzigen Betriebsinhaber C. und U. E. teilten dem SG mit, von dem Anfangs offenen Betrag in Höhe von 3264,04 EUR zuzüglich Zinsen habe der Kläger aufgrund einer Ratenzahlungsvereinbarung (400 EUR pro Monat) durch in der Zeit von Mai 2005 bis Januar 2006 erfolgte Zahlungen auf das Konto der Rechtsanwälte des Klägers 2800 EUR erhalten.
Mit Urteil vom 18.05.2006 wies das SG die Klage ab. Mangels Eintritts eines Insolvenzereignisses habe der Kläger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld. Insbesondere habe zum Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers am 15.11.2004 auch keine Einstellung der Betriebstätigkeit vorgelegen. Ob in dem kraft Erbfolge am 10.03.2005 eingetretenen Inhaberwechsel eine Beendigung der Betriebstätigkeit zu sehen sei, könne dahingestellt bleiben, da Insolvenzgeld nur nach Eintritt des Insolvenzereignisses beantragt werden könne, der Antrag hier aber schon mehr als fünf Monate vor dem möglicherweise als Insolvenzereignis zu beurteilenden Inhaberwechsel gestellt worden sei.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.06.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2006 Berufung eingelegt, mit der er weiterhin Insolvenzgeld geltend macht. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt vor, aufgrund des zwischenzeitlich nachgezahlten Lohnes belaufe sich seine derzeitige Forderung noch auf 1754,21 EUR. Er macht zudem geltend, dass Insolvenzgeld seiner Rechtsansicht nach bereits vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses beantragt werden könne. Eine erneute Antragstellung bei Eintritt des Insolvenzereignisses sei nicht erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. Mai 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 03. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 05.07.2004 bis 15.09.2004 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen werden könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte und dass diese Möglichkeit nach dem Inhalt der vorliegenden Akten in Betracht komme. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Akten erster und zweiter Instanz sowie die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf InsG.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 183 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) idF des Art 1 Nr. 54a des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 10.12.2001 (BGBl I S. 3443). Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei
1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt,
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. InsG ist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen.
Die sich aus § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III ergebenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf InsG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Auch der Senat verneint - wie bereits die Beklagte und das SG - ein Insolvenzereignis. Ein Insolvenzereignis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB III scheidet von vornherein aus, da weder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers des Klägers eröffnet noch ein Antrag auf Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist. Etwas anderes macht auch der Kläger nicht geltend. Aber auch ein Insolvenzereignis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III liegt nicht vor. Hierfür ist eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland erforderlich und dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Zwar setzt diese Regelung die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit nur durch den konkreten Arbeitgeber voraus, so dass auch bei einem Inhaberwechsel durch Erbfall (§ 1922 BGB) eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift angenommen werden kann (Krodel in Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007 § 183 Rz 42). Das hätte zur Folge, dass durch den Tod des bisherigen Firmeninhabers M. E. am 09.03.2005 eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit eingetreten ist. Die eine der beiden weiteren Voraussetzungen des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, nämlich dass ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, ist jedoch zweifelsfrei nicht erfüllt. Dies ergibt sich schon daraus, dass kurz nach dem Tod des bisherigen Firmeninhabers am 09.03.2005 und damit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Sinne der genannten Vorschrift sechs Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 2800 EUR an den Kläger erfolgt sind. Am 11.04.2006 erhielt der Kläger eine weitere Zahlung in Höhe von 400 EUR. Die Feststellung einer offensichtlichen Masselosigkeit ist mit diesen Ratenzahlungen schlechterdings nicht vereinbar. Die Masselosigkeit muss auch vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit eintreten, so dass spätere Masselosigkeit unerheblich ist (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 10.05.2007 - L 4 AL 140/06 -).
Im Übrigen hat der Kläger auch nicht - wie gemäß § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III erforderlich - einen Insolvenzgeldantrag innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem als Insolvenzereignis in Betracht kommenden Tod des früheren Betriebsinhabers am 09.03.2005 gestellt. Auf den bereits am 24.11.2004 gestellten Insolvenzgeldantrag kann sich der Kläger nicht berufen. Dem Insolvenzereignis vorhergehende Anträge können nur dann als wirksam angesehen werden, wenn der Eintritt des Insolvenzereignisses bereits bekannt oder vorhersehbar ist (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 28.11.2006 - L 12 AL 28/05 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) hat.
