L 13 AL 2146/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 323/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2146/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 25. Juli 2005 bis zum 30. November 2005 hat.

Die am 1980 geborene Klägerin stand vom 17. Juni 2002 bis 25. Juli 2003 in einem versicherungspflichtigen Ausbildungsverhältnis als Damenschneiderin. Danach besuchte sie in der Zeit vom 18. August 2003 bis zum 22. Juli 2005 die Staatliche M.schule Stuttgart, Fachschule für Entwurfsdirektricen. Die Ausbildung endete am 22. Juli 2005 (letzter Schultag und Zeugnisausgabe).

Die Klägerin meldete sich bereits am 21. April 2005 persönlich bei der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt und gab die Anschrift Weißensteiner Str. 1l b in 70327 Stuttgart an. Sie teilte mit, sie besuche bis voraussichtlich 22. Juli 2003 noch die Schule. Mit ihrer Unterschrift versicherte sie, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Klägerin war bis zum 1. Juli.2005 in der Weißensteiner Str. 11 b in Stuttgart und danach mit alleinigem Hauptwohnsitz wieder auf der Insel Rei. bei ihren Eltern gemeldet. Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 wurde die Klägerin von der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt zu einem Gespräch am 25. Juli 2005 eingeladen. Am 25. Juli 2005 um 9.20 Uhr rief ihr Vater bei der Agentur für Arbeit Stuttgart an und teilte der Mitarbeiterin Frau Hofhansel mit, dass die Klägerin zum 1. Juli 2005 auf die Insel Rei. verzogen sei. Diese wies auf das Erfordernis einer sofortigen Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit hin.

Am 2. August 2005 meldete sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit Konstanz arbeitslos. Mit Bescheid der Agentur für Arbeit Konstanz vom 9. September 2005 wurde der Antrag auf Arbeitslosengeld abgelehnt, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist von 3 Jahren vor dem 2. August 2005 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 2005 Widerspruch ein und führte aus, es sei nicht richtig, dass sie innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtigverhältnis gestanden habe, da sie vom 17. Juni 2002 bis 25. Juli 2003 eine Ausbildung als Damenschneiderin absolviert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2005 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid der Agentur für Arbeit Konstanz zurückgewiesen. Die Beklagte führte aus, die Rahmenfrist umfasse die Zeit vom 2. August 2002 bis 1. August 2005. In dieser Zeit seien nur 355 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis zurückgelegt worden. Die Rahmenfrist sei daher nicht erfüllt.

Mit Bescheid vom 9. September 2005 lehnte die Arbeitsagentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Es wurde ausgeführt, die Klägerin sei am 2. Juli 2005 umgezogen. Die Änderung der Anschrift habe sie nicht mitgeteilt. Sie sei somit vom 2. Juli 2005 bis 8. September 2005 nicht erreichbar und infolge dessen auch nicht verfügbar und somit nicht arbeitslos gewesen. Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 2005 Widerspruch ein. Sie gab an, am 25. Juli 2005 habe ihr Vater telefonisch Frau H. mitgeteilt, dass sie den Termin vom 25. Juli 2005 wegen ihres Umzugs nicht wahrnehmen könne. Frau H. habe versprochen, das Telefongespräch zu vermerken und an die entsprechende Stelle weiterzuleiten. Sie habe sich bis 25. Juli 2005 wegen ihrer Abschlussprüfung an der M.schule noch ständig in Stuttgart aufgehalten. Sie habe sich jedoch kurz vor Beginn der Prüfungsphase unter schwierigen Bedingungen von ihrem Lebensgefährten, mit dem sie die Wohnung in der Weißensteiner Str. 11 b in Stuttgart bewohnt habe, getrennt. Um Nachstellungen des Freundes zu entgehen, die sie insbesondere in der Prüfungsphase sehr belastet hätten, habe sie die gemeinsame Wohnung verlassen und sei bis nach Abschluss der Prüfung in ein Zimmer bei den Eltern ihrer Freundin in 7 D., Sch. 13 gezogen. Daher seien die meisten Möbel bereits am 2. Juli 2005 auf die Insel Rei. verbracht worden. Der tatsächliche Umzug habe allerdings erst am 25. Juli 2005 stattgefunden. Bis dahin habe sie bei ihrer Freundin gewohnt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt vom 11. Januar 2006 zurückgewiesen. Die Beklagte führte aus, die Klägerin habe ihre neue Anschrift in 73779 Deizisau nicht mitgeteilt. Dies habe zur Folge, dass sie ab 23. Juli 2005 von der Beklagten nicht persönlich an jedem Werktag an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort unter der von ihr benannten Anschrift in der Weißensteiner Straße in Stuttgart durch Briefpost habe erreicht werden können. Dass die Briefpost, von ihrem ehemaligen Freund und Lebensgefährten in Empfang genommen und unverzüglich an die Klägerin weitergegeben worden sei, ändere nichts daran, dass die Klägerin den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit im streitigen Zeitraum wegen fehlender Erreichbarkeit nicht zur Verfügung gestanden habe.

