Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2962/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1765/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Februar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihm das Arzneimittel "Cabaseril" zur Verfügung zu stellen.
Der 1944 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Mit Schreiben vom 13. April 2004 legte er bei der Beklagten ein Attest des Dr. B. vom 26. Januar 2004 vor und beantragte die Übernahme der Kosten für das Medikament "Cabaseril". Hierbei handele es sich um einen Dopaminagonisten. In seiner Stellungnahme führte Dr. B. u. a. aus, der Kläger sei an Polyneuropathie erkrankt, klinisch im Vordergrund stehe ein sehr ausgeprägtes "Restless-legs-Syndrom". U. a. hat Dr. B. noch darauf verwiesen, es würden schon entsprechende Zulassungsstudien auf den Weg gebracht und könne nur noch eine Frage der Zeit sein, bis verschiedene Dopaminagonisten auch mit der Indikation zur Behandlung des Restless-legs-Syndroms zugelassen würden.
Die Beklagte holte daraufhin die Stellungnahme von Dr. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) vom 14. April 2004 ein. Dieser wies u. a. darauf hin, dass es sich zwar beim Restless-legs-Syndrom um eine Erkrankung handele, die die Lebensqualität des Erkrankten auf Dauer nachhaltig beeinträchtige und derzeit lediglich die Behandlung mit "Levodopa (Restex)" sinnvoll sei. Eine Zulassung des Medikaments "Cabaseril" für die Behandlung des "Restless-legs-Syndroms" sei jedoch nicht vorhanden, es werde deshalb außerhalb der eigentlichen Zulassungsindikation eingesetzt.
Mit Bescheid vom 26. Mai 2004 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Behandlung mit "Cabaseril" ab. Das Präparat sei zur Behandlung des Restless-legs-Syndrom nicht zugelassen. Zwar liege eine schwerwiegende und die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigende Erkrankung vor. Aufgrund der Datenlage bestehe jedoch nicht die begründete Aussicht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg zu erzielen sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich von Jahr zu Jahr, das Medikament "Levodopa" sei ihm von seinem Hausarzt Dr. K. verordnet worden, es bringe keine Linderung mehr.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass auch eine ausnahmsweise Übernahme der Kosten im Rahmen des so genannten "Off-label-use" nicht in Betracht käme. Es liege ein Grundsatzgutachten des MDK vor, das bestätige, dass keine ausreichend gesicherte Datenlage über die Wirksamkeit vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 1. Oktober 2004 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf seinen Vortrag im Vorverfahren und die Stellungnahme von Dr. B. vom 26. Januar 2004 Bezug genommen.
Das SG hat u. a. Dr. B. noch als sachverständigen Zeugen gehört (Auskunft vom 2. Dezember 2004) sowie eine Auskunft der Ph. GmbH K. eingeholt, die mit Schreiben vom 17. Dezember 2004 Informationen zum Medikament "Cabaseril" und der Behandlung des Restless-legs-Syndrom vorgelegt hatte. Danach wurden bisher drei Studien zur Wirksamkeit durchgeführt, die dritte Studie im Juli 2004 publiziert und die Studienergebnisse auch vorgelegt. Die Beklagte hat das Grundsatzgutachten der Ärztin für Neurologie Dr. St. vom MDK B./Br. vorgelegt.
Mit Urteil vom 24. Februar 2006 hat das SG der Klage stattgegeben, den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die bisher entstandenen Kosten für das selbst beschaffte Medikament "Cabaseril" zu erstatten sowie zukünftig Cabaseril im Rahmen der Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 13. März 2006 zugestellte Urteil am 7. April 2006 Berufung eingelegt. Die Beklagte hatte im Hinblick auf eine beim BSG anhängige Revision hierzu (B 1 KR 27/05 R) ein Ruhen des Verfahrens angeregt. Der Kläger hat dies abgelehnt.