Der 1961 geborene Kläger war vom 05.07.2004 bis 15.09.2004 bei der Firma M. E. Bauunternehmung in G.-Ö. als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Schreiben vom 31.08.2004 kündigte der Arbeitgeber des Klägers das Beschäftigungsverhältnis zum 14.09.2004 mit der Begründung der Kläger habe am 27.08. und 31.08.2004 unentschuldigt gefehlt. Im sich hieran anschließenden Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (17 Ca 9868/04) schlossen die Parteien am 12.10.2004 einen Vergleich, mit dem außer Streit gestellte wurde, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund fristgerechter Kündigung des Arbeitgebers außerhalb der Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes mit Ablauf des 15.09.2004 geendet hat. Der Arbeitgeber des Klägers verpflichtete sich, dem Kläger für Juli 2004 1714,58 EUR brutto abzüglich 400 EUR netto und für August 2004 1865,08 EUR brutto abzüglich ebenfalls 400 EUR netto zu zahlen. Ferner verpflichtete sich die Firma M. E. Bauunternehmung, für die Zeit vom 01. bis 15.09.2004 9 Arbeitstage mit 745,92 EUR brutto abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Auszahlungsbetrag abzüglich auf Dritte übergegangener Anspruchsteile zu zahlen. Zusätzlich verpflichtete sie sich, für zwei Urlaubstage im September 212,62 EUR Urlaubsentgelt sowie 63,78 EUR brutto zusätzliches Urlaubsentgelt zu zahlen. Schließlich verpflichtete sich der Arbeitgeber des Klägers noch, diesem für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 400 EUR zu bezahlen.
Am 24.11.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten InsG und gab an er habe die sich aus dem Vergleich vom 12.10.2004 ergebenden rückständigen Lohnzahlungen bislang nicht erhalten. Seines Wissens habe der Inhaber der Firma, M. E., bereits am 30.10.2003 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Hierzu legte der Kläger insbesondere den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 05.07.2004, das Kündigungsschreiben vom 31.08.2004 und die Lohnabrechnungen für die Monate Juli und August 2004 vor. Die Firma M. E. Bauunternehmung teilte der Beklagten auf deren Anfrage hin am 01.12.2004 mit, die Betriebstätigkeit sei nicht eingestellt worden. Die Frage, ob die Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes mit Zahlungsunfähigkeit begründet worden sei, wurde verneint. Das noch vorhandene Vermögen bezifferte die Firma auf ca. 120.000 EUR und die gegen sie bestehenden Forderungen auf ca. 90.000 EUR. Mit Bescheid vom 03.12.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf InsG ab. Die hierfür erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen lägen nicht vor, da nicht nachgewiesen sei, dass der Arbeitgeber des Klägers überschuldet und zahlungsunfähig sei.
Dagegen legte der Kläger am 15.12.2004 Widerspruch ein und beantragte, das Verfahren ruhen zu lassen. Es sei abzuwarten, ob der Arbeitgeber im Rahmen des nunmehr eingeleiteten Vollstreckungsauftrages die Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes mit Zahlungsunfähigkeit begründen wird. Sollte dieser weiterhin eine nur vorübergehende Zahlungsunfähigkeit angeben, sei beabsichtigt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ein Insolvenzereignis liege nicht vor, so dass auch kein Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe.
Am 10.03.2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07.04.2005 aus Gründen der örtlichen Zuständigkeit an das Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwies. Der Kläger machte geltend, sein früherer Arbeitgeber sei zahlungsunfähig, da er die Löhne wiederholt, und nicht nur in seinem Fall, nicht bezahlt und nach Auskunft des Gerichtsvollziehers bereits am 30.10.2003 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Wenn dieser zahlungsfähig wäre, hätte der Gerichtsvollzieher sicherlich den ihm erteilten Zwangsvollstreckungsauftrag vom 07.12.2004 durchgeführt, und wegen der ausstehenden Forderungen vollstreckt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, es liege kein Insolvenzereignis vor. Nach den Angaben des Arbeitgebers vom 01.12.2004 bestehe keine Zahlungsunfähigkeit. Auch sei das Gewerbe nach der Mitteilung der Gemeinde Ö. vom 03.12.2004 nicht abgemeldet worden.
Das SG holte Auskünfte vom Bürgermeisteramt G., vom Amtsgericht Stuttgart und von der Firma M. E. ein. Das Bürgermeisteramt G. übersandte am 23.06.2005 die am 21.04.2005 zum 09.03.2005 wegen Todes des Firmeninhabers M. E. erfolgte Betriebsaufgabe sowie die am selben Tag mit Wirkung vom 10.03.2005 erfolgte Gewerbeanmeldung auf die Erben des früheren Firmeninhabers, C. und U. E ... Das Amtsgericht Stuttgart teilte am 24.06.2005 mit, es sei über das Vermögen der Firma M. E. bislang kein Insolvenzverfahren eröffnet bzw. kein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen worden. Die jetzigen Betriebsinhaber C. und U. E. teilten dem SG mit, von dem Anfangs offenen Betrag in Höhe von 3264,04 EUR zuzüglich Zinsen habe der Kläger aufgrund einer Ratenzahlungsvereinbarung (400 EUR pro Monat) durch in der Zeit von Mai 2005 bis Januar 2006 erfolgte Zahlungen auf das Konto der Rechtsanwälte des Klägers 2800 EUR erhalten.
Mit Urteil vom 18.05.2006 wies das SG die Klage ab. Mangels Eintritts eines Insolvenzereignisses habe der Kläger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld. Insbesondere habe zum Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers am 15.11.2004 auch keine Einstellung der Betriebstätigkeit vorgelegen. Ob in dem kraft Erbfolge am 10.03.2005 eingetretenen Inhaberwechsel eine Beendigung der Betriebstätigkeit zu sehen sei, könne dahingestellt bleiben, da Insolvenzgeld nur nach Eintritt des Insolvenzereignisses beantragt werden könne, der Antrag hier aber schon mehr als fünf Monate vor dem möglicherweise als Insolvenzereignis zu beurteilenden Inhaberwechsel gestellt worden sei.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.06.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2006 Berufung eingelegt, mit der er weiterhin Insolvenzgeld geltend macht. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt vor, aufgrund des zwischenzeitlich nachgezahlten Lohnes belaufe sich seine derzeitige Forderung noch auf 1754,21 EUR. Er macht zudem geltend, dass Insolvenzgeld seiner Rechtsansicht nach bereits vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses beantragt werden könne. Eine erneute Antragstellung bei Eintritt des Insolvenzereignisses sei nicht erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. Mai 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 03. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 05.07.2004 bis 15.09.2004 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen werden könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte und dass diese Möglichkeit nach dem Inhalt der vorliegenden Akten in Betracht komme. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Akten erster und zweiter Instanz sowie die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf InsG.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 183 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) idF des Art 1 Nr. 54a des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 10.12.2001 (BGBl I S. 3443). Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei
1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt,
(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. InsG ist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen.
Die sich aus § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III ergebenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf InsG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Auch der Senat verneint - wie bereits die Beklagte und das SG - ein Insolvenzereignis. Ein Insolvenzereignis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB III scheidet von vornherein aus, da weder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers des Klägers eröffnet noch ein Antrag auf Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist. Etwas anderes macht auch der Kläger nicht geltend. Aber auch ein Insolvenzereignis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III liegt nicht vor. Hierfür ist eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland erforderlich und dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Zwar setzt diese Regelung die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit nur durch den konkreten Arbeitgeber voraus, so dass auch bei einem Inhaberwechsel durch Erbfall (§ 1922 BGB) eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift angenommen werden kann (Krodel in Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007 § 183 Rz 42). Das hätte zur Folge, dass durch den Tod des bisherigen Firmeninhabers M. E. am 09.03.2005 eine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit eingetreten ist. Die eine der beiden weiteren Voraussetzungen des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, nämlich dass ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, ist jedoch zweifelsfrei nicht erfüllt. Dies ergibt sich schon daraus, dass kurz nach dem Tod des bisherigen Firmeninhabers am 09.03.2005 und damit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Sinne der genannten Vorschrift sechs Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 2800 EUR an den Kläger erfolgt sind. Am 11.04.2006 erhielt der Kläger eine weitere Zahlung in Höhe von 400 EUR. Die Feststellung einer offensichtlichen Masselosigkeit ist mit diesen Ratenzahlungen schlechterdings nicht vereinbar. Die Masselosigkeit muss auch vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit eintreten, so dass spätere Masselosigkeit unerheblich ist (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 10.05.2007 - L 4 AL 140/06 -).
Im Übrigen hat der Kläger auch nicht - wie gemäß § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III erforderlich - einen Insolvenzgeldantrag innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem als Insolvenzereignis in Betracht kommenden Tod des früheren Betriebsinhabers am 09.03.2005 gestellt. Auf den bereits am 24.11.2004 gestellten Insolvenzgeldantrag kann sich der Kläger nicht berufen. Dem Insolvenzereignis vorhergehende Anträge können nur dann als wirksam angesehen werden, wenn der Eintritt des Insolvenzereignisses bereits bekannt oder vorhersehbar ist (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 28.11.2006 - L 12 AL 28/05 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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