L 12 U 3577/07 KO-A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 U 3577/07 KO-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung für die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 27.06.2007 wird auf 285,60 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

In dem beim Landessozialgericht anhängig gewesenen Berufungsverfahren L 10 U 619/07 ging es um die Entschädigung für einen Arbeitsunfall.

Im Mai 2007 ist der Antragsteller, der mit dem Land Baden-Württemberg eine Honorarvereinbarung nach § 14 JVEG abgeschlossen hat, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage zu seinem für die erste Gerichtsinstanz erstellten Gutachten vom 19.09.2006 gebeten worden. Unter dem Datum des 27.06.2007 hat er seine 8-seitige ergänzende Stellungnahme vorgelegt, für die er eine Vergütung nach der Honorarvereinbarung in Höhe von 511,70 EUR geltend gemacht hat (Gutachten nach der Honorargruppe M 2 zu 430,00 EUR zuzüglich 19 % USt).

Der Kostenbeamte vertrat hierzu gegenüber dem Antragsteller die Auffassung, dass kein Gutachten im Sinne der Honorarvereinbarung, sondern eine ergänzende Stellungnahme vorliege, weshalb die Abrechnung der Leistung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu erfolgen habe. Insofern bat der Kostenbeamte um Vorlage einer neuen Rechnung nach Zeitaufwand.

Der Antragsteller blieb bei seiner Rechtsauffassung und beantragte deswegen die richterliche Festsetzung. Ergänzend teilte er mit, dass sein Zeitaufwand 4 Stunden betragen habe (1,5 Stunden erneutes Studium der Aktenlage, 1,5 Stunden Ausarbeitung der Stellungnahme und 1 Stunde Korrektur).

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten JVEG Anwendung, weil der Gutachtensauftrag nach dem 30.6.2004 an den Antragsteller erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG).

Vorliegend entscheidet der Senat, weil der Einzelrichter ihm die Sache nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG übertragen hat.

Auszugehen ist für die Vergütung grundsätzlich von der gemäß § 14 JVEG geschlossenen Kostenvereinbarung vom 09.01.2006, welche mit pauschalen Vergütungsgruppen auf die drei gesetzlichen Honorargruppen des JVEG, M 1 bis M 3, Bezug nimmt. Bei der Anwendung der Kostenvereinbarung ist indes zu berücksichtigen, dass durchgängig in der Honorarvereinbarung von "Gutachten" und an keiner Stelle die Rede von ergänzenden gutachterlichen Stellungnahmen die Rede ist.

Es kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Parteien der Vereinbarung auch ergänzende Stellungnahmen mit der Vereinbarung erfassen wollten. Zwar wäre insofern ein redaktionelles Versehen denkbar, da Gutachten in der Praxis der Regelfall und ergänzende gutachterliche Stellungnahmen demgegenüber wesentlich seltener sind. Auch soll die Honorarvereinbarung regelmäßig der Verwaltungsvereinfachung dienen und zeitaufwändige Auseinandersetzungen um die Höhe der Vergütung vermeiden helfen, was auf ergänzende gutachterliche Stellungnahmen ebenso zutrifft wie auf Gutachten. Schließlich erlaubt § 14 JVEG ausdrücklich auch eine "Vergütung"sregelung und nicht nur eine Regelung der Vergütung von Gutachten.

Diesen Gesichtspunkten ist indes entgegen zu halten, dass es nicht vom Willen der Parteien der Honorarvereinbarung umfasst gewesen sein kann, auch nur sehr kurze ergänzende gutachterliche Stellungnahmen erneut wie ein vollständiges Gutachten zu entschädigen. Dies würde in Fällen, in denen die ergänzende Stellungnahme sich auf nur eine oder zwei Seiten beschränkt, zu einer deutlich zu hohen Vergütung führen. Eine Vergütung, die in dieser Form dann sogar über den üblichen Sätzen des JVEG läge, dürfte aber nach der gesetzlichen Regelung in § 14 JVEG nicht in einer Honorarvereinbarung beschlossen werden (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl. 2007, Rz. 14.4).

Zwar ist einzuräumen, dass der Antragsteller vorliegend einen höheren Aufwand hatte und immerhin einen mehrstündigen Arbeitsaufwand erbringen musste. Die Honorarvereinbarung ist aber aufgrund des vorgenannten Gesichtspunktes erkennbar nicht darauf angelegt, ergänzende gutachterliche Stellungnahmen, die regelmäßig deutlich kürzer und weniger aufwändig sind als ein Gutachten, in gleicher Höhe wie ein Gutachten zu entschädigen.

Danach verbleibt in solchen Fällen nur noch die Vergütung der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme nach den allgemeinen Regelungen des JVEG.

Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 50, 60 oder 85 EUR, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist.

Die kostenrechtliche Prüfung gestaltet sich nach dem dem Antragsteller bekannten Beschluss des erkennenden Senats vom 05.04.2005 - L 12 SB 795/05 KO-A - so, dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines "Routinegutachtens" zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und ggf. vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige die Kostenrechnung unter Mitteilung seines tatsächlichen Zeitaufwandes entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Hinweisblatt mitgeteilt worden sind.

Vorliegend ist auch nach Auffassung des Antragstellers nach seinem ergänzenden Schriftsatz vom 14.11.2007 von der Honorargruppe M 2 auszugehen. Die insoweit vom Antragsteller geltend gemachten 4 Arbeitsstunden sind angesichts der erbrachten Arbeitsleistung und der Berücksichtigung der Besonderheit, dass ein erneutes Aktenstudium erforderlich geworden ist, ohne weiteres mit der oben genannten Rechtsprechung des Kostensenats vereinbar.

Die Vergütung beträgt daher 240 EUR zuzüglich der Umsatzsteuer.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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