Die Klägerin hat am 11. November 2005 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) gegen den Bescheid der Agentur für Arbeit Konstanz erhoben. Gegen den Bescheid der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt hat die Klägerin am 9. Februar 2006 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 10. Januar 2007 wurden die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zur Begründung ihrer Klagen hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr Vater am 25. Juli 2005 ihre neue Anschrift mitgeteilt habe. Sie ist der Ansicht, Arbeitslosengeld stehe ihr in der Zeit vom 23. Juli 2005 bis 30. November 2005 zu. Die Sachbearbeiterin und ihr Vater seien sich darüber einig gewesen, dass sie sich bei der Agentur für Arbeit Konstanz melden solle. Sie habe dann nochmals der Form halber am 2. August 2005 einen Antrag auf Arbeitslosengeld in Konstanz gestellt. Richtig sei, dass sie bei Eintritt der Arbeitslosigkeit am 23. Juli 2005 nicht unter der Anschrift Weißensteiner Str. 11 b in Stuttgart, sondern unter der Anschrift Sch 13 in D. gewohnt habe. Jedoch habe ihr Vater bereits am 25. Juli 2005 die neue Anschrift mitgeteilt. Dies sei ein Antrag gewesen, gem. § 327 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die Agentur für Arbeit Konstanz für zuständig zu erklären. Dem hätte die Beklagte unverzüglich nachkommen müssen. Selbst für den Fall, dass eine Meldung nach §§ 310, 327 Abs. 2 SGB III bei der nunmehr zuständigen Agentur für Arbeit in Konstanz erforderlich gewesen wäre, sei sie dem nachgekommen. Sie habe sich nämlich unverzüglich bereits am 2. August 2005 dort gemeldet. Die Rahmenfrist, innerhalb deren sie 360 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben müsse, beginne daher nicht am 2. August 2005, sondern am 23. Juli 2005. Daher sei die Rahmenfrist erfüllt. Die Beklagte ist den Klagen aus den Gründen ihrer Bescheide entgegengetreten.

