L 5 KR 4871/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2238/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4871/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin Nr. 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 11.9.2007 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers Nr. 2 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anforderung von Beiträgen zur Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Nachdem die 1957 geborene Antragstellerin Nr. 1 den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern übernommen hatte (Übergabevertrag vom 30.11.2001) stellten die Antragsgegnerinnen mit Bescheid vom 11.4.2002 die Versicherungspflicht der Antragstellerin Nr. 1 zur Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse fest. Zuvor war die Antragstellerin Nr. 1 bis 14.3.2002 als Bezieherin von Arbeitslosengeld bei der AOK Baden-Württemberg kranken- bzw. pflegeversichert. Ab 30.1.2006 erhielt sie Arbeitslosengeld II; deswegen bestand bei der "neue bkk" ein Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis (Verwaltungsakte II S. 168). Mit Bescheid vom 8.11.2007 haben die Antragsgegnerinnen (erneut) Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse festgestellt (Senatsakte S. 10).

Im Gefolge von Auseinandersetzungen mit den Trägern der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung legte die Antragstellerin Nr. 1 eine am 28.8.2005 unterschriebene Erklärung des Antragstellers Nr. 2, eines selbständigen Handelsvertreters, vor, wonach der landwirtschaftliche Betrieb ab 1.9.2005 bis voraussichtlich 31.12.2010 an diesen verpachtet sei (SG-Akte S 2 KR 2173/07 S. 5). Mit Bescheid vom 14.9.2005 stellten die Antragsgegnerinnen daraufhin das Ende der Mitgliedschaft der Antragstellerin Nr. 1 in der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse zum 31.8.2005 fest.

In der Niederschrift über eine Betriebsbesichtigung vom 17.10.2006 (Verwaltungsakte II S. 147) ist (u.a.) ausgeführt, das Unternehmen werde nach Aussage der Mutter der Antragstellerin Nr. 1 von dieser geführt. In der Obstanlage seien beide Antragsteller angetroffen worden. Der Antragsteller Nr. 2 habe auf Nachfrage nicht einmal mitteilen können, welche Apfelsorten er anbaue bzw. gerade ernte. Auch Angaben zu Tafel- bzw. Mostäpfeln oder deren Verarbeitung und zum Pflanzenschutz seien ihm nicht möglich gewesen. Er habe jeweils die Antragstellerin Nr. 1, die allein über das notwendige Fachwissen verfüge, gefragt, die ihm all das sodann erklärt habe. Man habe sodann die WLZ in A. aufgesucht, wo die geernteten Mostäpfel abgeliefert würden. Dort werde nur die Antragstellerin Nr. 1 als Ablieferin geführt, der Antragsteller Nr. 2 sei unbekannt. Auch Fördermittelanträge würden von der Antragstellerin Nr. 1 gestellt. Unter dem 20.3.2007 teilte das Finanzamt F. ergänzend mit, laut Einkommensteuerbescheid 2005 würden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Antragstellerin Nr. 1 zugerechnet. Eine Betriebsverpachtung seit 1.9.2005 an den Antragsteller Nr. 2 sei nicht bekannt (Verwaltungsakte II S. 169).

Mit Bescheid vom 25.4.2007 (Verwaltungsakte II S. 175) stellten die Antragsgegnerinnen die Kranken- und Pflegeversicherungspflicht der Antragstellerin Nr. 1 als landwirtschaftliche Unternehmerin während der Zeit vom 1.9.2005 bis 29.1.2006 fest. Die Beitragsforderung betrage 1.379,51 EUR.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs verwies die Antragstellerin Nr. 1 auf einen "einwandfreien Pachtvertrag nach den Richtlinien des BGB", der zu akzeptieren sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2007 (Verwaltungsakte II S. 185) wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Unbeschadet der Erklärung des Antragstellers Nr. 2 sei die Antragstellerin Nr. 1 nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse als landwirtschaftliche Unternehmerin anzusehen. Daher werde der Bescheid vom 14.9.2005 über das Ende der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes (SGB X) wegen (zumindest) grob fahrlässig falscher Angaben der Antragstellerin Nr. 1 zurückgenommen.

Am 3.8.2007 haben die Antragsteller Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben (Verfahren S 2 KR 2173/07), über die noch nicht entschieden ist. Außerdem suchte die Antragstellerin Nr. 1 am 10.8.2007 um vorläufigen Rechtsschutz nach; wegen des mit dem Antragsteller Nr. 2 abgeschlossenen Pachtvertrags schulde sie keine Beiträge.

Mit Beschluss vom 11.9.2007 wies das Sozialgericht den Antrag zurück. Zur Begründung führte es aus, der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz sei gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 25.4.2007 (Widerspruchsbescheid vom 4.7.2007) habe - neben der Rücknahme des Bescheids vom 14.8.2005 über das Ende der Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung - auch die Anforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.9.2005 bis 29.1.2006 zum Gegenstand, weshalb die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage entfalle (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Bescheides (§ 86a Abs. 3 Satz 2 SGG) bestünden nicht. Die Antragstellerin Nr. 1 habe die Tätigkeit als landwirtschaftliche Unternehmerin aller Voraussicht nach nie beendet. Maßgeblich hierfür seien die tatsächlichen Verhältnisse, weshalb es auf die rechtliche Bewertung der vom Antragssteller Nr. 2 am 28.8.2005 unterschriebenen Erklärung nicht ankomme. Die Erkenntnisse aus dem Betriebsbesuch vom 17.10.2006 beträfen zwar überwiegend nicht den hier streitigen Zeitraum, seien aber dennoch aussagekräftig. Außerdem sei die Antragstellerin Nr. 1 gegenüber Behörden und Kunden (durchweg) als landwirtschaftliche Unternehmerin aufgetreten, während der Antragsteller Nr. 2 offensichtlich über keinerlei Kenntnisse oder Berufserfahrung in der Landwirtschaft verfüge. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, stichhaltige Einwendungen gegen die Beitragsberechnung nicht erhoben.

Gegen den der Antragstellerin Nr. 1 am 18.9.2007 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 10.10.2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abhalf (Beschluss vom 11.10.2007 ). Sie tragen vor, das Sozialgericht habe nur die Behauptungen und Vermutungen der Antragsgegnerinnen berücksichtigt, ihr Vorbringen hingegen nicht akzeptiert.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 11.9.2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 25.4.2007 (Widerspruchsbescheid vom 4.7.2007) anzuordnen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerinnen, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers Nr. 2 ist als unzulässig zu verwerfen (§ 202 SGG i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Beschluss des Sozialgerichts richtet sich allein an die Antragstellerin Nr. 1, weshalb der Antragsteller nicht berechtigt ist, gegen diesen Beschluss Rechtsmittel einzulegen (Meyer-Ladewig, SGG Vor § 143 Rdnr. 4); er ist durch diesen Beschluss nicht beschwert. Die Beschwerde der Antragstellerin Nr. 1 ist gem. §§ 172 ff. SGG statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller ändert nichts. Auch nach Auffassung des Senats wird sich der mit der Klage angefochtene Bescheid der Antragsgegnerinnen aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen, sodass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen ist. Das Sozialgericht hat seine Entscheidung keineswegs nur auf Behauptungen oder Vermutungen, sondern auf die in den Verwaltungsakten im Einzelnen dokumentierten Erkenntnisse gestützt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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