Im Weiteren hat die Beklagte sodann auf das Urteil des BSG vom 26. September 2006 (B 1 KR 27/05 R) hingewiesen, worin der 1. Senat des BSG festgestellt habe, dass die vorliegenden Erkenntnisse aus einer Phase-II-Studie nicht ausreichten, um die Wirksamkeit von "Cabaseril" bei Restless-legs-Syndrom zu belegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, einschließlich der vom SG beigezogenen Akte betreffend das Rentenverfahren des Klägers S 4 RA 424/00, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Im Streit steht nicht nur die Erstattung bisher schon angefallener Kosten, sondern auch die Übernahme der Kosten für das Medikament "Cabaseril" für die Zukunft als Sachleistung durch die Beklagte.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Beklagte verpflichtet, die bisher angefallenen Kosten zu übernehmen sowie dem Kläger in Zukunft auch das Medikament "Cabaseril" als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger kann nämlich von der Beklagten nicht die Versorgung mit "Cabaseril" aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3, § 31 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) verlangen, ebenso wenig die Erstattung der ihm bislang schon entstandenen Kosten für das selbst beschaffte Medikament nach § 13 Abs. 3 SGB V.
1. Die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch nach § 27 und § 31 SGB V auf "Cabaseril" sind nicht erfüllt, weil es nicht zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen zu erbringen haben. Für den Einsatz des Arzneimittels "Cabaseril" beim Kläger fehlt es insoweit an einer arzneimittelrechtlichen Zulassung, auch ein Ausnahmefall, in dem sich der Sachleistungsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen oder aufgrund verfassungskonformer Auslegung auf Fertigarzneimittel im Bereich des so genannten Off-label-use erstreckt, liegt nicht vor (siehe hierzu im Einzelnen Urteile des BSG vom 26. September 2006 (B 1 KR 27/05 R und B 1 KR 14/06 R in SozR 4-2500 § 31 Nr. 6).
2. Aus diesen Gründen besteht im Übrigen damit auch kein Anspruch auf Erstattung (möglicherweise) bereits dem Kläger entstandener Kosten für die Selbstbeschaffung des Medikamentes in der Vergangenheit, unabhängig davon, dass der Verwaltungsakte und auch der SG-Akte an keiner Stelle zu entnehmen ist, ob und inwieweit tatsächlich dem Kläger hierdurch Kosten entstanden sind.
Aus all diesen Gründen ist daher auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG Heilbronn vom 24. Februar 2006 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihm das Arzneimittel "Cabaseril" zur Verfügung zu stellen.
Der 1944 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Mit Schreiben vom 13. April 2004 legte er bei der Beklagten ein Attest des Dr. B. vom 26. Januar 2004 vor und beantragte die Übernahme der Kosten für das Medikament "Cabaseril". Hierbei handele es sich um einen Dopaminagonisten. In seiner Stellungnahme führte Dr. B. u. a. aus, der Kläger sei an Polyneuropathie erkrankt, klinisch im Vordergrund stehe ein sehr ausgeprägtes "Restless-legs-Syndrom". U. a. hat Dr. B. noch darauf verwiesen, es würden schon entsprechende Zulassungsstudien auf den Weg gebracht und könne nur noch eine Frage der Zeit sein, bis verschiedene Dopaminagonisten auch mit der Indikation zur Behandlung des Restless-legs-Syndroms zugelassen würden.
Die Beklagte holte daraufhin die Stellungnahme von Dr. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) vom 14. April 2004 ein. Dieser wies u. a. darauf hin, dass es sich zwar beim Restless-legs-Syndrom um eine Erkrankung handele, die die Lebensqualität des Erkrankten auf Dauer nachhaltig beeinträchtige und derzeit lediglich die Behandlung mit "Levodopa (Restex)" sinnvoll sei. Eine Zulassung des Medikaments "Cabaseril" für die Behandlung des "Restless-legs-Syndroms" sei jedoch nicht vorhanden, es werde deshalb außerhalb der eigentlichen Zulassungsindikation eingesetzt.
Mit Bescheid vom 26. Mai 2004 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Behandlung mit "Cabaseril" ab. Das Präparat sei zur Behandlung des Restless-legs-Syndrom nicht zugelassen. Zwar liege eine schwerwiegende und die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigende Erkrankung vor. Aufgrund der Datenlage bestehe jedoch nicht die begründete Aussicht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg zu erzielen sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich von Jahr zu Jahr, das Medikament "Levodopa" sei ihm von seinem Hausarzt Dr. K. verordnet worden, es bringe keine Linderung mehr.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass auch eine ausnahmsweise Übernahme der Kosten im Rahmen des so genannten "Off-label-use" nicht in Betracht käme. Es liege ein Grundsatzgutachten des MDK vor, das bestätige, dass keine ausreichend gesicherte Datenlage über die Wirksamkeit vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 1. Oktober 2004 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf seinen Vortrag im Vorverfahren und die Stellungnahme von Dr. B. vom 26. Januar 2004 Bezug genommen.