Das SG hat die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 16. März 2007 abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt, dass sich die Klägerin am 21. April 2005 arbeitsuchend gemeldet habe. Arbeitslosigkeit sei trotz Beendigung der Schule am 23. Juli 2005 nicht eingetreten, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe, sie habe nämlich den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes nicht zeit- und ortsnah Folge leisten können. Die angegebene Anschrift in Stuttgart, Weißensteiner Straße sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zutreffend gewesen, da die Klägerin bereits in Deizisau gewohnt habe. Für die Erreichbarkeit sei es nicht ausreichend, dass ihr früherer Lebensgefährte die Post nachgereicht habe. Die Klägerin sei auch nicht ab dem 25. Juli 2005 arbeitslos gewesen. An diesem Tag habe der Vater der Klägerin die Arbeitsagentur Stuttgart-Bad Cannstatt zwar über den Wohnungswechsel informiert. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin jedoch gerade in den Bereich der Agentur für Arbeit Konstanz umgezogen und habe somit den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt weiterhin nicht zur Verfügung gestanden. Bei der Agentur für Arbeit Konstanz habe sich die Klägerin jedoch erst ab 2. August 2005 persönlich arbeitslos gemeldet. Die Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt habe die Klägerin ab dem 25. Juli 2005 nicht in Arbeit vermitteln können, da sie für diese nicht verfügbar war, denn sie habe der Arbeitsvermittlung nicht zeit- und ortsnah zur Verfügung gestanden. Die Agentur für Arbeit Konstanz habe die Klägerin vor dem 2. August 2005 ebenfalls nicht vermitteln können, da sie sich dort noch nicht arbeitslos gemeldet gehabt habe und diese keine Kenntnis von der Arbeitslosigkeit der Klägerin gehabt habe. Die Klägerin sei jedoch nach § 310 SGB III gehalten gewesen, sich bei einem Wechsel der zuständigen Arbeitsagentur unverzüglich bei der jetzt zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Zwar sei grundsätzlich die Unterlassung der unverzüglichen Meldung nicht mit einer Sanktion bedroht, jedoch sei dies ein Indiz für fehlende Verfügbarkeit. Erst nachdem sie sich am 2. August 2005 bei der Agentur für Arbeit in Konstanz arbeitslos gemeldet gehabt habe, habe sie der Arbeitsvermittlung zeit- und ortsnah zur Verfügung gestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch die Rahmenfrist nicht mit mindestens 360 Kalendertagen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgefüllt gewesen. Das Gespräch des Vaters mit Frau H. am 25. Juli 2005 könne nicht als Antrag gern. § 327 SGB III gewertet werden. Nicht geregelt sei der Fall, dass sich ein Versicherter wegen bevorstehender Arbeitslosigkeit schon vor deren Eintritt melde und einen Antrag stelle. In diesem Fall werde die Agentur für Arbeit zuständig, die voraussichtlich im Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit für den Wohnsitz des Arbeitslosen zuständig sei. Ändere sich allerdings der Wohnsitz vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, so werde die Agentur für Arbeit des neuen Wohnsitzes allein zuständig. Die Arbeitslosmeldung könne an sich zwar wirksam nur bei der zuständigen Agentur für Arbeit erfolgen (§ 122 Abs. 1 SGB III), die unzuständige Agentur sei aber verpflichtet, ihre Zuständigkeit zu prüfen und den Arbeitslosen an die zuständige Agentur für Arbeit zu verweisen. Versäume sie dies, löse sie unter Umständen einen Herstellungsanspruch aus. Dementsprechend werde in der Praxis der Beklagten auch die Meldung bei der unzuständigen Agentur für Arbeit als wirksam angesehen, wenn sie unverzüglich bei der zuständigen Agentur für Arbeit nachgeholt werde. Die Klägerin habe sich aber nicht unverzüglich bei der zuständigen Agentur für Arbeit in Konstanz arbeitslos gemeldet. Der Vater der Klägerin sei von Frau H. am 25. Juli 2005 auf das Erfordernis einer sofortigen Arbeitslosmeldung bei der Arbeitsagentur des neuen Wohnortes hingewiesen worden. Die Klägerin habe sich jedoch nicht unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern bei der Arbeitsagentur in Konstanz gemeldet. Sie habe sich ohne Angabe von Gründen hierfür mehr als eine Woche Zeit gelassen.

Gegen diesen der Klägerin am 20. März 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin, die vom 1. Dezember 2005 bis zum 14. März 2006 ein Praktikum in Paris gemacht hat und seit dem 15. März 2006 in der Firma H.B. arbeitet, am 20. April 2007 beim SG Berufung eingelegt. Sie macht geltend, sie habe sich bereits am 21. April 2005 bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Sie sei auch verfügbar gewesen sei, da sie auch die Einladung zum 25. Juli 2005 erhalten habe. Jedenfalls sei sie spätestens am 25. Juli 2005 wieder erreichbar gewesen. Sie habe den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit Stuttgart Bad Cannstatt auch von der Insel Rei. aus zur Verfügung gestanden. Bei der Meldevorschrift des § 310 SGB III handele es sich um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift. Die Aufforderung der Sachbearbeiterin, sie solle sich in Kostanz melden, sei keine Meldeaufforderung gewesen, sondern lediglich ein Hinweis auf die durch den Zuständigkeitswechsel erforderliche Meldung bei der zuständigen Agentur. Es sei auch kein Hinweis auf Sanktionen oder mögliche Nachteile einer nicht unverzüglichen Meldung bei der zuständigen Agentur erfolgt. Die Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt sei zudem selbst verpflichtet gewesen, die neue Anschrift der Klägerin der wohnortsnahen Dienststelle mitzuteilen.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. März 2007 und die Bescheide der Beklagten vom 9. September 2005 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Oktober 2005 und vom 11. Januar 2006 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 25. Juli 2005 bis zum 30. November 2005 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid sowie die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist auf ihre Ausführungen in den Widerspruchsverfahren. Ergänzend führt sie aus, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld am 23. Juli 2005 nicht habe entstehen können, weil der Aufenthalt in D. nicht gemeldet worden sei.

Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Auf deren Inhalt wird ebenso wie auf denjenigen der Klage- und Berufungsakten zur weiteren Darstellung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufung ist statthaft, da die Klägerin die erstinstanzliche Entscheidung mit der Berufung angreift, soweit die angefochtenen Bescheide nicht aufgehoben und die Beklagte nicht verurteilt worden ist, ihr Alg I für 127 Kalendertage und damit in Höhe von insgesamt 1.468,12 EUR zu zahlen, so dass die Beschwerdesumme des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG erreicht ist. Die Berufung ist auch im übrigen zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Nach § 118 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Arbeitnehmer, der arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat sich zwar am 21. April 2005 und am 2. August 2005 arbeitslos gemeldet. Insoweit kann offen bleiben, ob die Arbeitslosmeldung vom 21. April 2005 bei der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt wirksam war. Nach § 122 Abs. 1 SGB III hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zumelden. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten ist, der Eintritt aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist. Nach § 327 Abs. 1 SGB III ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk der Arbeitnehmer bei Eintritt des leistungsbegründenden Tatbestände seinen Wohnsitz oder, wenn er sich nicht an seinem Wohnsitz aufhält, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Wird für den Arbeitslosen nach der Arbeitslosmeldung eine andere Agentur für Arbeit zuständig, hat er sich bei der nunmehr zuständigen Agentur für Arbeit unverzüglich zu melden (§ 310 SGB III). Die Arbeitslosmeldung vom 21. April 2005 ist bei der - damals zuständigen - Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt erfolgt, obwohl der Eintritt der Arbeitslosigkeit erst am 23. Juli 2003 und damit nicht mehr innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten war. Es bedarf hier keiner Klärung, ob diese Meldung dennoch wirksam war oder ob die Klägerin im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als ob sie den Antrag innerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor dem voraussichtlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit gestellt hätte. Hierfür spricht zwar einiges, weil die Klägerin nicht darauf hingewiesen worden ist, dass innerhalb der drei Monatfrist erneut eine Arbeitslosmeldung erfolgen muss (vgl. zur Verschiebung der Arbeitslosmeldung auf einen späteren Zeitpunkt Hessisches LSG, Urteil vom 21. September 2007 - L 7/10 AL 185/04 -, veröffentlicht in Juris). Die Klägerin erfüllte aber die Anspruchsvoraussetzung "arbeitslos" nach § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III bis zum 1. August 2005 nicht, so dass bis dahin ein Anspruch auf Alg I nicht entstehen konnte. Am 2. August 2005 hat sich die Klägerin wirksam bei der zuständigen Agentur für Arbeit Konstanz arbeitslos gemeldet. Allerdings erfüllte sie die Anwartschaftszeit zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Was unter "arbeitslos" im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 119 Abs. 1 SGB III geregelt. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der 1.nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Arbeitslosigkeit setzt damit nicht nur Beschäftigungslosigkeit, sondern auch Verfügbarkeit voraus. Merkmal der Verfügbarkeit sind die Arbeitsfähigkeit und die ihr entsprechende Arbeitsbereitschaft des Arbeitslosen. Nach § 119 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung, wer 1.eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III wird bei Schülern oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Diese Vermutung ist im Falle der Klägerin nicht widerlegt, die in der Zeit vom 18. August 2003 bis zum 22. Juli 2005 die Staatliche M.schule Stuttgart, Fachschule für Entwurfsdirektricen im Vollzeitunterricht besucht hat. Die Klägerin war aber auch ab dem 23. Juli 2005 nicht verfügbar, weil sie nun den Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung nicht zeit- und ortsnah Folge leisten konnte. Diese Anspruchsvoraussetzung hat der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit durch autonome Satzung - Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können vom 23. Oktober 1997, zuletzt geändert durch Anordnung vom 16. November 2001 (EAO, ANBA 1997, 1685) -aufgrund der Ermächtigung des § 152 Nr. 2 SGB III näher geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO muss der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen, diese aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Trägern einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin ab dem 2. Juli bzw. 23. Juli 2005 schon deshalb nicht mehr, weil sie sich unter der der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt angegebenen Adresse weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt noch ihren Wohnsitz hatte und ihre neue Adresse in Deizisau bzw. auf der Insel Rei. nicht mitgeteilt hatte. Zudem muss der Arbeitslose auch im Hinblick auf die Möglichkeit seiner sofortigen Vermittelbarkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO eine Anschrift (Wohnung) benennen, unter der ihn die Briefpost unmittelbar, d.h. ohne Verzögerung und ohne Einschaltung Dritter, erreichen bzw. zugehen kann (vgl. auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 2. März 2000, B 7 AL 8/99 R, SozR 3-4300 § 103 Nr. 22). Das BSG hat bereits entschieden, dass sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) die Obliegenheit arbeitsloser Leistungsbezieher ergibt, der zuständigen Arbeitsagentur einen Wohnungswechsel persönlich und unverzüglich anzuzeigen, weshalb zum Beispiel selbst ein (rechtzeitiger) Postnachsendeantrag regelmäßig nicht genügt (BSG, Urteile vom 20. Juni 2001 - B 11 AL 10/01 R, veröffentlicht in Juris und vom 9. August 2001 - B 11 AL 17/01 R -, veröffentlicht in Juris). Lediglich bei über 58-jährigen bzw. nach § 428 Abs. 1 SGB III privilegierten Arbeitslosen hat das BSG insoweit eine Ausnahme angenommen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2005, B 7a/7 AL 98/04 R, veröffentlicht in Juris). Über den Wohnsitzwechsel und die neue Anschrift wurde die Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt erst am 25. Juli 2005 vom Vater der Klägerin informiert. Auch ab diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber nicht in der Lage, Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah unverzüglich Folge zu leisten, weil sie ihren Wohnsitz nicht mehr im Bezirk der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt hatte (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juni 2001 – B 11 AL 10/01 R -, veröffentlicht in Juris für einen Umzug von Lörrach nach Freiburg). Erst als sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit Konstanz gemeldet hat, war sie nicht nur beschäftigungslos, sondern auch verfügbar. Mit der Herstellung der Verfügbarkeit durch die Meldung bei der Agentur für Arbeit Konstanz am 2. August 2005 ist damit der leistungsbegründende Tatbestand der Arbeitslosigkeit eingetreten, so dass gleichzeitig die Agentur für Arbeit Konstanz gemäß § 327 Abs. 1 Satz 1 SGB III originär zuständig wurde (vgl. Düe, SGB III, 3. Aufl., § 327 Rn. 9). Es bedarf keiner Klärung, ob die Klägerin vertreten durch ihren Vater am 25. Juli 2005 bei der Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt einen wirksamen Antrag gestellt hat, die Agentur für Arbeit Konstanz für zuständig zu erklären (§ 327 Abs. 2 SGB III). Denn allein ein solcher Antrag hätte nichts an der fehlenden Verfügbarkeit geändert. Eine Zuständigkeitsentscheidung hat die Agentur für Arbeit Stuttgart-Bad Cannstatt erst am 13. September 2005 getroffen, nachdem die Agentur für Arbeit Konstanz bereits zuständig geworden war. Zudem war es Sache der Leistungen beanspruchenden Klägerin, die ihre Obliegenheit nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dadurch verletzt hat, dass sie die Aufgabe des von ihr angegebenen Wohnsitzes und ihre neue Adresse nicht mitgeteilt hat, im Zeitpunkt des Eintritts der Beschäftigungslosigkeit für die zuständige Agentur für Arbeit verfügbar zu sein. Sie hätte daher einen Antrag nach § 327 Abs. 2 SGB III frühzeitig vor dem geplanten Umzug stellen, oder aber, wozu sie aufgefordert worden war, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit Konstanz melden müssen. Ein Beratungsfehler ist nicht erkennbar. Der Anspruchsverlust ist hier vielmehr darauf zurückzuführen, dass die Klägerin sich nicht der Beratung entsprechend verhalten hat, sondern sich erst am 2. August 2005 bei der Agentur für Arbeit Konstanz gemeldet hat. Zu diesem Zeitpunkt war sie erstmals arbeitslos, sie erfüllte aber nun die Anwartschaftszeit nicht mehr. Die Anwartschaftszeit erfüllt gemäß § 123 Satz 1 SGB III, wer in der Rahmenfrist nach § 124 Abs. 1 SGB III mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 434 j Abs. 3 SGB III sind für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist, die §§ 123, 124, 127, 131 Abs. 4 und 147 SGB III nicht in der vom 1. Januar 2004 an geltenden Fassung, sondern die entsprechenden Regelungen in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden. Damit gilt für die Klägerin weiterhin gemäß § 124 Abs. 1 SGB III a.F. Die Rahmenfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. In der maßgeblichen Rahmenfrist vom 2. August 2002 bis zum 1. August 2005 hat die Klägerin jedoch lediglich vom 2. August 2002 bis zum 25. Juli 2003 und damit nur 358 Tage und nicht mindestens 360 Tage in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden.

Soweit angefochtene Bescheide von einer örtlich nicht zuständigen Agentur für Arbeit erlassen sind, kann dies bei gebundenen Entscheidungen auf sich beruhen (§ 42 SGB X).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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