Das SG hat u. a. Dr. B. noch als sachverständigen Zeugen gehört (Auskunft vom 2. Dezember 2004) sowie eine Auskunft der Ph. GmbH K. eingeholt, die mit Schreiben vom 17. Dezember 2004 Informationen zum Medikament "Cabaseril" und der Behandlung des Restless-legs-Syndrom vorgelegt hatte. Danach wurden bisher drei Studien zur Wirksamkeit durchgeführt, die dritte Studie im Juli 2004 publiziert und die Studienergebnisse auch vorgelegt. Die Beklagte hat das Grundsatzgutachten der Ärztin für Neurologie Dr. St. vom MDK B./Br. vorgelegt.
Mit Urteil vom 24. Februar 2006 hat das SG der Klage stattgegeben, den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die bisher entstandenen Kosten für das selbst beschaffte Medikament "Cabaseril" zu erstatten sowie zukünftig Cabaseril im Rahmen der Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 13. März 2006 zugestellte Urteil am 7. April 2006 Berufung eingelegt. Die Beklagte hatte im Hinblick auf eine beim BSG anhängige Revision hierzu (B 1 KR 27/05 R) ein Ruhen des Verfahrens angeregt. Der Kläger hat dies abgelehnt.
Im Weiteren hat die Beklagte sodann auf das Urteil des BSG vom 26. September 2006 (B 1 KR 27/05 R) hingewiesen, worin der 1. Senat des BSG festgestellt habe, dass die vorliegenden Erkenntnisse aus einer Phase-II-Studie nicht ausreichten, um die Wirksamkeit von "Cabaseril" bei Restless-legs-Syndrom zu belegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, einschließlich der vom SG beigezogenen Akte betreffend das Rentenverfahren des Klägers S 4 RA 424/00, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Im Streit steht nicht nur die Erstattung bisher schon angefallener Kosten, sondern auch die Übernahme der Kosten für das Medikament "Cabaseril" für die Zukunft als Sachleistung durch die Beklagte.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Beklagte verpflichtet, die bisher angefallenen Kosten zu übernehmen sowie dem Kläger in Zukunft auch das Medikament "Cabaseril" als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger kann nämlich von der Beklagten nicht die Versorgung mit "Cabaseril" aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3, § 31 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) verlangen, ebenso wenig die Erstattung der ihm bislang schon entstandenen Kosten für das selbst beschaffte Medikament nach § 13 Abs. 3 SGB V.
1. Die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch nach § 27 und § 31 SGB V auf "Cabaseril" sind nicht erfüllt, weil es nicht zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen zu erbringen haben. Für den Einsatz des Arzneimittels "Cabaseril" beim Kläger fehlt es insoweit an einer arzneimittelrechtlichen Zulassung, auch ein Ausnahmefall, in dem sich der Sachleistungsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen oder aufgrund verfassungskonformer Auslegung auf Fertigarzneimittel im Bereich des so genannten Off-label-use erstreckt, liegt nicht vor (siehe hierzu im Einzelnen Urteile des BSG vom 26. September 2006 (B 1 KR 27/05 R und B 1 KR 14/06 R in SozR 4-2500 § 31 Nr. 6).
2. Aus diesen Gründen besteht im Übrigen damit auch kein Anspruch auf Erstattung (möglicherweise) bereits dem Kläger entstandener Kosten für die Selbstbeschaffung des Medikamentes in der Vergangenheit, unabhängig davon, dass der Verwaltungsakte und auch der SG-Akte an keiner Stelle zu entnehmen ist, ob und inwieweit tatsächlich dem Kläger hierdurch Kosten entstanden sind.
Aus all diesen Gründen ist daher auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG Heilbronn vom 24. Februar 2006 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved